DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-02-2022 09:01
SXEU31 DWAV 020800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 02.02.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL Übergang NWz zu Wz
Heute im Osten, an der See und im höheren Sturmböen. An den Alpen weiter
ergiebige Schneefälle. Nachfolgend im Warmsektor deutlich ansteigende
Schneefallgrenze und Wetterberuhigung. Am Freitag und in der Nacht auf Samstag
markante Kaltfront mit (schweren) Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich Deutschland weiterhin zwischen einem Höhenrücken über
Südwesteuropa und einem bis ins östliche Mittelmeerraum amplifizierten Trog in
einer kräftigen nordwestlichen Höhenströmung. Damit gelangt zunächst noch
erwärmte maritime Polarluft vom nördlichen Ostatlantik in den Vorhersageraum.

Mit der lebhaften nordwestlichen Strömung werden in der ersten Tageshälfte
weiter Schauer landeinwärts geführt, die sich vor allem in den Staulagen noch
nennenswerte Niederschläge bringen. Die Schneefallgrenze liegt dabei in den
westlichen Mittelgebirgen zunächst bei etwa 600 m und steigt im Tagesverlauf wie
im Schwarzwald auf über 1000 m an. In den östlichen Mittelgebirgen liegt sie
hingegen noch niedriger bei 400 bis 600 m, wobei nur in Lagen darüber noch etwas
Neuschnee hinzukommt. In höheren Lagen des Erzgebirges sind das 2 bis 7 cm,
vereinzelt auch nochmal bis 10 cm.

Deutlich höher fallen die Mengen im Alpenstau aus. Dort steigt zwar auch die
Schneefallgrenze am Nachmittag an, oberhalb von 1000 m können sich aber noch 10
bis 20, vereinzelt um 30 cm an Neuschnee akkumulieren

Neben den Schneefällen ist der Wind ein Thema. Der Luftdruckgegensatz ist
weiterhin recht stattlich und vor allem in den östlichen Landesteilen ist die
Schichtung mit der Nähe der Höhenkaltluft auch noch recht labil. Die 925 hPa
Winde liegen am Vormittag noch um 45 kn und lassen erst im Nachmittagsverlauf
spürbar nach. Folglich kann es vornehmlich in der Osthälfte und im Norden
weiterhin starke bis stürmische Böen geben. Die größten Chancen auf markante
Böen werden von den Ensembles für den Bereich nördlich von Thüringer Wald und
Erzgebirge bis in den Berliner Raum gebracht. In Verbindung mit stärkeren
Schauern können durchaus auch noch einzelne Sturmböen auftreten (wie auch die
Erfahrung von gestern und der vergangenen Nacht zeigt).

Im Laufe des Nachmittags sollte das Böenpotential mit abnehmender Labilität und
nachlassenden Höhenwinden von Westen her immer kleiner werden und spätestens zum
Abend gibt es warnrelevante Böen dann nur noch im höheren Bergland. Im Westen
und Südwesten beschränken sich warnwürdige Böen schon am Vormittag nur noch auf
das Bergland. In höheren Lagen, wie auch an den Küsten gibt es allgemein
stürmische Böen und Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen oder orkanartige
Böen.
In den Alpen besteht zunächst weiter Unwettergefahr als Kombination aus den
großen Schneemengen und Sturmböen. Am Nachmittag dürfte die Unwettergefahr durch
starke Schneeverwehung sich aber allmählich in den markanten Bereich
abschwächen.

Am freundlichsten mit zeitweiligen Sonnenschein wird der Tag wieder dort, wo man
vom Skandilee profitieren kann, also insbesondere in Schleswig-Holstein
ausgreifend bis in die Leipziger Tieflandbucht.

Im Laufe des Nachmittags nähert sich von Westen allmählich der westeuropäische
Rücken, sodass auch am Boden der Luftdruck weiter ansteigt. Entsprechend gibt es
dann in der Westhälfte nur noch wenige Niederschläge. Allerdings wird der sich
abflachende Rücken bereits von kräftiger WLA überlaufen. Am späteren Nachmittag
erreichen Aufgleitniederschläge den Südwesten Deutschlands.

In der Nacht auf Donnerstag kommt der von kräftiger WLA überlaufene und weiter
abgeflachte Rücken weiter nach Deutschland voran. Die daran gekoppelte Warmfront
gehört zu einem Tief bei Island. Bis zum Morgen erreicht diese die Mitte des
Landes. Damit kommt auch das Niederschlagsband von Südwesten und Westen bis in
die mittleren Landesteile voran und erstreckt sich am Morgen etwa von der
Nordsee bis ins Berchtesgadener Land. Aufgrund der in der Höhe weiterhin
vorherrschenden nordwestlichen Höhenströmung fallen die Niederschläge am
Alpenrand am kräftigsten aus.

Dabei steigt die Schneefallgrenze im Laufe der Nacht von Westen her weiter an
und liegt dann am Morgen auch in den Alpen bereits oberhalb von 1000 m.
Nennenswerter Neuschnee ist damit allgemein eigentlich nur noch oberhalb von
etwa 1500 m zu erwarten (bestimmte Alpentäler mal ausgenommen). Dort kann es mit
dem Aufgleiten aber nochmal 5 bis 15 cm, vereinzelt auch um 25 cm Neuschnee
geben. In tieferen Lagen setzt hingegen Tauwetter ein, dass im Schwarzwald dann
bereits die Gipfellagen erfasst.

In Verbindung mit dem fallenden Niederschlag kommt dann einiges an
abflussrelevantem Flüssigwasser zusammen, allerdings werden markante
Warnschwellen allenfalls punktuell an den Alpen erreicht. Für eine Warnung ist
dies allerdings zu wenig, zumal nachfolgend der fallende Niederschlag wieder
rasch nachlassen wird.

Noch trocken bleibt es in den östlichen Landesteilen. Dort kann die Wolkendecke
zwischen den wenigen übrig gebliebenen Schauern auch mal stärker auflockern.
Entsprechend gehen dort die Tiefstwerte zumindest zeitweise in den Bereich um
den Gefrierpunkt zurück und MOS simuliert recht verbreitet leichten Bodenfrost.
Dies wird auch dadurch begünstigt, dass der Wind weiter nachlässt. Nicht
ausgeschlossen, dass auch die Beläge mal nahe des Frostbereiches sinken - Metro
deutet das zumindest an. Es bleibt also im Auge zu behalten ob für die
betroffenen Regionen eine Glättewarnung vor überfrierender Nässe notwendig ist.

Der Wind ist wie gesagt vielfach nicht mehr relevant. Einzig in den höchsten
Berglagen der östlichen Mittelgebirge kann es zunächst noch stürmische Böen und
exponiert Sturmböen geben, weiter nachlassend.


Donnerstag... beginnt die auf West drehende Höhenströmung deutlich zu
zonalisieren. Die Warmfront erreicht den Osten des Landes und zieht im Laufe des
Nachmittags nach Polen ab. Ganz Deutschland gelangt nun in den breiten
Warmsektor des zum Nordmeer gezogenen Bodentiefs. Die Aufgleitniederschläge
verlagern sich von der Mitte in den Osten des Landes und erreichen am Nachmittag
auch die Oder-Neiße Region. Die größten Mengen fallen dabei im Norden und
Nordosten, während sich im Süden der antizyklonale Einfluss verstärkt und im
Laufe des Tages kaum noch Niederschlag fällt. An den Alpen und im Südschwarzwald
kann sich sogar immer häufiger die Sonne zeigen.

Die Nullgradgrenze steigt überall auf über 1000 m, im Süden mit dem
Warmluftschub auch über 2000 m. Damit intensiviert sich an den Alpen und im
Schwarzwald das Tauwetter noch, bleiben aber weiter unter den Warnschwellen, da
kein Niederschlag mehr fällt.

Wind spielt abgesehen von ein paar exponierten Hochlagen zunächst keine Rolle.
Die Höchstwerte können im Süden und in den westdeutschen Flussniederungen die 10
Grad Marke erreichen.

In der Nacht auf Freitag verbleibt Deutschland im breiten Warmsektor in einer
aufgeweichten westlichen Höhenströmung. Gelegentlich kann es im
Mittelgebirgsbereich ein wenig unergiebig regnen oder sprühregnen. Sonst bleibt
es bei einem vielfach bedeckten Himmel aber auch häufig trocken.

Ausgangs der Nacht legt der Wind im Nordwesten allmählich wieder zu. An der
Nordsee kann es dann erste Windböen aus Südwest geben.


Freitag... nähert sich von Nordwesten allmählich die Kaltfront, die in den
Mittagsstunden das Emsland erreicht und bis zum Abend etwa bis zur Mitte
vorankommt. Die Kaltfront wird flankiert von einem scharfen Kurzwellentrog und
sieht im Erscheinungsbild sehr ruppig aus. Man erkennt bis etwa 925 hPa
hochreichend einen markanten Windsprung von Südwest auf Nordwest und Höhenwind
von 40 bis 50 kn. Zudem liegen der Nordwesten und später Westen Deutschlands in
einem hebungsbegünstigten linken Jetausgangsbereich in 500 hPa.

Die Kaltfront zeichnet sich durch ein Band mit erhöhter spez. Feuchte aus und
auch ein wenig Labilität lässt sich im unteren Troposphärenbereich finden. Mit
dem postfrontal liegenden Niederschlag (Temperaturrückgang auf 2 Grad) und
vorderseitig Werten zum Teil um 10 Grad ergibt sich zudem ein ordentlicher
horizontaler Temperaturgradient.

Kurzum ist eine ziemlich deftige Passage der Kaltfront zu erwarten, die sich
auch in den Pseudoreflektivitäten als scharfes Maximum abzeichnet. Zwar
reagieren die Modelle in der Böenprognose bisher noch recht zurückhaltend
darauf. Es ist doch aber davon auszugehen, das neben stürmischen Böen auch
Sturmböen bei der KF-Passage recht verbreitet zu beobachten sein werden. Die
Höhenwinde geben zudem auch die Möglichkeit von schweren Sturmböen her, die
durchaus mit eingeplant werden müssen. Gerade an Bruchstellen des konvektiven
Bandes wären diese nicht unwahrscheinlich.

Betroffen von der stärksten Entwicklung ist zunächst der Nordwesten und Westen
und in der Nacht dann auch die Mitte/Osten und der Süden. Etwas weniger intensiv
(da fehlende Dynamik, siehe vorher) dürften der Norden und Nordosten sein.

Postfrontal sinkt die Schneefallgrenze auf etwa 500 m. Die Niederschläge lassen
aber bald nach, sodass insgesamt nur wenig Neuschnee im höheren Bergland zu
erwarten ist.

In der Nacht auf Samstag erfasst die Kaltfront wie angesprochen die Mitte und
schließlich den Süden Deutschlands mit dem bereits diskutierten Böenpotential
und postfrontal sinkender Schneefallgrenze. Der dahinter nachfolgende scharfe
Kurwellentrog überquert mit seiner Achse den Norden Deutschlands von West nach
Ost. Im Trogbereich liegen Werte in 500 hPa teils bei -36 bis -38 Grad mit
entsprechend hoher Labilität. Folglich muss in der Nordhälfte mit Schauern, in
Küstennähe auch einzelnen kurzen Gewittern gerechnet werden. In den Staulagen
der Mittelgebirge sind damit ein paar Zentimeter Neuschnee möglich.
In stärkeren Schauern können sich im Nordwesten auch in tiefen Lagen Graupel und
ein paar nasse Schneeflocken mischen, Glätte sollte damit aber nicht verbunden
sein.

An den Alpen schneit es staubedingt oberhalb von 600 bis 800 m noch längere
Zeit. Dort können 5 bis 10 cm, im Allgäu örtlich auch mal um 20 cm in 12 h
fallen. Frost gibt es allgemein in mittleren und höheren Lagen. In tiefen Lagen
kann es infolge von Auflockerungen zumindest bodennah mal vorübergehend in den
leichten Frostbereich gehen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle zeigen die kurzfristige Entwicklung in guter Übereinstimmung ohne
größere Unsicherheiten. Unsicher ist noch die genaue Ausprägung des
Windpotentials bei Kaltfrontpassage. Dieses wird von den Modellen bisher noch
recht zurückhaltend simuliert, könnte aber durchaus stärker ausfallen. Siehe
dazu auch die Diskussion im Haupttext.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer