DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-02-2022 08:01
SXEU31 DWAV 120800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 12.02.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Deutsche Bucht und Bergland zeitweise stürmisch. In den Nächten abgesehen vom
Süden abnehmende Frostgefahr und zum Wochenbeginn von Westen leicht wechselhaft.


Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Samstag... starten wir in eine vergleichsweise ruhige Kurzfrist. Dennoch kann
von keiner stabilen Hochdrucklage gesprochen werden, denn sowohl die Keilachse
u.a. in 500 hPa als auch das Bodenhoch INGO wandern bereits heute nach
Osteuropa, sodass sich zunehmend eine zyklonale Südwestlage einzustellen
beginnt.

Von einer Umstellung der Wetterlage spürt man heute jedoch wenig. Nachdem wir
abgesehen vom Küstenumfeld deutschlandweit aus einer frostigen Nacht starten,
verläuft der Tag nach Auflösung lokaler Hochnebelfelder meist störungsfrei. Von
Südwesten ziehen im Tagesverlauf zwar ausgedehnte Cirren vorüber, es bleibt
jedoch trocken. Die Höchstwerte liegen je nach Höhenlage zwischen 3 und 7 Grad,
im Bergland verharrt die Temperatur nicht selten um 0 Grad Celsius. Der Wind
kommt meist schwach aus Süd, im Süden aus Ost und frischt im Bergland etwas auf,
auf Helgoland und dem Brocken sind zeitweise Böen Bft 7 bis 8 zu erwarten.

In der Nacht zum Sonntag nimmt das Tiefdruckgebiet VERA vor Irland immer mehr
das Zepter in die Hand und verdrängt den höheren Luftdruck endgültig nach Osten.
Dass die Nacht dennoch so ruhig verläuft ist u.a. einer Höhentrogentwicklung
über dem westlichen Balkan geschuldet, die den Gradienten über Mitteleuropa
auffächert. Zwar ziehen zeitweise ausgedehnte Wolkenfelder von Westen durch,
dennoch gibt es ausreichend Auflockerungen, sodass sich die grenzschichtnahe
Luftmasse erneut rasch abkühlen kann. Abgesehen von den Küsten tritt
deutschlandweit von Nord nach Süd leichter bis mäßiger Frost zwischen 0 und -8
Grad auf. Entlang der Alpen kann auch lokal strenger Frost um -11 Grad über
Schnee nicht ausgeschlossen werden - vor allem, wenn die Bewölkung mitspielt. Es
bleibt trocken, nur auf Sylt kann es ausgangs der Nacht einzelne Tropfen geben.
Der Wind dreht besonders über der Deutschen Bucht zunehmend auf Südwest mit
stürmischen Böen, exponiert z.B. auf Helgoland mit Sturmböen Bft 8-9 und auch
auf dem Brocken wird zunehmend die Bft 9 erwartet. Sonst spielt der schwache
Wind aus Süd bis Südost keine Rolle.



Sonntag... zieht VERA unter Verstärkung (eng gebündeltes Ensemble mit einem
Kerndruck von 985-990 hPa) nach Großbritannien, wobei der begleitende Höhentrog
unter Amplitudengewinn die Biskaya erfasst. Zwar fallen der Druck und das
Geopotenzial im Tagesverlauf stetig von Westen, das VERA begleitende und
okkludierende Frontensystem verbleibt jedoch bis zum Abend noch westlich von
Deutschland. Daher verdichtet sich die Bewölkung im Westen und Norden im
Tagesverlauf, es bleibt jedoch meist trocken - einzig im Umfeld der Deutschen
Bucht kann es den einen oder anderen schwachen Schauer geben.
Sonst verläuft der Tag heiter oder sonnig - natürlich erst nach Auflösung
lokaler Nebel- oder Hochnebelfelder. Die Höchstwerte springen mit einem im
Westen mäßigen, zeitweise leicht böigen Südwind auf 9 bis 13 Grad, nach MOSMIX
örtlich auch etwas darüber. Auch sonst pendeln die Höchstwerte von Nord nach Süd
zwischen 4 und 11 Grad, wobei der Wind aus Süd bis Südost meist nur eine
schwache Intensität aufweist. Stürmischer verläuft der Tag über der Deutschen
Bucht und auf dem Brocken stehen gar schwere Sturmböen (Bft 10) auf dem
Programm.

In der Nacht zum Montag erfasst die Trogachse den Westen Frankreichs, während
VERA weiter ostwärts in Richtung Nordsee zieht und mit einem etwas zunehmenden
Ensemblespread mit rund 980 bis etwas über 985 hPa im Seegebiet der Forties
aufschlägt. Folglich wird das okkludierte Frontensystem im Verlauf der Nacht
besonders den Norden und Westen mit viel Gewölk und im Verlauf der zweiten
Nachthälfte auch mit etwas Nass beglücken. Allerdings erfolgt seit mehreren
Modellläufen im Zuge einer Neustrukturierung des Bodendruckfelds über Westeuropa
das Übergreifen des Niederschlags immer später. Vielleicht kommen wir mit den
neuen Läufen noch gänzlich trocken durch die Nacht. Im Süden und Osten bleibt es
meist klar mit örtlichen Nebelfeldern.
Dank der ungleichen Bewölkungsverteilung vergrößert sich die Spanne der Minima
mit +8 Grad entlang des Niederrheins und lokal -10 Grad am Alpenrand.
Der Südwestwind frischt im Westen zeitweise böig auf mit stürmischen Böen oder
Sturmböen über der Deutschen Bucht und im Bergland sowie orkanartigen Böen Bft
11 auf dem exponierten Brockenplateau.



Montag... passiert nicht viel Neues. VERA zieht unter stagnierender Intensität
nordostwärts und erreicht das südliche Norwegen. Derweilen wird die sich
abschwächende Okklusion mit vielen dichten Wolkenfeldern, jedoch nur regional
etwas Regen, weiter nach Osten geführt, um in der zweiten Tageshälfte endgültig
die Oder und den Bayerischen Wald zu erreichen. Die Schneefallgrenze sinkt zwar
im Tagesverlauf von Westen auf etwas unter 1000 m, Neuschnee sollte jedoch außer
im Hochschwarzwald nirgendwo eine Rolle spielen und auch dort nur bei
entsprechend ausgeprägter Niederschlagsintensität.
Der Südwestwind frischt über der Mitte und dem Westen zeitweise böig auf, weht
sonst nur mäßig, über der Deutschen Bucht stürmisch und auf dem Brocken mit
orkanartigen Böen. Die Höchstwerte liegen je nach Durchmischung und Sonnenanteil
bei 7 bis 13 Grad.

Die Nacht zum Dienstag könnte im Süden im Zuge einer Leezyklogenese südlich der
Alpen (etwas Schnee am Alpenrand) sowie je nach Auskühlung im Osten mit lokal
gefrierendem (Sprüh)Regen der Marke "markant" etwas spannender ausfallen, es
gibt jedoch bei all diesen Entwicklungen noch einige Fragezeichen. Sonst kann
die Nacht als überwiegend stark bewölkt und zeitweise Nass zusammengefasst
werden. Die Tiefstwerte liegen von Nordwest nach Südosten bei +5 bis -4 Grad und
der Wind schwächt sich allgemein etwas ab.



Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Numerik erfasst die Kurzfrist sehr gut. Es gibt innerhalb der
(inter)nationalen Numerik während der letzten 3 bis 4 Modellläufe kaum
Diskrepanzen. Feinheiten, wie die zeitliche Verlagerung der Front, unterliegen
noch gewissen Unschärfen, gröbere Auswirkungen auf die kurzfristige Entwicklung
ergeben sich jedoch keine.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy