DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-01-2022 18:01
SXEU31 DWAV 261800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 26.01.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Von Norden zunehmender Wind, in der Nordosthälfte teils stürmische Böen, an den
Küsten und im Bergland Sturmböen. An den Alpen ab Donnerstag teils kräftige
Schneefälle. Im Bergland stellenweise Glatteis.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... schwenkt von Nordwesten her ein flacher Höhenrücken über Deutschland
nach Südosten, gefolgt von einem ebenso flachen Trog, der in die Nordsee zieht.
Auf dessen Vorderseite zieht ein Bodentiefdruckgebiet von den Hebriden nach
Südnorwegen und nimmt zusehends Einfluss auf unser Wetter. Zunächst nimmt der
Gradient von Norden her zu und das okkludierende Frontensystem erfasst mit
Regenfällen nachts Norddeutschland.
Bei dort positiven Temperaturen spielt Glätte keine Rolle.
Es kommt im Verlauf der Nacht allerdings bis ins norddeutsche Tiefland zu
steifen Böen, küstennah und in Schleswig-Holstein eventuell zu stürmischen Böen.
Sturmböen sind an der See und im Bergland wahrscheinlich; auf dem Brocken kann
es zu orkanartigen Böen reichen.

Präfrontal wird die Grundschicht, angefüllt mit tiefer Bewölkung, Nebel und
Hochnebel leicht gehoben, was zu geringen Niederschlägen (gefr. Sprühregen,
Schneegriesel) Anlass gibt, die lokal zu Glätte führen können.

Während es über der Nordhälfte durch die Bewölkung und Durchmischung frostfrei
bleibt, gibt es im Süden und gebietsweise in der Mitte leichten, über Schnee und
bei Aufklaren ganz im Süden mäßigen bis vereinzelt strengen Frost. Örtlich kann
sich wieder Nebel bilden/verdichten und auch Glätte ist lokal nicht
ausgeschlossen.

Donnerstag ... stellt sich die Wetterlage auf Nordwest zyklonal um. Der flache
Rücken zieht ab und auch insgesamt zieht sich das hohe Geopotential nach
Südwesten zurück. Von Nordwesten her greift der Trog auf Norddeutschland über,
der sich kräftigt, da hinter dem zum Baltikum ziehenden Tief hochreichende
Kaltluftadvektion einsetzt. Die Vordergrenze markiert eine teilokkludierte
Kaltfront, die abends den Süden erreicht.

Die Temperatur geht im Norden in 500 hPa bis zum Abend auf unter -30°C zurück,
in 850 hPa bis -5°C. Der Tiefausläufer erreicht abends mit leichten, im Bergland
in einigen Staulagen mäßigen Niederschlägen in etwa die Donau.
Im Südosten schneit es präfrontal anfangs teils bis ganz runter, im
Frontbereich steigt die Schneefallgrenze vorübergehend deutlich an, auf 600 bis
800 Meter, bevor die Warmluftschliere durch die Hebung aufgezehrt wird und
postfrontal mit der Kaltluftadvektion, der Schnee wieder weiter runter fällt.
Die Schneemengen bleiben überschaubar: Für Lagen oberhalb von 600 bis 800m sind
1 bis 5 cm Neuschnee möglich, in exponierten Staulagen etwas mehr. Lokal ist
weiter gefrierender Regen oder Nieselregen nicht ausgeschlossen, der markante
Warnungen nötig machen kann. Gerade wo sich in Senken und Tälern die kalte Luft
hält, oder im Nachgang der kräftigsten Niederschläge noch etwas Nieselregen
fällt.
Die Warnlage hat aber auch weiter den Wind zu bieten, der gegenüber der Nacht
noch zulegt.
Bis auf den Süden und Südwesten treten Windböen (Bft 7), nach Norden und
Nordosten hin stürmische Böen (Bft 8) auf. In Schauernähe (in 925 hPa um 50 kt),
an der See und im Bergland geht der West- bis Nordwestwind mit Böen bis
Sturmstärke einher.
In exponierten Gipfellagen treten vorübergehend orkanartige Böen auf. Für
Verwehungen ist der Schnee selbst in den Hochlagen wohl meist zu nass.

Am Nachmittag erfolgt in Norddeutschland im Trogbereich der Übergang zu
Schauerwetter, teils mit Graupel vermischt. Angesichts von möglichen
Wolkenobergrenzen bei rund -15°C auf etwa 700 hPa sind vereinzelt kurze Gewitter
nicht ausgeschlossen.

Freundlich und bis zum Abend trocken bleibt es südlich der Donau, wobei
Druckfall und etwas auffrischender Westwind auch dort den Wetterumschwung
ankündigen. Dort und im gut durchmischten Norden liegen die Höchstwerte bei 5
bis 8 Grad, im Niederschlag bei 2 bis 6 Grad.

In der Nacht zum Freitag folgt dem nach Osten abziehenden Trog über die Nordsee
ein flacher Höhenrücken vor dem sich die Hochdruckzone wieder etwas kräftigt und
zu uns ausdehnt. Die Okklusion zieht über den Süden ab und die kalte Meeresluft
flutet ganz Deutschland.
Der Nordosten wird aber zunächst mal von der Hebung durch rumgeholte Warmluft
erfasst, was zum Einen weitere schauerartige Niederschläge zur Folge hat,
darüber hinaus frischt der Wind, nach kurzem Abflauen, an einem Bodentrog erneut
auf. Die Windabnahme lässt also auf sich warten und es sind erneut teils
stürmische Böen im Norden und Osten, an der See und im Bergland Sturmböen (teils
schwer) im Programm, bevor zum Morgen dann tatsächlich eine deutlichere Abnahme
spürbar wird.

Dazu sinkt die Schneefallgrenze teils bis in tiefe Lagen. Im
Mittelgebirgsraum kommen oberhalb von 300 bis 500m 2 bis 8 cm Neuschnee
zusammen. An den Alpen stellt sich Stau ein, der für 10 bis 15 cm Neuschnee in
12 Stunden gut sein kann. Ansonsten sollte es höchstens für wenig Schnee oder
Schneematsch reichen.
Im Mittelgebirgsraum und im Süden tritt gebietsweise leichter Frost auf, im
Norden bleibt es frostfrei.

Freitag ... nähert sich der Rücken Deutschland an, womit der Druck am Boden
steigt und sich die Hochdruckzone wieder in den Süden und die Mitte vorarbeitet.
Im Südosten halten die Regen- und Schneefälle aber noch an, vor allem im Stau
der Alpen, allerdings mit nachlassender Tendenz. Die Niederschlagsmengen
betragen 1 bis 5, im Alpenstau 10 bis 15 mm (cm) in 12 Stunden. Die
Schneefallgrenze liegt bei 400 bis 600 m.

Im Rest des Landes hören die Niederschläge im Tagesverlauf größtenteils auf, die
starke Bewölkung lockert allerdings nur hin und wieder auf. Nur im Nordosten
sind längere sonnige Abschnitte durch den Skandinavienföhn zu erwarten.
Der Wind lässt allmählich weiter nach. Im Osten und Südosten muss vor allem in
der ersten Tageshälfte mit Böen Bft 7, im Bergland mit stürmischen Böen Bft 8
sowie exponiert mit Sturmböen Bft 9 gerechnet werden. Auch an der See bleibt es
windig mit Böen Bft 7 bis 8.

Die Temperatur steigt auf 2 bis 8 Grad.
Im Nordwesten macht sich die nächste Warmfront über der Nordsee mit aufkommender
Warmluftadvektion und hoher/mittelhoher Bewölkung bemerkbar.

In der Nacht zum Freitag wird der Höhenrücken von kräftiger WLA überlaufen, die
im Zusammenhang steht mit der Warmfront eines Nordmeertiefs. Diese greift mit
Niederschlägen auf die Nordwesthälfte über, wobei nur anfangs im Bergland teils
Schnee fällt. Sonst steigt die Schneefallgrenze rasch über die Gipfellagen der
Gebirge hinaus an. Nennenswerten Neuschnee gibt es zuvor wohl nicht, eher
stellenweise im Bergland gefrierenden Regen.
Dagegen sind am östlichen Alpenrand ein paar cm Schnee möglich, wobei sonst im
Südosten kaum noch Schnee fällt. Dazwischen bleibt es meist trocken, mit der
aufkommenden WLA aber oft auch stark bewölkt.
Der Wind lässt zunächst meist nach und weht nur noch schwach bis mäßig aus West
bis Südwest. In der zweiten Nachthälfte legt der Wind von Nordwesten her wieder
zu und es sind an der See teils stürmische Böen oder Sturmböen, auf dem Brocken
schwere Sturmböen drin.
Es kühlt ab auf 5 bis 0, im Süden auf 1 bis -3 Grad. Damit ist vor allem im
Bergland und Süden erneut Glätte durch überfrierende Nässe möglich.

Samstag ... schwenkt der Höhenkeil rasch über das Vorhersagegebiet hinweg
Südostwärts, gefolgt von einem markanten Höhentrog, der die Nordsee,
Südskandinavien und später Norddeutschland erreicht.
Ein daran gekoppeltes Sturmtief verlagert sich rasch von der Norwegischen See
zur Ostsee, wobei es sich auf fast 970 hPa vertieft.

Dessen Frontensystem greift bei rasch fortschreitender Okklusion auf Deutschland
über, wobei die Kaltfront abends den Nordwesten schon wieder überquert hat.
Im Warmsektor gelangt vorübergehend ein Schwall sehr milder Meeresluft zu uns,
in der die Temperatur in 850 hPa auf 0 bis +5°C steigt, bevor in der dann
folgenden maritimen Polarluft im Norden abends wieder die -5°C anvisiert werden.

Der Druckgradient nimmt mit Annäherung des Sturmfeldes dieses Tiefs rasch zu und
außer im Norden treten häufig steife bis stürmische Böen auf, im Norden
Sturmböen. An der See dürfte es für schwere Sturmböen, exponiert orkanartige
Böen reichen und einige Gipfellagen sind mit Orkanböen dabei.
Die Schichtung an der Kaltfront ist alles andere als hochreichend labil Der
Höhepunkt der Windentwicklung folgt dann wahrscheinlich in der Nacht zum Sonntag
...
Die Niederschläge breiten sich derweil in den Südosten aus, wobei dort anfangs
bis in tiefe Lagen Schnee fällt. Mit Übergreifen des Starkwind- bzw. Sturmfeldes
wird aber auch dort die kalte Luft ausgeräumt und die Schneefallgrenze steigt
rasch an. Zuvor sind dort 1 bis 5, exponiert 8 cm Neuschnee nicht
ausgeschlossen, kurzzeitig vielleicht auch gefrierender Regen.
Die Temperatur steigt meist auf 3 bis 8°C, im Nordwesten auf Werte um +10°C.



Modellvergleich und -einschätzung
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Großräumig unterscheiden sich die Modelle nur wenig. Differenzen im Detail
lassen sich vorab kaum ausräumen. Der Windlage morgen folgt am Samstag die
nächste Sturmlage.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner