DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-02-2022 18:30
SXEU31 DWAV 161800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 16.02.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Donnerstag im Norden und Osten sowie im nördlichen Mittelgebirgsraum örtlich
orkanartige Böen (vor allem beim Kaltfrontdurchgang und mit der Troglinie morgen
Vormittag). In der Nordhälfte einzelne Gewitter mit Böen Bft 11 möglich. Am
Nachmittag langsam abnehmender Wind. Auf den Bergen und an der Nordsee teils
Orkanböen.
Am Freitag vorübergehend nur einzelne stürmische Böen, am Nachmittag und Abend
in der Westhälfte wieder vermehrt Böen Bft 8 bis 10, ganz im Westen und
Nordwesten Bft 11.
In der Nacht zum Samstag dann aber von den nördlichen Mittelgebirgen bis zur
Küste vermehrt orkanartige Böen, an der Küste und auf den Bergen Orkanböen. Am
Vormittag dann noch im Nordosten Böen Bft 11, an der See 12. Am Nachmittag dann
leichte Windabnahme aber in der Nordosthälfte noch 8er und 9er Böen, an der See
und auf den Bergen schwere Sturmböen. Auf exponierten Bergen Orkanböen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... In einer sehr gut ausgeprägten Westströmung zieht ein erster
Kurzwellentrog ostwärts ab (korrespondierend mit einem vorlaufenden
Frontensystem). Es folgt ein weiterer flacher Kurzwellentrog, der um 00 UTC
Nordwestdeutschland erreicht und morgens bereits über Polen. Die zu diesem Trog
gehörende Kaltfront des Richtung Gotland ziehenden Orkantiefs (Ylenia) langt
gegen 00 UTC in Nordwestdeutschland an und erreicht morgens etwa eine Linie
Prag-Südbaden. Zuvor gelangt aber fast ganz Deutschland in den Warmsektor. Dies
geht mit weiteren, teils kräftigen Regenfällen einher, die meist zwischen 5 und
14 mm, im südlichen Norddeutschland und in den Staulagen der Mittelgebirge auch
mit 15 bis exponiert gut 25 mm einhergehen (entsprechende
Dauerregenwarnungen/Tauwetterwarnungen laufen).

Wichtiger ist aber die Sturmentwicklung: Im Warmsektor treten zunächst
verbreitet stürmische Böen und im Nordwesten bereits abends Sturmböen auf. Kurz
vor der Kaltfront und bei deren Durchgang muss aber verbreitet mit schweren
Sturmböen gerechnet werden (z.B. von Mosmix gezeigt). Wenn man die Winde in 925
hPa zu Grunde legt, die im Mittel bei 50 bis 60 kt bis in den nördlichen
Mittelgebirgsraum liegen, muss aber mit orkanartigen Böen von der Küste bis in
den nördlichen Mittelgebirgsraum gerechnet werden. Auch die
Wahrscheinlichkeitsaussagen der EPS-Läufe zeigen Chancen für Böen Bft 11. Auf
den Bergen sind auch im Süden Orkanböen wahrscheinlich, während sonst südlich
einer Linie Kölner Bucht-Oberfranken lediglich 9er und 10er Böen simuliert
werden. An der Kaltfront müssen auch einzelne Gewitter in Betracht gezogen
werden mit Böen Bft 11!
In der stürmischen Nacht ist es mild, die Temperaturen liegen meist zwischen 4
und 9 Grad und es taut auch in den Hochlagen.

Donnerstag ... Die Kaltfront zieht rasch zu den Alpen und dahinter gelangt mit
einer starken Westnordwestströmung erneut erwärmte Meeresluft aus subpolaren
breiten nach Deutschland. Diese ist unterhalb einer Absinkinversion in rund 600
hPa (die am Nachmittag weiter nach unten kommt) labil geschichtet und so treten
bei wechselnder Bewölkung einzelne Schauer auf. Vor allem in der Nordhälfte
können auch einzelne Gewitter dabei sein (Cape leicht erhöht). Im Norden kann es
auch mal etwas länger regnen (schleifende ´herumgeholte´ Okklusion). Gegen Abend
sinkt im Harz und in den östlichen Mittelgebirgen die Schneefallgrenze auf etwa
800 bis 700 m, denn im Norden und Osten geht in 850 hPa die Temperatur auf Werte
um -5 Grad zurück. Nennenswert Schnee dürfte sich aber nicht akkumulieren.
Der Wind bleibt bis in den frühen Nachmittag hinein im nördlichen und östlichen
Mittelgebirgsraum und weiter nördlich stürmisch mit schweren Sturmböen, anfangs
auch noch vor allem bei Schauern und Gewitter mit orkanartigen Böen. Der
Mittelwind in 925 hPa bleibt nämlich bei 50 bis 60 kt und mit der Konvektion
kann dies bis zum Boden gemischt werden. Im Küstenbereich sind Böen Bft 11
wahrscheinlicher. Am Nachmittag fächert der Gradient mit Entfernung des Tiefs
dann etwas auf, so dass eher 8er und 9er Böen auftreten.
Dank der gut durchmischten Troposphäre ist es nochmals recht mild bei Werten
zwischen 8 und 13 Grad, am Oberrhein bis 15 Grad.

In der Nacht zum Freitag wölbt sich dicht westlich von uns ein Höhenkeil auf und
von Südwesten her setzt sich leichter Zwischenhocheinfluss durch. Wind- und
Schaueraktivität lassen nach, so dass am Morgen nur noch an der Ostsee sowie im
Bergland Böen 7-8 Bft, in exponierten Hochlagen 9-10 Bft aus Südwesten übrig
sind. In den frühen Morgenstunden könnte im Vorfeld des nächsten Sturmtiefs
(ZEYNEP) im Südwesten schon wieder etwas Regen fallen (Vor allem von ICON-D2
gezeigt). ZEYNEP legt eine explosionsartige Entwicklung an den Tag (innerhalb
von 24 Stunden Druckfall um etwa 40 hPa auf 975 hPa bis 06 UTC (Kern über
Südwestirland (ICON)).
Es sei noch erwähnt, dass die Temperatur im höheren Bergland in den leichten
Frostbereich zurückgeht, Glätte durch gefrierende Nässe inklusive.

Freitag ... startet vergleichsweise entspannt, bevor es am Nachmittag und Abend
wieder ordentlich zur Sache geht. Mit dem 12-UTC-Lauf von ICON hat sich
ebenfalls die nördlichere Zugbahn des Sturmtiefs durchgesetzt. So wird bis 18
UTC etwa eine Lage über der Nordsee rund 200 km vor der Westküste Dänemarks
erreicht, wobei sich das Tief kaum noch weiter verstärkt. Die Kaltfront des
Tiefs wird dann etwa auf einer Linie Luxemburg-Lübecker Bucht liegen. Zuvor
kommen dann die meisten Gebiete Deutschlands in den Warmsektor des Tiefs, wobei
der Gradient mit Annäherung der Kaltfront weiter zunimmt. So nimmt der Wind nach
einem noch eher ruhigen Vormittag am Nachmittag wieder zu und in der Westhälfte
kommen dann stürmische Böen und Sturmböen auf. Mit Übergreifen der Kaltfront
sind auch wieder Böen Bft 10 bis 11 möglich, da in 925 hPa der Mittelwind auf 55
bis 65 kt zunimmt.

Mit Durchzug der Warmfront fallen meist 1 bis 7 l/qm Regen, im Südosten ist es
im Lee der Alpen teils trocken. Im Nordwesten Deutschlands gibt es mit 8 bis 15
mm deutlich mehr Regen, denn hier greift ja auch die Kaltfront über. Im
Warmsektor strömt sehr milde, fast schon warme Subtropikluft in den Süden (T850
5 bis 10°C), in der die Temperatur bei nachmittäglichen Auflockerungen bis auf
16/17°C, lokal vielleicht 18°C steigt.

In der Nacht zum Samstag dann Passage der Kaltfront mit Sturmfeld mit Böen 9 bis
11 Bft, lokal 12 Bft(Winddrehung auf West) auch im Osten und Süden sowie in der
Mitte. Dabei Zufuhr polarer Meeresluft (T850 bis -7°C), Schauer teils bis unten
als Graupel, im Bergland durchweg Schnee sowie lokale Gewitter. Das Windmaximum
wird im Bereich der Kaltfront und dahinter (Sting-Jet) erwartet, ab dem Abend im
Westen und in der Nacht über die Mitte bis in den Osten verlagernd. Die 850 hPa
Winde erreichen teils um 80 Knoten, so dass auch in tiefen Lagen gehäuft mit
orkanartigen Böen zu rechnen sein dürfte. In der Nacht verlagert sich das Tief
mit Zentrum nordostwärts über Südschweden Richtung Baltikum, die Kaltfront
überquert den Norden rasch, hängt im Süden/an den Alpen zurück und sorgt dort
noch für Schneefälle. Der Gradient fächert von Südwesten allmählich auf, so dass
sich der Wind von Westen allmählich abschwächt bzw. der Windschwerpunkt gen
Osten wandert.

Samstag ... Nach Abzug des Sturmtiefs über das Baltikum nach Westrussland stellt
sich am Samstag erst einmal vorübergehend eine gewisse Wetterberuhigung ein.
Vorderseitig eines flachen Höhenkeiles weitet sich kurzzeitig ein Bodenhochkeil
über die Alpen ostwärts aus und die eingeströmte erwärmte maritime Polarluft (-2
bis -7 Grad in 850 hPa) kommt zur Ruhe. An den Alpen fällt anfangs noch etwas
Niederschlag (in höheren Lagen Schnee), im Nordosten und Norden gibt es anfangs
noch einzelne Schauer, sonst bleibt es meist trocken. Allerdings weht außer im
Südwesten und Süden nach wie vor lebhafter Westwind mit stürmischen Böen oder
Sturmböen im Norden und Osten, der erst am Nachmittag vorübergehend nachlässt.
Bereits am Abend greift aber das Frontensystem eines bis Sonntagfrüh über
Dänemark zur südlichen Ostsee ziehenden und sich auflösenden Randtiefs auf
Nordwestdeutschland über und kommt sehr rasch ostsüdostwärts voran, gefolgt von
der Warmfront eines ins Seegebiet südwestlich von Island ziehenden Sturmtiefs.
Somit gibt es - außer ganz im Süden - im Laufe der Nacht wieder verbreitet
Niederschläge, im Bergland vor allem nach Osten hin anfangs teils als Schnee.
Der Wind frischt aus Südwest auf, für stürmische Böen reicht es aber wohl
lediglich in freien Lagen im Westen und in der Mitte des Landes, auf den
Mittelgebirgsgipfeln gibt es Sturmböen, auf dem Brocken orkanartige Böen.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle haben sich bezüglich der Zugbahn von Tief Zeynep am Freitag
angenähert.

Was die orkanartigen Böen angeht morgen früh und bis zum frühen Nachmittag so
zeigen die EPS-Ergebnisse von ICON-EPS und ICON-D2-EPS das Maximum in der 2.
Nachthälfte am Nordrand der Mittelgebirge und an der Nordsee, teils mit
Wahrscheinlichkeiten von 60 bis 90 Prozent.
Morgen Vormittag und zur Mittagszeit sind dann weiter die Küstengebiete sowie
der Nordosten betroffen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden