DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-02-2022 10:01
SXEU31 DWAV 070800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 07.02.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: NWz
Heute Norden und Osten stürmisch, Bergland und Küsten Sturmböen, exponiert (z.B.
Brocken) schwere Sturmböen. Südliches und östliches Bergland etwas Neuschnee.
Nacht zum Dienstag bis Dienstagvormittag östliche Mittelgebirge und Bayerischer
Wald regional gefrierender Regen. In der Folge Küsten und Bergland markante
Böen, nachts besonders im Süden Frost.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... beginnt nach dem turbulenten Wochenendausklang durch Tief ROXANA zwar
etwas ruhiger, doch auch heute wird uns der Wind besonders im Norden und Osten
weiterhin beschäftigen. Doch der Reihe nach.

Ein kräftiger Höhentrog liegt heute über weiten Bereichen Skandinaviens und
Osteuropas und gewinnt weiter an Amplitude, was u.a. einem ungewöhnlich
kräftigen Jet in 300/250 hPa geschuldet ist (140-150 kn bzw. mit der
Standardabweichung von mehr als 3 sigma zur CFSR Klimatologie von 1979-2009),
der stromauf in den Trog zieht. Gleichzeitig wandert eine umfangreiche Keilachse
von Großbritannien allmählich in Richtung Nordsee/Ärmelkanal. Daran gekoppelt
liegt das Hochdruckgebiet HOLM vor der Biskaya. Niedertroposphärisch sorgt
Kaltluftadvektion über Deutschland für zögernden Druckanstieg, sodass HOLM im
Tagesverlauf seine Fühler zaghaft nach Südwestdeutschland ausstreckt.

Von daher ist das heutige Wetter recht schnell erzählt. In einer strammen
Nordwestströmung ziehen immer wieder Schauer von der Nordsee ins Landesinnere,
die sich in der Folge dann wiederholt entlang der zentralen Mittelgebirge und am
Alpenrand stauen. Dabei scheint die aktivste Schiene mit Schauern über
Niedersachsen, dem östlichen NRW bis nach Thüringen zu verlaufen. Die
Niederschlagsaktivität nimmt im Nachmittagsverlauf immer weiter ab, da von
Westen höhenmildere Luftmassen einströmen. Die Schneefallgrenze steigt im Westen
im Tagesverlauf von 300 auf 700 m an, während sie sonst zwischen 200 und 400 m
pendelt. Somit dürften in Staulagen des Thüringer Waldes, des Erzgebirges, des
Bayerischen Waldes und am Alpenrand einige Zentimeter Neuschnee fallen -
oberhalb von rund 600 m 1 bis 5 cm, im Erzgebirge 4 bis 8 cm (mit
Ensemblespitzen lokal bis 10 cm) und 5 bis 10 cm (mit Ensemblespitzen bis 15 cm)
im Alpenstau. Darunter fällt weniger, oder es bleibt nur vorübergehend liegen
(temporäre Glättewarnungen oberhalb von 400 m könnten notwendig sein). Im
Südwesten und Nordosten verläuft der Tag zunehmend trocken mit größeren
Wolkenlücken, entlang des Oberrheins auch mit einigen Sonnenstunden.

Der Wind aus West bis Nordwest frischt ausgangs der Nacht im Norden/Osten rasch
wieder auf, sodass dort verbreitet Windböen bis 60 km/h (Bft 7) und zeitweise
auch stürmische Böen oder Sturmböen (Bft 8 bis 9) auftreten können. Die höchsten
Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen Bft 9 ergeben sich von Sachsen-Anhalt über
Thüringen bis nach Sachsen, in Mecklenburg-Vorpommern und im östlichen Bayern -
zumeist jedoch nur strichweise in Verbindung mit Schauern. Im Westen weht der
West-/Nordwestwind schwächer, im Tiefland meist unter der Warnschwelle von
Windböen (Bft 6) und mit Bft 7 Böen im Bergland. Zum Abend schwächt sich der
Wind deutschlandweit ab.

Einzelne Gewitter können am Vormittag im Osten noch auftreten, doch die
Wahrscheinlichkeit nimmt mit fortschreitender Stabilisierung in der Höhe rasch
ab.

Die Höchstwerte liegen im Süden meist zwischen 2 und 5 Grad, im Norden zwischen
5 und 8 Grad sowie im leichten Dauerfrostbereich im höheren Bergland. In
kräftigen Schauern kann die Temperatur jedoch überall kurzzeitig in
Gefrierpunktnähe absinken.


In der Nacht zum Dienstag wandert die Keilachse zunehmend nach Deutschland und
besonders im Südwesten ist weiterhin höherer Luftdruck wetterwirksam.
Gleichzeitig baut die Keilachse im Norden etwas ab und erreicht somit eine
zonalere Ausrichtung, sodass die atlantische Warmfront des sich auffüllenden
Orkantiefs SARAI (heute mit einem Kerndruck von unter 940 hPa mit enger
Memberbündelung im IFS-EPS, in der Nacht zum Dienstag allmählich auf 950 bis 955
hPa auffüllend) in weite Bereiche Deutschlands vorankommt.
Bedeutet in der Nacht eine rasche Bewölkungsverdichtung von Nordwesten und
nachfolgend etwas Regen, der nach Mitternacht auch zunehmend die zentralen und
östlichen Mittelgebirge erfasst. Dort liegen die Temperaturwerte dank etwas
besserer Auskühlung in der ersten Nachthälfte etwas unter 0 Grad und es wird
keine Durchmischung der Grenzschicht erwartet, sodass dort eine Mischung aus
etwas Schnee oder gefrierendem Regen fallen dürfte. Meist werden die Mengen (mit
Blick auf den gefrierenden Niederschlag) im markanten Bereich verbleiben,
allerdings werden die Kammlagen des Thüringer Waldes mit etwas höheren
Niederschlagsmengen an gefrierendem Regen hervorgehoben. Da die Numerik jedoch
hier noch stärker streut wird auch hier von einer markanten Warnung ausgegangen.
Die Schneefallgrenze steigt von Westen rasch auf deutlich über 1000 m an, sodass
im Osten und an den Alpen im Bergland wohl nur vorübergehend wenige Zentimeter
Neuschnee fallen.

Im Süden bleibt es teils locker bewölkt, teils klar und trocken. Im Südosten
klingen die letzten Schneeschauer während der ersten Nachthälfte rasch ab,
sodass dort mit Straßenglätte gerechnet werden muss, denn die Tiefstwerte liegen
entlang und südlich der zentralen Mittelgebirge im leichten Frostbereich von 0
bis -4 Grad. Im süddeutschen Bergland wird es mit -5 bis -11 Grad (über Schnee)
zapfig kalt, wobei sich die Ausgabe einer markanten Frostwarnung nicht lohnt, da
zu punktuell.

Der Wind dreht wieder mehr auf südwestliche Richtung zurück und weht im Tiefland
mäßig, im Bergland böig, exponiert noch mit teils schweren Sturmböen (z.B.
Brocken) und auch im Küstenumfeld treten weitere Böen Bft 7 bis 8, exponiert
auch mal Bft 9 auf (besonders Ostsee nach Mitternacht).



Dienstag... könnte beim Blick auf die 500 hPa Geopotenzialfläche ein schöner Tag
werden, liegt doch die Keilachse direkt über Deutschland. Das Problem ist
jedoch, dass sich HOLM niedertroposphärisch nur unmerklich nach Nordosten
ausdehnt und nur Süddeutschland beglückt. Die Mitte und der Norden verbleiben
jedoch in einer zonal ausgerichteten Strömung, in der die Warmfront aus der
Nacht zügig nach Osten gedrückt wird und von Nordwesten ein wellendes
Frontensystem folgt.

Südlich der Donau verläuft der Tag nach regionaler (Hoch-)Nebelauflösung heiter
und zum Nachmittag wird es dort richtig sonnig. Eine Ausnahme bildet der Osten
von Bayern (Oberfranken bis Niederbayern), wo es am Vormittag noch etwas schneit
oder regional gefrierenden Regen geben kann. Auch wenn hier der Bodenwind auf
West springt dauert es wohl bis zum späten Vormittag, bevor die 2m Temperatur
über 0 Grad ansteigt, sodass in diesen Bereichen eine etwas länger dauernde
markante Warnung vor regionalem Glatteis nicht unwahrscheinlich erscheint. Die
Neuschneemengen verbleiben bei nur wenigen Zentimetern, da auch hier die
Schneefallgrenze zügig auf 1000 m ansteigt.
Sonst hüllt sich der Himmel in dichtes Gewölk und zeitweise fällt daraus etwas
Nass. Der meiste Regen wird im gesamten Norden und Nordosten erwartet, wo
24-std. Mengen von 4 bis 8 l/m² auftreten. Sonst verbleiben die Mengen im
unbedeutenden Bereich.

Die Höchstwerte legen im Vergleich zum Vortag etwas zu und liegen zwischen 5 und
8 Grad im Südosten und sonst zwischen 7 und 9 Grad, in Richtung Niederrhein
lokal bei 11 Grad.

Der Südwestwind weht im Süden und Westen schwach bis mäßig und frischt im Norden
und Osten teils böig auf (Bft 7) mit stürmischen Böen im Küstenumfeld und im
Bergland (exponiert auf dem Fichtelberg und Brocken teils schwere Sturm- oder
orkanartige Böen).


In der Nacht zum Mittwoch ändert sich insgesamt sehr wenig. Über der Mitte und
dem Norden bleibt es stark bewölkt oder bedeckt und besonders von
Schleswig-Holstein bis zur Oder fällt etwas Regen (bei einer Schneefallgrenze um
1500 m überall in flüssiger Phase). Sonst lockert die Wolkendecke nach Süden zu
etwas auf bzw. verläuft die Nacht südlich der Donau meist klar und trocken. In
den wolkenfreien Gebieten können sich jedoch teils dichte Bodennebelfelder
bilden.

Die Tiefstwerte liegen unter den dichten Wolken bei 9 bis 5 Grad und im Süden
zwischen +4 und -3 Grad, im süddeutschen Bergland teils im mäßigen Frostbereich.


Der Südwestwind schwächt sich überall etwas ab, bleibt jedoch im Küstenumfeld
und im Bergland warnwürdig (Bft 7 bis 8), auf dem Brocken und Fichtelberg auch
mit Böen Bft 10.




Mittwoch... wandert der Keil in Form einer abgeschlossenen Höhenantizyklone
zunehmend ins westliche Mittelmeer und überdeckt besonders Süddeutschland (wo
weiterhin auch bodennah höherer Luftdruck wetterwirksam bleibt). Den Norden
beeinflusst der wellender Frontenzug, wobei aber hier bei starker Bewölkung nur
regional etwas Regen fällt.

Im Süden weitet sich der sonnige Bereich weiter nordwärts aus, sodass zum
Nachmittag und Abend weite Bereiche von Bayern und Baden-Württemberg die Sonne
(bzw. den Sonnenuntergang) genießen können.

Die Höchstwerte liegen nahezu deutschlandweit im sehr milden Bereich von 9 bis
12 Grad, im Südwesten und Westen teils bei 13 oder 14 Grad (ungewöhnlich mild).
Dies wird im "EFI Temperatur" mit erhöhten Werten im Norden gewürdigt.

Der Südwestwind tritt im süddeutschen Tiefland kaum in Erscheinung, weht im
Norden mäßig und ist im Küstenumfeld und im Bergland weiterhin für stürmische
Böen (Bft 8), exponiert teils für schwere Sturmböen Bft 10 (Brocken) gut.


Über die Nacht zum Donnerstag braucht man nicht viele Worte zu verlieren.
Zweiteilung des Wetters mit Regen und dichter Bewölkung im Norden sowie klarem
Himmel und etwas Nebel im Süden. Die Tiefstwerte liegen von Nord nach Süden
zwischen +8 und -4 Grad, über Schnee am Alpenrand teils bei -10 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Kurzfrist wird innerhalb der nationalen und internationalen Numerik
einheitlich gesehen und diese Aussage bezieht sich auf die letzten 3 bis 4
Modellläufe. Einzig die genaue Lage der wellenden Front wird mit geringen
Unschärfen (Nord-Süd) gesehen, was jedoch bei den meist geringen
Niederschlagsmengen keine große Auswirkungen hat.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy