DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-02-2022 18:30
SXEU31 DWAV 031800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 03.02.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ab Freitagmittag von Nordwest nach Südost markante Kaltfrontpassage mit Böen Bft
8 bis 9, auf den Bergen 10 bis 11.
Am Samstag an der See und im Mittelgebirgsraum, exponiert auch im Osten,
stürmische Böen, auf den Bergen Sturmböen.
Am Sonntag erneut Windzunahme und recht verbreitet stürmische Böen, exponiert
Sturmböen. Auf exponierten Bergen Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... In der Nacht zum Freitag verbleibt Deutschland im breiten
Warmsektor des Sturmtiefs südöstlich von Island in einer mäßigen westlichen
Höhenströmung, in der ein schwacher Kurzwellentrog abläuft. Gelegentlich kann es
aus tiefer Bewölkung vor allem im Mittelgebirgsbereich ein wenig Regen oder
Sprühregen geben.

Ausgangs der Nacht legt der Wind im Nordwesten mit Annäherung der Kaltfront
allmählich wieder zu. An der Nordsee kann es dann erste steife Windböen aus
Südwest geben. Auf dem Brocken sind in der Frühe 8er bis 9er Böen möglich.

Ganz im Süden lockert die Bewölkung auf und im Bergland sowie zu den Alpen hin
ist leichter, lokal (längeres Aufklaren + Schneedecke) mäßiger Frost zu
erwarten. Im großen Rest des Landes bleibt es bei überwiegend geschlossener
Wolkendecke in mittleren und tiefen Lagen frostfrei.

Freitag ... greift die Kaltfront des zum südlichen Nordmeer ziehenden Tiefs
mittags auf den Nordseeküstenbereich über und erreicht bis 18 UTC eine Linie
Westpfalz-Lübecker Bucht. Der zur Kaltfront gehörende scharfe Kurzwellentrog
erreicht mit seiner Achse dann Holland und Ostfrankreich. Man erkennt an der
Front bis etwa 925 hPa hochreichend einen markanten Windsprung von Südwest auf
Nordwest und Höhenwind von 40 bis 45 kn in dieser Höhenlage.

Die Kaltfront zeichnet sich durch ein Band mit erhöhter spez. Feuchte aus und
auch ein wenig Labilität lässt sich im unteren Troposphärenbereich finden. Mit
dem postfrontal liegenden Niederschlag (Temperaturrückgang auf 2 Grad) und
vorderseitig Werten nahe 10 Grad ergibt sich zudem ein ordentlicher horizontaler
Temperaturgradient.

Damit ist eine recht kräftige Kaltfrontpassage zu erwarten, die sich auch in den
Pseudoreflektivitäten als scharfes Maximum abzeichnet. Derzeit simulieren die
Modelle an der Front und knapp rückseitig stürmischen Böen und auch einzelne
Sturmböen. Die Höhenwinde geben zudem auch die Möglichkeit von schweren
Sturmböen her, die durchaus mit eingeplant werden müssen (s. u.). Bis 21 UTC
beschleunigt sich die Front und erreicht dann eine Linie Alb-Usedom.
Entsprechend muss bis zu diesem Streifen mit Böen Bft 8 bis 9 gerechnet werden.

Betroffen von der stärksten Entwicklung ist zunächst der Nordwesten und Westen
und in der Nacht dann auch die Mitte/Osten und der Süden. Etwas weniger intensiv
(da fehlende Dynamik, siehe vorher) dürften der Norden und Nordosten sein.

Postfrontal sinkt die Schneefallgrenze auf etwa 500 bis 300 m. Die Niederschläge
lassen aber bald nach, sodass insgesamt nur wenig Neuschnee im höheren Bergland
zu erwarten sind.

In der Nacht zum Samstag erfasst die Kaltfront auch den Süden Deutschlands mit
dem bereits diskutierten Böenpotential und postfrontal sinkender
Schneefallgrenze. Der dahinter nachfolgende scharfe Kurwellentrog, der sich im
Norden regeneriert, überquert mit seiner Achse den Norden Deutschlands von West
nach Ost. Im Trogbereich liegen Temperaturen in 500 hPa -36 bis
-38 Grad mit entsprechend hoher Labilität. Folglich muss in der Nordhälfte mit
Schauern, vor allem in Küstennähe auch einzelnen kurzen Gewittern gerechnet
werden. In den Staulagen der Mittelgebirge sind damit ein paar Zentimeter
Neuschnee möglich, im Harz und im Rothaargebirge lokal auch 5 bis 9 cm.
In stärkeren Schauern können sich im Nordwesten auch in tiefen Lagen Graupel und
ein paar nasse Schneeflocken mischen, kurzzeitige Glätte nicht ausgeschlossen.
Mit den Schauern sind am Nordrand der Mittelgebirge und an der See steife, an
exponierten Küstenabschnitten auch stürmische Böen möglich.

An den Alpen schneit es staubedingt oberhalb von 600 bis 800 m noch längere
Zeit. Dort können 3 bis 10 cm fallen, im Allgäu vielleicht auch etwas mehr
Schnee. Frost gibt es allgemein in mittleren und höheren Lagen. In tiefen Lagen
kann es infolge von Auflockerungen zumindest bodennah mal vorübergehend in den
leichten Frostbereich gehen.

Samstag ... Anfangs liegt der Osten und Nordosten noch im Randbereich des
Höhentroges, der aber rasch über Polen nach Weißrussland abzieht. Es folgt von
Westen ein flacher Höhenrücken, der bereits um 18 UTC über dem Westen und Norden
berechnet wird. Dieser Höhenkeil stützt den Azorenhochkeil, der sich bis zum
nordwestlichen Balkan ausdehnt und zum Abend eine Hochdruckbrücke über dem Süden
Deutschlands bildet mit Achse am Alpenrand. Insgesamt bleiben wir aber in der
von Westen einströmenden, in untersten Schichten erwärmten subpolaren Meeresluft
mit 850-hPa-Temperaturen zwischen -5 und -7 Grad. Erst gegen Abend wird es ganz
im Westen in dieser Höhenlage bereits etwas milder. In höheren Schichten setzt
sich aber vor allem im Norden und in der Mitte Warmluftadvektion durch, wobei
die entstehende Hebung aber überwiegend durch negative Vorticityadvektion
kompensiert wird. Letztlich dürfte aber im Nordwesten am Nachmittag bereits
Cirrostratusbewölkung aufziehen. Im Norden und im Osten entwickeln sich unter
einer Absinkinversion einzelne schwache Schauer, oberhalb 300 m meist als
Schnee. Im Süden und Westen ist es meist trocken und den meisten Sonnenschein
gibt es im Alpenraum.
Bei guter Durchmischung liegen die Höchstwerte zwischen 5 Grad im Vogtland und 8
Grad im Rheinland, am Oberrhein bis 9 Grad. In Hochlagen der Mittelgebirge
schwankt das Quecksilber bei um 0 Grad.
Der Druckanstieg in Süddeutschland verstärkt im Norden und Osten den Gradienten
und so treten dort verbreitet steife Windböen auf, exponiert sind stürmische
Böen möglich (vor allem an der See).

In der Nacht zum Sonntag kommen wir auf die Vorderseite eines breiten
atlantischen Höhentroges. Damit greift der teilokkludierte Tiefausläufer eines
Sturmtiefs über dem südlichen Nordmeer vor Norwegen. So fängt es im Westen und
Norden, später auch in der Mitte an zu regnen. Oberhalb von 500 bis 600 m fällt
zumindest anfangs nasser Schnee. Nach Südosten hin ist es noch trocken und
örtlich gibt es leichten Frost. Mit Übergreifen des Frontensystems frischt der
Wind kräftig auf mit stürmischen Böen bis in den Mittelgebirgsraum.

Sonntag ... greift der breiter Höhentrog unter Verkürzung seiner Wellenlänge
voll auf Mitteleuropa über, wobei seine Achse um 18 UTC bereits über Deutschland
simuliert wird. Das zugehörige Frontensystem verlagert sich vom Norden und
Westen Deutschlands bis zum Abend nach Süddeutschland. Dabei kommt es zeitweise
zu Regen, in den Mittelgebirgen oberhalb 800 bis 900 m, im Osten anfangs
oberhalb 600 m als Schnee. In der Südhälfte steigt die Schneefallgrenze
vorübergehend auf 1000 bis 1400 m an, sinkt abends aber von Norden wieder ab.
Die Niederschlagsmengen liegen meist zwischen 4 und 15 l/qm in 12 Stunden und in
den Weststaulagen erreichen Sie örtlich 20 bis knapp über 30 l/qm, was punktuell
Dauerregen bedeuten würde. Im Südosten kommt der Niederschlag erst nachmittags
und abends an, und am östlichen Alpenrand könnte es sogar trocken bleiben
(ICON). Im Norden und Nordwesten findet am Nachmittag der Übergang zu
wechselnder Bewölkung statt mit Regen und Graupelschauern. Abends ist an der
Nordsee auch mal ein Gewitter möglich. Vor allem am Vormittag und bis in den
frühen Nachmittag hinein gibt es besonders im Vorfeld der okkludierenden Front
einen starken Gradienten, so dass recht verbreitet stürmische Böen und einzelne
Sturmböen simuliert werden. Lediglich in einigen Gebieten im Nordosten könnte es
bei 7er Böen bleiben. Auf den Bergen sind teils schwere Sturmböen, exponiert
orkanartige Böen möglich.

Die Höchsttemperaturen liegen zwischen 5 Grad im Vogtland und 9 Grad im
Nordwesten, am Rhein örtlich bis 10 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren bis Samstag recht einheitlich.

Was den Sturm morgen angeht so zeigt ICON-D2-EPS recht hohe Wahrscheinlichkeiten
für stürmische Böen und einzelne Sturmböen bei Frontdurchgang bzw. knapp
dahinter. Schwere Sturmböen sind danach in tiefen Lagen sehr unwahrscheinlich,
während auf exponierten Gipfeln auch 11er Böen möglich sind.

Am Sonntag sind nach ICON-EU-EPS und IFS-EPS die Wahrscheinlichkeiten für Böen
Bft 8 recht verbreitet erhöht, nur im Nordosten nicht. Böen Bft 9 sind im
Mittelgebirgsraum und an der See möglich.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden