DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-02-2022 09:01
SXEU31 DWAV 110800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 11.02.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wa

Von Nordwesten nach Südosten durchziehend Windböen und einzelne Sturmböen. Dabei
auch Schauer, teils als Schnee oder mit Graupel. Im Süden gebietsweise leichter
Schneefall. Am Samstag und Sonntag Wetterberuhigung, nur exponiert stark böiger
Wind. Nachts Frost mit Glättegefahr.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... überquert ein Langwellentrog Deutschland von Nordwest nach Südost.
Zum Abend hat seine Achse im 500 hPa-Niveau schon den Westen Polens und den
äußersten Südosten Bayerns erreicht. Rückseitig greift auf den Westen ein
schwacher Rücken über. Während mit dem Rücken ein Bodenhoch namens INGO in
Verbindung steht, dessen Schwerpunkt vom Seegebiet westlich der Bretagne über
den Norden Frankreichs bis etwa zum Oberrhein vorankommt, korreliert mit dem
Langwellentrog ein kleinräumiges Bodentief (SARAI. Dessen Lebensdauer ist
allerdings limitiert. Während es am Morgen noch als abgeschlossene, aber sehr
kleinräumige Zyklone mit einem Kerndruck von etwa 1013 hPa bei der Wesermündung
auszumachen ist, füllt es sich zusehends auf und macht somit eine Transformation
hin zu einem Bodentrog durch. Als solcher erreicht er bzw. es zum Abend das
Erzgebirge, so zumindest der Gedankengang von ICON-D2. Die Globalmodelle ICON
und EZMW simulieren dies ähnlich. Auf der Südwestflanke des Tiefs bzw. des
Bodentroges zeigen die Druckfelder einen recht scharfen Gradienten. Dieser sorgt
in einem Streifen vom Nordwesten in den Südosten verbreitet für steife Böen Bft
7. Lokal kann auch in tieferen Lagen die ein oder andere Böe Bft 8 dabei sein,
was insbesondere in kräftigeren Schauern der Fall sein kann. Einzelne Gewitter
erscheinen bei Temperaturen von etwa -5 Grad in 850 hPa und -35 Grad in 500 hPa
nicht gänzlich ausgeschlossen, MOS und auch die Pseudo-Synops von ICON-D2
reagieren diesbezüglich aber sehr zurückhaltend, und insgesamt sollte die
Konvektion auch nicht sehr hochreichend sein (Feuchte bis etwa 700 hPa bei ca.
-15 Grad. Exponiert, sowohl an der Nordseeküste als auch im Bergland, reicht es
für Bft 8 bis 9. Neben der beschriebenen "Baustelle" des durchziehenden Tiefs
ist auch eine vorderseitig den Süden überquerende wellende Kaltfront
beachtenswert, die schon am Mittag die Alpen erreicht haben wird. Sie gehört zum
inzwischen über Osteuropa anzutreffenden Tief TANYALAK und ihre Verlagerung hat
zur Folge, dass schon im Laufe des Vormittags und des Mittags die Schneefälle,
abgesehen vom Alpenraum, nachlassen. Auf ihrer Vorderseite liegt die
Schneefallgrenze an den Alpen zurzeit noch bei etwa 1000 m, sie sinkt dort aber
im Verlauf des Vormittages auf etwa 400 m ab, mithin auf das Niveau, das aktuell
schon in Sachsen, Franken oder weiten Teilen Baden-Württembergs das Maß der
Dinge ist. In kräftigen Schauern kann sie auch tiefer liegen. Der Zuwachs an
Neuschnee in den mittleren und höheren Lagen liegt meist bei 1 bis 5 cm, im Stau
der Alpen bei etwa 10 cm, im Allgäu können sich bis zu 15 cm akkumulieren. Auch
in den mit der Tiefpassage verbundenen Schauern kann Schnee oder Graupel, teils
bis in tiefere Lagen, auftreten. Dabei bleiben die Neuschneemangen aber gering
und sind meist auch nur vorübergehender Natur.

In der Nacht zum Samstag setzt sich eine deutliche Wetterberuhigung durch. Hoch
INGO überquert den Süden Deutschlands und erreicht zum Morgen Ostbayern. Von der
Nordsee her greift der zugehörige Höhenrücken auf den Westen Deutschlands über,
seine Achse erstreckt sich in den Frühstunden etwa von der Saar bis zur Lübecker
Bucht. Damit kommt die rückseitig der Kaltfront und des kleiräumigen Tiefs bzw.
des Bodentrogs eingeflossene Kaltluft (T 850 etwa -5 bis -8 Grad) zur Ruhe, die
Detailbetrachtung zeigt aber, dass die 850er Temperaturen in der zweiten
Nachthälfte im Südwesten, also auf der Westflanke des Hochs, schon wieder zu
steigen beginnen. Aber in der Gesamtkonstellation bleibt es trocken, zumindest
dann, wenn zu Beginn der Nacht die letzten schwachen Niederschläge im östlichen
Bergland abgeklungen sind. Dazu zeigt sich der Himmel oft gering bewölkt oder
klar, so dass es gut auskühlen kann. Entsprechend sollten die Tiefstwerte meist
zwischen -1 und -5 Grad liegen, in den Mittelgebirgen und an den Alpen ist
mäßiger Frost bis -7 Grad zu erwarten. Im Süden über Schnee ist örtlich strenger
Frost unter -10 Grad möglich. Dazu kommt Glätte, in den Gebieten des Südostens,
wo es bis zum Abend noch etwas Niederschlag gegeben hat, durch überfrierende
Nässe oder Schnee, ansonsten meist durch Reif (Taupunkte zwischen -3 und -7
Grad). An der Küste liegen die Minima um null Grad, so dass es dort zumindest
lokal frostfrei bleibt. Da an der Nordwestflanke des Hochs im Bereich der
Nordsee der Druck wieder fällt und der Gradient damit anzieht, kann es ausgangs
der Nacht im nördlichen Nordfriesland eventuell die eine oder andere Südwestböe
der Stärke 7 geben. Ansonsten ist der Wind schwach, und damit (siehe Taupunkte)
ist die Situation auch nebelanfällig.

Samstag... und in der Nacht zum Sonntag zieht Ingo weiter nach Osten bis in die
Ukraine - ohne dabei seinen Einfluss auf unser Wetter gänzlich zu verlieren.
Allerdings setzt sich der schon am Vortag zu beobachtende Druckfall über der
Nordsee fort, der einem Tiefkomplex geschuldet ist, der über dem Nordatlantik
nach Osten zieht. Dabei erreicht das Zentraltief, vom Seegebiet südlich von
Island kommen, die Küste Mittelnorwegens. Darüber hinaus bilden sich mehrere
Teil- bzw. Randtiefs, unter anderem eines, das am Sonntagmorgen die Westküste
Irlands erreicht. Dadurch frischt schon im Tagesverlauf der südliche Wind etwas
auf, was in den Hochlagen der Mittelgebirge, aber auch an der Nordfriesischen
Küste Böen Bft 7 bis 8 zur Folge haben sollte (eventuell schafft der Brocken
sogar mal die Bft 9). In den übrigen Küstengebieten weht der Wind ablandig,
vielleicht reicht es dort hier und da (Ostfriesische Inseln, Fehmarn) mal für
eine Böen Bft 7, das war's dann aber auch mit dem Wind. Darüber hinaus machen
sich die heranrückenden Tiefs über Nordwesteuropa noch mit hoher und mittelhoher
Bewölkung über der Nordwesthälfte unseres Landes bemerkbar, die dort die
Sonnenchancen im wahrsten Sinn des Wortes etwas eintrübt. Ansonsten präsentiert
sich der Samstag als Sonn(en)tag, an dem auch die Milderung von Südwesten
deutlich in den 850er Temperaturen abgelesen werden kann. Liegen diese zu
Tagesbeginn noch zwischen -3 und -8 Grad, so steigen sie bis zum Sonntagmorgen
auf null bis 3 Grad. Diese Milderung lässt sich an den Höchstwerten aber noch
nicht ablesen, diese liegen in einer Spanne von 2 bis 8 Grad, und in der Nacht
ist fast überall mit leichtem Frost zu rechnen. Im Südosten gehen die
Tiefstwerte bis in den mäßigen Frostbereich zurück, im Nordwesten unter Wolken
liegen die Tiefstwerte um null, so dass dort zumindest die Chance besteht,
frostfrei durch die Nacht zu kommen.


Sonntag... und in der Nacht zum Montag schreitet die progressive Verlagerung der
Druck-- und Geopotentialgebilde weiter voran. Hoch INGO erreicht die Ostukraine
und wandert vor dort nach Südwestrussland, während der flache Rücken, der das
Hoch stützt, über Polen hinweg nach Osten vorankommt. Von Westen nähern sich
dagegen ein Langwellentrog sowie das zugehörige Tief. Die Trogachse, am
Sonntagmorgen noch westlich von Irland anzutreffen, verlagert sich bis
Montagmorgen bis nach Wales, das zugehörige kleinräumige Teiltief schiebt sich
unter Vertiefung über die schottische Nordseeküste hinweg zur nördlichen
Nordsee. Damit bleibt der Nordwesthälfte auch das hohe und mittelhohe Gewölk
erhalten, was die Sonne dämpft. Entsprechend ist bezüglich der Sonnenstunden -
wie schon am Vortag - die Südosthälfte in der Vorhand. In der Nacht mischen sich
im äußersten Nordwesten dann auch noch tiefe Wolken (die zur Front unseres
Schottlandtiefs gehören) unter die hohen und mittelhohen, und ausgangs der Nacht
kann es dort ein paar Tropfen geben. Ansonsten bleibt es weiterhin trocken.
Allerdings wird der Gradient in der Nacht nochmals etwas schärfer, und damit
legt der Wind nochmals ein wenig zu. Während die Windverhältnisse am Sonntag
Tagsüber denen des Samstags ähneln (der Wind am Sonntag ist nur eine Nuance
stärker), legen die Böen in der Nacht zu Montag eine deutliche Schippe drauf.
Ausgangs der Nacht treten an der Nordseeküste und in den Hochlagen der
westlichen Mittelgebirge stürmische Böen auf, und im Westen gibt es verbreitet
Windböen, auch bis ins Flachland. Das unterbindet die Nebelbildung, die
demzufolge auf den Osten beschränkt bleibt. Unterbunden wird durch die Wolken
und die Durchmischung im Nordwesten auch eine stärkere Abkühlung - die
Tiefstwerte liegen dort um 6 Grad. Im Südosten gibt es dagegen erneut leichten,
lokal auch mäßigen Frost.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Abläufe der kommenden Tage sehr ähnlich. Eventuelle
Modellunterschiede sind nicht von warnrelevanter Tragweite.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas