DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-09-2016 09:00
SXEU31 DWAV 170800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 17.09.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HFz

Im Süden gebietsweise Dauerregen, teils schauerartig verstärkt und gewittrig. In
exponierten Lagen lebhafter Wind.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegt ein Keil über der Nordsee der sich nach Südnorwegen erstreckt,
Deutschland hingegen befindet sich unter einem Langwellentrog, der von Russland
über das Baltikum und Polen bis zur Iberischen Halbinsel reicht. Innerhalb
dieses Langwellentroges liegt ein bipolar strukturiertes abgeschlossenes
Höhentief, dessen Kerne aktuell über Zentralfrankreich und den Ostalpen zu
finden ist. Während sich der größere Kern zu den Seealpen bewegt, gelangt der
kleinere zum Abend etwa bis nach Südböhmen. Mit dem letztgenannten, kleineren
Höhentief korrespondiert im Bodendruckfeld ein Tief über dem Böhmischen Becken,
welches den nördlichen Teil einer Tiefdruckrinne bildet, die über das
österreichische Burgenland nach Norditalien verläuft. Während diese Rinne in
ihrem nördlichen Teil recht ortsfest ist, reißt sie im Süden auseinander, so
dass über Oberitalien ein Residuum übrig bleibt und die "nördliche Rinne heute
Abend über Ungarn bis nach Rumänien und Serbien reicht. Entscheidend für "unser"
Wetter ist dabei das Böhmische Tief, das feucht-warme Luftmassen aus dem Bereich
des östlichen und zentralen Mittelmeers erst über den Balkan nach Norden und
dann über der Mitte Deutschlands nach Westen führt. Die entsprechenden
Luftmassenbewegungen lassen sich sowohl in den Feuchtefeldern (700 hPa) als auch
in den Temperaturfeldern 850 hPa) erkennen. Dabei haben die Modelle wie auch
schon gestern im Detail durchaus unterschiedliche Vorstellungen der zu
erwartenden Wetterabläufe. So liegt der Kern des Tiefs bei ICON am heutigen
Nachmittag östlich von Prag, COSMO-EU und COSMO-DE dagegen setzen auf eine
weiter nach Nordwesten verschobene Lage. Damit greifen bei Letzteren auch die
Niederschläge weiter nach Westen aus, sie simulieren beispielsweise von 12 bis
18 UTC bis nach NRW hinein 6-stündige Mengen über 10 mm, während ICON (was der
alte Lauf von EZMW stützt) entsprechende Regenmengen nur bis in den Osten
Hessens hinein simuliert. Im Modellzoo (bei der Streuung der Ergebnisse könnte
man aktuell auch von einem Flohzirkus sprechen) nimmt GFS eine Sonderposition
ein, bei diesem Modell sollen die von Mitteldeutschland nach Westen
ausgreifenden Niederschlagsgebiete in Richtung Baden-Württemberg geführt werden,
so dass dort (Schwarzwald) dann zumindest im markanten Bereich Dauerregenmengen
zu erwarten wären. Durch die unterschiedliche Verteilung der Strömungsmuster und
Hebungsgebiete lassen sich die Gebiete des maximalen Niederschlages auch nur
schwer eingrenzen. Bezüglich des 24-stündigen Niederschlages bis morgen früh 6
UTC arbeiten die deutschen Modelle vor allem einen breiten Streifen von Sachsen
über Thüringen und Nordbayern bis nach Osthessen heraus, wo Mengen über 30,
lokal auch über 50 mm fallen sollen. Ein zweiter, bei GFS und EURO4 praktisch
der einzige Schwerpunkt, liegt in Ostbayern, wo GFS sogar nochmal bis zu 80 mm
simuliert. Letztendlich kristallisiert sich für die kräftigsten Regenfälle ein
Streifen heraus, der von Südostbayern bis nach Mitteldeutschland und Hessen
reicht. Abgesehen vom Regen ist auch der Wind noch ein Thema, der aufgrund des
etwas kräftigeren Gradienten in höheren Lagen und an der Ostsee die Stärke 7
Bft, lokal auch 8-9 Bft erreichen kann.

Bis zum Morgen kommt das Südfranzösische Höhentief bis über den Golf von Genua
voran, dasjenige über Tschechien verliert dagegen an Bedeutung. Im
Bodendruckfeld ist das entsprechende Tief jedoch noch deutlich auszumachen, so
dass die Dauerregensituation anhält. Über die entsprechenden Summen wurde schon
oben referiert.

Sonntag... ändert das Höhentief über dem Golf von Genua seine Lage nur wenig.
Nach wie vor hält sich noch der Keil über der Nordsee, der nunmehr bis ins
Nordmeer reicht. Dieser Keil blockiert den vom Höhentief nach Norden gerichteten
Trog (ehemaliges Böhmenhöhentief), so dass dieser über dem Südosten Deutschlands
verbleibt. Gestützt durch den o.g. Keil kräftigt sich von Westen her der
antizyklonale Einfluss, so dass sich das o.g. Bodentief zusehends rascher
auffüllt und der zyklonale Einfluss weiter nach Osten abgedrängt wird. Hierdurch
sollten sich die Niederschläge auf eine Region konzentrieren, die sich vom
Südwesten Deutschlands bis in den östlichen Mittelgebirgsraum hinein erstreckt.
Betrachtet man allein den 24-std. Akkumulationszeitraum bis Montagmorgen, dann
kommen nur noch bei COSMO-EU im Südschwarzwald und bei EZMW im Allgäu
warnrelevante Niederschlagssummen im markanten Bereich zusammen. Die in den
Vorläufen noch in Betracht gezogene Stausituation in den Alpen sehen die Modelle
aktuell nicht mehr so stark. Der Grund dafür ist, dass das Bodentief eine von
West nach Ost ausgerichtete rinnenförmige Struktur aufweisen soll.
Auflockerungen und auch längere sonnige Abschnitte sind im Norden und Nordwesten
am wahrscheinlichsten. Dort macht sich das Bodenhoch über Skandinavien und der
von diesem Hoch in die Nordsee gerichtete Keil mit Absinken bemerkbar.

In der Nacht zum Montag verlagert sich das o.g. Höhentief nach Mittelitalien.
Dabei nimmt die vormals abgeschlossene 568er-Isohypse Verbindung mit einem
großräumigen Trogkomplex über Russland auf, wobei sich zum Morgen ein kleiner
Trog über Mitteldeutschland ausbildet. Die von diesem kurzwelligen Trog
ausgehenden dynamischen Antriebe nur gering ausgeprägt sein. Im Norden und
Nordwesten lässt Absinken am Rande des oben beschriebenen Hochs bzw. Hochkeils
den Himmel aufklaren. Aufgrund des dort noch vorhandenen Gradienten dürfte die
Nebelneigung gering bleiben.

Montag... ändert sich an der Druck- und Geopotentialverteilung nur wenig. Das
Höhentief über Südeuropa wird allmählich zugeschüttet und wandert bis auf den
Balkan, zusammen ergeben diese Entwicklungen eine Trogstruktur, die von
Nordwestrussland bis nach Griechenland gerichtet ist. Zwischen diesem und dem
immer noch über der Nordsee und Norwegen zu findenden Keil ergibt sich über
Mitteleuropa eine Lage mit geringen Geopotentialunterschieden und somit ohne
relevante synoptische Antriebe. Das Bodentief verlagert sich nunmehr nach
Südosteuropa. Über Mitteleuropa resultiert daraus auch eine flache
Druckverteilung, die nach Norden und Westen hin leicht antizyklonal geprägt ist.
In diesen Gebieten setzt sich zusehends der Einfluss der mit dem Keil
korrespondierenden Hochbrücke durch, die die Verbindung zwischen dem Hoch
nordwestlich der Azoren und dem über Skandinavien liegenden Hoch darstellt.
Absinken sorgt in diesen Gebieten mehr und mehr für Auflockerungen und auch für
Aufheiterungen. Der Süden und Südosten wird hingegen nach wie vor zyklonal
beeinflusst, so dass dort weitere Niederschläge mit abnehmender Tendenz zu
erwarten sind. An den Alpen kann es mitunter auch noch länger regnen. Wenn auch
warnrelevante Schwellenwerte sehr wahrscheinlich nicht überschritten werden, so
bleibt doch in diesen Regionen ein ehe trüber Wettercharakter bestehen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die zu erwartende Situation recht unterschiedlich.
Bezüglich der Lage des Tiefkerns bildet ICON die "östlichste" Lösung, COSMO-EU
legt den Tiefkern mit einer Lage nordwestlich von Pilsen am nächsten an die
deutsche Grenze. Bezüglich der daraus resultierenden Unterschiede in der
Niederschlagsverteilung wurde schon skizziert, dass GFS die Regengebiete am
weitesten südlich und damit bis zum Schwarzwald ziehen lässt, während die
anderen Modelle eine weiter nördliche Zugbahn anpeilen. Die
Niederschlagsschwerpunkte in Bayern wurden im Text schon erwähnt, weitere
Detailunterschiede haben keinen Einfluss auf die Warnstrategie.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas