DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-02-2022 09:30
SXEU31 DWAV 180800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 18.02.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wz

Heute Nachmittag im Nordwesten, abends und nachts in der Nordhälfte und auf den
Bergen orkanartige Böen und Orkanböen. An der Nordsee extremes Unwetter mit Böen
zwischen 140 km/h und 160 km/h möglich! Ansonsten ab dem Abend teils schwere
Sturmböen.
Am Samstag an der Ostsee anfangs noch Böen Bft 11. Sonst im Norden, Osten und in
der Mitte stürmische Böen, im Nordosten und an der See teils schwere Sturmböen.
Am Sonntag von Westen her steife, exponiert stürmische Böen, auf den Bergen und
an der Nordsee Sturmböen.
In einigen Weststaulagen aufkommender Dauerregen.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Freitag... liegt Deutschland unter einem breiten Höhenrücken, der aber bereits
von Warmluftadvektion überlaufen wird und alsbald zum nahen Osteuropa abzieht.
So geraten wir auf die Vorderseite eines westeuropäischen Höhentroges, der
ebenfalls rasch ostwärts wandert und in dem sich bereits ein Höhentief gebildet
hat und zwar auf Position des Bodentiefs ´Zeynep´, welches von Irland bis 18 UTC
zum Seegebiet westlich von Dänemark zieht, wobei sein Kerndruck noch etwas
zurückgeht auf etwa 968 hPa. Die Kaltfront des Tiefs erreicht gegen 15 Uhr die
Grenze zu Holland und Belgien, wobei sich die Front in den Modellen linienhaft
durch erhöhte Pseudoreflektivitäten abzeichnet. An der Front und kurz davor
werden von ICON-D2 kurz vor der Front und bei Frontdurchgang dann vermehrt
schwere Sturmböen berechnet und bei den EPS-Ergebnissen steigt die
Wahrscheinlichkeit für orkanartige Böen. Bis 18 UTC erreicht die Front bereits
eine Linie Usedom-Ostthüringen-Südbaden. An der Front wird sogar etwas ML-Cape
berechnet, die Modelltemps bieten aber meist nur Labilität bis -15 Grad an.
Gewitter sind daher an der Front nicht sehr wahrscheinlich aber insgesamt ist
von einer aktiven Frontquerzirkulation auszugehen, die die Höhenwinde mit nach
unten transportiert. Im Bereich 925 hPa werden ausgehend von den nördlichen
Mittelgebirgen bis zur Küste Mittelwinde von 50 bis 60, an der Nordsee 70 kt
berechnet. Entsprechend muss man damit quasi in der Nordhälfte mit orkanartigen
Böen, an der Nordsee auch mit Orkanböen rechnen (dort vereinzelt über 140 km/h,
was von ICON-EU und CosmoLEPSmax auch gezeigt wird). Entsprechend der Frontlage
muss man von der westlichen Ostsee bis nach NRW dann mit Böen Bft 11, in einem
Streifen davor mit teils schweren Sturmböen und ganz im Osten und Südosten
lediglich mit steifen bis stürmische rechnen. Auf der Nordsee sorgt ein erster
Bodentrog für die Windzunahme! Im Bereich der Fronten regnet es vor allem in der
Mitte und im Norden, während es im Süden längere trockene Phasen gibt. Meist
kommen 2 bis 7, in den Staulagen knapp über 10 mm und im Küstenbereich 10 bis 15
mm Regen zusammen. Im Warmsektor steigen die Temperaturen meist auf 10 bis 15,
am Oberrhein bis 18 Grad. An der See ist es mit Werten um 8 Grad kühler.
Etwa kurz nach Mitternacht schwenkt die Kaltfront rasch zu den Alpen und mit
Frontdurchgang muss im Süden mit teils schweren Sturmböen gerechnet werden. Im
Norden und Osten bleibt es in der Nähe zum Tief, das über Südschweden ostwärts
zieht und um 06 UTC vor der Küste Estlands auftaucht, bleibt es bei Böen Bft 10
bis 11, vor allem an der Nordsee auch Bft 12. Ganz im Norden geht nämlich ein
weiterer Bodentrog mit Gradientverschärfung durch, an den eine ´herumgeholte´
Okklusion gebunden ist. Im Süden fächert der Gradient postfrontal etwas auf, es
treten aber weiterhin Böen Bft 8 bis 9 auf (exponierte Berge: Bft 10 bis 11). Im
Alpenraum sinkt bei leichter Staukomponente die Schneefallgrenze auf 800 m,
meist gibt es aber nur 5 cm, im Allgäu exponiert 10 cm Neuschnee. Ansonsten
fallen nur einzelne Schneeregen und Graupelschauer, oberhalb 300 bis 400 m
durchweg Schneeschauer, da die Temperatur in 850 hPa häufig auf -5 bis -7 Grad
sinkt. Ganz im Norden und im Nordosten sorgt noch die Okklusion für längere Zeit
Regen oder Schneeregen. Ein eingelagertes kurzes Wintergewitter mit Graupel ist
im Norden nicht ganz ausgeschlossen (ICON-D2). Die Temperatur geht in der
Meereskaltluft auf 5 bis 0 Grad zurück, oberhalb von etwa 500 m gibt es leichten
Frost.

Samstag... schwenkt der Höhentrog rasch vom westlichen Deutschland nach
Osteuropa, das Sturmtief beginnt sich aufzufüllen und zieht nach
Nordwestrusslands. Der Gradient an dessen Südflanke fächert im Norden und Osten
aber nur zögernd auf, da sich der Hochkeil über Südwest- und Süddeutschland
vorübergehend deutlich verstärkt. Somit bleibt es von der Küste bis zum
nördlichen Süddeutschland stürmisch mit Böen Bft 8 bis 9, an den Küsten und auf
den Bergen auch Bft 10 (anfangs im Nordosten auch noch Bft 11) aus West. Dazu
fällt an den Alpen anfangs noch etwas Schnee, im Norden und Nordosten gibt es
einzelne Schauer, teils mit Schnee und Graupel, vereinzelt auch kurze Gewitter,
am Nachmittag lassen dann aber auch dort die Schauer nach.
Im Südwesten und ganz im Süden spielt der Wind im Einflussbereich des Hochkeils
zumindest in den Niederungen warntechnisch vorübergehend keine Rolle mehr und
bis zum Abend ziehen sich die Sturmböen zur Küste zurück.

Allerdings währt diese Wetterberuhigung nur kurz. Nach Durchschwenken eines
kurzwelligen Höhenkeils folgt bereits am Abend ein flacher Kurzwellentrog, der
dann Benelux erreicht. Gekoppelt daran ist ein Randtief, das mit einem
okkludierten Frontensystem zur südwestlichen Nordsee zieht mit einem Kerndruck
von nur knapp 1000 hPa. Gegen Abend erreicht die Okklusion bereits Benelux und
im Vorfeld setzen dann im äußersten Westen/Nordwesten leichte Niederschläge ein,
die überwiegend als Regen fallen sollten. Der Wind dreht vorderseitig auf Süd
bis Südwest zurück und legt ganz im Westen/Nordwesten am späten Nachmittag
wieder zu, so dass es dort erneut stürmische Böen geben kann.
Ansonsten setzt sich vor allem im Süden und in der Mitte vorübergehend die Sonne
durch. Es wird allmählich wieder milder, die 850 hPa-Temperatur steigt bis zum
Abend auf -6 Grad an der Odermündung und -2 Grad im Südwesten. Entsprechend
werden in der nach wie vor gut durchmischten Luftmasse Höchstwerte zwischen 6
Grad auf Rügen und 11 Grad am Oberrhein erreicht.

In der Nacht zum Sonntag zieht das Randtief rasch über Norddeutschland zur
Odermündung und füllt sich dabei auf. Die Okklusion überquert mit meist nur
leichten Niederschlägen (oberhalb von etwa 400 bis 800 m als Schnee) das
Vorhersagegebiet ostwärts (die Modellergebnisse haben sich weitgehend
angenähert). Vor allem ICON lässt schon rasch die nächste Warmfront eines ins
Seegebiet südlich von Island ziehenden Sturmtiefs folgen, auf deren Vorderseite
sich die Regenfälle morgens im Westen wieder intensivieren.
Mit Okklusionspassage legt auch der Wind vorübergehend wieder zu (nachdem er
auch im Osten und Nordosten kurz mal deutlich abgenommen hat). In der Mitte und
im Süden gibt es verbreitet steife bis stürmische Böen, in freien Lagen
Sturmböen aus Südwest. In den Gipfellagen muss mit Sturm- und schweren Sturmböen
gerechnet werden. Postfrontal nimmt der Wind dann im Westen und Nordwesten
wieder rasch ab. Im Norden ist der Wind im Bereich des Tiefkerns schwächer.
Mit leichtem Frost und Glätte ist meist nur im höheren Bergland zu rechnen. Im
äußersten Norden ist vorübergehend auch mal Schneeregen möglich.

Sonntag... Nach Abzug des Kurzwellentroges zieht ein flacher Höhenrücken unter
Abschwächung über Deutschland hinweg ostwärts und wird zudem von
Warmluftadvektion überlaufen. Diese gehört zu der Warmfront des bis 18 UTC zum
Seegebiet nördlich von Schottland ziehenden nächsten Sturmtiefs. So verdichtet
sich auch im Osten die Bewölkung und der Regen im äußersten Westen breitet sich
über die meisten Gebiete Deutschlands aus. Nur der äußerste Süden wird noch
lange Zeit ausgespart. WLA und die im Westen und Norden am Nachmittag
aufkommende positive Vorticityadvektion sorgen für kräftige Regenfälle in
Nordwestdeutschland zwischen 7 und 15 mm innerhalb von 12 Stunden. Bei ICON
werden in den Staulagen der westlichen Mittelgebirge auch Mengen über 25 mm
berechnet (Dauerregen). Im Osten und Süden fallen meist nur 2 bis 9 mm Regen,
wenn man von einigen Staulagen absieht. Im Warmsektor steigen die Temperaturen
verbreitet auf 7 bis 12 Grad mit den höchsten Werten im Rheinland. Mit
Annäherung des Tiefs frischt der Wind deutlich auf: Im Osten muss mit steifen,
sonst mit stürmischen und exponiert mit Sturmböen aus Südwest gerechnet werden.
An der Nordsee sind später schwere Sturmböen möglich.
In der Nacht zieht die Kaltfront des nach Südschweden zeihenden Sturmtiefs von
Nordwest nach Südost durch und sorgt verbreitet für Böen Bft 8 bis 9, exponiert
Bft 10. Dazu fällt schauerartgier Regen, später in den Hochlagen Schnee.
Innerhalb von 24 Stunden muss insofern in den Mittelgebirgen in den Staulagen
mit Dauerregenmengen über 30 mm gerechnet werden (s. unten). Meist kühlt es auf
1 bis 5 Grad ab, in den Hochlagen knapp unter den Gefrierpunkt.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Lösungen der Modelle haben sich insgesamt recht gut angenähert.

Was den Dauerregen am Sonntag und in der Nacht zum Montag angeht, so gibt es vor
allem bei CosmoLEPS deutliche erhöhte Wahrscheinlichkeiten für Regenmengen über
30 mm besonders im Rothaargebirge und im Harz. Aber auch in den anderen
typischen Staulagen sind Dauerregenmengen möglich.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden