DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-01-2022 19:01
SXEU31 DWAV 301800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 30.01.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Montag in Lagen ab 200 bis 400 m aufkommender Schneefall. Dabei oberhalb 600
m teils 5 bis 10 cm Neuschnee in 6 Stunden (in exponierten Staulagen auch mehr).
Im Alpenraum Neuschneemengen bis Mittwochmittag zwischen 30 und über 60 cm
(Unwetter).
Oberhalb 800 m Schneeverwehungen.
In der Südwesthälfte steife bis stürmische Böen, vereinzelt Sturmböen. Auf den
Bergen Böen Bft 9 bis 11.
Am Dienstag und Mittwoch (nur Osten und Alpen) im Bergland oberhalb 500 bis 800
m weitere Schneefälle, im Südwesten Schneefallgrenze mitunter auf über 1000 m
ansteigend.
Am Dienstag vor allem an der Küste und im Bergland stürmische Böen, exponiert
Sturmböen. Am Mittwoch auch im Binnenland wieder verbreiteter Böen Bft 8.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... Deutschland liegt in der ersten Nachthälfte im Einflussbereich eines
von Südwesteuropa ausgehenden und über uns hinweg nach Südosten schwenkenden
Höhenkeiles unter Zwischenhocheinfluss. Bald greift aber WLA auf den Westen und
Nordwesten über und sorgt für Wolkenaufzug. Vorübergehend lockert sich die
Bewölkung aber auf und die Temperaturen können abgesehen vom äußersten Westen
und Nordwesten vor allem in Bodennähe in den Frostbereich sinken.
In der 2. Nachthälfte greift ein in die Nordwestströmung eingelagerter
Kurzwellentrog über, an den ein Tief gekoppelt ist, das von Schottland zur
äußeren Deutschen Bucht zieht. Sein Ausläufer greift auf den Westen und
Nordwesten über, so dass Niederschläge aufkommen, die anfangs bis in tiefere
Lagen als nasser Schnee oder Schneeregen fallen können. Oberhalb 200 bis 400 m
wird es aber vorübergehend glatt. In Lagen ab 600 m sind in der Eifel und im
Rothaargebirge Neuschneemengen um 5 cm möglich.
Im übrigen Deutschland passiert noch nicht viel, die Bewölkung verdichtet sich
aber.
Der Wind frischt im Westen und an der Nordsee bereits auf mit steifen, exponiert
mit stürmischen Böen. Auf den Bergen sind Sturmböen möglich.

Montag ... gelangt Deutschland in den Bereich des von der Nordsee
hereinschwenkenden und sich intensivierenden Troges, dessen Achse abends die
Alpen erreicht. Das zugehörige Bodentief zieht unter Auffüllung von
Nordwestdeutschland zum Erzgebirge (18 UTC). An dessen West- und Südflanke, d.h.
über dem Westen und Süden Deutschlands, treten Wind- und stürmische Böen und auf
den Bergen sowie im Alpenvorland Sturmböen bis Bft 9 auf. Exponiert sind schwere
Sturmböen, auf Alpengipfeln auch orkanartige Böen vorstellbar. Relativ
windschwach bleibt es dagegen im Kernbereich und nordöstlich der Zugbahn, d.h.
im Norden, Nordosten und größtenteils auch in der Mitte Deutschlands, wo in
tiefen Lagen keine warnrelevanten Böen auftreten sollten.
Hebungsprozesse, die aus Warmluftadvektion wie auch aus positiver
Vorticityadvektion resultieren, führen im Bergland oberhalb 600 bis 800 m zu
Schneefällen, in Staulagen können 10 bis 15, im Bayerischen Wald und im Allgäu
bis 20 cm Schnee innerhalb von 12 Stunden zusammenkommen. Im süddeutschen
Bergland und zunehmend auch an den Alpen besteht dabei oberhalb von 800 bis 1000
m, also in Höhenlagen, in denen der Schnee ausreichend trocken ist, die Gefahr
von (möglicherweise sogar unwetterartigen) Verwehungen. Im nördlichen, östlichen
und zentralen Bergland ist hierzu der Wind zu schwach.
Im Schwarzwald ist die Unwettergefahr nur vorübergehend gegeben, da in der
Folgezeit die Schneefallgrenze zeitweise auf mehr als 1000 m ansteigt. Für den
Alpenrand, wo dies nicht der Fall ist und die Schneefall- und Windsituation bis
in den Mittwoch hinein andauert, ergeben sich insgesamt Neuschneemengen über den
gesamten Zeitraum, d.h. bis in den Mittwoch hinein bis weit über 50 cm; in
Verbindung mit dem starken Wind ist eine Unwetterlage in Sicht (Vorabinformation
Unwetter läuft).
Bis zum Abend wird mit der weiteren Ostverlagerung dieses Tiefs und dessen
Auffüllung der Gradient bereits wieder auseinandergezogen, so dass im Westen und
Süden und dort vor allem im Alpenvorland (Leitplankeneffekt) in freien Lagen
noch Wind- und stürmische Böen und in höheren Berglagen Süddeutschlands sowie
über der Nordsee aufkommend Sturmböen Bft 8/9 auftreten können.
Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 3 und 8 Grad wird es nicht mehr so mild wie
bisher. Oberhalb etwa 800 m stellt sich leichter Dauerfrost ein.

In der Nacht zum Dienstag weitet sich der Trog über Italien hinweg nach Süden
aus, was über Deutschland eine nahezu nördliche Strömung zur Folge hat. Das
ergibt eine Stausituation mit Schneefällen vor allem an den Nordseiten der
Mittelgebirge und an den Alpen. Während es im Stau der Mittelgebirge aufgrund
der relativ trockenen Luftmasse nur für wenige, in den östlichen Mittelgebirgen
für örtlich etwas über 10 cm innerhalb von 12 Stunden reicht, kommen im
Schwarzwald 10 bis 15 und an den Alpen in Staulagen mehr als 20 cm Neuschnee
zustande. In Kamm- und Gipfellagen können nach wie vor Wind- und stürmische Böen
auftreten, so dass bei einer auf Höhenlagen zwischen 400 und 600 m absinkenden
Schneefallgrenze mit Verwehungen gerechnet werden muss. Diese können in den
Hochlagen des Schwarzwaldes und werden sehr wahrscheinlich an den Alpen
unwetterartigen Charakter annehmen.
Bei Tiefsttemperaturen zwischen +3 und -3 Grad besteht vermehrt Glättegefahr.
Frostfrei bleibt es dann weitgehend im Nordwesten sowie in tieferen Lagen West-
und Südwestdeutschlands.

Dienstag ... wird ein weiterer, in der Frontalzone eingelagerter Kurzwellentrog
südostwärts gesteuert, der jedoch schwächer ausgeprägt ist als der Trog und auch
weiter nördlich ansetzt, d.h. den Norden und Nordosten Deutschlands, erfasst.
Das zugehörige Bodentief wird bis zum Abend unter Intensivierung (bis etwa 985
hPa) etwa zur Südspitze Schwedens gesteuert. An dessen Südflanke erfolgt eine
erneute Gradientzunahme. Zunächst sind nur in höheren Berglagen Sturmböen Bft
8/9 zu erwarten. Etwa ab Mittag muss dann in weiten Teilen Deutschlands mit
steifen, exponiert mit stürmischen Böen gerechnet werden. Auf exponierten
Berggipfeln teils schwere Sturmböen auf. Bis zum Abend erfolgt im Nordwesten,
Westen und im Alpenvorland eine weitere Windzunahme bis hin zu Sturmböen. In
Kamm- und Gipfellagen besteht nach wie vor die Gefahr schwerer Sturmböen.

Als weitere Baustelle sind die Schneefälle zu betrachten. In den Früh- und
Vormittagsstunden liegt die Schneefallgrenze in den östlichen Mittelgebirgen und
im Südosten sowie an den Alpen noch bei 400 bis 600 m, so dass dort nach wie vor
zumindest an den Alpen die Gefahr von (starken, d.h. unwetterartigen)
Verwehungen besteht. Im westlichen Bergland steigt die Schneefallgrenze bereits
über die Gipfellagen hinaus an. Im Tagesverlauf erfolgt auch in den zentralen
Mittelgebirgen sowie im Schwarzwald ein Anstieg der Schneefallgrenze auf 1000 m
und im Erzgebirgsraum bis auf 600 bis 800 m. Im Bayerischen Wald und an den
Alpen schneit es zunächst noch bis in Lagen um 400 m, aber auch dort steigt die
Schneefallgrenze bis zum Abend auf 800 m. Dabei sind in den Hochlagen der
Mittelgebirge Nassschneefälle zu erwarten, die in den Staulagen um 10, im
Schwarzwald und an den Alpen auch 10 bis über 15 cm Neuschnee ergeben und in
Verbindung mit der weiter oben beschriebenen Windsituation zu Schneebruch
führen. Im Schwarzwald gehen gegen Abend bis in Gipfellagen die Niederschläge in
Regen über.
Die Tagestemperatur liegt weiterhin zwischen 3 und 8 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch läuft der zunächst über dem Norden Deutschlands
liegende Kurzwellentrog in den nunmehr nach Südosteuropa reichenden
Langwellentrog hinein und regeneriert diesen. Das korrespondierende Bodentief
wird dann nach Ostpolen gesteuert und beginnt sich aufzufüllen. Da dieser
Prozess nur sehr zögernd vonstattengeht, sind bis weit in die erste Nachthälfte
hinein abgesehen von tieferen Lagen West- und Südwestdeutschlands verbreitet
Windböen Bft 7, in Teilen der Mitte sowie im Alpenvorland stürmische Böen, an
der See und im Bergland Sturmböen Bft 8/9 und auf exponierten Berggipfeln
schwere Sturmböen zu erwarten. Bis Mittwochfrüh erfolgt dann eine leichte
Windabnahme, so dass dann Windböen Bft 7 auf den Norden, Nordosten und Teile der
Mitte beschränkt sind. An der Nordsee und in den Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge treten nach wie vor Sturmböen Bft 8/9, in exponierten Lagen der
östlichen Mittelgebirge und Alpengipfeln auch schwere Sturmböen auf. Die
Schneefallgrenze sinkt bis Mittwochfrüh im Schwarzwald und an den Alpen auf 1000
bis 800 m und in den östlichen Mittelgebirgen auf 600 m ab. Oberhalb davon
können an den Alpen und in den Staulagen der östlichen Mittelgebirge 10 bis über
15 cm Neuschnee innerhalb von 12 Stunden zusammenkommen. Bis in Lagen unterhalb
von 600 bis 800 m sollte es weitgehend frostfrei bleiben.

Mittwoch ... Der Langwellentrog über Osteuropa verlagert sich nur sehr langsam
weiter ostwärts. Den gegenüber steht ein mächtiger Höhenrücken über Westeuropa,
der abends mit seiner Achse Westfrankreich und die westliche Nordsee erreicht.
Vorderseitig dehnt sich der Keil des Hochs über Südwesteuropa bis nach
Süddeutschland aus. Knapp westlich von uns schleift aber die Warmfront einer
Frontalwelle, die abends das Seegebiet südlich von Island erreicht. Diese Front
kommt langsam nach Südwestdeutschland voran, so dass in 850 hPa die Temperatur
abends bei 0 Grad oder knapp darüber liegt mit Schneefallgrenze in den
Kammlagen. An den Alpen stauen sich zunächst noch die Niederschläge der
schleifenden Front. Dabei liegt in den Ostalpen die Schneefallgrenze in Tallagen
und im Allgäu steigt sie auf knapp über 1000 m. Im Osten und Südosten treten bei
wechselnder bis starker Bewölkung Schauer auf, die im Erzgebirge oberhalb von
400 bis 600 m als Schnee fallen (Temperaturen in 850 hPa bei -5 oder -6 Grad).
In exponierten Staulagen fallen dabei 5 bis gut 10 cm Neuschnee.
Von Franken bis nach Nordwestdeutschland bleibt es präfrontal gebietsweise
trocken.
Der Wind legt tagesgangbeding wieder zu mit steifen Böen in weiten Teilen
(abgesehen vom Westen und Südwesten). Exponiert sind vorübergehend stürmische
Böen möglich.
Gute Durchmischung und einige Wolkenlücken sorgen dafür, dass es milder wird.
Die Temperaturen liegen zwischen 3 Grad im Alpenvorland und 10 Grad im Westen.



Modellvergleich und -einschätzung
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Insgesamt haben sich die Lösungen bei der Zugbahn des Tiefs am Montag
angenähert. Über die Milderung am Mittwoch besteht Einigkeit.

Was den Schneefall im Alpenraum angeht, so gibt es von morgen Mittag bis
Mittwochmittag erhöhte Wahrscheinlichkeiten für Neuschneemengen über 20 cm in 24
Stunden. Sie liegt in den Höhen- und Staulagen zwischen 60 und 100 Prozent.
Entsprechend sind hier Mengen über 40 cm in 2 Tagen wahrscheinlich (Unwetter).


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden