DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

13-02-2022 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 13.02.2022 um 10.30 UTC



Sehr wechselhafte, oft milde Westwetterlage mit (schweren) Sturm-, eventuell
regional auch orkanartigen Böen. Teils länger anhaltende Regenfälle, besonders
in den Staulagen der Mittelgebirge Dauerregen möglich. In den Kammlagen
zeitweise Schneefall.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 20.02.2022


Mittwoch ... reicht ein zunehmend schmal konturierter Trog vom südlichen
Schweden über die Ostsee und Osteuropa in den mittleren Mittelmeerraum. Von
Westen her wird dieser von einem mächtigen Rücken über dem Ostatlantik zunehmend
ostwärts abgedrängt. Dies führt in weiten Teilen Deutschlands zu kräftiger WLA,
die Warmfront wird von den aktuellsten Läufen von der westlichen Nordsee nach
Benelux und Ostfrankreich simuliert (12Z). Damit wird verbreitet Regen
induziert, wobei bei T850 von 0 Grad und mehr häufig nicht mal in den höchsten
Lagen der Mittelgebirge Schnee fallen wird. Durch Staueffekte können sich in den
typischen Weststaulagen der Mittelgebirge etwas höhere Regenmengen akkumulieren.
Dazu kommen starke, in den höheren und freien Lagen auch stürmische Böen aus
West. Es ist sehr mild mit Höchstwerten um und teils deutlich über 10 Grad. In
der Nacht zum Donnerstag zieht das steuernde Tief zum Europäischen Nordmeer und
lenkt die Warmfront auch über den Osten des Landes hinweg. Die Kaltfront
erreicht im Laufe der Nacht die Nordseeküste, ausgangs der Nacht die mittleren
Regionen. Besonders südlich und östlich davon kommt es zu weiteren, teils länger
anhaltenden Regenfällen. Nur in den nördlichen Mittelgebirgen sinkt dabei die
Schneefallgrenze auf etwa 700 m ab (an den Alpen bis zu +6 Grad in 850 hPa). Der
Gradient verschärft sich im Laufe der Nacht deutlich, sodass verbreitet
Sturmböen wahrscheinlich sind, in höheren Lagen und an den Küsten schwere
Sturmböen oder auch einzelne Orkanböen aus West bis Südwest.

Donnerstag ... drängt der nach Süden vorstoßende nordeuropäische Trog den Rücken
über dem südlichen Mitteleuropa weiter südwärts ab. Die Kaltfront kommt über den
mittleren Regionen leicht ins Wellen und erreicht den direkten Alpenrand nicht.
Südlich davon, besonders in Bayern und Baden-Württemberg kommt es daher in der
Warmluft zu weiteren, teils auch noch kräftigen Regenfällen, im Norden gehen die
Niederschläge postfrontal in Schauer über. In der Mitte schneit es in den
Kammlagen etwas, sonst ist die Schneefallgrenze nur in den höheren Lagen der
Alpen ein Thema. Der Gradient bleibt weiter maßgeblich, mit Verlagerung des
Tiefs nach Skandinavien verschärft sich dieser sogar noch. Besonders im Norden
steigt dabei die Gefahr für schwere Sturmböen und orkanartige Böen, direkt an
der Küste sind auch Orkanböen nicht ausgeschlossen. Im Süden bleibt es meistens
bei verbreiteten Sturmböen und einzelnen schweren Sturmböen. In der Nacht zum
Freitag entschärft sich die Windsituation zunächst nur wenig, es muss weiterhin
von einer Sturmlage ausgegangen werden. Die Niederschläge der ersten Nachthälfte
ziehen im Laufe der Nacht ostwärts ab, in den östlichen Mittelgebirgen kann es
dabei bei etwas sinkender Schneefallgrenze leicht bis mäßig schneien. Nach
Mitternacht geht die Kaltfront in die Warmfront des neuen Sturmtiefs über
Nordirland über und tangiert dabei zunächst den Südwesten.

Freitag ... verlagert sich das Sturmtief rasch in die westliche Nordsee, am
Nachmittag erreicht es bereits Dänemark. Die WLA-induzierten Niederschläge,
dieses Mal meist nur leichte bis mäßige, weiten sich zur Mitte, am Nachmittag
auch nach Osten aus. Die Schneefallgrenze steigt dabei wieder über die Kammlagen
der zentralen und östlichen Mittelgebirge an. Ab Mittag greift die Kaltfront auf
den Norden über und erreicht gegen Abend die mittleren Regionen (Abfall der T850
auf -2 bis -4 Grad). Dabei verstärken sich die Niederschläge und gehen
postfrontal in teils starke Schauer über. Auch an diesem Tag ist der Wind das
Maß der Dinge mit stürmischen Böen oder Sturmböen, an der Küste und in höheren
Lagen mit schweren Sturmböen. In der Nacht zum Samstag erreicht die Kaltfront
die Alpen mit nachfolgenden Stauniederschläge bei meist bis in die Täler
sinkenden Schneefallgrenze. Ansonsten induziert die nachfolgende Höhenkaltluft
einige Schauer, teils auch vereinzelte Gewitter. An der Windsituation ändert
sich zunächst noch nicht viel.

Samstag ... greift ein Kurzwellentrog in das Wettergeschehen ein. Dieser läuft
im Tagesverlauf von den Britischen Inseln zur Nordsee und erreicht am Abend die
Nordseeküste Deutschlands. Daran gekoppelt ist ein Tief mit Kernisobare von 995
hPa, das zunächst eine Warmfront auf den Nordwesten übergreifen lässt. Daher
wird der durch einen flachen Rücken trockene Abschnitt besonders im Nordwesten
durch neuen Regen abgelöst. Am Abend fallen in den dortigen Kammlagen wieder
Schneeflocken. Im Süden bleibt es meist trocken. Allgemein ist es weiterhin
recht mild mit Höchstwerten im höheren einstelligen Bereich, im Südwesten etwas
über 10 Grad. Der Wind ist weiterhin ein dominierendes Warnelement mit
stürmischen Böen oder einzelnen Sturmböen. In der Nacht zum Sonntag erreicht die
Kaltluft auch die südlichen Regionen, 850-hPa-Temperaturen um -2 bis -4 Grad
lassen aber nur im Bergland etwas Neuschnee zu. Der Wind ist weiterhin
unverändert.

Sonntag ... geht die Kaltfront erneut in die Warmfront eines weiteren Tiefs
nördlich von Schottland über. Damit setzt von Südwesten wieder WLA ein, die neue
Regenfälle induziert. Besonders in den Staulagen der westlichen Mittelgebirge
kann es längere Zeit regnen. Die Kaltfront erreicht nachfolgend in der Nacht den
Nordwesten. Die Windentwicklung ist etwas schwächer als an den Vortagen mit
starken, vereinzelt stürmischen Böen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraums ist die Konsistenz der
EZMW-Läufe als gut zu bezeichnen. Die Zugbahn des ersten Tiefs (nördlich
Schottland nach Südschweden) scheint gesichert. Leichte Unterschiede im Timing
gibt es noch beim Übergreifen der Kaltfront in der Nacht zum Donnerstag. Beim
zweiten Tief am Donnerstag werden die Diskrepanzen schon höher, wobei zwar nun
eine leicht progressivere Variante, aber ein höherer Kerndruck über dem
Skagerrak modelliert wird. Am größten sind die Konsistenzunterschiede beim
dritten Tief in der Nacht zum und am Freitag. Beim gestrigen Lauf von 12Z wird
dieses noch als flache Welle über dem Süden Deutschlands simuliert, beim
Abendlauf ist es über die Mitte hinweggezogen und beim aktuellen Lauf wird es
auf nördlicher Zugbahn am Freitagabend über Dänemark erwartet (allerdings mit
deutlich tieferem Kerndruck). Das letzte Wort ist hier sicherlich noch nicht
gesprochen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die Konsistenzunterschiede von EZMW zeigen sich bei der Betrachtung der anderen
Globalmodelle nur eingeschränkt. Bis Donnerstagmittag gibt es allgemein nur
geringe Unterschiede, ICON simuliert die Regenfälle im Süden aber etwas stärker
als EZMW. Spannend wird es dann beim Sturmtief am Freitag: ICON folgt nur mit
geringem Versatz der Lösung von EZMW (bei leicht höherem Kerndruck), GFS hat
eine etwas nördlichere Zugbahn über die mittlere Nordsee. Auch die Lage des
Tiefs über der polnischen Ostseeküste in der Nacht zum Samstag wird in
Anbetracht des Vorhersagehorizonts doch recht einheitlich gerechnet. Dies sind
Hinweise, dass die Zugbahn sich nun langsam festigt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


EPS:
Die Westwetterlage zeigt sich natürlich auch bei der Betrachtung der Rauchfahnen
für repräsentative Orte in Deutschland. Alle weisen einen mäandrierenden
Temperaturverlauf in 850 hPa auf, wobei das Gesamtniveau besonders im Süden
einem sehr milden Bereich zugeordnet werden kann. Sonst kommt es zu einem
Wechsel zwischen milden und mäßig warmen Abschnitten (T850 pendelt um 0 Grad mit
einer Amplitude von 3 bis 5 Grad). Die unruhigen Niederschlagssignale zeigen den
wechselhaften Abschnitt an, wobei in der Fläche keine warnrelevanten Mengen zu
erwarten sind. Dieses Risiko wird sich meistens auf die Staulagen der
Mittelgebirge begrenzen. Ab der erweiterten Mittelfrist ergeben sich schließlich
deutliche Unsicherheiten beim Geopotential, daher sind hier viele Varianten
möglich.

CLUSTER:
+120 ... 168h: Es liegen 5 Cluster vor, wobei der Haupt- und der Kontrolllauf C2
zugeordnet wird. Fast alle propagieren eine positive NAO. Die Westwetterlage ist
auch bei den Clustern ersichtlich, wobei die Unsicherheiten noch beim möglichen
Einfluss des Rückens über Südeuropa auf den Süden des Landes und bei den
durchziehenden Kurzwellentrögen bestehen.

+192 ... 240h: Obwohl die Clusteranzahl auf 3 zurückgeht, wird das Bild es
differenzierter. C1 bleibt mit 20 Membern (aber ohne Haupt- und Kontrolllauf)
bei positiver NAO, während C2 (mit Kontrolllauf) zunehmend auf Blocking mit
einem Rücken über Westeuropa schwenkt. Bei C3 (mit Hauptlauf) sind die
Strömungsmuster ähnlich zu C2, allerdings mit einem etwas nach Westen verrücktem
Rücken über dem Westen des Kontinents.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND:
Der Wind ist das dominante Warnelement der Mittelfrist. Dabei reicht die Palette
von steifen Böen bis hin zu schweren Sturmböen, teils auch orkanartigen Böen und
Orkanböen. Der Auftakt erfolgt bereits am Mittwoch mit stürmischen Böen im
Süden, in der Nacht zum Donnerstag weitet sich das Sturmfeld auch auf den Norden
aus und verstärkt sich. An den Küsten und in hohen Lagen sind dann schwere
Sturmböen, in den Kammlagen auch Orkanböen wahrscheinlich. Dies setzt sich in
dieser Tonart am Donnerstag fort, wobei dann auch an den Küsten einzelne
orkanartige Böen möglich sind. In der Nacht zum Freitag erfolgt nur eine
geringfügige Abschwächung. Auch am Freitag und der Nacht zum Samstag bleibt es
stürmisch, die Unwetterwahrscheinlichkeit nimmt aber an der Küste wieder etwas
ab. Mit stürmischen Böen muss aber bis in den Samstag und die Nacht zum Sonntag
hinein gerechnet werden. EFI bringt erste Signale von 0,7 am Mittwoch und in der
Nacht zum Donnerstag, am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag erhöht sich
dies auf 1,0, um danach wieder abzufallen. ICON-EU-EPS rechnet die höchsten
Wahrscheinlichkeiten für mehr als Bft 11 abseits der Küsten für die Nacht zum
Donnerstag und am Donnerstag.

DAUERREGEN:
Eine mäandrierende Westwetterlage mit schnell aufeinander folgenden
Regenereignissen fordert die Betrachtung von akkumulierten Niederschlagsmengen.
Dabei stechen die Staulagen der westlichen und der zentralen Mittelgebirge mit
Mengen von mehr als 50 l/qm heraus. ICON legt hier noch einiges drauf mit bis zu
80 l/qm. Aktuell wird ein Mittelwert daraus als wahrscheinlichste Lösung
bevorzugt. Das bedeutet, dass länger laufende markante Dauerregenwarnungen
wahrscheinlich sind (zwischendurch mit sinkender Schneefallgrenze). EFI liefert
ein heterogenes Bild und leicht erhöhte Signale am Mittwoch und Donnerstag.
COSMO-Leps arbeitet ebenfalls die Mittelgebirge mit bis zu 40% für mehr als 40
l/qm in 48 Stunden heraus, am Donnerstag und der Nacht zum Freitag verlagern
sich diese Signale von den westlichen zu den südlichen Mittelgebirgen. Sonst
gibt es keine erhöhten Werte.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW-det., EZWM-prob., ICON-det. (zu einem gewissen Teil), MOSMix
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VBZ Offenbach / Mag.rer.nat. Florian Bilgeri