DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-02-2022 08:30
SXEU31 DWAV 240800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 24.02.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W z, Übergang zu H M

WIND/STURM/GEWITTER:
Zunächst an der nordfriesischen Küste stürmische Böen um 70 km/h aus Süd bis
Südwest. Auf dem Brocken schwere Sturmböen zwischen 85 und 100 km/h (10 Bft) aus
Südwest. Im Tagesverlauf in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge vermehrt
Sturmböen (8 bis 9 Bft), auf exponierten Bergen schwere Sturmböen bis 100 km/h
(10 Bft). Ab dem Nachmittag Durchzug einer Kaltfront von Nordwest nach Südost,
in der zweiten Nachthälfte die Salzach erreichend. Dabei bis in tiefe Lagen
Sturmböen bis 85 km/h (8 bis 9 Bft), bei kräftigen Schauern oder kurzen
Gewittern vereinzelt schwere Sturmböen bis 100 km/h nicht ausgeschlossen. Danach
von Nordwesten her abflauender Wind, in einzelnen Hochlagen noch Sturmböen. An
der See teils stürmische Böen bis 70 km/h aus Südwest bis West.
Am Freitag noch einmal auflebender Wind, im Nordwesten in freien Lagen, an der
See sowie meist auch im Bergland stürmische Böen, auf exponierten Berggipfeln
Sturmböen Bft 9 (Brocken darüber). Wind zum Abend hin abflauend. Danach vorerst
windschwach, ab Samstag im Tagesverlauf mit geringer Wahrscheinlichkeit
lediglich in einigen Hochlagen Südwestdeutschlands Gefahr von Sturmböen Bft 8/9.



Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... gelangt Deutschland unter die Vorderseite eines auf die Britischen
Inseln übergreifenden und sich dabei verschärfenden Troges. Der zuvor
wetterbestimmende Höhenkeil nebst korrespondierendem Bodenhoch wird nach
Osteuropa abgedrängt. Mit der sich verstärkenden Südwestströmung kommen im
Nordwesten, Westen und in Teilen der Mitte Windböen Bft 7, an der Nordsee sowie
im Bergland Sturmböen Bft 8/9 (Brocken schwere Sturm- bis orkanartige Böen Bft
10/11) auf. Im Osten und Südosten hält sich zunächst noch antizyklonaler
Einfluss, so dass es dort vorerst windschwach bleibt und größere Auflockerungen,
in Richtung Alpen auch längere sonnige Abschnitte, zu erwarten sind.
Dem Trog ist eine Kaltfront vorgelagert, die vorerst durch eine über die Nordsee
nach Nordosten ablaufende Welle noch etwas zurückgehalten wird. Danach erfolgt
das Übergreifen dieser Front umso rascher. Am frühen Nachmittag Sylt und die
Emsmündung erreichend, am Abend auf die Linie Lübecker Bucht - Harz -
Rhein-Main-Gebiet - Saarland übergreifend und kurz nach Mitternacht bereits bis
zum Inn vordringend ergibt eine Verlagerungsgeschwindigkeit von ca. 70 bis 80
km/h. Mit der Kaltfront sind Niederschläge verbunden, die zusehends konvektiv
geprägt sind. Diese sind nicht das Problem, meist reicht es nur für wenige
Millimeter, an der Küste und an den Alpen sind mehr als 10 mm innerhalb weniger
Stunden möglich. Vielmehr ist es die Windentwicklung, die es gilt, im Auge zu
behalten. Mit Frontpassage frischt der Wind mit Sturmböen Bft 8/9 auf, im
Bergland und bei kräftigeren Schauern sind auch schwere Sturmböen vorstellbar.
Zwar erreicht der Oberwind im 850 hPa-Niveau 50 bis 55 kt, aber die
Wahrscheinlichkeit, dass dieser heruntergemischt wird, ist gering. Im
unmittelbaren Frontbereich ist die Schichtung relativ stabil, die
Mischungsschicht mit hoher Labilität reicht nur bis 800, teils bis 750 hPa
hinauf. Schauer können zwar auftreten; vielmehr dürfte es sich um schauerartig
verstärken Niederschlag handeln, für Gewitter reicht es jedoch nicht. Erst
deutlich postfrontal, d.h. zum Abend hin im Nordwesten und im äußersten Westen,
wird die Schichtung deutlich labiler, so dass einzelne kurze Gewitter auftreten
können. Diese sind dann mit Böen bis Sturmstärke verbunden.
Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 8 und 14 Grad wird es heute noch einmal
relativ mild.

In der Nacht zum Freitag erfasst der o.g. Trog ganz Deutschland. Die Kaltfront
erreicht, wie oben beschrieben, rasch die Alpen, wird dabei aber zusehends von
Kaltluftadvektion überlaufen, was dieser Front die Energie nimmt, so dass mit
Frontpassage ab der zweiten Nachthälfte maximal noch stürmische Böen auftreten.
Im 850 hPa-Niveau gehen die Temperaturen auf -5 bis -8 Grad zurück, d.h.
oberhalb etwa 400 m gehen die Niederschläge, die dann durchweg in Schauerform
auftreten, in die feste Phase über. Allerdings bleibt davon aufgrund der
Vorgeschichte kaum etwas liegen, allenfalls im höheren Bergland oberhalb etwa
800 m kommen ein paar Zentimeter, am Alpenrand (und dort vor allem im Allgäu) um
10 cm Schnee zusammen. Oberhalb etwa 400 m besteht Glättegefahr, teils auch
durch überfrorene Nässe. In tieferen Lagen lässt der erneut zunehmende Gradient
die Luftmasse nicht so recht zur Ruhe kommen, so dass es meist frostfrei bleibt.
In Kamm- und Gipfellagen sowie an der Küste muss weiterhin mit stürmischen Böen
gerechnet werden.

Freitag... hält sich der Trog durch kurzwellige Anteile, die von Westen
hereinlaufen, über Deutschland. Nahezu landesweit liegen die Temperaturen im 500
hPa-Niveau unter -35 Grad und in 850 hPa zwischen -5 und -7 Grad, d.h. die
Schichtung ist für eine rege Schauer- und Gewittertätigkeit, die im Tagesverlauf
von Nordwesten und Norden her auch die Mitte und den Süden Deutschlands erfasst,
hinreichend labil. Dabei dürfte sich (1 bis 2 Monate vor der hierfür üblichen
Zeit) typisches Aprilwetter einstellen. Die feste Phase wird oberhalb 600 m
überwiegen, wie bereits in der Nacht zuvor sollten lediglich oberhalb 800 m ein
paar Zentimeter Schnee zusammenkommen.
Mit der Passage des korrespondierenden Bodentroges frischt der Wind noch einmal
auf. Abgesehen von den Gebieten zwischen Schwarzwald und Bayerischen Wald treten
bis in tiefe Lagen Windböen Bft 7, in freien Lagen Nordwestdeutschlands sowie
der Mitte, an der Küste sowie generell im Bergland teils stürmische Böen und in
den Kamm- und Gipfellagen der meisten Mittelgebirge Böen bis Sturmstärke auf.
Auch in Verbindung mit Schauern oder kurzen (Graupel)gewittern können stürmische
Böen nicht ausgeschlossen werden. Zwischen den Schauern reicht es für größere
Auflockerungen, im Süden und Südosten auch für längere sonnige Abschnitte.
Gegenüber den Vortagen erfolgt ein Temperaturrückgang auf 5 bis 9 Grad. Oberhalb
von etwa 800 m herrscht leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der wetterbestimmende Trog mit seinem Ostteil
nach Polen, hängt aber mit seinem südlichen Teil, der sich nach Oberitalien
ausweitet, zurück. Gestützt durch kräftige Warmluftadvektion, die bis weit ins
Nordmeer ausgreift, weitet sich ein Höhenkeil nach Nordosten aus und arbeitet
sich mit seiner Achse bis in die Nordsee und in die Norwegische See vor. Die
Folge ist über Mitteleuropa eine nord-nordöstliche Strömung. Mit dem Ergebnis
von leichten staubedingten Niederschlägen in den östlichen Mittelgebirgen (ein
paar Zentimeter) und an den Alpen (dort noch einmal bis 10 cm Schnee innerhalb
von 12 Stunden).
Durch den Höhenkeil wird ein Bodenhoch gestützt, das sich unter Kräftigung (bis
auf 1035 hPa) bis in den Süden, Südwesten und Westen Deutschlands ausweitet. In
dessen Bereich kommt die Luftmasse vollends zur Ruhe, so dass nahezu
flächendeckend leichter, am Alpenrand bei Aufklaren auch mäßiger Frost auftritt.

Im Norden und Osten bleibt die Luftmasse noch etwas in Bewegung, leichter Frost
sollte dort nur stellenweise auftreten. Für warnrelevante Böen reicht es anfangs
allenfalls noch an einigen Küstenabschnitten sowie in höheren Lagen der
nördlichen und östlichen Mittelgebirge.

Samstag... weitet sich der Keil bis nach Karelien aus, wogegen sich bei dem über
Ost- und Südeuropa liegenden Trog ein Austropfprozess über Italien abzeichnet.
Dieser hat eine Zyklogenese im Bereich des "Stiefelabsatzes" zur Folge, die ohne
direkten Einfluss auf unser Wettergeschehen ist. Vielmehr ist für die weitere
Wetterentwicklung das Bodenhoch maßgeblich, dessen Schwerpunkt sich unter
weiterer leichter Kräftigung nach Polen verlagert. In dessen Bereich setzen sich
im Norden, Westen und Südwesten, bedingt durch großräumiges Absinken, längere
sonnige Abschnitte durch.
Allerdings hält sich an der Vorderseite des Keils größtenteils noch eine
nord-nordöstliche Strömung, mit dem Ergebnis, dass sich im Bereich der östlichen
Mittelgebirge und an den Alpen Auflockerungen noch nicht so recht durchsetzen
können und noch geringe Niederschläge zu erwarten sind. Im Östlichen Bergland
kommen nur ein paar Schneeflocken zusammen, am östlichen Alpenrand sind um 5 cm
Neuschnee möglich. Mit der Verlagerung des Schwerpunkts des Bodenhochs nach
Osten kommt ganz im Südwesten etwas Gradient auf, aber warnrelevante Böen (in
Gipfellagen durchaus bis Sturmstärke) zeichnen sich allenfalls in den
Gipfellagen des Schwarzwaldes ab. Gegenüber Freitag ändern sich die
Tageshöchsttemperaturen nur unwesentlich.

In der Nacht zum Sonntag erfasst ein weiterer Trog die Britischen Inseln, der
sich aber im Gegensatz zum vorherigen Trog abschwächt. Das sich mit Schwerpunkt
über Nordostpolen und Litauen festsetzende Bodenhoch erstreckt sich mit einem
Keil bis nach Südfrankreich. In dessen Randbereich ergibt sich eine östliche bis
südöstliche bodennahe Windkomponente, die in den Hochlagen der westlichen und
südwestdeutschen Mittelgebirge mit Wind- und stürmischen Böen in Erscheinung
tritt und warnrelevant wird. Ansonsten bleibt der Wind relativ schwach. Nahezu
flächendeckend klart es auf, so dass leichter Frost und vor allem nach Nordosten
hin teils auch mäßiger Frost zu erwarten ist. In höheren Berglagen sowie am
Alpenrand muss meist mit mäßigem Frost gerechnet werden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebe Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann