DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-02-2022 08:30
SXEU31 DWAV 210800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 21.02.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW z
WIND/STURM/ORKAN (Unwetter):
Heute verbreitet Sturmböen 8-9 Bft, bei Schauern sowie bei kurzen Gewittern
schwere Sturmböen 10 Bft. Auch im höheren Bergland und anfangs an der Ostsee
schwere Sturmböen 10 Bft, in exponierten Kamm- und Gipfellagen Orkanböen 12 Bft.
Im Tagesverlauf im norddeutschen Binnenland Windabschwächung. In der Nacht zum
Dienstag Abflauen des Windes, anfangs noch einzelne stürmische Böen 8 Bft. An
der Nordsee und im Bergland stürmische Böen oder Sturmböen Bft 8 bis 9,
exponiert noch schwere Sturmböen Bft 10.
Am Dienstag noch einmal leichte Windzunahme, in freien Lagen einzelne stürmische
Böen, im höheren Bergland und später an der Nordsee aufkommend und in der Nacht
zum Mittwoch auch an der Ostsee einsetzend Sturmböen Bft 8/9. Am Mittwoch mit
geringer werdender Wahrscheinlichkeit nur noch im östlichen Bergland einzelne
stürmische Böen. In der Nacht zum Donnerstag auf höheren Berggipfeln sowie an
der Nordsee erneut einsetzend Sturmböen Bft 8/9.

DAUERREGEN:
Im Westen (gebietsweise) sowie in den Staulagen von Rothaargebirge, Sauerland,
Vogelsberg bis zum Abend Dauerregen. In Hochlagen zum Teil wieder in Schnee
übergehend.

GEWITTER:
Vereinzelt kurze Gewitter, dabei (schwere) Sturmböen 9-10 Bft nicht
ausgeschlossen.


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... liegt Deutschland im Randbereich eines über Südschweden in Richtung
Baltikum ziehenden Orkantiefs. Dieses Tief war das Resultat einer
Okklusionspunktzyklogenese des Frontensystems des Orkantiefs "Antonia". Dem
eigentlichen Tief "Antonia" wird durch diese Neuentwicklung die Kraft genommen,
so dass nur noch ein Resttrog von diesem Tief übrigbleibt.
Die Kaltfront des zu den Baltischen Staaten ziehenden Orkantiefs hat
mittlerweile die Alpen erreicht. Auf den präfrontalen Bereich übergreifende
Kaltluftadvektion hat eine leichte Abschwächung dieser Front bewirkt, so dass im
Südosten Deutschlands mit Frontpassage kaum noch orkanartige Böen auftraten.
Einzelne kurze Gewitter waren jedoch weiterhin zu beobachten. Mit dem Auftreffen
der Front auf die Alpen gehen die Niederschläge oberhalb 600 bis 800 m in Schnee
über. Da es sich aber um eine flüssigwasserarme Kaltluft handelt, kommen nur
noch wenige Zentimeter Neuschnee zusammen, so dass die unterste Warnstufe völlig
hinreichend ist.
Somit gilt vielmehr das Augenmerk dem nachfolgenden Bodentrog, wobei es sich
bekanntlich um das Restprodukt des Tiefs "Antonia" handelt. Dieser Trog ist
nicht zu unterschätzen und bewirkt eine erneute Windzunahme. Neben dem ohnehin
kräftigen Wind (mit stürmischen Böen) setzen im Tagesverlauf im Westen beginnend
und rasch auf die Mitte übergreifend Sturmböen Bft 9 ein. Im Trogbereich wird
die Schichtung wieder labiler, in Verbindung mit kräftigeren Schauern oder
kurzen Gewittern, die nahezu landesweit auftreten können, muss mit schweren
Sturmböen Bft 10 gerechnet werden; orkanartige Böen sind im Bergland nicht
auszuschließen. Erst zum Abend hin beginnt mit abziehendem Bodentrog der
Gradient aufzufächern und der Wind abzuflauen; an der Küste, in der Mitte sowie
im Süden sind nach wie vor stürmische Böen unterwegs, im höheren Bergland gibt
es noch teils schwere Sturmböen.
In der stark durchmischten "Kaltluft" sind Tageshöchsttemperaturen zwischen 5
und 10 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Dienstag zieht der Trog, der aus dem o.g. Orkantief hervorging,
nach Osten ab, gefolgt von einem Keil, der nach Frankreich und in die Nordsee
schwenkt. Über die Keilachse ostwärts ausgreifende Warmluftadvektion bewirkt
eine Abschwächung dieser Struktur. Dennoch reicht es für ein weiteres Auffächern
des Gradienten, so dass der Wind zusehends abflaut. Auf höheren Berggipfeln der
östlichen Mittelgebirge und der Alpen muss jedoch bis in die Frühstunden noch
mit Sturmböen Bft 8/9 gerechnet werden. In freien Lagen im Osten können dann
auch noch Windböen auftreten. Eine echte Wetterberuhigung zeichnet sich nicht
ab, so dass leichter Frost auf höhere Berglagen beschränkt ist.

Dienstag... überquert der Keil unter weiterer Abflachung das Vorhersagegebiet.
Stromaufwärts zeichnet sich eine Zonalisierung ab. Ein in dieser Strömung
eingelagerter breiter und relativ flacher Trog erreicht die Nordsee. Dieser
induziert eine erneute Zyklogenese, wobei es sich um eine Entwicklung am
Okklusionspunkt des Frontensystems eines Orkantiefs über Island handelt. Da aber
dieser Trog dieses sich entwickelnde Tief überläuft, ist keine rapide
Zyklogenese zu erwarten. Das schwache Randtief wird in den Skagerrak gesteuert,
dessen Frontensystem (Warmfront und Kaltfront) greift auf Deutschland über.
Hierdurch gehen die Niederschläge bis in die Kammlagen der Mittelgebirge und in
den Alpen bis etwa 1000 m wieder in die flüssige Phase über. Gegenüber der Nacht
zuvor erfolgt nur eine leichte Windzunahme bis hin zu Böen Bft 7 und Sturmböen
Bft 8/9 im höheren Bergland. An der Nordsee kommt erst rückseitig der Kaltfront,
d.h. zum Abend hin, mit Böen Bft 8/9 in Gang, an der Ostsee ist dies erst in der
Nacht zum Mittwoch der Fall.
Auflockerungen zeichnen sich am ehesten im Osten und Südosten und dann in der
ersten Tageshälfte ab. Im Nordwesten und Westen sind Wolkenlücken eher selten.
Die Tageshöchsttemperaturen ändern sich gegenüber heute nur unwesentlich.

In der Nacht zum Mittwoch überquert der flache Trog, ohne sich wesentlich zu
vertiefen, Mitteleuropa, gefolgt von einem breiten Höhenrücken. Durch diesen
wird ein Bodenkeil gestützt, der sich von Frankreich nach Süddeutschland
ausweitet. In dessen Bereich setzt Wetterberuhigung ein, gebietsweise kann es
aufklaren, auch ein paar Nebelfelder können dann zustande kommen. Im Osten und
anfangs auch im Süden ist der Gradient noch ausgeprägter, so dass dort noch
Windböen und, bedingt durch den Leitplankeneffekt, in Richtung Alpen stürmische
Böen auftreten können. In höheren Berglagen sowie anfangs an der Ostsee gibt es
anfangs noch Sturmböen Bft 8/9. Mittwochfrüh ist dies nur noch in exponierten
Lagen an der Vorpommerschen Ostseeküste sowie im östlichen Bergland der Fall.
Abgesehen vom höheren Bergland bleibt es frostfrei.

Mittwoch... arbeitet sich der nachfolgende Rücken bis nach Mitteleuropa vor und
weitet sich, bedingt durch über Skandinavien einsetzende Warmluftadvektion, nach
Norden aus. Gestützt durch diesen Rücken, der nunmehr in einen Keil übergeht,
entsteht ein Bodenhoch, das sich mit seinem Schwerpunkt in den Ostalpenraum
verlagert. Die Folge ist ein weiteres Auffächern des Gradienten, so dass nur
anfangs im Nordosten noch Windböen und im östlichen Bergland mit geringer
werdender Wahrscheinlichkeit stürmische Böen auftreten können. Bedingt durch die
nicht allzu weit entfernt liegende Frontalzone kommt jedoch an der Nordsee der
Wind nicht so recht zur Ruhe, so dass dort weiterhin Wind- und über der offenen
See stürmische Böen auftreten können.
Absinken im Randbereich des Bodenhochs sorgt für größere Auflockerungen und im
Westen sowie im Süden für längere sonnige Abschnitte. Gegenüber den Vortagen
ergibt sich ein Temperaturanstieg auf 7 bis 13 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag ist der Keil bereits wieder Geschichte. Diesem folgt
ein kräftiger Trog, der unter leichter Ausweitung nach Süden bis Donnerstagfrüh
auf Irland übergreift. Vorderseitig stellt sich gesamttroposphärisch eine
südwestliche Strömung ein. Druckfall an der Vorderseite eines sich in die
Nordsee verlagernden und bis dahin weitgehend okkludierten Frontensystems lässt
den Gradienten erneut anziehen. Dies macht sich jedoch vorerst nur in Form von
Windböen an der Ostsee, stürmischen Böen an der Nordsee und der Lausitz
(Böhmischer Wind) sowie Sturmböen Bft 8/9 in höheren Berglagen bemerkbar. Im
Binnenland sollte ansonsten der Wind noch nicht warnrelevant sein.
Südlich der Mittelgebirge bleibt eine schwachgradientige Lage zunächst noch
bestehen, so dass in diesen Gebieten verbreitet leichter Frost auftreten kann.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann