DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-02-2022 18:01
SXEU31 DWAV 211800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 21.02.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nach Nachlassen des Sturms in den kommenden Tagen noch zeitweise windig bis
stürmisch. Wiederholt Niederschläge, nur im Bergland als Schnee.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland im Bereich eines Langwellentroges, dessen
Hauptachse aber so allmählich zu unseren östlichen Nachbarn schwenkt. Den
Britischen Inseln nähert sich schon ein Höhenrücken. Bodennah bestimmt das
Tochtertief von Antonia (heute von der FU Berlin mit Antonia III tituliert) als
kräftiges Sturmtief in der nördlichen Ostsee die Wetterkarte. Muttertief Antonia
I hat sich dagegen zu einem Bodentrog umgewandelt, der aktuell aus der Mitte
Deutschlands nach Tschechien abzieht. Dieser Bodentrog zeichnet sich beim
Wettergeschehen mit schauerartigen Regenfällen aus, bei 850-hPa-Temperaturen von
etwa -3 bis -4°C schwankt - auch je nach Niederschlagsstärke die
Schneefallgrenze zwischen etwa 400 m und 700 m, so zumindest in den höheren
Lagen der Mittelgebirge auch ein paar Zentimeter Neuschnee liegen bleiben
können. Nicht ganz ausgeschlossen ist auch der ein oder andere Blitz, der noch
aus den Schauern herauszucken kann. Zwischen dem altbekannten Azorenhoch und den
Antonias herrscht nach wie vor ein starker Gradient, so dass an der
Südwestflanke des Bodentroges Antonia I noch verbreitet steife bis stürmische
Böen auftreten. Bei Winden von 40 bis 60 Knoten in 850 hPa können bei stärkeren
Schauern dann durchaus auch noch Sturm- und auch schwere Sturmböen auftreten.
Der Wind dreht dabei mit Durchzug des Bodentroges von Südwest auf West bis
Nordwest. Der Norden Deutschlands liegt eher im Bereich des Gradienten von
Antonia III, so dass an den Küsten ebenso meist steife bis stürmische Böen aus
Nordwest auftreten, dort allerdings ohne Schauer. Dazwischen gibt es vom Norden
bis in den Nordosten Deutschlands auch eine Zone mit etwas schwächerem Wind.

In der Nacht zum Dienstag zieht der Höhentrog recht flott nach Osten ab, der
nachfolgende Rücken, von starker Warmluftadvektion aufgebaut, erreicht in der
Nacht schon Frankreich und die Nordsee. Die WLA findet auf der Vorderseite eines
neuen Orkantiefs (Bibi) statt, das direkt nach Island zieht. Bodennah weitet
sich der Keil des Azorenhochs bis zum Alpenraum aus, zudem schwenkt mit dem
Höhenrücken auch ein Rücken hohen Drucks in Bodennähe heran, so dass der
bodennahe Wind weiter aus West bis Nordwest kommt. Zuvor läuft aber nach Abzug
des Bodentroges Antonia I noch einmal ein flacherer Bodentrog südostwärts, so
dass zunächst an der Nordsee noch einmal stürmische Böen bis Sturmböen
auftreten, nachfolgend frischt nach vorübergehender Abschwächung des Windes im
Binnenland dieser vor allem Norden und Nordosten noch einmal stark bis stürmisch
auf. Erst gegen Morgen setzt sich dann die Windabschwächung so weit durch, dass
in den meisten Regionen die Windwarnungen aufgehoben werden können. Auf den
höheren Bergen gibt es aber noch Sturmböen, auf exponierten Bergen noch schwere
Sturmböen. Die schauerartigen Niederschläge ziehen sich im Verlauf der Nacht
allmählich Richtung Osten und Südosten zurück., wobei die Schneefallgrenze meist
bei 400 bis 600 m liegen dürfte. In Lagen deutlich darüber fallen teils bis zu 5
cm Neuschnee, in den Alpen auch bis zu 10 cm. Dort schneit es auch am Dienstag
noch bis zum Mittag weiter, so dass vor allem im Allgäu und im Berchtesgadener
Land (und dort vor allem über 800 m) bis zu 20 cm Neuschnee erwartet werden
können. Frost beschränkt sich Dank des Windes auf das obere Bergland, in tiefen
Lagen bleibt es frostfrei, womit auch Glättegefahr kein großes Thema ist. Zudem
bleiben Wolkenauflockerungen die große Ausnahme, allenfalls im Nordwesten kann
es etwas auflockern.

Dienstag ... schwenkt der sich allmähliche abflachende Rücken rasch über
Deutschland hinweg, nachfolgend greift ein flacher Trog auf die Nordsee über.
Insgesamt stellt sich eine deutlich schwächer mäandrierende Westströmung ein.
Das in die Nordsee ziehende und allmählich okkludierende Frontensystem von Tief
Bibi wird von PVA auf der Vorderseite des flachen Troges erfasst, so dass es
durch verstärkte Hebung im Bereich des Okklusionspunktes zu einer
Teiltiefzyklogenese (noch namenlos) kommt. Ab dem Nachmittag ziehen dann
zunächst die Regenfälle an Bibis Warmfront im Nordwesten auf, später greift dann
auch die Kaltfront mit einem markanten Bodentrog über. Der Wind frischt vorher
schon tagesgangbedingt etwas auf, im Osten noch aus Westnordwest, im Westen auf
Südwest rückdrehend. Dabei dürfte vor allem im Süden, Osten und in der Mitte
Windstärke 7 in Böen erreicht werden. Auf einigen höheren Bergen gibt es weiter
Sturmböen oder schwere Sturmböen. Am Nachmittag nimmt dann im Osten der Wind ab,
dafür frischt der Wind im Westen auf der Vorderseite des Bodentroges wieder in
Böen bis Stärke 7 auf, vor allem an der Nordsee und im westlichen Bergland
dürften dann auch wieder zunehmend stürmische Böen im Spiel kommen. In der
ersten Tageshälfte sind vor allem im südlichen und östlichen Bergland noch
letzte Schneeschauer unterwegs, an den Alpen schneit es noch, wie oben schon
beschrieben. Nachfolgend gibt es von Westen einige Auflockerungen, bevor
mehrschichtige Bewölkung auf der Vorderseite der Warmfront aufzieht und
nachfolgend zunächst leichter Regen auf den Westen übergreift. Zum Abend
intensiviert sich der Regen dann von Nordwesten her. Im äußersten Nordwesten und
im westlichen Bergland können bis zum Abend durchaus schon wieder bis zu 5 l/qm
fallen. Von Westen kommt wieder etwas mildere Luft ins Land, was allerdings am
Höchsttemperaturniveau nicht viel ändert, so dass meist wieder 7 bis 11°C zu
erwarten sind, nur im höheren östlichen Bergland bleibt es deutlich kälter.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der flache Höhentrog rasch nach Osten durch.
Auf seiner Vorderseite verlagert sich Bibis Teiltief südostwärts vor die Küste
Pommerns. Der zugehörige Bodentrog schwenkt ebenso in der Nacht ostwärts durch
Deutschland und erreicht bis zum Morgen Oder, Neiße und weniger ausgeprägt
Süddeutschland. Damit frischt der Wind in der gesamten Nordhälfte sowie im
Bergland und auch im Alpenvorland in Böen stark bis stürmisch auf, bevor der
Wind von Westen her deutlich nachlässt. Dabei dreht er wieder von Südwest auf
West, an der Nordsee auf Nordwest. Generell gibt es an der See die meiste Zeit
über stürmische Böen und Sturmböen. Hohe Berge dürfen weiterhin mit schweren
Sturmböen rechnen. Mit dem Bodentrog schwenkt auch die thermisch nicht sehr
aktive Kaltfront nach Osten und Süden durch und bringt recht großflächig bis zu
5 l/qm Regen. Da es erst rückseitig kälter wird, ist auch in den Mittelgebirgen
nicht viel Schnee zu erwarten, eher kann es in den Frühstunden gefrierende Nässe
geben, wenn der Wind nachlässt und von Nordwesten her rückseitig die Wolken
etwas auflockern. An den Alpen sind bis zum frühen Vormittag 5 bis 10 l/qm
Niederschlag zu erwarten, wobei die Schneefallgrenze nur langsam von 1300 auf
900 m absinkt, so dass in den Tälern fast nur Regen fällt. Wie schon angedeutet
sinkt im höheren Bergland die Temperatur bis auf den Gefrierpunkt, in tieferen
Lagen sollte es trotz späterer Auflockerungen weitgehend frostfrei bleiben.

Mittwoch ... ziehen Boden- und Höhentrog rasch nach Osten ab und auch die Reste
der Kaltfront Bibis an den Alpen lösen sich rasch auf. Von Westen zieht wieder
ein flacher Höhenrücken heran. Unter diesem steigt der Druck deutlich an, so
dass aus dem vom Azorenhoch sich hereinschiebenden Hochkeil ein abgeschlossenes
Hoch entsteht, das in den Nachmittagsstunden über Süddeutschland ostwärts zieht.
Damit schwächt sich der Wind zunächst im Südwesten deutlich ab. Im Osten gibt es
dagegen noch steife Böen aus Westnordwest, an der Ostsee auch stürmische Böen.
Am Nachmittag schwächt sich der dann meist auf Südwest drehende Wind auch
tagesgangsbedingt weiter ab, nur an der Nordsee frischt der Wind schon wieder
etwas auf, da über der Nordsee sich Gradient schon wieder verschärft, was auf
ein neues Sturmtief zurückzuführen ist, das südlich von Island aufzieht. Mit dem
über dem Festland zunehmenden Hochdruckeinfluss schwächt sich auch der Höhenwind
ab, so dass bis zum Abend auch die Berge auf der Warnkarte "grün" werden. Unter
Absinken lassen zunächst die letzten Niederschläge im Südosten rasch nach und
später lockern die Wolken auf, so dass sich ein mitunter recht sonniger Tag
einstellt. Das wirkt sich auch auf das Temperaturniveau aus, so dass trotz
eingeflossener Polarluft im Südwesten schon bis zu 14°C erreicht werden, im
Nordosten immerhin bis zu 9°C

In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der Höhenrücken rasch nach Osten, aber der
nächste Trog folgt nicht so rasch nach. Somit geraten wir in eine noch leicht
antizyklonale Westsüdwestströmung. Das Bodenhoch verlagert sich nach
Südosteuropa, womit der Wind allgemein auf südliche Richtungen dreht. Damit
breitet sich von Süden auch wieder etwas mildere Luft aus. Das oben erwähnte
Tief zieht südlich an Island vorbei und seine Kaltfront nähert sich von Nordsee
her. Diese kündigt sich bei uns aber erst einmal nur mit einigen, meist hohen,
Wolkenfeldern an. Insbesondere im Süden und im Osten bleibt es oft gering
bewölkt oder wolkenlos. Bei in der Südosthälfte sehr schwachem Südwind kann es
deutlich abkühlen, so dass dort flächendeckend mit Frost zu rechnen ist, über
Schneeflächen mit mäßigem Frost. Nebel sollte nur vereinzelt auftreten. Im etwas
windigeren Nordwesten bleibt es dagegen frostfrei. Warnwürdig werden die Böen
vor allem an der Nordsee, wo sich der Gradient noch etwas verschärft, so dass
dort steife Böen aus Südwest, in Nordfriesland auch stürmische Böen auftreten.
Auch auf dem Brocken kündigt sich das nächste Tief schon wieder mit Sturmböen
aus Südwest an.

Donnerstag ... nähert sich der Langwellentrog weiter unserem Land und greift
noch etwas nach Süden aus. Am Abend erreicht seine Achse Benelux. Das zugehörige
Bodentief zieht zu den Färöern, während sich die Bodenhochdruckzone weiter nach
Ost- und Südosteuropa zurückzieht. Die Kaltfront des Tiefs greift ab dem
Vormittag mit Regenfällen auf den Nordwesten Deutschlands über. Sie kommt aber
in der südwestlichen Höhenströmung nur langsam voran und erreicht am Abend eine
Linie Vorpommern-Saarland. An ihr regnet es zwar nicht sehr stark, aber teils
doch über einige Stunden anhaltend, so dass in der Nordwesthälfte gebietsweise
um 5 l/qm zusammenkommen. Im übrigen Land beginnt der Tag noch sonnig, von
Nordwesten ziehen aber immer mehr hohe und mittelhohe Wolken auch in den
Südosten. Mit der Kaltfront nimmt auch der Druckgradient im Binnenland etwas zu,
so dass auch dort der Südwestwind auffrischt, einzelne steife, kaum aber
stürmische Böen gibt es vor allem im Umfeld der Front selbst. Rückseitig dreht
der Wind allenfalls kurzfristig, dort verringert sich der Gradient wieder, so
dass an der Nordsee mit Frontdurchgang der Wind sogar abnimmt. Das
Temperaturniveau ist weiterhin eher auf Vorfrühling eingestellt mit Höchstwerten
zwischen 8°C im regnerischen Nordwesten und bis 14°C im länger sonnigen
Südosten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im Großen und Ganzen simulieren die vorliegenden Modelle die Lage recht ähnlich.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann