DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-01-2022 09:30
SXEU31 DWAV 260800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 26.01.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NWz
Heute noch einmal meist ruhiges Hochdruckwetter. Ab dem morgigen Donnerstag
Übergang zu Tiefdruckeinfluss mit (gefrierendem) Regen, Schnee und vor allem im
Nordosten Sturm.


Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... arbeitet die Atmosphäre an einer Änderung der Wetterlage für
Mitteleuropa. Der tagelang dominierende Rücken, der Hoch ERICH mit Zentrum über
Mitteleuropa gestützt hatte, wird von diversen Trögen traktiert bzw. abgehobelt,
womit er sich aus unseren Gefilden verabschieden und zum Nordostatlantik
zurückziehen muss. Ein erster solcher schmaler Trog hat bereits den Nordwesten
Deutschlands erreicht und schwenkt unter Konturverlust heute nach Südosten
durch. Schwache PVA und im Tagesverlauf von Norden aufkommende WLA verschafft
ihm Hebungsimpulse, die vor allem im Norden und Nordosten im Zusammenspiel mit
dort streifenden Ausläufern des Tiefs LIN I und LIN II über dem Nordmeer bzw.
Skandinavien gebietsweise leichten Sprühregen oder Schneegriesel bringt. Lokal
gibt es durch Hebung der Grundschicht bzw. der bei 900 bis 800 hPa liegenden
Stratusdecke aber auch bis in die Mitte hinein schwache Niederschläge. Das kann
im Bergland örtlich zu Glätte führen, allerdings sind die Mengen meist zu gering
für stärkere Glätte.
Vom Saarland bis zum Alpenrand bleibt es hingegen trocken, dort dominiert der
Einfluss einer Hochdruckbrücke, die sich zwischen dem zum Balkan wandernden Hoch
ERICH und dem durch den ersten Trog nachfolgenden flachen Rücken entstehenden
Azorenhochableger FRIEDRICH über Frankreich bildet. Die dort am Boden
aufliegende Inversion sorgt vor allem zwischen südlichem Schwarzwald und dem
Alpenrand gebietsweise für einen sonnigen oder heiteren Tag, während sonst die
dichten Wolken dominieren. Lokal kann sich vorhandener Nebel auch länger oder
sogar den ganzen Tag halten.
Eine andere Sache ist der Wind, der sich bei zunehmendem Gradienten zwischen
tiefem Druck nordöstlich von uns und der Hochdruckbrücke allmählich verstärkt.
Dabei weht im Norden zunehmend mäßiger, zur Küste hin frischer West- bis
Südwestwind. An der Nordsee, ab dem späten Vormittag auch an der Ostsee kommen
starke Böen bis 60 km/h (Bft 7) aus West bis Südwest auf, zwischen Darß und
Rügen sind einzelne stürmische Böen 8 Bft (um 70 km/h) möglich.
Die Temperaturen bewegen sich zwischen -1 Grad im Dauernebel im Süden und 7 Grad
in Nordfriesland.

In der Nacht zum Donnerstag überquert der flache Rücken Deutschland und krümmt
die nordnordwestliche Strömung vorübergehend noch einmal antizyklonal. Dabei
dreht die Strömung etwas auf Nordwest zurück. Vom Atlantik nähert sich aber
rasch ein weiterer, diesmal nicht ganz so schmaler Trog. Dieser führt Tief MARIE
mit sich, deren Zentrum morgens bereits über dem Süden Norwegens zu finden ist.
Das okkludierende Frontensystem des Tiefs erreicht in der zweiten Nachthälfte
den Norden Deutschlands bei T850 hPa über 0 Grad und ausreichender
Schmelzschicht mit zeitweiligem Regen, wobei die Regenmengen bis zum Morgen 1
bis 6 mm betragen. Von NRW bis in den Süden Brandenburgs sowie südlich davon
bleibt es unter dem durchziehenden Rücken vielerorts trocken, was bei schwachen
Hebungssignalen lokal leichten Sprühregen oder etwas Schneegriesel mit Glätte
allerdings nicht ausschließt. Die Nebelsignale in der Mitte nehmen allmählich
ab, weil sich der Gradient zwischen dem neuen Tief MARIE und Hoch FRIEDRICH über
Frankreich weiter verstärkt. Dabei greifen starke Böen um 55 km(h (Bft 7) aus
West bis Südwest bis in die Norddeutsche Tiefebene aus. An der See sowie im
Bergland treten stürmische Böen um 70 km/h (Bft 8), exponiert Sturmböen bis 85
km/h (Bft 9) und auf dem Brocken orkanartige Böen um 105 km/h (Bft 11) auf.
Im Süden ist der Nebel bei meist noch schwachem Wind gebietsweise weiterhin
vorhanden.
Die Temperaturen gehen auf 6 bis 1 Grad in der Norddeutschen Tiefebene zurück,
womit es dort kaum zu Glätte kommt. In der Mitte und im Süden liegen die
Tiefstwerte zwischen 0 und -6 Grad, an den Alpen zum Teil noch darunter.

Donnerstag... nähert sich rasch der Trog vom Nordostatlantik, wobei sich Tief
MARIE zur nördlichen Ostsee verlagert. Das okkludierende Frontensystem dringt
bis in den Süden vor, ohne jefoch den äußersten Süden bis zum Abend zu
erreichen. Der Regen aus dem Norden breitet sich daher bis in die Mitte und
nachmittags weiter in den Süden aus. Die Regenmengen betragen 1 bis 5, im Stau
lokal bis 10 mm in 12 Stunden. Die Niederschlagsphase gewinnt in der Mitte und
nach Süden hin an Bedeutung, weil die warme Luft präfrontal gehoben wird und die
Schmelzschicht damit immer kleiner. Im Bergland fällt deshalb oberhalb 400 bis
600 m zum Teil Schnee, nach Süden können sich Schneeflocken bis in tiefe Lagen
zeigen. Lokal gibt es aber auch gefrierenden Regen, vor allem wenn der in der
Mitte überwiegende Regen in geschützte Tallagen oder im Luv der Mittelgebirge
fällt. Postfrontal pendelt sich die Schneefallgrenze dann bei rund 600 m ein.
Neuschnee wird von den Modellen nur im höheren Bergland angezeigt (Thüringer
Wald bis Bayrischer Wald, Harz), dort kann es 1 bis 5 cm Neuschnee geben.
Hinter der Front folgen nach einer kurzen Pause (postfrontale Subsidenz) im
Norden Regen- oder Graupelschauer, lokal vielleicht mit Blitz und Donner, wobei
die Signale dafür eher dürftig sind (kaum CAPE, geringe Labilität).
Zwischem südlichen Schwarzwald und dem Alpenrand bleibt es nach wie vor trocken,
zum Teil scheint auch wieder länger die Sonne.
Der Wind hingegen legt mit dem durchziehenden Frontensystem noch eine Schippe
drauf und bleibt auch postfrontal bei kaum nachlassendem Gradienten kräftig.
Verbreitet sind damit in der Nordosthälfte starke Böen um 55 km/h (Bft 7) aus
West bis Südwest zu erwarten, lokal kommt es zu stürmischen Böen um 65 km/h (Bft
8), insbesondere zur Küste hin und bei Schauern. An der See, im Bergland und bei
Gewittern gibt es stürmische Böen oder Sturmböen zwischen 65 und 85 km/h (Bft 8
bis 9), auf dem Fichtelberg/Erzgebirge und dem Brocken orkanartige Böen zwischen
105 und 115 km/h (Bft 11). In der Südwesthälfte ist der Wind schwächer, zur
Mitte hin und im Bergland können aber auch vereinzelt starke bzw. exponiert
stürmische Böen auftreten.
Die Temperaturen erreichen 0 Grad in einigen Kältelöchern im Süden und bis 9
Grad im Norden.

In der Nacht zum Freitag läuft der Trog über uns hinweg nach Osten ab,
nachfolgend nähert sich wieder der Rücken vom Nordostatlantik. Tief MARIE
wandert damit zum Baltikum, das Frontensystem in den Süden Deutschlands. Dort
gibt es Regen- und Schneefälle, wobei die Schneefallgrenze bei 300 bis 500 m
liegt. In der Mitte und im Norden ziehen weitere Schauer durch, Gewitter sollten
selten bleiben. Die Niederschlagsmengen betragen allgemein zwischen 1 und 6, in
Staulagen der Alpen um 10 mm (cm) in 12 Stunden. In den östlichen Alpen werden
von den Modellen zum Teil bis zu 15 cm Neuschnee bis zum Morgen angeboten. Ganz
im Norden nehmen die Schauersignale bald ab, vor allem zur Ostsee hin, wo sich
Föhn von Skandinavischen Gebirge bemerkbar macht.
Der Wind schwächt sich nur ganz allmählich ab, weil der Gradient vorerst kaum
nachlässt. So muss mit Böen in ähnlicher Stärke wie am Tag gerechnet werden (Bft
7 bis 8 im Tiefland, Bft 9 an der See, bei Schauern und im Bergland, Bft 11 auf
Brocken und Fichtelberg).
Die Temperaturen sinken auf 5 bis 0 Grad in der Nordhälfte und auf 3 bis -5 Grad
sonst, an den Alpen teils unter -5 Grad. So muss streckenweise mit Glätte durch
überfrierende Nässe oder durch gefrierenden Regen gerechnet werden. Sollte
stärkerer gefrierender Regen auftreten, können angesichts des Windes
Leiterseilschwingungen bzw. an den Alpen Schneeverwehungen nicht ausgeschlossen
werden.

Freitag... wandert der Rücken weiter auf Deutschland zu, womit der Druck am
Boden wieder steigt. Im Südosten halten die Regen- und Schneefälle aber noch
etwas an, vor allem im Stau der Alpen. Die Regenmengen betragen 1 bis 5, im
Alpenstau um 10 mm (cm) in 12 Stunden. Die Schneefallgrenze liegt bei 400 bis
600 m.
Im Rest des Landes lassen die Niederschläge im Tagesverlauf größtenteils nach,
die starke Bewölkung lockert allerdings nur hin und wieder auf.
Der Wind lässt allmählich nach. Im Osten und Südosten muss jedoch nach wie vor
mit starken Böen Bft 7 bis ins Tiefland, im Bergland mit stürmischen Böen Bft 8
sowie exponiert mit Sturmböen Bft 9 gerechnet werden. In den Alpen sind zum Teil
schwere Sturmböen Bft 10 mit entsprechenden Schneeverwehungen möglich.
Die Temperaturen steigen auf 1 bis 8 Grad.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der Rücken bereits über uns hinweg. Auf der
Rückseite sorgt kräftige WLA für den Aufzug neuer starker Bewölkung, der mit
einem neuen Trog über dem Nordostatlantik ein weiteres Frontensystem eines Tiefs
über dem Nordmeer folgt. Damit greifen in der zweiten Nachthälfte neue
Regenfälle auf den Norden und Nordwesten über, in den Mittelgebirgen kann es in
höheren Lagen Schnee geben. Eine größere Neuschneeakkumulation ist jedoch nicht
zu erwarten, da die Schneefallgrenze bei deutlich steigenden T850 hPa auf über 0
Grad rasch ansteigt.
Ansonsten sind im Südosten noch ein paar Flocken unterwegs, die nur noch
geringen Neuschnee bringen.
Zwischen diesen beiden Niederschlagsgebieten ist es größtenteils trocken, mit
der aufkommenden WLA aber vielerorts stark bewölkt.
Der Wind lässt deutlich nach und weht nur noch schwach bis mäßig aus West bis
Südwest.
Es kühlt sich auf 5 bis 0, im Süden auf 1 bis -5 Grad ab, an den Alpen auch noch
darunter. Damit ist erneut Glätte durch überfrierende Nässe möglich.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Entwicklung sehr ähnlich. Für die Beurteilung der
Phase des aufkommenden Niederschlags und der daraus resultierenden Glätte bedarf
es jedoch des Nowcasts.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler