DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-02-2022 09:01
SXEU31 DWAV 170800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 17.02.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wz
Vor allem heute und ab Freitagnachmittag bis Samstagfrüh verbreitet Sturm- und
schwere Sturmböen, im Norden und Osten sowie teilweise in den mittleren
Landesteilen einzelne orkanartige Böen bzw. Orkanböen (UNWETTER), an der Nordsee
sowie auf exponierten Gipfeln eventuell auch über 140 km/h (EXTREMES UNWETTER).
Zwischen den Stürmen sowie im Laufe des Samstags vorübergehende
Wetterberuhigung. Heute sehr mild, in den Bergen Süddeutschlands anfangs noch
Tauwetter, ab der kommenden Nacht etwas kühler und im Bergland etwas Schnee
möglich.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... gilt weiterhin: "West as it`s best", soll heißen: Klassischer kann
eine zyklonale West- bis Nordwestlage eigentlich kaum ausfallen. Und somit hat
auch der heutige Donnerstag wetter- bzw. sturmtechnisch einiges zu bieten, wie
alleine schon der Blick auf die Warnkarte deutlich macht.
Eingebettet in eine aktuell noch recht glatt konturierte, außerordentlich
kräftige westnordwestliche Höhenströmung (mit einem, um 12 UTC vom Ostatlantik
über Irland, England und die südliche Nordsee bis nach Nordwestdeutschland
reichenden Jetstream, der in 300 hPa Windgeschwindigkeiten zwischen 150 und 180
kn aufweist) hat in der vergangenen Nacht ein Höhentrog das Vorhersagegebiet
ostwärts überquert und erreicht am Abend mit seiner Achse bereits das Baltikum
bzw. Belarus. Dahinter gerät die Frontalzone ein wenig ins Mäandrieren, denn
stromab eines zum Ostatlantik vordringenden weiteren Höhentroges wölbt sich,
gestützt durch kräftige WLA, knapp westlich der Britischen Inseln ein flacher
Höhenrücken auf.
Im Bodenfeld korrespondiert der nach Osteuropa abziehende Höhentrog mit unserem
Orkantief "YLENIA" (bzw. int. "Dudley"), das sich aktuell (06 UTC) mit einem
Kerndruck von etwa 960 hPa (oder knapp darunter) über der mittleren Ostsee
befindet. Es "bohrt" sich im Tagesverlauf zunehmend nach oben, hat somit den
Höhepunkt seiner Entwicklung bis zum Nachmittag überschritten und zieht mit
seinem Drehzentrum bis zum Abend in den Finnischen Meerbusen. Die vor allem in
der Nacht sehr aktive, mit Überlaufen des Troges aktuell aber an Aktivität
einbüßende Kaltfront kommt nur noch zögernd nach Süden voran und gerät etwa über
dem Nordalpenraum bzw. dem südlichen Alpenvorland allmählich ins Schleifen. Mit
Frontpassage gibt es noch einzelne Schauer, am Vormittag sind am ehesten im
östlichen Bayern auch kurze Gewitter nicht ausgeschlossen. Ihr folgt in mehreren
Staffeln erwärmte maritime Polarluft. Bis zum Abend sinkt die 850 hPa-Temperatur
auf Werte zwischen -5 Grad in weiten Teilen der Nordosthälfte und auf etwa 0
Grad im nördlichen Alpenvorland, während sie an den Alpen bei +2 bis +4 Grad
verharrt.
Postfrontal hat ein scharfer Bodentrog bereits den äußersten Norden des Landes
erreicht und zieht mit schauerartigen Regenfällen im Laufe des
Vormittags/Mittags rasch über die Nordosthälfte hinweg südostwärts. Gekoppelt
daran ist ein Schwall höhenkälterer Luftmassen mit Temperaturen zwischen -30 und
-35 Grad in 500 hPa. Somit können sowohl postfrontal vorwiegend in der östlichen
Mitte (dort reicht die Labilitätsfläche bis etwa 600 hPa) als auch später im
Einflussbereich der Höhenkaltluft im Norden und Osten einzelne kurze
Graupelgewitter entwickeln. Bei einem klassischen Low Cape-High Shear Setup
(markante Richtungs- und Geschwindigkeitsscherung in den unteren 1,5 bis 3 km,
die mit einer Cape zwischen 50 und 150 j/kg überlappt) sind durchaus
organisierte Strukturen (LEWP) mit schweren Sturm- bis Orkanböen möglich und
auch vereinzelte Tornados nicht ganz ausgeschlossen.
Im Fokus der Warntätigkeit steht aber eindeutig die "skalige" Sturmlage. An der
Südwestflanke des Tiefs gelegen überdeckt das Sturmfeld aktuell noch ganz
Deutschland und verabschiedet sich erst in den Nachmittags- und Abendstunden
ganz allmählich nordostwärts. Im Bereich der Kaltfront gab es im Norden, Osten
und in der Mitte verbreitet schwere Sturm- und orkanartige Böen, in freien
Lagen, an der Nordsee sowie auf den Bergen auch Orkanböen (Brocken über 140
km/h) aus westlichen Richtungen. Inzwischen fächert der Gradient im Frontbereich
etwas auf, so dass im Süden nicht mehr ganz diese Windgeschwindigkeiten erreicht
werden, in den Niederungen Südwestdeutschlands (Oberrheingraben) reicht es
teilweise lediglich für stürmische Böen. Mit Durchschwenken des Bodentroges
verschärft sich die Situation aber in den kommenden Stunden vor allem im
Nordosten und Osten noch einmal, dort sind vom Vormittag bis in den Nachmittag
erneut verbreitet schwere Sturmböen zu erwarten, in Verbindung mit Schauern bzw.
kurzen Gewittern auch orkanartige Böen, ähnliches gilt für das Nordseeumfeld.
In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen gibt es quasi
durchgehend orkanartige Böen bzw. Orkanböen. Mit Abzug des Bodentroges beginnt
sich der Wind dann im Laufe des Nachmittags und Abends von Südwesten her
allmählich abzuschwächen.
Am Rande sei noch erwähnt, dass bis Eintreffen der Kaltfront die
Tauwettersituation in den süddeutschen Mittelgebirgen und an den Alpen
angesichts der äußerste milden Luftmasse noch andauert. Postfrontal beginnt dann
die Schneefallgrenze allmählich zu sinken und am Nachmittag bzw. Abend kann es
in den zentralen bzw. östlichen Mittelgebirgen mit den einzelnen Schauern auch
etwas Schnee geben, in den Niederungen können die Schauer bzw. schauerartigen
Niederschläge vor allem im Nordosten zum Abend hin ebenfalls mit Schnee bzw.
Graupel vermischt sein.
Im Süden werden präfrontal Höchstwerte zwischen 11 und 16 Grad erreicht, aber
auch postfrontal wird es mit 7 bis 12 Grad nur wenig kühler.

Die Nacht zum Freitag steht ganz im Zeichen einer (vorübergehenden)
Wetterberuhigung. Der Freitagfrüh das Seegebiet unmittelbar westlich von Irland
erreichende Höhentrog amplifiziert, so dass sich der vorgelagerte Höhenrücken
weiter nordwärts aufwölben kann und gegen Morgen die Nordsee überquert. Im
Bodenfeld verlagert sich unser Sturmtief weiter Richtung Karelien und von Westen
bzw. Südwesten her schwenkt ein flacher Hochkeil ins Vorhersagegebiet, so dass
der Gradient rasch auffächert und auch im Nordosten bzw. Osten der Wind deutlich
nachlässt. Im Laufe der zweiten Nachthälfte reicht es wohl lediglich im Norden
und Nordosten noch für einzelne steife Böen aus West bis Nordwest, an der Küste
Vorpommerns eventuell auch stürmische Böen. Auf einigen Mittelgebirgs- und den
Alpengipfeln gibt es noch Sturmböen.
Mit Annäherung des Hochkeils kommt auch die Schauertätigkeit spätestens im Laufe
der zweiten Nachthälfte zum Erliegen. Bis dahin fällt in den zentralen und
östlichen Mittelgebirgen oberhalb von etwa 400 bis 600 m eventuell noch etwas
Schnee, für eine nennenswerte Neuschneeakkumulation wird es aber nicht reichen.
Bei leichtem Frost kann es dort allerdings stellenweise Glätte geben. In den
Niederungen bleibt es mit Tiefstwerten zwischen 6 und 1 Grad überwiegend
frostfrei.

Freitag... steht die nächste Sturm- bzw. Orkanlage ins Haus. Ursächlich dafür
ist der bereits mehrfach angesprochene und sich weiter aufsteilende Höhentrog
über Westeuropa, der im Tagesverlauf rasch die Britischen Inseln überquert und
abends bereits die Nordsee erreicht. Auf dessen Vorderseite kann sich ein
aktuell noch als flache Frontalwelle nördlich der Azoren analysiertes Tief
aufgrund kräftiger PVA in Kombination mit WLA deutlich intensivieren und
erreicht Freitagfrüh mit einem Kerndruck von knapp unter 980 hPa bereits den
Süden Irlands. Vorübergehend weist die Entwicklung dieses Tiefs auch Signaturen
einer Shapiro-Keyser-Zyklone auf (doppelte Jetstruktur mit rechtem Ausgang,
linkem Eingang sowie intensiver Höhendivergenz dazwischen, T-bone mäßige
Feuchtestruktur (Wolken), diffuse Kaltfront), allerdings eher über den
Britischen Inseln und glücklicherweise weniger mit Annäherung an das
Vorhersagegebiet. Bis zum Abend verlagert es sich in etwa zum Seegebiet Fischer
(nördlich der Deutschen Bucht) und kann sich noch bis auf einen Kerndruck von
knapp unter 970 hPa (nach Lesart des GFS sogar auf etwa 965 hPa) vertiefen.
Dieses Tief wurde "ZEYNEP" getauft, wobei sich bzgl. der genauen Position des
Kerns die Modelle inzwischen einigermaßen angeglichen haben (GFS und IFS
simulieren ihn um 18 UTC noch ein wenig weiter westlich als das ICON-EU). Die
Warmfront des Tiefs greift bereits am Vormittag auf den Westen Deutschlands über
und hat bis zum Nachmittag auch die Osthälfte überquert. Vor allem im Norden und
Nordwesten fällt verbreitet Regen, vom Emsland bis nach Westmecklenburg und
weiter nördlich simuliert ICON-EU Mengen zwischen 10 und 20 l/qm in 12 Stunden,
IFS etwas, GFS dagegen deutlich weniger. Weiter südlich halten sich die
RR-Mengen in Grenzen (meist unter 5 l/qm), ganz im Süden sowie im Lee einiger
Mittelgebirge bleibt es gebietsweise auch komplett trocken.
Mit Annäherung dieses Tiefs verschärft sich der Gradient erwartungsgemäß erneut
erheblich, was sich im Warmsektor angesichts der stabilen Schichtung noch nicht
so bemerkbar macht. In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge gibt es
mittags und am frühen Nachmittag aber bereits wieder Sturm- und schwere
Sturmböen aus Südwest (nach Osten zu anfangs auch aus Süd), exponiert (Brocken)
auch Orkanböen. Im Nordseeumfeld sowie in freien Lagen Westdeutschlands reicht
es dann bereits wieder für stürmische Böen bzw. Sturmböen. Richtig interessant
wird es dann aber mit Annäherung der Kaltfront, die am späten Nachmittag/frühen
Abend den Westen erreicht. Zwar ist die Luftmasse im Frontbereich lediglich bis
etwa 700 hPa labil bzw. indifferent geschichtet, aufgrund der intensiven
Oberwinde im Bereich der Front (ICON-EU abends im Westen/Nordwesten selbst in
925 hPa um 65 kn, in 850 hPa bis 75 kn) und der turbulenten Durchmischung dürfte
es vor allem mit Frontpassage dort aber durchaus für schwere Sturm- und
orkanartige Böen, eventuell auch für Orkanböen aus westlichen Richtungen bis
nach "ganz unten" reichen. Insgesamt simulierten ICON-EU und jetzt auch das IFS
das Sturmfeld etwas weiter nach Süden reichend (nach ICON-EU wäre auch das
Ruhrgebiet, die Eifel und der Kölner Raum von orkanartigen Böen betroffen) als
das GFS.
Ansonsten hält sich die Wetteraktivität mangels hochreichender Labilität im
Frontbereich in Grenzen, die Kaltfront ist aus der ehemaligen S-K-Struktur
resultierend nach wie vor eher diffus und wird nicht sonderlich einfach zu
analysieren sein. Hauptsächlich macht sich die Frontpassage abseits des Sturms
lediglich durch schauerartige Regenfälle meist nur geringer bis mäßiger
Intensität bemerkbar.
Die restliche Wettergeschichte des Tages ist schnell erzählt. Im Warmsektor
gelangt von Südwesten her äußerst milde Luft ins Vorhersagegebiet, die 850
hPa-Temperatur steigt auf 4 bis 8 Grad, am Alpenrand eventuell auch knapp
darüber. Ganz im Süden kann auch mal die Sonne durchkommen, vor allem an den
Alpen. Somit sind im Südwesten und im Alpenvorland Höchstwerte zwischen 13 und
18 Grad möglich, im südlichen Oberrheingraben auch die 20 Grad nicht komplett
ausgeschossen. Auch sonst wird es mit 10 bis 14 Grad sehr mild, lediglich im
Norden und Osten werden die 10 Grad knapp nicht erreicht.

In der Nacht zum Samstag zieht unser Sturm-/Orkantief über Dänemark zum
Baltikum, wird vom Trog überlaufen und hat dann mit knapp unter 970 hPa den
Höhepunkt seiner Entwicklung überschritten. Die Kaltfront überquert bereits in
der ersten Nachthälfte das gesamte Vorhersagegebiet südostwärts, vor allem im
Norden, Osten und bis in die mittleren Landesteile reichend gibt es nach Lesart
des ICON-EU dabei auch in tiefen Lagen bzw. im Binnenland schwere Sturm- bis
orkanartige Böen (Bft 1o bis 11), in freien Lagen auch Orkanböen (Bft 12) aus
westlichen Richtungen (UNWETTER). Nach wie vor lässt ICON-EU das Sturmfeld
weiter nach Süden ausgreifen als IFS und GFS, die lediglich bis in die
Norddeutsche Tiefebene reichend Böen BFT 10 bis 11 auf der Agenda haben, was
sich auch in der Probabilistik beider Modelle niederschlägt.
Ab der (südlichen) Mitte südwärts reicht es mit Frontpasssage für Sturmböen, in
freien Lagen schwere Sturmböen, ganz im Süden sind es oft nur stürmische Böen.
Nebenbei bemerkt sei, dass es in den Kamm- und Gipfellagen der Berge (außer
vielleicht im Schwarzwald) und auch der Alpen zumindest mit Frontpassage recht
verbreitet Böen Bft 11 bis 12 gibt, auf exponierten Gipfeln (Brocken,
Fichtelberg) auch mehr (um 140 km/h, extremes Unwetter).
Postfrontal dringt ein Hochkeil von Frankreich her nach Süddeutschland vor, was
den Gradienten vor allem im Süden und Südwesten rasch auffächern lässt, so dass
der Wind dort im Laufe der zweiten Nachthälfte deutlich nachlässt und in einigen
Niederungen nicht mehr warnrelevant ist.
Ganz anders verhält es sich ganz im Norden, vor allem an den Küsten und in
Schleswig-Holstein. Dort macht sich ein vor allem im ICON-EU bzw. ICON-D2 scharf
konturierter Bodentrog bemerkbar, der im Laufe der Nacht rasch ostwärts schwenkt
und mit Winddrehung auf West bis Nordwest angesetzt von der Kaltfront im Laufe
der Nacht noch einmal zu einer deutlichen Windzunahme führt. Vor allem entlang
der ostfriesischen Küste sind dann nach Lesart des ICON-EU und ICON-D2 auch Böen
von über 140 km/h nicht ausgeschlossen. ICON-D2-EPS hat sogar
Wahrscheinlichkeiten von 30 bis 40% dafür auf der Agenda.
Postfrontal gelangt ein Schwall maritimer Polarluft dieses Mal auf direkterem
Wege über das Nordmeer bzw. die Norwegische See ins Vorhersagegebiet,
entsprechend sinkt die 850 hPa-Temperatur bis Samstagfrüh auf -3 Grad an den
Alpen, sonst auf -5 bis -8 Grad. Somit fällt mit Frontpassage in den
Mittelgebirgen noch etwas Schnee (ohne nennenswerten Neuschneezuwachs), bevor
die Niederschläge rasch nachlassen, an den Alpen kann es dagegen in der zweiten
Nachthälfte auch länger schneien, so dass dort eventuell eine entsprechende
Warnung fällig wird.
Mit dem an den Höhentrog gekoppelten Bodentrog gelangt in den Norden und
Nordosten erneut höhenkältere Luft mit -32 bis -36 Grad in 500 hPa. Die Folge
sind schauerartige Niederschläge, die je nach Intensität auch bis in tiefe Lagen
eventuell mit Schnee vermischt sind. Aufgrund der guten Durchmischung der
Luftmasse dürfte es aber kaum für Glätte durch Schneematsch reichen. Im
Anschluss kann es noch einzelne Schauer geben, wobei dann auch kurze
Graupelgewitter nicht ausgeschlossen sind.
Trotz der Luftmasse bleibt es in den Niederungen frostfrei, im Bergland kann es
gebietsweise leichten Frost geben.


Samstag... schwenkt der Höhentrog rasch über das Vorhersagegebiet hinweg
ostwärts, das Sturmtief beginnt sich aufzufüllen und verlagert sich in den
Westen Russlands. Der Gradient an dessen Südflanke fächert im Norden und Osten
aber nur zögernd auf, da sich der Hochkeil über Südwest- und Süddeutschland
vorübergehend deutlich verstärkt. Somit bleibt es dort bis in die mittleren
Landesteile reichend stürmisch mit Böen Bft 8 bis 9, an den Küsten und auf den
Bergen auch Bft 10 (anfangs in Vorpommern und auf dem Brocken noch Bft 11) aus
West. Dazu fällt an den Alpen anfangs noch etwas Schnee, im Norden und
Nordosten gibt es einzelne Schauer, teils mit Schnee und Graupel, vereinzelt
auch kurze Gewitter, am Nachmittag lassen dann aber auch dort die Schauer nach.
Im Westen und Südwesten spielt der Wind im Einflussbereich des Hochkeils
zumindest in den Niederungen warntechnisch vorübergehend keine Rolle mehr.
Allerdings währt diese Wetterberuhigung nur von kurzer Dauer. Nach
Durchschwenken eines kurzwelligen Höhenkeils folgt bereits am Abend ein flacher
Kurzwellentrog, der dann Benelux erreicht. Gekoppelt daran ist ein ebenso
flaches Randtief, das mit einem okkludierten Frontensystem über die Britischen
Inseln zur mittleren Nordsee zieht und dort mit einem Kerndruck von nahe 995 hPa
aufschlägt (GFS simuliert das Tief zum 18 UTC-Termin etwas weiter westlich, über
Ostengland). Gegen Abend erreicht die Okklusion bereits Benelux und im Vorfeld
setzen dann im äußersten Westen/Nordwesten leichte Niederschläge ein, die
überwiegend als Regen fallen sollten. Der Wind dreht vorderseitig auf Süd bis
Südwest zurück und legt ganz im Westen/Nordwesten am späten Nachmittag wieder
zu, so dass es dort erneut stürmische Böen geben kann.
Ansonsten setzt sich vor allem im Süden und in der Mitte vorübergehend die Sonne
durch. Es wird allmählich wieder milder, die 850 hPa-Temperatur steigt bis zum
Abend auf -6 Grad an der Odermündung und -2 Grad im Südwesten. Entsprechend
werden in d er nach wie vor gut durchmischten Luftmasse Höchstwerte zwischen 6
Grad auf Rügen und 11 Grad am Oberrhein erreicht.

In der Nacht zum Sonntag zieht das Randtief rasch über Dänemark zur südlichen
Ostsee und füllt sich dabei auf. Die Okklusion überquert mit meist nur leichten
Niederschlägen (oberhalb von etwa 400 bis 800 m als Schnee) das Vorhersagegebiet
ostwärts, wobei GFS das Tief auf südlicherer Zugbahn (über die Norddeutsche
Tiefebene) und langsamer ostwärts ziehen lässt (morgens befindet es sich nach
Lesart des Modells mit seinem sich ebenfalls etwas auffüllenden Kern in etwa
über dem Wendland). Vor allem ICON-EU lässt schon rasch die nächste Warmfront
eines ins Seegebiet südlich von Island ziehenden Sturmtiefs folgen, auf deren
Vorderseite sich die Regenfälle morgens im Westen wieder intensivieren.
Mit Okklusionspassage legt auch der Wind vorübergehend wieder zu (nachdem er
auch im Osten und Nordosten kurz mal deutlich abgenommen hat). Verbreitet gibt
es steife, im Westen und Nordwesten sowie in den mittleren Landesteilen auch
stürmische Böen, in freien Lagen Sturmböen aus Südwest. In den Gipfellagen muss
mit Sturm- und schweren Sturmböen gerechnet werden. Postfrontal nimmt der Wind
dann im Westen und Nordwesten wieder rasch ab.
Mit leichtem Frost und Glätte ist lediglich im höheren Bergland zu rechnen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Inzwischen haben sich die Modelle auch, was die Zugbahn des Orkantiefs in der
Nacht zum Samstag angeht, ziemlich angeglichen. Dennoch hat das ICON-EU das
Sturmfeld noch weiter nach Süden reichend und den Bodentrog markanter auf der
Agenda als das IFS und vor allem GFS. Bzgl. der Anpassung der Vorabinformation
wird sich dabei eher an das ICON-EU gehalten.
Ansonsten unterscheiden sich die Modelle aber nicht wesentlich.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff