DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-02-2022 09:30
SXEU31 DWAV 040800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 04.02.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NWz
Heute mit Kaltfrontpassage teils stürmisch. Am Samstag vorübergehend leichte
Wetterberuhigung, am Sonntag dann "volles Programm "mit Dauerregen, markanten
Schneefällen im Bergland, Gewittern und Sturm.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... befindet sich Deutschland auf der Rückseite eines Rückens, dessen
Achse heute Morgen vom zentralen Mittelmeer über Polen und dem Baltikum bis nach
Finnland reicht. Über dem Nordostatlantik nähert sich dagegen ein Trog, dessen
Drehzentrum östlich von Island liegt und dessen Achse sich bis nach Irland und
bis zur Biskaya erstreckt. Im Tagesverlauf kommt dieser Trog nach Osten voran,
sodass das Drehzentrum gen Norwegische See strebt und sich die Achse bis in die
Nordsee, Benelux und Ostfrankreich verlagert. Das zugehörige, bereits
achsensenkrecht darunterliegende Bodentief QUEENA mit einem Kerndruck von
derzeit 955 hPa hat seinen Höhepunkt somit schon überschritten.
Im Warmsektor des Tiefs herrscht in Deutschland zunächst ruhiges Wetter, WLA hat
aber für viele Wolken gesorgt, die hier und da ein wenig Sprühregen bringen. Am
Nachmittag überquert dann allerdings die Kaltfront von Nordwesten her
Deutschland. Sie interagiert mit dem recht scharfen Trog (kräftige PVA) und
zeigt dabei leichte Verwellungstendenzen. Die Labilität ist an der Kaltfront
nicht besonders ausgeprägt, südlich des über Norddeutschland hinwegwandernde
Scheitelpunkts zeigt sich direkt hinter der Kaltfront jedoch ein schmales
Sturmfeld. Dieses rührt aus einer Druckanstiegswelle, wobei an der Front selber
ein starker Windsprung auszumachen ist.
Bei der Stärke des Windes simulieren die Modelle und Ensembles recht einheitlich
für ein bis drei Stunden stürmische Böen bis exponiert Sturmböen (Bft 8 bis 9)
direkt hinter der Front, schwere Sturmböen (Bft 10) werden meist nur für das
höhere Bergland angezeigt. Die Kaltfront erreicht bis abends eine Linie Lübecker
Bucht - Hamburg - Ostwestfalen - Eifel, der Scheitelpunkt liegt dann etwa über
Hamburg. Südlich davon ist der Wind am stärksten, nördlich davon reicht es meist
nur starke Böen Bft 7 bzw. exponiert für stürmische Böen Bft 8.
Mit der Kaltfront kommen außerdem Regenfälle auf, die ebenfalls etwa 1 bis 3
Stunden anhalten, 1 bis 8 l/qm bringen und an der Kaltfront kurzzeitig kräftig
sein können. Das arbeitet insbesondere ICON-D2 durch eine schöne Linie in den
Pseudoreflektivitäten gut heraus. Gewitter sind aufgrund mangelnder Labilität
eher nicht zu erwarten, zudem reicht die Labilität vermutlich nicht aus, um die
kräftigen Höhenwinde mit zum Teil 40 bis 50 Knoten in 850 hPa herunterzumischen.
Scherung ist allerdings reichlich vorhanden, sowohl ganz unten zwischen 0 und 1
km als auch weiter höher zwischen 0 und 6 km. So kann eine stärkere
Windentwicklung nicht ganz ausgeschlossen werden.
Die Temperaturen steigen auf 6 bis 11 Grad.

In der Nacht zum Samstag überquert der Trog rasch Deutschland, was der Kaltfront
einen Schub verleiht und sie rasch nach Osten und Südosten vorankommt. Morgens
zieht sie bereits nach Osten und Südosten heraus.
Die Windentwicklung bleibt südlich des über Mecklenburg-Vorpommern nach Osten
wandernden Scheitelpunkts ähnlich kräftig wie am Tage, folglich sind weiterhin
stürmische Böen bzw. exponiert Sturmböen zu erwarten. Ganz im Süden ist die
Windentwicklung etwas schwächer ausgeprägt, sodass dort nur mit starken Böen
bzw. exponiert mit stürmischen Böen gerechnet werden muss. Schwere Sturmböen
sind erneut meist auf die höheren Lagen beschränkt, weiter unten aber nicht ganz
auszuschließen. Hinter der Druckanstiegswelle lässt der Wind rasch wieder nach.
Die ein- bis dreistündigen Niederschlägen mit Pseudoreflektivitätsmaximum
verlagern sich mit der Front bei ähnlichen Niederschlagsmengen wie am Tage (1
bis 8 l/qm) ebenfalls nach Süden und Osten. Die Schneefallgrenze liegt
präfrontal bei 600 m im Norden und 1000 m im Süden, sinkt postfrontal aber rasch
bis in tiefe Lagen. Da die Niederschläge jedoch alsbald nachlassen, wird es
keine größeren Schneeakkumulationen geben. Am ehesten reicht es an den Alpen
durch Staueffekte für ein paar Zentimeter. Zudem ziehen mit dem Trog im Norden
Schauer auf, die bei zunehmender Labilität lokal gewittrig und von Graupel oder
Schnee begleitet sein können. Darüber hinaus können starke bzw. exponiert
stürmische Böen bei den Schauern dabei sein. An der Nordsee treten auch
außerhalb der Schauer durch den Gradienten stürmische Böen auf.
Die Temperaturen sinken mit einfließender erwärmter Subpolarluft vor allem im
Bergland und zum Teil auch im Süden unter den Gefrierpunkt, womit gebietsweise
Glätte durch Überfrieren eingeplant werden muss. Das gilt insbesondere für
Gebiete mit größeren Auflockerungen, die hinter der Front einsetzen können.

Samstag... verlässt der Trog uns nach Osten hin, ihm folgt ein flacher Rücken.
Damit lassen die Niederschläge in der Mitte und im Süden größtenteils nach und
die Wolken lockern gelegentlich auf. Nach Süden hin ist längerer Sonnenschein
möglich. Dafür sorgt ein Keil des Azorenhochs, der sich mithilfe des Rückens
nach Süddeutschland vorarbeiten kann. Im Norden sind die Wolken dagegen durch
aufkommende WLA dichter und vor allem zur Küste hin reicht die Labilität
zunächst noch für weitere Schauer, bevor diese dort nachmittags seltener werden
(NVA des Rückens kompensiert die WLA).
Durch den Druckanstieg im Süden wird der Gradient im Norden allerdings
verschärft, sodass dort eine Windzunahme erfolgt. So werden in der Nordhälfte
recht verbreitet starke Böen simuliert, an der See und im Bergland stürmische
Böen oder exponiert Sturmböen aus Südwest. In Kamm- und Gipfellagen können
schwere Sturmböen oder vereinzelt orkanartige Böen vorkommen. Im Süden gibt es
meist nur auf den höheren Bergen stürmische Böen.
Die Höchsttemperaturen liegen zwischen 4 und 10 Grad.

In der Nacht zum Sonntag steuert der nächste Trog von Grönland und Island auf
die Nordsee zu, wobei der flache Rücken rasch nach Osten abgedrängt wird. Mit
dem neuen Trog erreicht das neue Tief ROXANA die Norwegische See. Das
okkludierende Frontensystem bewegt sich von Nordwesten nach Deutschland und
zieht mit Niederschlägen bis morgens bis in die Mitte und den Osten. Dabei
fallen bis zum Morgen 1 bis 10, lokal bis 15 l/qm. Die Schneefallgrenze liegt
zunächst bei 400 bis 600 m, sodass zentralen Bergland ein paar Zentimeter
Neuschnee fallen, im Harz werden auch etwas mehr als 5 cm von den Modellen
angeboten.
Mit Ankunft des Frontensystems nimmt der Gradient wieder deutlich zu, was außer
im Süden verbreitet zu starken und vereinzelt zu stürmischen Böen führt. Im
Bergland und an der See sind Sturmböen, im höheren Bergland schwere Sturmböen
und exponiert dort orkanartige Böen mit von der Partie.
Präfrontal bleibt es im Süden noch trocken mit vereinzelten Auflockerungen, was
gebietsweise leichten Frost bringt. Das gilt auch für das Bergland in der Mitte.
Dort kann lokal neben Schneeglätte Glätte durch gefrierenden Regen nicht ganz
ausgeschlossen werden.
Ansonsten gehen die Temperaturen auf 5 bis 1 Grad.

Sonntag... amplifiziert der Trog auf dem weiteren Weg nach Osten über Benelux
und sorgt für eine Verwellung der über der Mitte angekommenen Kaltfront des
Tiefs ROXANA mit Zentrum abends über Nord-Schweden.
Durch diese Entwicklung verschärft sich der Gradient südlich des Scheitelpunkts
noch einmal. Dieser zieht über die nördliche Mitte hinweg gen Osten. Das
entsprechende Sturmfeld bringt in der Mitte und im Süden Sturmböen, vereinzelt
werden sogar schwere Sturmböen bis ins Tiefland berechnet. In den Bergen ist
wieder von schweren Sturmböen bzw. exponiert orkanartigen Böen bis Orkanböen
ganz oben auszugehen. Nördlich des Scheitelpunkts ist der Gradient weicher, dort
reicht es höchstens vereinzelt zu starken Böen. An der Küste treten diese aber
häufiger auf, an der Nordsee sind zudem stürmische Böen möglich.
Durch die Verwellung ist die Niederschlagsneigung hoch. 24-stündig werden bis
Montagmorgen verbreitet 5 bis 15 l/qm simuliert, in Staulagen des Berglandes 20
bis 40 l/qm. Entsprechend sind die Wahrscheinlichkeiten für mehr als 30 l/qm in
24 Stunden dort hoch, lokal gibt es auch für mehr als 50 l/qm Signale.
Allerdings stellt sich die Frage nach der Phase des Niederschlags. Die
Schneefallgrenze steigt vorübergehend meist auf 600 m, im Westen zum Teil auf
über 1000 m. So werden tagsüber im östlichen und südlichen Bergland 1 bis 5,
lokal um 10 cm Neuschnee in 12 Stunden prognostiziert. Im Bayrischen Wald kann
es bis zu 15 cm Neuschnee geben. Unterhalb der Schneefallgrenze kommt in den
Staulagen das Thema Dauerregen auf die Agenda.
Die Temperaturen steigen auf 4 bis 11 Grad.

In der Nacht zum Montag amplifiziert der Trog weiter und legt sich über
Deutschland. Die wellende Front wird damit nach Süden herausgedrückt, bringt
aber weitere Niederschläge vor allem im Süden und Südosten, an den Alpen treten
zusätzlich Staueffekte auf.
Die Schneefallgrenze sinkt im Laufe der Nacht von Norden her ab, sodass es im
Bergland weiteren Neuschnee gibt. Dabei werden aber meist nur wenige Zentimeter,
im Bayerischen Wald um 10 cm und an den Alpen 10 bis 20 cm Neuschnee gerechnet.
Im Berchtesgadener Land werden zum Teil über 30 cm von den Modellen angeboten.
Der Wind schwächt sich mit Verlagerung des Wellenscheitels nach Osten und des
Frontensystems nach Süden nur langsam ab. Weiterhin kommt es in der Mitte und im
Süden zu starken bis stürmischen Böen, nach Süden hin teils auch noch zu
Sturmböen. Im Bergland reicht die Palette weiterhin bis zu Orkanböen auf den
höchsten Gipfeln. Im Norden sind vornehmlich an der See starke, an der Nordsee
stürmische Böen zu erwarten.
Darüber hinaus gehen die Niederschläge von Norden her durch Labilisierung des
Troges in Schauer, lokal auch in kurze Gewitter über, die wiederum teils mit
Graupel oder Schnee vermischt sind. Etwas schwächer ist die Niederschlagsneigung
im Lee des Skandinavischen Gebirges in Nordostdeutschland.
Die Temperaturen sinken auf 4 bis -1 Grad, sodass insbesondere bei größeren
Auflockerungen Glätte durch Überfrieren denkbar ist.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle sind sich ziemlich einig bezüglich des heutigen Kaltfrontdurchgangs.
So kann mit ersten Ocker-Windwarnungen im Westen bereits begonnen werden. Beim
Anbau der Ockerwarnungen nach Osten hin soll die Möglichkeit der Nachjustierung
zunächst noch offen gehalten werden, eine Ausgabe erfolgt aber spätestens am
Nachmittag.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler