DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-02-2022 08:30
SXEU31 DWAV 090800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 09.02.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL Wa
Zunächst vielfach antizyklonal geprägtes Wetter. In Schleswig-Holstein heute
stürmische Böen. In der Nacht auf Freitag im Nordwesten, am Freitag allgemein im
Norden und Osten stürmische Böen und einzelne Sturmböen. Nordsee auch schwere
Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich ein kräftige Höhenhoch über Südfrankreich und dem
westlichen Mittelmeer und bewegt sich langsam ostwärts. Damit verstärkt sich im
Tagesverlauf auch sein Einfluss auf Deutschland. Die Frontalzone liegt zwischen
England und den Baltischen Staaten und beeinflusst weiterhin den Norden
Deutschlands. Der Frontenzug kommt in Form einer wellenden Kaltfront am
Nachmittag von Dänemark bis in den Hamburger Raum voran. Damit regnet es
tagsüber vor allem im Norden Deutschlands bei weitgehend geschlossener
Wolkendecke.

Deutlich freundlicher schaut es im Süden des Landes aus. Am Alpenrand und dem
südlichen Oberrhein ist es bereits aus der Nacht heraus wolkenfrei, sodass dort
den ganzen Tag über die Sonne scheinen kann. Mit der Verlagerung des Höhenhochs
schiebt sich die Wolkenkante im Laufe des Tages noch etwas nordwärts und kommt
am Nachmittag etwa bis zur Mainlinie voran.

Warntechnisch relevant ist am Tage allenfalls der Wind. Dieser weht vornehmlich
im Norden zeitweise stark böig. Die Windgeschwindigkeit in 925 hPa liegt
immerhin zwischen 40 und 50 kn. Klar, die Schichtung ist bei der Lage im breiten
Warmsektor ziemlich stabil, mit dem aufkommenden Tagesgang sollte es aber
ausreichen, dass die eine oder andere Bft 7 Böen auftreten kann. So bringt auch
das ICON-D2 EPS erhöhte Wahrscheinlichkeit von Westfalen und Südniedersachsen
bis zur Altmark und Uckermark sowie nördlich davon. Selbst nördlich des
Thüringer Waldes und Erzgebirges sind einzelne Windböen nicht ausgeschlossen,
dort aber nur gering wahrscheinlich.
Allgemein lässt der Wind im Laufe des Nachmittags mit der Abnahme der Höhenwind
von Westen wieder nach. Im Bereich der Kaltfront, die sich etwas südwärts
bewegt, kann aber die Durchmischung etwas in Gang kommen. Kurz bevor die
Höhenwinde abnehmen gibt es dabei ein paar wenige Stunden, in denen eine erhöhte
Wahrscheinlichkeit für stürmische Böen in
Schleswig-Holstein besteht. MOS bringt sogar vereinzelt Sturmböen.
An der See und im höheren Bergland gibt es allgemein Windböen und exponiert
stürmische Böen. Auf dem Brocken kann vereinzelt mal eine Bft 10 auftreten.

Ganz anders als vor einem Jahr wird im breiten Warmsektor ein sehr milder Tag
mit Höchstwerten zwischen 8 und 14 Grad erwartet.

In der Nacht auf Donnerstag verschiebt sich das sich abschwächende Höhenhoch in
den zentralen Mittelmeerraum und verliert damit ganz allmählich seinen Einfluss
auf Deutschland. Über der Südhälfte ist es aber zunächst noch längere Zeit
aufgelockert oder sternenklar. Es bildet sich dann gebietsweise Nebel, vor allem
über der südlichen Mitte. Weiter in Richtung Alpen ist die Luft oftmals zu
trocken dafür. Ausgreifend bis zur Mitte muss entsprechend mit leichtem Frost
gerechnet werden. Im Süden geht die Temperatur bis -4 Grad, an den Alpen bis -7
Grad zurück. Gerad südlich der Donau gibt es eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für
örtliche Glätte durch Reifbildung oder überfrierendes Schmelzwasser.

In der Nordhälfte wird wieder eine milde Nacht zwischen 7 und 4 Grad erwartet.

Der Wind spielt allenfalls in den Gipfellagen eine Rolle.

Donnerstag... zonalisiert die Höhenströmung zusehends. Die Kaltfront, die zu
einem Tief über Nordskandinavien gehört, kommt im Tagesverlauf zögerlich
südwärts bis zu den mittleren Landesteilen voran. Dieser Prozess geht allerdings
nur langsam voran, da mit der westlichen Höhenströmung die Schubkomponente
fehlt. Der notwendige Höhentrog befindet sich noch über Großbritannien, an dem
auch ein Randtief gekoppelt ist, dass über der Nordsee zu finden ist.

Das zur Kaltfront gehörige Niederschlagsfeld liegt (durch die Konstellation in
der Höhe) postfrontal, also auf der kalten Seite (Anafront). Mit sinkender
Schneefallgrenze kann es zum Abend in den westlichen und zentralen
Mittelgebirgen in höheren Lagen auch etwas Schnee geben.

Postfrontal lockert die Wolkendecke auf, sodass im Nordwesten am Nachmittag auch
der ein oder andere Sonnenstrahl zu sehen ist. Schauer sollte es zunächst nicht
geben, da die Höhenkaltluft noch zu weit weg ist.

Präfrontal gibt es vor allem südlich der Donau noch längere Zeit Sonne, in
Südbayern auch bis in den Abendstunden. Dort wird es mit nochmal 14 Grad auch am
wärmsten. Ansonsten gehen die Werte mit und rückseitig der Kaltfront deutlich in
den einstelligen Bereich zurück.

Warntechnisch relevant ist erneut der Wind. Vor allem im Vorfeld der Kaltfront
frischt dieser über der Mitte des Landes stark böig auf. Das betrifft zwar
vornehmlich das Bergland, gerade nördlich von Thüringer Wald und Erzgebirge
ausgreifend bis zum Harz kommen aber auch Lee- und Leitplankeneffekt hinzu,
sodass insbesondere dort, sonst aber nur vereinzelt, auch Böen im Tiefland
auftreten können. Mit der Kaltfront wird allgemein kein böiger Wind erwartet, da
die Höhenwinde eher parallel zur Kaltfront orientiert sind. Im Bereich der
Kaltfront wird zudem der Gradient am Boden auseinandergezogen. Erst postfrontal
nimmt der Wind wieder zu, sodass später an der Nordsee mit ersten Windböen zu
rechnen ist, auf den Inseln kann es zum Abend auch stürmische Böen geben.

In der Nacht auf Freitag quält sich die Kaltfront in den Süden und bekommet erst
mit dem nachstoßenden Trog in der zweiten Nachthälfte den nötigen Push um den
Alpenrand zu erreichen. Damit verlagert sich auch das schleifender
Niederschlagsband in die Südhälfte. Durch den Anafrontcharakter fällt ein
Großteil des Niederschlags postfrontal auf der kalten Seite der Front, sodass in
höheren Berglagen etwas Neuschnee zu erwarten ist. Die Schneeliegenbleibgrenze
dürfte von Nord nach Süd allmählich auf 300 bis 400 m sinken. Große Mengen
werden sicherlich nicht fallen, aber 1 bis 5 cm kann man je nach Stau- und
Höhenlage auf jeden Fall einplanen.

Die Tiefstwerte liegen im unteren einstelligen Bereich, gerade durch die
postfrontalen Auflockerungen kann es Frost in Bodennähe geben. Entsprechend ist
streckenweise Glätte durch überfrierende Nässe im Bereich des Möglichen. Im
höheren Bergland ist leichter Frost zu erwarten.

Interessant wird es in der zweiten Nachhälfte im Nordwesten. Wie angesprochen
nähert sich der Höhentrog mit Höhenkaltluft und sorgt bodennah für die
Ausbildung eines Bodentroges, in den noch ein zweiten Kaltluftschub eingelagert
ist. Damit greifen schauerartig verstärkte Niederschläge über. Vielleicht
mischen sich auch mal ein paar nasse Schneeflocken in die Schauer. Der Gradient
zieht deutlich an. So muss im Norden und Nordwesten mit Wind- und Sturmböen an
der See auch schweren Sturmböen gerechnet werden Die Höhenwinde in 925 hPa
steigern sich immerhin auf bis zu 50 kn. Bei vertikalen Umlagerungen in den
Schauern kann auch die ein oder andere stürmische Böe oder gar Sturmböe im
Binnenland auftreten.

Freitag... halten die postfrontalen Niederschläge der mittlerweile südwärts
abgezogenen Kaltfront südlich der Donau noch längere Zeit an. Damit können an
den Alpen noch einige Zentimeter an Neuschnee hinzukommen.

Über der Nordhälfte zieht der Höhentrog am Vormittag und Mittag ostwärts hinweg.
Zum Nachmittag zieht dieser dann nach Polen ab. Die labil geschichtete
Höhenkaltluft liegt in 500 hPa unter -34 Grad. An die Höhentrogpassage ist auch
ein Bodentrog mit eingelagerter sekundärer Kaltfront gekoppelt. Schauerartig
verstärkte Niederschläge sind die Folge der Entwicklung, vielleicht ist auch mal
ein kurzes Gewitter im Nordosten noch mit dabei. In jedem Fall kann es mit
kräftigeren Entwicklungen auch mal Graupel oder nasse Schneeflocken geben.
Liegen bleiben wird aber eher nichts.

An der Westflanke findet sich ein kräftiger Gradient und die Höhenwinde in 925
hPa bewegen sich zwischen 40 und 50 kn. Damit muss in der Nordosthälfte mit
starken bis stürmischen Böen, in kräftigen Schauern mit Sturmböen gerechnet
werden. Auch einzelne schwere Sturmböen im Nordosten und in Richtung Ostsee
können zumindest nicht völlig ausgeschlossen werden, wenngleich die Modelle das
bisher in der Ausprägung noch nicht zeigen.

Nach Abzug des Troges lässt der Wind am Nachmittag von Westen bereits nach. Dann
zeigen sich auch häufig stärkere Auflockerung dank eines nachschiebenden
Höhenrückens und Druckanstieg am Boden. Von Schleswig-Holstein bis zum Emsland
wird es länger sonnig.

In der Nacht auf Sonntag verstärkt sich der Hochdruckeinfluss von Westen her.
Die Schneefälle an den Alpen hören auf und die Wolkendecke lockert in großen
Teilen des Landes auf, oft ist es sternenklar. In der eingeflossenen Kaltluft
wird es fast überall frostig zwischen -1 und -6 Grad. Dort wo es noch am
längsten Niederschlag gab (z.B. Nordosten) kann es Glätte durch Überfrieren
geben. Gebietsweise, bevorzugt im Westen, kann sich Reif bilden. Ansonsten ist
die Luft recht trocken, sodass sich nur vereinzelt Nebel ausbildet.

Frostfrei bleibt es eigentlich nur an den Küsten. Im Nordwesten ziehen ausgangs
der Nacht mit einsetzender WLA wieder dichtere Wolkenfelder auf. Regen fällt
aber noch nicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Es lassen sich keine nennenswerten Diskrepanzen zwischen den verschiedenen
Vorhersagemodellen im Kurzfristbereich finden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer