DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

23-02-2022 12:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 23.02.2022 um 10.30 UTC



Ruhiges Hochdruckwetter mit Nachfrost, ab Dienstag leicht unbeständige Tendenz.

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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 02.03.2022


Am Samstag, zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums wird das Wetter von der
prognostizierten Wetterlage Hoch Mitteleuropa bestimmt. Diese wird von einem
Rücken gestützt, der von der Iberischen Halbinsel über Frankreich und die
Nordsee hinweg bis nach Südskandinavien reicht und über Westfrankreich ein
Drehzentrum aufweist. Der Schwerpunkt des korrelierenden Bodenhochs liegt dabei
etwa über Westdeutschland. Aufbauend auf den hochreichenden Strukturen sind im
Norden und Westen antizyklonale Strömungsbedingungen zu verzeichnen. Im Osten
und Süden sorgt dagegen noch der Trog der Vortage, dessen Achse sich nach IFS am
Samstag von Weißrussland über Tschechien bis in den Golf von Genua erstreckt,
für zyklonale Verhältnisse. Dieser Trog mit einem Drehzentrum bei Korsika ist es
auch, der ein Tief bei Rom pusht, welches auf der Ostflanke feuchtwarme
Mittelmeerluft nordwärts schiebt. Die Ausläufer sind dabei auch noch im
deutschen Alpenraum in Form von dichten Wolken und nachlassenden, schauerartigen
Niederschlägen zu beobachten. Ansonsten dominiert der hohe Luftdruck, sodass
Absinken die Wolken zunehmend auflöst. Der Startschuss für ein freundliches
Wochenende ist gegeben. Da das Hoch jedoch noch westlich von weiten Teilen des
Landes liegt, bleibt zunächst noch kalte Luft polaren Ursprungs bestimmend. Bei
Temperaturen in 850 hPa zwischen -3 und -9 Grad reicht es landesweit wohl nur
für einstellige Höchstwerte 2 bis 10 Grad. Nachts geht es bei Aufklaren mit
Werten von 0 und -7 Grad in den frostigen Keller. Im Osten kann sich in der noch
nicht ganz abgetrockneten Luft gebietsweise Nebel bilden.

Der Sonntag steht dann ganz im Zeichen von hohem Luftdruck. Der Rücken verlagert
sich unter Verkürzung seiner Wellenlänge ostwärts, sodass sich dessen Achse etwa
von Nordspanien bis nach Südskandinavien erstreckt. Mit der ostwärtigen
Verlagerung der Höhenstrukturen zieht auch das Bodenhoch mit seinem Schwerpunkt
nach Polen. Bei nun hochreichen antizyklonalen Strömungsbedingungen gelangt
somit ganz Deutschland zunehmend auf die warme Westflanke. Einhergehend steigen
auch die Temperaturen in 850 hPa an und liegen meist zwischen -3 und +5 Grad.
Allenfalls im Südosten hält sich die kalte Polarluft bei werten um -6 Grad noch
länger. Niederschläge stehen nicht im Programm, allenfalls örtliche Nebelfelder
im Osten können den Start in den Tag grau erscheinen lassen. Warnrelevant wäre
dann noch potentieller strenger Frost im Alpenraum. Aber auch sonst sorgt der
klare Himmel bei Tiefstwerten von +1 und -8 Grad erneut für eine frostige Nacht.


Am Montag kommt die Achse des Rückens nach dem neusten det. Lauf des IFS kaum
ostwärts voran, da dieser weiter von einem kräftigen Höhentief über der
Balkanregion geblockt wird. Auch das entsprechende Bodenhoch verlagert seinen
Schwerpunkt nur unwesentlich in den Nordosten Polens. Resultierend bleiben auch
am Montag über weiten Teilen Deutschlands hochreichend antizyklonale Bedingungen
vorherrschend. Allerdings stößt vom Nordatlantik ein Kurzwellentrog eines
Höhentiefs südlich von Island nach, sodass der Rücken auf seiner Nordwestflanke
zunehmend abgehobelt. Bodennah korreliert das Höhentief mit einem Tief etwa an
gleichem Ort, von welchem sich ein teils okkludierter Frontenzug von den
Britischen Inseln her annähert. Die Vorboten in Form von starker Bewölkung sind
aber allenfalls ausgangs der Nacht im Nordwesten zu erwarten, sodass auch der
Montag abgesehen von harmlosen hohen Wolkenfelder wohl freundlich und trocken
wird. Die Temperaturen können dabei nochmals etwas ansteigen. Durch die
südwestliche Grundströmung kann die Luft subtropischen Ursprungs die Werte in
850 hPa auf -2 bis +7 Grad hieven. Bodennah resultieren dabei Höchstwerte
zwischen 5 und 14 Grad. Auch nachts macht sich das gehobene Temperaturniveau
bemerkbar, indem die Tiefstwerte meist zwischen +3 und -3 Grad liegen und nur im
Südosten noch im mäßigen Bereich verharren.

Am Dienstag wird es dann aus Wettersicht zumindest wieder etwas spannender. Der
Kurzwellentrog soll demnach über Deutschland hinweg schwenken, dabei aber
deutlich an Amplitude einbüßen. Vor allem über Frankreich und Südwest- sowie
Süddeutschland bleibt weiter der Rücken bestimmend. Zudem kann sich vom Atlantik
ein zweiter Ast westlich der Britischen Inseln nordwärts aufbäumen und bodennah
ein Hoch über diesen stützen. Damit die Lage noch ein bisschen komplexer wird,
kann sich ein kleines Höhenei westlich von Irland platzieren. Dieses korreliert
am Boden mit einem kleinräumigen Tief südlich der Höhenstrukturen und stellt
eine Verbindung zum Frontenzug des Vorgängertiefs her.
Resultierend kann sich über Deutschland eine schwach ausgeprägte Tiefdruckrinne
ausbilden, in die der teils okkludierte Frontenzug eingebettet ist. Aufgrund des
nachfolgenden Tiefs kommt die Kaltfront jedoch kaum südwärts voran und wird im
Verlauf retrograd. Durch frontogenetische Hebungsprozesse werden im Umfeld der
Front geringe Niederschläge simuliert, die aufgrund der überwiegend
antizyklonalen Bedingungen in der Höhe in der Mitte gedämpft werden. Allenfalls
im Norden, wo noch etwas PVA des Troges mitmischt, können die Niederschläge
etwas stärker ausfallen. Der Süden sollte bis über die Nacht hinweg weitgehend
trocken bleiben. Diese nach dem aktuellen IFS-Lauf aufgezeigten Strukturen und
Prozesse unterliegen aufgrund des Vorhersagezeitraums typischen Unsicherheiten.
Dazu später mehr. Im Warmsektor des teils okkludierten Frontenzuges können die
Temperaturen teilweise nochmals ansteigen und in 850 hPa landesweit Werte von 0
bis +5 Grad erreichen. Bodennah sind demnach Höchstwerte zwischen 6 und 14 Grad
in Reichweite, die im Süden mit Sonne noch deutlich höher empfunden werden. Erst
hinter der Kaltfront sickert in der Nacht im Norden wieder etwas kühlere Luft
mit Werten unter 0 Grad in 850 hPa ein.

Am Mittwoch sollt sich die Achse des vorderen Rückens südostwärts verlagern und
Deutschland somit verlassen. Der Rücken über dem Atlantik wird vom neusten IFS
unter Verkürzung der Wellenlänge bei gleichzeitiger Amplifizierung gen Norden
nahezu ortsfest simuliert. Nachfolgend würde sich auch der Schwerpunkt des
Bodenhochs von den Britischen Inseln in das Seegebiet zwischen Island und
Norwegen verschieben. Diese Veränderungen haben schließlich auch nachhaltig
Einfluss auf das Wetter in Deutschland. Denn einhergehend kann sich das
kleinräumige Höhentief samt korrelierendem Bodentief Richtung Ärmelkanal
schieben und die Tiefdruckrinne über Deutschland sogar weiter stärken. Der
Frontenzug des Vortages bleibt dabei nahezu stationär über der Mitte des Landes
liegen und erfährt nun aus der Höhe Unterstützung durch PVA. Entsprechend sollen
sich die Niederschläge im Umfeld der Front intensivieren.
In der Nacht verlagert sich das Höhentief ostwärts und wird vom Trog über
Skandinavien geschluckt. Auch in Bodennähe dockt das Tief auf der Südflanke an
den skandinavischen Tiefdruckkomplex an. Zusammen spannen diese nachfolgend eine
Tiefdruckzone von Skandinavien bis in den zentralen Mittelmeerraum auf. Dabei
kann die Kaltfront auf der Westflanke der Tiefdruckzone zwar etwas weiter nach
Süden vorankommen, wird aber im Verlauf erneut von dem Frontenzug eines neuen
Tiefs auf dem Atlantik zunehmend ausgebremst und teils retrograd. Die
Niederschläge können sich durch einen Mix aus frontogenetischen Prozessen,
Aufgleiten und PVA nahezu auf das ganze Land ausdehnen. Allenfalls im Norden und
Nordwesten wird im Verlauf eine geringere Niederschlagsneigung prognostiziert.
Aufgrund der beschriebenen synoptischen Strukturen nimmt auch der
Temperaturgradient zu. Während rückseitig der Kaltfront in den Norden und die
Mitte Polarluft mit Werten auf 850 hPa von 0 bis -8 Grad vorstößt, hält sich im
Süden noch die mildere Luft mit Werten von 0 bis +5 Grad.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des IFS-Modells ist bis einschließlich Montag als recht gut zu
bezeichnen. Die großskaligen Geopotential- und Luftdruckfelder werden dabei
sogar über den Montag hinaus vergleichbar abgebildet.
Bis Dienstag zeigen demnach alle betrachteten Hauptläufe des IFS hohen
Luftdruck, wobei Deutschland rasch auf die Westflanke gelangt und somit wärmere
Luft advehiert wird. Unsicherheiten gibt es am Wochenende allenfalls im Süden
des Landes, wo das Wetter je nach Modelllauf mehr oder weniger von einem
hochreichenden Tief über Italien beeinflusst wird.
Ab Dienstag nehmen die Abweichungen im Detail zu. Vor allem der gestrige 12
UTC-Lauf ist im Vergleich zu den 00 UTC-Läufen als Ausreißer zu betrachten.
Während die 00 UTC-Läufe das Hoch ab Dienstag ostwärts abziehen lassen und
nachfolgend tiefer Luftdruck wieder für unbeständiges Wetter stehen würde,
bleibt der 12 UTC-Lauf zunächst weiter bei Hochdruckeinfluss ohne nennenswerte
Niederschläge.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Montag simulieren auch weitere Globalmodelle (ICON, GFS,
GEM, UKMO) die Geopotential- und Luftdruckstruktur vergleichbar zum
deterministischen IFS. Einzig das ICON lässt die zyklonalen Bedingungen am
Montag schon etwas rascher auf den Nordwesten Deutschlands übergreifen.

Am Dienstag nehmen die Unterschiede zu. Dabei zeigen ICON und IFS abgesehen von
einer geringen Phasenverschiebung ähnliche Strukturen. Analog zum IFS hat auch
das ICON ein kleines Höhentief im Programm, positioniert dieses aber zunächst
deutlich südlicher über das Seegebiet der Iberischen Halbinsel. Das GFS dagegen
ähnelt über Mitteleuropa eher dem gestrigen 12 UTC-Lauf des IFS, indem es das
Hoch kräftiger und länger über Deutschland lässt. Das Höhentief auf dem Atlantik
hat das GFS nur ansatzweise auf der Karte, stützt bei der Position aber das
ICON. Beim Hoch über den Britischen Insel sind sich die Modelle aber weitgehend
einig. UKMO stützt das ICON mit den etwas intensiveren Signaturen. Das GEM ist
dagegen auf Kurs GFS.

Am Mittwoch schreiten die Unterschiede des Vortages voran. ICON lässt die Front
auch aufgrund der Lage des Tiefs vor der Iberischen Halbinsel nahezu ganz
Deutschland überqueren, bevor sie liegen bleibt. Beim IFS wird die Front durch
das deutlich nördlichere Tief rasch ausgebremst und retrograd. Beim GFS und
UKMO, die sich sehr ähneln, muss man sich fragen, welche Front gemeint ist?!
Durch die überwiegend antizyklonalen Verhältnissebei beiden Modellen ist die
Front eher wetterinaktiv, würde aber von der Lage sogar noch leicht nördlicher
als das IFS liegen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass ab Dienstag die großskaligen
Geopotential- und Luftdruckmuster von den verschiedenen Modellen zwar weiter
ähnlich abgebildet, im Detail aber signifikante Unterschiede zu verzeichnen
sind, die auch den Wetterablauf in Deutschland nachhaltig beeinflussen. ICON
erweist sich als sehr progressiv und hat daher eine vorübergehende
Schlechtwetterwelle im Programm, Das IFS ist da eher träge aufgestellt und hält
länger an unbeständigen Verhältnissen fest. Das GFS und das UKMO lassen es gar
nicht so weit kommen. Bei Ihnen dominieren im mittelfristigen Zeitraum
überwiegend die antizyklonalen Bedingungen, sodass Wetterfronten wenig aktiv
übergreifen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die abnehmende Konsistenz bezüglich der letzten deterministischen Läufe des IFS
zum Wochenstart macht sich auch im Ensemble bemerkbar. Bei Betrachtung
Rauchfahnen verschiedener Städte über Deutschland verteilt, zeigt sich am
Samstag noch eine recht hohe Vorhersagegüte. Doch schon ab Sonntag wird der
ENS-Raum deutlich aufgespannt. Am Montag beträgt der Spread bei den Temperaturen
auf 850 hPa ganze 22 Grad (+11 bis -11 Grad). Auch beim Geopotential nehmen die
Unsicherheiten zum Wochenstart signifikant zu, wenngleich nicht so stark wie bei
den Temperaturen. Dennoch ist ebenfalls ein Spread von rund 30 hPa zu
verzeichnen. Der Haupt- und der Kontrolllauf liegen bei beiden Parametern in der
Mitte des ENS im Bereich der höchsten Eintrittswahrscheinlichkeit, wobei sich ab
Dienstag eine leichte Überschätzung der Temperaturen andeutet. Die
Unsicherheiten sind stark an das Hochdruckgebiet, dessen Verlagerung sowie
dessen Nachhaltigkeit abhängig. Kältere Temperaturverläufe zum Wochenstart
scheinen allerdings Ausreißer zu sein. Insgesamt sind die Abweichungen aber so
gravierend, dass eine seriöse Vorhersage nur schwierig machbar ist.

Bei der Clusteranalyse herrscht über den mittelfristigen Zeitraum bis hin in die
erweiterte Mittelfrist zumindest bei dem übergeordneten Schema Einigkeit. Nahezu
alle aufgeführten Cluster weisen das Schema Blocking aus.

Im Zeitraum von +72 bis +96h gibt es dann auch viele andere Gemeinsamkeiten bei
den synoptischen Strukturen. Zwar werden insgesamt 5 Lösungen der Geopotential-
und Luftdruckmuster angeboten, die aber signifikante Unterschiede meist nur bei
der Ausprägung des Troges über dem östlichen Mitteleuropa bis in den zentralen
Mittelmeerraum zeigen. Zudem gibt es erste Anzeichen auf Abweichungen über dem
Atlantik, indem der nachstoßende Kurzwellentrog in der Phase verschieden
simuliert wird.

Im Zeitraum von +120 bis +168h werden schließlich noch vier Cluster benötigt,
die Unsicherheiten im ENS-Raum ausreichend zu beschreiben. Der Haupt- und
Kontrolllauf befinden sich dabei im ersten Cluster. Insgesamt bilden sich die
zwischen den deterministischen Modellen aufgezeigten Unterschiede sowie auch die
Abweichungen bei den vergangenen det. IFS-Läufen in den Clusterlösungen ab. Über
die Tage hinweg ist es ein Mix aus Phasenunterschiede, abweichender Amplituden
und Wellenlängen sowie Intensitäten bei den Strukturen. Das ICON könnte dabei
ein MIX aus Cluster 3 und 4 darstellen, während das GFS den Grundstrukturen aus
den Clustern 2 und 3 nahekommt. Eine Zuordnung der Lösungen ist jedoch nicht
möglich.

In der erweiterten Mittelfrist von sind drei Cluster nötig, um die Unterschiede
im Geopotential- und Luftdruckfeld zu erklären. Haupt- und Kontrolllauf werden
dieses Mal dem zweiten Cluster zugeordnet. Im Vergleich beschreiben alle
Lösungen abweichende Strukturen. Eine Vorhersage ist auf dieser Basis nicht
möglich. Dafür ist die Lage, Intensität, Verlagerung der Muster zu verschieden.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI zeigt für Mitteleuropa mittelfristig keine signifikanten Abweichungen
vom Modellklima. Auch von der Probabilistik gibt es keine Hinweise auf markante
Wetterereignisse.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON-EPS, bis Montag auch det. IFS, für TT MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel