DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-02-2022 09:01
SXEU31 DWAV 060800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 06.02.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Nordwest zyklonal (NWz)
Heute in der Mitte und im Süden teils schwere Sturmböen, auf den Bergen Orkan.
In den Mittelgebirgen Dauerregen, in Hochlagen markante Schneefälle. Gefahr von
Schneeverwehungen. Einzelne Gewitter. Morgen Wetterberuhigung, aber im Nordosten
immer noch stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Am heutigen Sonntag... befindet sich nach wie vor ein hochreichendes
Hochdruckgebiet auf dem Atlantik. An dessen Nordostflanke stößt ein mit viel
Höhenkaltluft angefüllter Trog recht flott aus dem grönländischen Raum in
Richtung Nordsee. Bodennah ist ein umfangreiches Tief mit zwei Kernen über dem
Europäischen Nordmeer und über Nordschweden zu finden. Dessen Warmfront hat in
der Nacht auf Deutschland übergegriffen. Kräftige WLA in Verbindung mit PVA
sorgt für ein umfangreiches Hebungsgebiet mit leichten bis mäßigen Regenfällen,
die sich zunächst vom Norden zur Mitte ausbreiten. In einer atlantischen
Luftmasse mit etwa -1°C in 850 hPa fällt im Norden verbreitet Regen, in höheren
Lagen der zentralen Mittelgebirge noch etwas Schnee. Die Kaltfront des Tiefs
befindet sich aktuell noch schleifend über Schleswig-Holstein. An ihr läuft in
der Mittagszeit noch eine flache Welle ostwärts, nachfolgend gewinnt die
Kaltfront an Fahrt Richtung Süden und erreicht bis zum Abend in etwa eine Linie
von der Lausitz bis zur Pfalz. Während die Regenfälle an der Warmfront nach
Osten abziehen, bzw. die Warmfront okkludiert, beginnt zunehmend die Kaltfront
ordentlich Regen zu produzieren, zunächst im Bereich der Welle im Nordwesten,
aber dann auch auf ihrem Weg nach Südosten, da der vorstoßende Trog PVA liefert,
zudem befinden wir uns zum Abend hin noch recht günstig gelegen am linken
Ausgangs eines von Nordwesten herannahenden Jetmaximums.

Wo wir schon bei den Niederschlägen sind: Dies fallen in weiten Landesteilen
recht ergiebig aus mit vielfach zwischen 5 und 15 l/m². In den Staulagen einiger
westlicher und südlicher Mittelgebirge sind es zwischen 20 und 40 l/m², vor
allem im Rothaargebirge auch 50 l/m². Die Mengen gelten für einen Zeitraum bis
morgen früh/Mittag. Entsprechende Dauerregenwarnungen wurden ausgeben. Die
Schneefallgrenze, die anfangs teils noch 600 bis 800 m liegt, steigt heute im
Tagesverlauf vorübergehend auf etwa 800 bis 1200 m (mit den höchsten Werten ganz
im Süden) an, so dass nur in höchsten Lagen durchwegs Schnee fällt. Da auch
diese vielfach im Bereich der Schneefallgrenze liegen, fallen Mengenangaben
entsprechend schwer, es muss aber schon ausgegangen werden, dass in höheren
Mittelgebirgslagen ab 800 bis 1000 m teils 10 bis 20 cm Neuschnee
zusammenkommen, in den besonders von den Niederschlägen betroffenen
Mittelgebirgen in höchsten Lagen auch bis zu 40 cm. Auch hierfür wurden
entsprechende Warnungen schon ausgegeben.

Fehlt noch der Wind: Schon an der Südflanke der Warmfront und im Warmsektor
nimmt heute der Gradient spürbar zu, so dass vor allem in mittleren Landesteilen
steife bis stürmische Böen schon am Vormittag zu erwarten sind. Mit Annäherung
der Kaltfront und Entstehung der flachen Welle nimmt in der Mitte und im Süden
der Wind weiter zu und erreicht dort recht flächendeckend stürmische Böen und
Sturmböen. In höheren Mittelgebirgslagen und im höheren Alpenvorland sind
schwere Sturmböen zu erwarten, auf exponierten Gipfeln vielfach orkanartige Böen
und Orkanböen. Deutlich schwächer ist der Wind im Norden, dort sind meist nur
steife Böen zur erwarten, an den Küsten zeitweise stürmische Böen. Rückseitig
der Kaltfront wird der Wind im Binnenland sogar noch etwas schwächer. Dabei
dreht der Wind an der Kaltfront von Südwest auf West, über der See auf Nordwest.


Etwas Sonne darf heute noch der Südosten erwarten, ansonsten bleibt es meist
bedeckt. Die Temperaturen erreichen allgemein 5 bis 10°C.

In der Nacht zum Montag kommt die Kaltfront rasch nach Süden voran und erreicht
in der zweiten Nachthälfte die Alpen, dort hält der oben erwähnte Wind teils
noch bis in die zweite Nachthälfte hinein an. Auf der Rückseite ist der Gradient
deutlich geringer, der westnordwestliche Wind weht aber insbesondere im
Südwesten noch lange böig mit steifen bis stürmischen Böen, was vor allem der
zunehmenden Labilität geschuldet ist. Auch über der Nordsee gibt es weiterhin
stürmische Böen. Auf den exponierten Gipfeln nimmt mit dem Abzug des
Starkwindfeldes in der Höhe der Orkan ab, bis zum Morgen gibt es dort meist nur
noch schwere Sturmböen.

Der Trog stößt in der Nacht weiter nach Südosten vor und flutet ganz Deutschland
mit Kaltluft. In 500 hPa werden meist -35 bis -37°C erreicht, in 850 hPa -4 bis
-6°C, was für eine erhebliche Labilität spricht. Auch wenn KLA auf der Rückseite
der Kaltfront für leichtes Absinken sorgt, überrascht es somit nicht, dass es
noch zu Schauern und auch einzelnen Gewittern kommen kann. Diese werden aber von
Nordwesten in der zweiten Nachthälfte her langsam weniger und stauen sich vor
allem noch an den nordwestexponierten Mittelgebirgen (Rothaargebirge,
Erzgebirge). Da die Schneefallgrenze auf etwa 300 m sinkt (in Schauern tiefer)
und ab 400 bis 500 m auch Schnee liegen bleiben kann, können insbesondere dort
auch noch um 5 Zentimeter Neuschnee zusammenkommen. Auch in den übrigen
Mittelgebirgen kann mit Durchzug der Kaltfront noch kräftige Schnee fallen, aber
nur kurz, so dass allenfalls wenige Zentimeter zusammen kommen. Auch in den
Alpen beschränkt sich stärkerer Neuschneezuwachs auf Höhen über 1200 m, wo
durchaus um 30 cm fallen können. In den Tälern werden es eher 10, maximal 20 cm
Neuschnee bei kräftigen Schneefall in der zweiten Nachthälfte. Mit vielfach
Temperaturen um den Gefrierpunkt und den Niederschlägen, besteht bis in
mittleren Lagen allgemein Glättegefahr. Bei kräftigen Schauern und
Graupelgewittern kann es auch bis in tiefe Lagen mal Matsch geben. Zudem besteht
bei Wolkenauflockerungen auch mal die Gefahr, dass Oberflächen auf 0°C abkühlen
können und überfrierende Nässe auftritt, auch wenn der Wind hierzu sicherlich
nicht so förderlich ist. Dafür ist er aber für Schneeverwehungen förderlich, die
in höheren Mittelgebirgslagen auftreten können, sollte ausreichend Schnee
zusammenkommen, bevor der Wind nachlässt. Meist werden im Tiefland Tiefstwerte
bei etwa 3 bis 0°C prognostiziert.


Am Montag... schwenkt der Trog rasch nach Osten und weitet sich südwärts
Richtung Balkan aus. Der atlantische Höhenrücken nähert sich von Westen an und
wir gelangen in eine nordnordwestliche Höhenströmung mit zunehmendem
antizyklonalen Charakter. Demzufolge weitet sich die atlantische Hochdruckzone
am Boden wieder nach Süddeutschland aus. Das Bodentief zieht unter Abschwächung
nach Nordwestrussland, ein neues Orkantief entsteht aber westlich von Island, so
dass der Druck im Bereich der Britischen Inseln im Tagesverlauf wieder fällt,
was zum Abend bei uns eine Winddrehung zurück auf West verursacht. Zuvor kommt
der Wind aus Westnordwest und der stärkste Gradient verschiebt sich zunehmend in
der Nordosten Deutschlands. Mit ihm nehmen die steifen Böen im Südwesten ab, im
Nordosten aber wieder zu und durch den Tagesgang sorgt die Labilität in der
gesamten Nordosthälfte auch vielfach für stürmische Böen. An den Küsten kann es
anfangs noch Sturmböen geben. Auf den hohen Bergen der Osthälfte bleibt es bei
schweren Sturmböen, auf den Alpengipfeln kann es noch orkanartige Böen aus
Nordwest geben.

Dort stauen sich auch noch die Wolken und sorgen für Schneefall bis in tiefe
Lagen, es können noch 5 bis 10 cm Neuschnee zusammenkommen, in Staulagen im
Osten auch durchaus noch bis zu 15 cm. Ansonsten zieht sich die Schaueraktivität
mit der Labilität zunehmend auf den Osten zurück, wobei oberhalb 400 m meist
Schnee fällt, der ab 500 m auch liegen bleiben kann. Im Erzgebirge sind auch
über 5 cm Neuschnee möglich, ansonsten fallen die Niederschlagssummen meist
deutlich geringer aus. Der Himmel präsentiert sich wechselnd bewölkt, mit
anderen Worten, es kommt auch die Sonne zeitweise zum Zuge, am längsten im
Norden und Südwesten, am wenigsten in den genannten Staulagen. Bei guter
Durchmischung erreichen die Höchstwerte meist 5 bis 9°C, im Südosten und in
etwas höheren Lagen bleibt es kälter.

In der Nacht zum Dienstag zieht der Trog (unter weiterer Vergrößerung seiner
Amplitude) weiter nach Osten ab und der Rücken nähert sich von Westen weiter, so
dass der antizyklonale Einfluss zunimmt. Auch die Bodenhochdruckzone kann sich
noch etwas stärker durchsetzen, allerdings fällt von der Nordsee her der Druck
wieder, so dass über der Mitte und dem Norden des Landes durchaus ordentlicher
Gradient zurückbleibt. Die Warmfront des Tiefs bei Island zieht von Westen auf
und überquert bis zum Morgen schon fast ganz Deutschland. Hinter ihr steigt in
850 hPa die Temperatur auf 0°C. Der Okklusionspunkt dürfte dabei über Dänemark
ziehen, so dass es vor allem in Schleswig-Holstein etwas mehr regnet, ansonsten
bleibt es an der Warmfront bei sehr leichten Niederschlägen, nach Süden und
Südwesten zu bleibt es meist trocken. Aber auch dort ziehen hohe und mittelhohe
Wolken über den Himmel. Im Mittelgebirgsraum kann es dabei geringfügig schneien,
auch ein paar Tropfen gefrierender Regen sind nicht ausgeschlossen. Dort liegen
die Tiefstwerte in höheren Lagen meist knapp unter dem Gefrierpunkt, im Süden
wird es allgemein frostig, über Schnee gibt es mäßigen Frost. Auch dort kann es
bei vorhandener Nässe glatt werden. Mit der Warmfront frischt im Norden der Wind
wieder auf, vereinzelt kann es dort steife Böen geben, an der Küste steife bis
stürmische Böen. Auch in exponierten Lagen bleibt es stürmisch. Unter dichten
Wolken und bei Wind bleibt es im Norden frostfrei mit meist 4 bis 1°C.


Am Dienstag... verlagert sich der Schwerpunkt der Höhenantizyklone nach
Südfrankreich, sie gerät aber von Norden her unter Druck, dort nähert sich die
Frontalzone im Bereich der Britischen Inseln an. Wir verbleiben aber in
antizyklonalem Einfluss bei nicht allzu starken Höhenwinden. Bodennah verbleibt
der Hochschwerpunkt südwestlich unseres Landes und mit Verlagerung des
Okklusionspunkt rasch nach Osten dreht der Wind wieder eher auf Westsüdwest.
Dabei bleibt in der Mitte und nach Nordosten hin ordentlicher Gradient erhalten,
so dass es dort gebietsweise steife Böen geben kann, auch stürmische Böen sind
nicht ausgeschlossen. Während sich in den Alpen der Wind beruhigt, spürt man im
Norden schon wieder die Annäherung der Frontalzone in Form von schweren
Sturmböen auf dem Brocken. Die Kaltfront des Tiefs schleift über das
nordwestliche Polen, so dass deren Regenfälle (auf der warmen Seite) sich über
den Nordosten des Landes ziehen, wobei die Summen recht gering sind. Ins
restliche Land werden von Westen viele Wolken hereingesteuert, so dass es
vielfach kaum Wolkenlücken gibt. Lediglich im äußersten Süden deuten sich eine
wolkenfreie Zone an, so dass vom Südschwarzwald bis zum Chiemsee die Sonne
langanhaltend scheinen kann. In der überall wieder sich durchsetzenden milden
Luftmasse (0 bis +4°C in 850 hPa) und bei etwas Durchmischung wird es sehr mild
mit Höchstwerten zwischen 8 und 12°C, nur im oberen Bergland bleibt es kälter.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich die Höhenantizyklone weiter nach Osten
und erreicht den Golf von Genua. Damit steht der Süden Deutschlands weiterhin
unter Hochdruckeinfluss. Im Norden nimmt der Druckgradient dagegen etwas ab, so
dass allenfalls vereinzelt noch steife Böen auftreten können. Zudem schleift im
Norden noch die Kaltfront entlang, bringt aber allenfalls leichten Regen.
Allerdings überwiegt von Norden bis zur Mitte weiterhin dichte Bewölkung, so
dass die Nacht auch vielfach frostfrei verläuft mit Tiefstwerten zwischen 8 und
3°C. Nur im Süden kann es größere Auflockerungen geben, dort wird es dann auch
kälter und vor allem über Schnee gibt es dort auch Frost. Zudem kann sich auch
gebietsweise Nebel bilden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Auf der synoptischen Skala sind sich die vorliegenden Modelle sehr einig. Es
fällt aber auf, dass IFS sowohl heute im Nordwesten als auch morgen in der
Nordosthälfte Deutschlands deutlich stärkere Windböen zeigt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann