DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

17-02-2022 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 17.02.2022 um 10.30 UTC



Großwetterlage W bis NW (zyklonal!): Unbeständig, nass, zeitweise stürmisch.
Meist mild, nennenswerter Schnee nur an den Alpen. Tendenz zur Wetterberuhigung
ab Wochenmitte.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 24.02.2022


In der Mittelfrist setzt sich die zyklonale West- bis Nordwestwetterlage
zunächst fort. Das bedeutet für uns eine Fortdauer des unbeständigen, mitunter
sehr nassen und zeitweise stürmischen Wetters. Erst ab Wochenmitte könnte sich
der antizyklonale Einfluss verstärken und sich das Wetter beruhigen. Es bleibt
dabei zu mild für die Jahreszeit, wenngleich die Temperaturabweichungen durch
die leichte nördliche Strömungskomponente und damit etwas stärker betonte
"Rückseiten" nicht mehr ganz die Höhenflüge der Kurzfrist fortsetzen können. Die
Anomalien der Tagesmitteltemperaturen pendeln sich meist zwischen +1 und +3 Grad
ein, bezogen auf das Mittel 1991-2020.

Zu Beginn der Mittefrist am Sonntag zeigt sich die Zirkulation über dem
Nordatlantik und Europa weiterhin stark zonalisiert. So verläuft die
552-gpdm-Hauptisohypse, entlang der sich auch die Frontalzone orientiert, nur
leicht mäandrierend von Neuenglang über den Nordatlantik unweit des 50.
Breitengrades bis nach Mittel- und Osteuropa. Ein erster Kurzwellentrog
überquert Deutschland bereits im Laufe der ersten Tageshälfte ostwärts. Damit
verbunden ist auch ein recht markanter Bodentrog nebst eingelagerter Okklusion.
Die ostwärts abziehenden schauerartigen Niederschläge fallen in der
einfließenden, gut durchmischten polaren Meeresluft (T850 um -5 Grad) in den
Mittelgebirgen ab 400 bis 600 m als Schnee. Vorderseitig des nächsten, etwas
massiveren und zu den Britischen Inseln schwenkenden Troges erreicht zunächst
ein flacher Rücken das Land. Dieser entfaltet aber kaum Wetterwirksamkeit und
wird von WLA überlaufen. Zudem gelangen wir rasch in den Warmsektor des mit dem
folgenden Trog korrespondierenden Sturmtiefs, das von Island zur Norwegischen
See zieht und ein Teiltief über dem Skagerrak bildet. Die Kaltfront erreicht
abends den Nordwesten. Mit der WLA und dem Frontensystem setzen Niederschläge
ein, die im Warmsektor (T850 0 bis 3 Grad) bis in die Kammlagen in Regen
übergehen. In der Nordwesthälfte werden gebietsweise Mengen von 10 bis 20 mm
erreicht. In Staulagen des zentralen/östlichen Mittelgebirgsraumes sind Mengen
zwischen 20 und 40 mm innerhalb von 24 Stunden möglich (Dauerregen!). Sowohl mit
dem Bodentrog als auch im Warmsektor muss verbreitet mit stürmischen Böen und
Sturmböen gerechnet werden, im Bergland je nach Höhenlage mit schweren Sturmböen
bis Orkanböen.

In der Nacht zum Montag schwenkt der Trog nach Nordwestdeutschland, die
vorlaufende Kaltfront erreicht den Südosten. Postfrontal fließt ein Schwall
Polarluft ein (T850 -1 bis -6 Grad), die durch Höhenkaltluft (T500 teils unter
-35 Grad) labilisiert wird. Den frontalen Regenfällen folgen somit staffelartig
Schauer und einzelne Gewitter. Mit diesen konvektiven Umlagerungen, eventuell
aber auch mit der Kaltfront können die strammen "Oberwinde" heruntergemischt
werden, sodass zumindest schwere Sturmböen bis ins Flachland im Bereich des
Möglichen sind. Vielleicht reicht es auch an den Alpen mit Leitplankeneffekt
dafür. In den Mittelgebirgen geht der Regen wieder in Schnee über, nennenswerte
Neuschneemengen werden aber nicht erwartet.

Am Montag zieht der Trog ins östliche Mitteleuropa ab und weitet sich bis in den
zentralen Mittelmeerraum aus. Gleichzeitig wölbt sich über dem Nordostatlantik
ein Rücken bis Island auf. Dazwischen stellt sich über Deutschland eine
nordwestliche Höhenströmung ein, in der Randtröge eingebettet sind. Das
Sturmtief erreicht die Baltische See, die Kaltfront zieht über die Alpen
südwärts. Die von Nordwest nach Südost durchziehenden schauerartige
Niederschläge konzentrieren sich vor allem auf einen von der Nordsee
hereinschwenkenden Bodentrog und fallen in der fortwährend einfließenden
maritimen Polarluft oberhalb von 400 bis 600 m als Schnee. In Hochlagen der
Mittelgebirge kommen teils 5 bis 10 cm Neuschnee zusammen. An den Alpen stellt
sich eine Staulage ein, sodass markante Neuschneemengen zwischen 10 und 20 cm
wahrscheinlich werden, in hochgelegenen Staulagen auch mehr. Der Bodentrog sorgt
dafür, dass der Gradient erhalten bleibt, vielleicht sogar nochmal anzieht,
sodass weiterhin mit stürmischen Böen und einzelnen Sturmböen gerechnet werden
muss. An der Nordsee und im Bergland sowie bei Schauern sollten schwere
Sturmböen, auf Gipfeln mit orkanartige Böen ins Kalkül gezogen werden.

Am Dienstag erreicht der Rücken unter Verkürzung seiner Wellenlänge
Mitteleuropa, der nächste Trog schwenkt über die Britischen Inseln bereits zur
Nordsee. Der Rücken stützt einen nach Süddeutschland gerichteten Hochkeil und
sorgt zunächst für eine Wetterberuhigung. Die Stausituation an den Alpen hält
allerdings noch etwas an und bringt nochmal ein paar Zentimeter Schnee. Im
Tagesverlauf nähert sich das okkludierte Frontensystem des Sturmtiefs bei
Island, wobei sich über der Nordsee eine Teiltiefentwicklung abzeichnet. Dieses
Teiltief zieht nach IFS-Lesart in der Nacht zum Mittwoch über Dänemark zur
westlichen Ostsee, während der Trog nach Deutschland schwenkt. Mit der Okklusion
breiten sich von Nordwesten neue Regenfälle aus. In den östlichen Mittelgebirgen
fällt etwas Schnee und auch Richtung Oder-Neiße können sich durch das günstige
Timing in der Nacht nasse Flocken unter den Regen mischen. Der Wind weht anfangs
im Südosten sowie später wieder von der Nordsee bis ins norddeutsche Binnenland
in Böen teils stürmisch. Dazwischen schwächt er sich im Einflussbereich des
Keils vorübergehend spürbar ab.

Am Mittwoch ziehen Trog und Tief unter Konturverlust bzw. Auffüllung über den
Norden und Osten nach Südosteuropa und machen Platz für den nächsten Rücken
nebst Hochkeil. Entsprechend ziehen sich auch die schauerartigen Niederschläge
nach Südosten zurück, an den Alpen und in den östlichen Mittelgebirgen fällt
noch etwas Schnee. An der Südwestflanke des Teiltiefs könnte es vorübergehend
nochmal stürmische Böen, im Bergland und an der Nordsee Sturmböen geben.

Am Donnerstag kommt Deutschland schon wieder auf die Vorderseite des nächsten
Troges, der allerdings etwas nördlicher "reinkommt", sodass sich die stärkste
Hebung eher auf Nordeuropa konzentriert. Dennoch erreicht uns mit einer
Okklusion von Nordwesten zumindest gebietsweise leichter Regen. Vor allem an der
Nordsee und in Hochlagen sind stürmische Böen nicht auszuschließen.

In der erweiterten Mittelfrist deutet sich nach Passage des o. e. Troges der
Aufbau eines umfangreicheren Höhenrückens über West- und Mitteleuropa an. Mit
einer umfangreichen Hochdruckzone würde sich das Wetter auch mal über mehrere
Tage hinweg beruhigen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der jüngsten IFS-Modellläufe ist über weite Strecken der sehr
gut. Erst zum Ende der Mittelfrist ab Wochenmitte stellen sich kleine
Phasendifferenzen des kurzwelligen Trog-Rücken-Musters ein, die aber kaum
Prognoserelevanz haben.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die Globalmodelle rechnen die zylonale Westlage unisono, also mit nur
geringfügigen Phasendifferenzen. Die Trogpassage am Donnerstag/Freitag wird von
GFS und GEM nochmal etwas massiver gerechnet als von IFS. Danach zeigen aber
tatsächlich alle Modelle den Aufbau eines umfangreicheren Rückens über West- und
Mitteleuropa, was die Hoffnung auf ein paar ruhigere Tage in der erweiterten
Mittelfrist weiter nährt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Auch der Blick auf die probabilistische Modellwelt liefert keine von der
deterministischen Betrachtung abweichenden Erkenntnisse.

Die Rauchfahnen des IFS-EPS zeigen das für zyklonale Westlagen typische,
hochfrequente Auf- und Abschwingen von Geopotenzial und Temperatur. Dabei ist
der Spread ziemlich gering und resultiert zunächst lediglich aus leichten
Phasenverschiebungen zwischen den einzelnen Ensemble-Mitgliedern.
Gewisse strukturelle Unterschiede werden erst mit dem Trog zum Ende der
Mittelfrist am Donnerstag/Freitag erkennbar. Einige Member sacken beim
Geopotenzial nochmal etwas stärker ab, was auf einen dann doch nochmal
nennenswerten Trog hindeutet (siehe GFS/GEM).
Im Laufe der erweiterten Mittelfrist weiten sich die Rauchfahnen etwas stärker,
allerdings zeichnen die meisten Member einen etwas breiteren Temperatur- und
Geopotenzialberg nach, was den Trend zu etwas mehr Hochdruckeinfluss
unterstreicht. Der deterministische IFS-Lauf ist dabei allerdings noch mit am
"optimistischsten".

Bis +168 h (Donnerstag) sprechen die EPS-Cluster eine eindeutige Sprache. Als
Wetterregime wird ausnahmslos "NAO positive" angegeben. Warum beispielsweise für
den Zeitraum +120-168 h 5 Cluster gebildet werden, kann der Autor dieses Textes
nicht nachvollziehen, denn die Unterschiede sind kaum nennenswert.
Etwas mehr Spielraum lässt uns das Clustering ab dem Zeitraum +192-240 h, also
ab der erweiterten Mittelfrist. Dann versuchen sich Cluster 1+3 (19+15=34/51
Member, inklusive der beiden deterministischen Läufe) am Aufbau eines
Blocking-Regimes. Bei Cluster 1 wölbt sich der Rücken eher über Mittel-, bei
Cluster 3 über Westeuropa auf. Cluster 2 (17/51) hält an "NAO positive" fest,
doch auch dort wäre es eher eine antizyklonale/nördliche Westlage.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


STURM:
In der Mittelfrist ist zwar keine neue Orkanlage zu erwarten, allerdings bleibt
es zeitweise stürmisch.
Insbesondere Sonntag und Montag ist verbreitet mit stürmischen Böen und
Sturmböen zu rechnen, bei Kaltfrontpassage sowie generell bei konvektiven
Umlagerungen eventuell mit schweren Sturmböen. Im Bergland treten je nach
Höhenlage Böen Bft 10-12 auf.
Am Dienstag und Mittwoch flaut die Windlage tendenziell ab, dennoch dürfte es
zeit- und gebietsweise noch für stürmische Böen, an der Nordsee und im Bergland
für Sturmböen reichen.
Ab Donnerstag nimmt die Wahrscheinlichkeit für markante Böen weiter ab.

DAUERREGEN:
Durch die rasche Abfolge von atlantischen Störungen regnet es mitunter recht
ordentlich. Meist reicht es aber nicht für das Überschreiten von Warnschwellen.
Lediglich am Sonntag deutet sich für die Weststaulagen der westlichen, zentralen
und östlichen Mittelgebirge ein Dauerregenereignis mit Mengen zwischen 30 und 40
l/qm an.

SCHNEE:
In den höheren Lagen der Mittelgebirge geht der Regen phasenweise in Schnee
über. In der Regel handelt es sich dabei um geringfügige (gelbe) Ereignisse. Nur
an den Alpen tritt am Montag bis in den Dienstag hinein staubedingt etwas
kräftigerer Schneefall auf. Die Neuschneemengen belaufen sich auf 10 bis 20 cm,
in hochgelegenen Staulagen kann auch noch mehr fallen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
Eigentlich egal, die Modelle rechnen sehr ähnlich.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser