DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-02-2022 08:01
SXEU31 DWAV 130800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 13.02.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SWz
Nach ruhigem Beginn zum Anfang der neuen Woche leicht wechselhaft und mild bis
sehr mild. Nachts abnehmende Frostgefahr. Berge und See stürmischer Südwestwind.
Nacht zum Dienstag im Südosten regional gefrierender Niederschlag.


Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... liegt Deutschland zwischen Hoch INGO im Bereich der Ukraine/des
Schwarzen Meeres sowie dem sich verstärkenden Tiefdruckgebiet VERA, das heute
über Irland nach Großbritannien zieht, in einer schwachen, nach Norden zu
mäßigen und zyklonal konturierten Südwestströmung. Der VERA begleitende Trog
erreicht im Tagesverlauf die Biskaya bzw. die Iberische Halbinsel, wobei sein
Amplitudengewinn auch in den Nachtstunden weiter andauert. Erwähnenswert ist
noch eine komplexe Höhentrogkonfiguration über Südosteuropa, die vorerst der
Gradienten im Geopotenzial über Mitteleuropa entzerrt.

Somit startet der Sonntag nach einer abgesehen vom Nordwesten und dem
Küstenumfeld deutschlandweit meist frostig-kalten Nacht überall mit viel
Sonnenschein. Über den Norden und Osten ziehen dünne Cirren und einzig in
Schleswig-Holstein bzw. im direkten Umfeld der Deutschen Bucht verdecken auch
mal dichte Wolkenfelder die Sonne. In Richtung Nordfriesen kann es auch einige
Tropfen geben. Sonst aber verläuft der Sonntag bis zum Abend entweder sonnig
(Süden und teils auch Osten) oder wechselnd bewölkt (Norden) und trocken
(nachmittags auch im äußersten Norden).

Die Höchstwerte ziehen dank der Einstrahlung und der Zufuhr milder Meeresluft
(T850 von +2 bis +4 Grad Celsius) im Vergleich zu gestern an und liegen im
Norden bei 5 bis 8 Grad und im Westen/Südwesten um 10 Grad, entlang des Rheins
regional auch etwas darüber.

Der Südwind frischt im Westen zeitweise leicht böig auf und kommt sonst schwach
bis mäßig aus Süd, im Süden aus Südost bis Ost. Im Bergland sowie über der
Deutschen Bucht treten zeitweise stürmische Böen (Bft 8) und auf dem Brocken
zunehmend schwere Sturmböen Bft 10 aus Süd bis Südwest auf. Im Osterzgebirge
weht ein schwacher Böhmischer Wind mit Böen Bft 6 bis 7 aus Süd.


Die Nacht zum Montag über zieht VERA im IFS-EPS Cluster eng gebündelt bei rund
985 hPa (GFS gar 980 hPa) in das Seegebiet der Forties und drückt eine Kaltfront
allmählich nach Westdeutschland. Daher verdichtet sich im Westen und Norden die
Bewölkung und besonders im Umfeld der Deutschen Bucht sowie in der Nähe zu
Benelux können einzelne Tropfen fallen. Abgesehen davon erwartet uns im Süden
und Osten erneut eine überwiegend klare Nacht mit örtlichen seichten
Nebelfeldern und lokaler Reifglätte.

Die Tiefstwerte liegen entsprechend der ungleichen Bewölkungsverteilung zwischen
7 und 4 Grad im Westen, 3 bis 1 Grad im Norden und Osten sowie 0 bis -4 Grad im
Südosten und entlang der zentralen und östlichen Mittelgebirge. Am direkten
Alpenrand kann erneut mäßiger Frost, inneralpin über Schnee lokal auch strenger
Frost auftreten. Beim Wind ändert sich nicht viel - der Brocken steigert sich
auf orkanartige Böen (Bft 11) und auch auf exponierten Alpengipfeln treten
zunehmend teils schwere Sturmböen aus Südwest auf.


Montag... erreicht der Langwellentrog über Westeuropa mit seiner Spitze das
nördliche Marokko/Algerien, wobei zum Abend bereits ein beginnender
Abtropfprozess erkennbar ist mit einer Schwächung des Troges über Frankreich.
Die Achse des Troges verbleibt aber bis zum Abend westlich von Deutschland. VERA
zieht derweilen ohne größere Intensitätssprünge nach Südnorwegen und drückt die
(maskierte) Kaltfront lustlos nach Osten/Südosten, sodass mit einer schwachen
Frontpassage zu rechnen ist.

Das bedeutet deutschlandweit im Tagesverlauf eine Bewölkungsverdichtung von West
nach Ost und nachfolgend etwas Nass, wobei die Schneefallgrenze im Nordwesten
bis zum Abend zögernd auf rund 900 m zurückgeht. Somit fällt beinahe überall die
flüssige Phase. Etwas Schnee könnte es im südlichen Hochschwarzwald geben, da im
Zuge stärkeren Druckfalls über dem Löwengolf etwas Aufgleitniederschlag der
Marke "schwach bis mäßig" von der Schweiz und Südostfrankreich auf den äußersten
Südwesten übergreift. Dabei wird die Schneefallgrenze durch schwache
niedertroposphärische KLA und eine etwas höhere Niederschlagsintensität zügig
auf etwas unter 1000 m gedrückt. Das EPS von ICON und das ENS von IFS springen
mit wenigen Zentimetern Neuschnee im Kammniveau an. Im Osten bleibt es hingegen
erneut trocken.

Die Höchstwerte legen durch die Kaltfrontpassage deutschlandweit zu, was vor
allem der besseren Durchmischung postfrontal geschuldet ist. Die Temperaturwerte
liegen meist zwischen 8 und 13 Grad, nach einige statistischen Verfahren im
Norden sogar lokal noch etwas höher. Einzig im Südosten bleibt es mit 5 bis 8
Grad etwas kälter und im östlichen Bergland verharren die Höchstwerte bei rund 4
Grad.

Der Südwestwind frischt über der Mitte und dem Westen zeitweise böig auf (Bft
7), sonst weht er mäßig, im Süden schwach aus Süd bis Südost. Stürmische Böen
werden im Bergland und über der Deutschen Bucht erwartet sowie schwere Sturmböen
auf dem Brocken und auf exponierten Alpengipfeln.


In der Nacht zum Dienstag erreicht die Trogachse Westdeutschland und
gleichzeitig vollzieht sich südlich der Alpen der bereits erwähnte
Abtropfprozess. Die entsprechenden Aufgleitniederschläge erfassen den gesamten
Alpenrand und greifen nach ICON und IFS sogar bis nach Franken aus. Die
Schneefallgrenze wird dabei auf rund 700 - 800 m gedrückt, sodass besonders
entlang der Alpen 4 bis 8 cm, in exponierten Staulagen teils um 10 cm Neuschnee
fällt. Die Mengen werden nach Norden zu rasch geringer. In Richtung Bayerischer
Wald, Vogtland und Erzgebirge stellt sich die Frage, inwieweit die leichten
Niederschläge auch diese Bereiche erfassen, denn bei Tiefstwerten etwas unter 0
Grad wäre regional gefrierender (Sprüh)Regen im markanten Bereich nicht
ausgeschlossen. Allerdings ergeben sich noch bei der Geometrie des Höhentroges
geringe Diskrepanzen, die sich jedoch auf die Frage der regionalen Ausdehnung
und Intensität der gefrierenden Niederschläge auswirken können. Sonst aber
verläuft die Nacht bedeckt mit einzelnen Schauern, in Richtung Deutsche Bucht
auch mit länger anhaltendem, leichten Regen.

Die Tiefstwerte liegen zwischen 5 und 1 Grad mit leichtem Frost im östlichen
Bergland sowie dem gesamten Südosten. Der Wind kommt über der Deutschen Bucht
stürmisch aus West und sonst schwach bis mäßig aus Südwest, entlang des
Bayerischen Waldes teils aus Ost. Auf dem Brocken treten weiterhin schwere
Sturmböen auf.



Dienstag... schiebt sich der Trog unter kontinuierlicher Abschwächung nach
Osten, während sich das abgetropfte Höhentief in Richtung Italien aufmacht.
Derweilen zonalisiert die Strömung stromauf über Nordwesteuropa und schickt zum
Abend dem Nordwesten bereits den ersten wechselhaften Gruß in Form einer
Warmfront.

Bis dahin aber verläuft auch der Dienstag tagsüber meist noch ruhig. Im Süden
klingen die Niederschläge nur zögernd ab und dauern wohl im Stau bis in die
Abendstunden an. Oberhalb von 800 m fällt dabei noch etwas Schnee. Zwar ergibt
der Median im Ensemble nur geringe Neuschneemengen, doch es gibt weiterhin
deutlich aggressivere Maxima im Alpenstau, sodass auch größere Neuschneemengen
nicht ausgeschlossen sind - je nach Intensität, Lage und Zugbahn des
abgetropften Höhentiefs.
Ansonsten lockert die Bewölkung über Deutschland im Tagesverlauf vorübergehend
etwas auf mit einer nur geringen Schauerneigung, bevor im Nachmittagsverlauf die
dichte Bewölkung der nahenden Warmfront von Nordwesten aufzieht und eben dieser
Region abends auch die ersten Regenfälle beschert.

Die Höchstwerte liegen bei 7 bis 11 Grad, im Südosten und am Alpenrand bei 4
oder 5 Grad und der Südwestwind frischt im Westen und Norden zeitweise böig auf.
Stürmisch wird es erneut über der Deutschen Bucht und auf dem Brocken gewöhnt
man sich mittlerweile an die schweren Sturmböen.


Die Nacht zum Mittwoch (Übergang Kurzfrist zur Mittelfrist) markiert dann mit
Annäherung einer kräftigen Welle aus Nordwest den Beginn einer sehr spannenden
Mittelfrist. Durch die Welle stromauf kommt die Warmfront über Deutschland immer
langsamer nach Südosten voran, während die nachfolgende Kaltfront über dem
Norden endgültig zurückgehalten wird und ins Schleifen gerät. Entsprechend
regnet es im Nordwesten länger anhaltend, während im Umfeld der Warmfront im
östlichen Bergland die gefrierende Niederschlagsphase regional ein Thema werden
kann. Detailfragen könne aber in den folgenden Berichten geklärt werden. Der
Südwestwind gewinnt weiter an Kraft und weht im gesamten Westen stark böig bis
stürmisch und mit vollem Sturm im Bergland sowie Orkanböen auf dem Brocken. Die
Tiefstwerte liegen von Nordwest nach Südost zwischen +7 und -4 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Kurzfrist über ergeben sich keine nennenswerten Diskrepanzen. Zwar nehmen
die Unsicherheiten mit Blick auf den Abtropfprozess südlich der Alpen etwas zu,
jedoch eher auf dessen Südflanke und somit unser Wetter in Deutschland nicht
betreffend. Dennoch können die noch gezeigten Unterschiede Auswirkungen auf die
Neuschneemengen entlang der Alpen haben, was im Ensemble durch einen großen
Spread zwischen Q50 und Q90 gezeigt wird. Entsprechende Unsicherheiten ergeben
sich auch bei der Frage der Intensität und der Niederschlagsphase mit Blick auf
den möglicherweise auftretenden gefrierenden Niederschlag im Südosten ausgangs
der Nacht zum Dienstag.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy