DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-01-2022 09:30
SXEU31 DWAV 200800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 20.01.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NWz

Heute in den östlichen und nördlichen Mittelgebirgen ab 800 m sowie im Alpenraum
ab 600 m örtlich Schneeverwehungen. An der Küste und im Raum Harz Böen Bft 8 bis
9. Auf exponierten Bergen teils schwere Sturmböen. Kommende Nach abnehmender
Wind.
Am Freitag nur in exponierten Staulagen der Gebirge vereinzelt markanter
Neuschnee möglich.
Auf exponierten Bergen stürmische Böen, vereinzelt Sturmböen.
Am Samstag in den östlichen und südöstlichen Mittelgebirgen in Staulagen
markanter Neuschnee möglich, an den Alpen wahrscheinlich. Dort exponiert auch
Unwetter-Neuschneemengen zwischen 30 und 50 cm möglich.
Auf den exponierten Bergen weiterhin stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... Deutschland liegt zwischen einem von der Barentssee ausgehendem
Trog, der über Polen südostwärts schwenkt und einer hoch reichenden und
blockierenden Antizyklone bei Irland in einer anfangs zyklonal gekrümmten
Nordwest- bis Nordströmung, mit der polare Meeresluft zu uns geführt wird mit
850-hPa-temperaturen zwischen -11 Grad im Nordosten und -7 Grad in Südbaden (um
18 UTC). Die höhenkälteste Luft dringt allerdings über Ostpolen und Weißrussland
zur Slowakei und zur Ukraine vor mit unter -40 Grad in 500 hPa. Nichts desto
trotz sind anfangs in Nordostbayern und eventuell an der Ostsee einzelne kurze
Wintergewitter mit Graupel möglich. Von Nordwest nach Südost ziehen Schauer über
uns hinweg, die am Nachmittag teils bis in die Niederungen in Schneeregen,
Schnee oder Graupel übergehen. Bei Höchstwerten zwischen 2 Grad im Nordosten und
6 oder 7 Grad am Oberrhein bleibt aber im tiefen Lagen nur im Osten und
Nordosten örtlich etwas Schnee liegen. Anders in Lagen oberhalb von 400 bis 600
m, wo sich bei Werten um 0 Grad oder knapp darunter 1 bis 5 cm Schnee ansammeln
können. In einigen Staulagen der Gebirge vor allem oberhalb von 600 bis 800 m
kann es 5 bis 10, exponiert auch 10 bis 15 cm Neuschnee geben. Einige Modelle
simulieren zumindest nämlich vereinzelt mal über 10 mm Niederschlag. An den
Alpen sind bis morgen früh auch oberhalb von 1000 m 20 bis 30 cm Neuschnee
möglich. Im Nordosten gibt es infolge des Skandinavienföhns größere
Aufheiterungen.
Hinzu kommt ein stark böiger West bis Nordwestwind mit stürmischen Böen an der
See und exponiert auch anfangs im Osten und Nordosten. An der Küste sind vor
allem an der Nordsee auch Sturmböen möglich. Dies gilt auch für exponierte Berge
und so sind ab 800 m, im Alpenvorland ab 600 m Schneeverwehungen möglich.

In der Nacht zum Freitag zieht das Randtief (des Barentssee-Tiefs) von Estland
weiter nach Südosten und schwächt sich etwas ab. So nimmt bei uns der Gradient
ab und entsprechend schwächt sich der Wind ab, so dass in tiefen Lagen außer an
der See keine Windwarnungen mehr nötig sind. An Nord- und Ostsee gibt es anfangs
noch steife bis stürmische Böen aus Nordwest und auf den Bergen treten vor allem
nach Osten und Südosten hin noch teils schwere Sturmböen auf. Entsprechend kann
es vor allem im Erzgebirge anfangs noch Schneeverwehungen geben. Dabei treten
meist nur noch einzelne Schneeschauer auf, denn die simulierten
Niederschlagsmengen liegen meist nur zwischen 0,1 und 3 mm, in Staulagen nach
Osten hin um 5 mm. In den Ostalpen werden 5 bis 10 mm, bei GFS auch 10 bis 20 mm
berechnet. Vor allem im Nordosten (Skandinavienföhn) und im Südwesten (Einfluss
eines Hochkeiles), ist es gebietsweise auch trocken. Meist gibt es leichten, im
östlichen Mittelgebirgsraum und in den Alpen auch mäßigen Frost. Nur in
Nordseenähe und möglicher Weise auch in einigen Städten im Westen und Südwesten
ist es in 2 Meter Höhe frostfrei. Örtlich gibt es Glätte durch Überfrieren oder
durch eine dünne Neuschneeauflage. In einigen Staulagen auch durch rund 5 cm
Neuschnee, an den Alpen über 10 cm. Dort sind in 24 Stunden über 30 cm Neuschnee
möglich.

Freitag... Bereits in den Frühstunden setzt von Nordwesten Warnluftadvektion
ein, denn um das blockierende Hoch wird mildere Luft geführt, die von der
Nordsee her übergreift. Allerdings findet dieser Prozess zunächst oberhalb von
700 bis 750 hPa ein, so dass die unteren Schichten noch labile Nordseeluft
vorhanden ist. So bleibt es vom Charakter zunächst bei wechselnder bis starker
Bewölkung und es fallen weitere Schneeregen- und Regenschauer, nach Südosten hin
auch Schneeschauer. Am Nachmittag und Abend schließen sich wohl in den meisten
Gebieten die letzten Wolkenlücken und es kann auch mal flächigen Regen, im
Südosten auch Schnee geben. Nur im Südwesten, eventuell auch in Vorpommern ist
es auch trocken. Im Bergland fallen meist aber nur 1 bis 4 cm, in exponierten
Staulagen vereinzelt auch knapp über 5 cm, zB. in den Ostalpen und im Raum
Fichtelgebirge/Westerzgebirge, eventuell Rothaargebirge.
Die Temperaturen steigen im äußersten Nordwesten bereits wieder auf 6 bis 7
Grad. Sonst ändert sich nicht viel an den Temperaturen bzw. im Südosten ist es
etwas kälter als heute. Die Werte liegen zwischen 0 Grad in Ostbayern und 5 Grad
im Ruhrgebiet. Der Wind weht an der Küste in Böen stark aus West bis Nordwest
und bringt nur exponiert mal eine Bft 7.
Ansonsten sind keine Warnungen erforderlich außer auf exponierten Bergen, wo es
stürmische Böen oder Sturmböen gibt.

In der Nacht zum Samstag macht die Warmfront eines Tiefs vor der grönländischen
Küste nur zögernd Boden nach Südosten hin gut, während sich die Niederschläge
präfrontal deutlich verstärken. Auch die Bildung einer Warmfrontwelle scheint
aus den Feuchtefeldern heraus möglich. Aus heutiger Sicht könnte diese um 00 UTC
über dem Skagerrak liegen.
Dabei steigt die Schneefallgrenze im westlichen Bergland bis über die
Gipfellagen hinaus an, südöstlich einer Linie vom Schwarzwald bis Sachsen
schneit es weiter bis in tiefere Lagen. Meist fallen 2 bis 5, im Bergland 5 bis
10 cm Neuschnee. Exponiert sind vor allem im Erzgebirge auch (markante Mengen)
von 10 bis 20 cm Neuschnee in 12 Stunden nicht ausgeschlossen.
Im Norden und Westen ist es dann überwiegend frostfrei, in der Südosthälfte
liegen die Tiefstwerte bei um oder etwas unter dem Gefrierpunkt.
An der Nordsee und im Bergland legt auch der West- bis Nordwestwind wieder zu
mit steifen bis stürmischen Böen, im Bergland mit Sturmböen. Damit rückt im
Südosten auch das Thema Schneeverwehungen wieder in den Focus.

Samstag... liegt das umfangreiche Trogsystem weiter über Osteuropa, dem ein
kräftiger Höhenrücken über Westeuropa mit Zentrum südlich von Irland
gegenübersteht. Beide Drucksysteme finden sich auch im Bodenfeld wieder. Auf der
Vorderseite eines Höhenkeiles, der über Skandinavien ostwärts wandert, ergibt
sich eine nördliche Höhenströmung über Deutschland, mit der in der Höhe relativ
milde Luft zu uns kommt (in 500 hPa um -23 Grad).
In unteren Schichten ist die richtig kalte Luft (T850 < -10°C) nach Osteuropa
abgedrängt worden. Wir liegen auf der warmen Seite der an Oder und Neiße
schleifenden Warmfront weiterhin in Warmluftadvektion. Interessanter Weise kühlt
sich aber gegen Abend die Luft in 850 hPa etwas ab (um 18 UTC dann Werte
zwischen +1 Grad an der Westgrenze und -4 Grad im Vogtland. Grund hierfür ist
ein kleiner Randtrog, der dem Höhenkeil vorgelagert ist sowie diabatische
Prozesse.
Unterhalb von 1000 m kommt aber letztendlich milde Nordseeluft zu uns.

Die kräftigsten Niederschläge (die durch Warmluftadvektion hervorgerufen werden)
gibt es insbesondere in den Nordweststaulagen der östlichen Mittelgebirge und
der Alpen. In tiefen Lagen regnet es meist. Im Alpenvorland fällt hingegen
Schnee bis in tiefe Lagen, sonst steigt die Schneefallgrenze auf 600 bis über
1000m (von Ost nach West).
Im Erzgebirge sind in Hochlagen 5 bis 10 cm Neuschnee möglich, an den Alpen 10
bis 20 cm, exponiert auch über 25 cm Neuschnee in 12 Stunden (vor allem von
ICON-EU gezeigt). In Hochlagen kommen auch Schneeverwehungen dazu.
Mit Höchstwerten zwischen 3 Grad an der Oder und 8 Grad in Nordwestdeutschland
wird es meist etwas milder. Im Südosten sind auch Werte bei 0 Grad oder knapp
darüber möglich. Auch in den zentralen Mittelgebirgen setzt bis in die Hochlagen
zum Abend hin leichtes Tauwetter ein.
Bei recht stabiler Schichtung ist Wind vor allem im Bergland ein Thema mit Bft 7
bis 8, exponiert 9 aus Nordwest.
Die Nacht zum Sonntag wird wolkenreich und frostfrei. Vor allem nach Osten hin
fällt noch etwas Regen, in den östlichen und südöstlichen Mittelgebirgen sowie
in den Alpen oberhalb 600 m auch Schnee. In den Ostalpen sind noch markante
Neuschneemengen über 10 cm möglich. Im Zeitraum von Samstag 00 bis 24 UTC sind
in den Alpen durchaus Unwetter-Schneemengen über 30 cm wahrscheinlich! (s.u.)


Modellvergleich und -einschätzung
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Die langsame Milderung von Nordwesten ab morgen Abend wird auch von den externen
Modellen gebracht.

Was den unwetterartigen Neuschnee am Samstag angeht zeigt vor allem CosmoLEPS
recht hoch Wahrscheinlichkeiten hierfür im Alpenraum im Werdenfelser Land und
weiter östlich!

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden