DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-02-2022 10:01
SXEU31 DWAV 200800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 20.02.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Mit Kaltfrontpassage von Sturmtief ANTONIA abends und nachts schwere Sturmböen,
vereinzelt auch orkanartige Böen 11 Bft möglich).
Am Montag in der Mitte und im Süden sowie an der Küste verbreitet Böen Bft 8 bis
9, exponiert 10. Auf exponierten Bergen Orkanböen. In der Nacht zum Dienstag
Windabnahme. In Lagen oberhalb von 600 bis 700 m vorübergehend winterlich mit
leichten, in Staulagen vereinzelt mäßigen Schneefällen.
Am Dienstag bevorzugt in Höhenlagen sowie an der See stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... Ein Höhen- und Bodentrog zieht vormittags bereits nach Ostpolen ab
und ein nachfolgender flacher Höhenrücken macht sich vor allem im Osten und
Südosten durch eine Wetterberuhigung bemerkbar. Auf den Westen hat aber bereits
die Warmfront des zu den Färöer-Inseln ziehenden Sturmtiefs Antonia mit Regen
übergegriffen und der Regen erreicht am Nachmittag auch die Oder. Mit
Warmfrontpassage verschärft sich der Gradient und es muss mit starken bis
stürmischen Böen, an der Nordsee und in höheren Lagen auch mit Sturmböen
gerechnet werden. Ab dem Spätnachmittag muss im Westen und Nordwesten mit
Kaltfrontannäherung vermehrt mit Sturmböen gerechnet werden. Auf exponierten
Bergen gibt es Orkanböen. Nur ganz im Süden kommt durch die Warmfront kaum Regen
an. Meist liegen in der Mitte und im Norden die simulierten Regenmengen zwischen
2 und 9 mm, im Nordwesten sowie in den westlichen Mittelgebirgen bei 10 bis 20
mm. In exponierten Staulagen vor allem von Harz, Rothaargebirge und Bergischem
Land, aber auch örtlich im Emsland werden Dauerregenmengen simuliert über 25
mm/12 Stunden (Dauerregenwarnung läuft für die Staulagen der Mittelgebirge bis
zum Vogelsberg). Bis zum Nachmittag kann sich die Luft bei guter Durchmischung
auf Höchstwerte zwischen 7 Grad in Vorpommern und 11, vereinzelt auch 12 Grad im
Rheinland. In den östlichen Mittelgebirgen steigt das Quecksilber bis zum Abend
auf Werte um 5 Grad und hier fällt anfangs auch noch nasser Schnee.

Am Abend (zwischen 21 und 22 UTC greift die Kaltfront auf das Emsland und die
Niederrhein-Region über. Dabei siumlieren die meisten Modelle schwere Sturmböen,
exponiert orkanartig Böen (vor allem von GFS gezeigt). In der Nacht zum Montag
Überquert die Kaltfront praktisch ganz Deutschland von Nordwest nach Südost
(Frontlage um 03 UTC: Schwarzwald-Frankfurt/Oder). Mit Kaltfrontdurchgang werden
weiterhin verbreitet 9er Böen und örtlich auch schwere Sturmböen simuliert. Auch
weiter nach Südosten hin kann eine orkanartige Böe weiterhin bei einem kräftigen
Schauer oder einem Gewitter nicht ausgeschlossen werden. ICON-D2-EPS hat sogar
im Alpenvorland erhöhte Wahrscheinlichkeiten für 11er Böen. Andere Modelle, die
zuvor recht viel Wind an der Front simulieren (z.B. GFS) zeigen dort eher
weniger Wind. Was man beachten muss ist die Tatsache, dass im Frontbereich die
Labilität im Westen und Südwesten bis über 600 hPa reicht, nach Osten hin eher
nur bis 650 hPa. Wenn sich linienartige Konvektion entwickeln sollte, dann
können also aus dem Niveau 850 oder 900 hPa Winde bis zum Boden durchbrechen.
Dort herrschen Mittelwinde von 60 bis 70 und insofern sind orkanartige Böen
nicht von der Hand zu weisen. Auf jeden Fall muss in Lagen oberhalb von 600 bis
800 m mit orkanartigen Böen gerechnet werden; das zeigen die meisten
feinmaschigen Modelle.
Um 06 UTC kommt das Tief (eigentlich ein Teiltief am Okklusionspunkt, das zum
Haupttief wird) in Südschweden an und die Kaltfront erreicht die Ostalpenregion.

Es sei noch erwähnt, dass oberhalb von 600 bis 800 m nach Frontdurchgang etwas
Schnee fallen kann, der aber sich nicht nennenswert akkumulieren sollte,
vereinzelt kann es glatt werden.

Noch ein Satz zu den Temperaturen: Meist kühlt es auf 7 bis 2°C ab, mit den
höheren Werten im Osten, wo die Kaltfront am spätesten ankommt. Im höheren
Bergland gibt es leichten Frost.

Montag... zieht Antonias unter weiterer Verstärkung über die Ostsee hinweg zur
lettischen Küste. Die Kaltfront zieht nach Südosten ab. Der Höhentrog erfasst
nachfolgend ganz Deutschland. Rückseitig der Kaltfront beruhigt sich der Wind
vorübergehend minimal, doch der ursprüngliche Tiefkern Antonias hat mittlerweile
die Nordsee erreicht und schwenkt ab dem Nachmittag in Form eines Bodentroges in
den Nordwesten Deutschlands. Damit dürfte der Südwestwind in weiten Teilen
Deutschlands erneut stark auffrischen und in Böen Sturmstärke erreichen,
exponiert, vor allem in höheren Lagen und an der Ostsee, sind schwere Sturmböen
möglich. Im Raum Schleswig-Holstein/nördliches Niedersachsen wird durch den
Bodentrog der Gradient vorübergehend etwas auseinandergezogen und der Wind
schwächt sich ab. Rückseitig des Bodentroges dreht der Wind auf Nordwest, wird
aber wegen der Labilität nur zögernd schwächer. Mit dem Bodentrog kommen auch
von der Nordsee her wieder teils schauerartige Regenfälle auf, in der maritimen
Polarluft kann oberhalb 500 m auch immer wieder mal Schnee dabei sein, der sich
aber erst oberhalb von 600 bis 700 m akkumuliert. Die Niederschlagsummen liegen
meist bei bis zu 5 l/qm, im Rothaargebirge und im Harz sind aber Neuschneemengen
über 5 cm in 6 Stunden möglich (am Nachmittag/Abend). Aufheiterungen dauern
meist nur kurz. Mit 5 bis 10°C ist es in der subpolaren Meeresluftmasse kühler
als am Vortag (T in 850 hPa: -3 bis -6 Grad). Die kältere Luft macht sich am
ehesten oberhalb von 600 m bemerkbar, wo die Werte um +2 Grad liegen.

In der Nacht zum Dienstag ziehen sowohl der Bodentrog als auch der Höhentrog
langsam nach Osten ab. Der nachfolgende Keil ist aber mit einem kräftigen
Gradienten ausgestattet. Damit lässt der Wind nur langsam nach und bringt
anfangs noch steife bis stürmische Böen. In der 2. Nachthälfte sind nur noch auf
den Bergen Windwarnungen nötig. Auf
dem Brocken, dem Fichtelberg und auf den Alpengipfeln gibt es weiter schwere
Sturmböen. Mit dem Trog verlagern sich auch die schauerartigen Niederschläge
Richtung Osten und Südosten, wobei die Mengen abnehmen. Oberhalb 400 bis 600 m
fällt meist Schnee, wobei vielfach eine Glättewarnung reichen dürfte. Am
Erzgebirge und an den Alpen kommt es aber zu Stau, so dass dort 5 bis 10
Zentimeter zusammenkommen können. Von Nordwesten können im Laufe der Nacht die
Wolken auflockern. In tiefen Lagen bleibt es dennoch aufgrund des Windes mit 4
bis 1°C im 2-Meter-Niveau meist frostfrei, im Bergland und am Boden gibt es
dagegen häufig leichten Frost.


Dienstag... schwenkt der den Hochkeil stützende Höhenkeil rasch über uns hinweg
nach Osten bzw. nach Südosten und wir kommen auf die Vorderseite eines nach
Benelux ziehenden Kurzwellentroges. Vorderseitig befindet sich ein neues
atlantisches Frontensystem, das zu dem kräftigen Tief bei Island gehört. Damit
setzten von Westen her erneut Regenfälle ein, die aber geringer ausfallen als an
den Vortagen. Meist stehen 0,5 bis 7 mm innerhalb von 12 Stunden auf der Karte
mit den höchsten Werten im Nordwesten. Dort kommt am Abend auch die Kaltfront
des Tiefs an. Erneut frischt der Wind auf und bringt gebietsweise steife
Windböen, oberhalb von 600 bis 800 m und an der Nordsee auch stürmische Böen.
Auf exponierten Bergen sind schwere Sturmböen, vereinzelt auch 11er Böen zu
erwarten. Die Temperaturen sind mit 5 bis 10 Grad ähnlich wie am Vortag und im
östlichen Bergland fällt anfangs Schnee.

In der Nacht zum Dienstag geht die Kaltfront durch und bringt örtlich mal eine
stürmische Böe. Postfrontal kann es oberhalb von 600 bis 700 m ein paar
Schneeflocken und geringen Frost nebst Glätte geben.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle haben sich bei den synoptischen Basisfeldern angenähert.

Was den Sturm bzw. den Orkan in der kommenden Nacht angeht so zeigt GFS in der
Fläche die stärksten Böen mit Bft 11 im Nordwesten Deutschlands. Vereinzelt
werden auch 11er Böen in der Mitte und im Osten oder auch im nördlichen
Süddeutschland simuliert.
Von den feinmaschigen Modellen bringt AROME die stärksten Böen mit Bft 11,
vereinzelt 12 von NRW und dem südlichen Norddeutschland bis nach Bayern.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden