DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-01-2022 08:01
SXEU31 DWAV 180800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 18.01.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW a, Übergang zu NW z

WIND:
Heute keine markanten Wettergefahren. Am Mittwoch an der Küste und auf höheren
Gipfeln der nördlichen und östlichen Mittelgebirge aufkommend einzelne, am
Donnerstag dort vermehrt Sturmböen Bft 8/9, exponiert schwere Sturmböen Bft 10
nicht auszuschließen. Dann auch im nordöstlichen Binnenland einzelne stürmische
Böen. Wind in der Nacht zum Freitag nur sehr zögernd abflauend, Freitagfrüh dann
nur noch auf exponierten Gipfeln sowie an der See einzelne stürmische Böen.

SCHNEEFALL:
Am Donnerstag und bis in die Nacht zum Freitag hinein an den Alpen zeitweise
Schneefall, 10 bis in Staulagen deutlich über 20 cm Neuschnee.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... liegt Deutschland an der Vorderseite eines breiten Höhenrückens, der
von einem Trog über Osteuropa flankiert wird. Dieser Trog erstreckt sich von der
Barents-See bis ins Schwarzmeergebiet, so dass sich eine antizyklonale
Nordwestlage ergibt. Leichte Warmluftadvektion sorgt im Norden und Osten für
mehrschichtige Bewölkung, für geringe Niederschläge (dann aber auch in allen
möglichen Phasen) reicht es meist nur im Nordstau der östlichen Mittelgebirge.
Als Ergebnis kann bis weit in den Vormittag hinein Glätte auftreten. Etwas
Gradient in diesen Gebieten sollte auch zwischen Ostsee und Lausitz einen
Temperaturanstieg auf positive Werte bewirken.
Ansonsten hält sich der Einfluss des mit dem Rücken korrespondierenden und
ausgedehnten Bodenhochs, dessen Divergenzachse von der Eifel zum Bayerischen
Wald reicht. Bei geringen Luftdruckgegensätzen sind kaum warnrelevante
Wetterereignisse zu erwarten. Das Wettergeschehen wird durch
Grundschichtprozesse geprägt, wobei im Wesentlichen nur höhere Berglagen
Süddeutschlands oberhalb davon liegen. Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 2
und 8 Grad sowie um 0 Grad im höheren Bergland ist es für hochwinterliche
Verhältnisse vorerst noch relativ mild.

In der Nacht zum Mittwoch läuft in die Nordflanke des Rückens ein Trog herein,
der bis Mittwochfrüh auf die Britischen Inseln übergreift. Vorderseitig setzt
infolge positiver Vorticityadvektion leichter Druckfall ein, der im Norden
Deutschlands den Wind auffrischen lässt; an der Küste kommen in der zweiten
Nachthälfte erste und bis Mittwochfrüh vermehrt Windböen auf. Ansonsten hält
sich noch der Einfluss des Bodenhochs, das sich nach Südosteuropa zurückzieht.
Bei geringen Luftdruckgegensätzen dürfte sich verbreitet Nebel bilden oder noch
vorhandene Nebel- oder Hochnebelfelder wieder verdichten. Sollte es zuvor
aufklaren, erfolgt eine Abkühlung in den Bereich leichten Frostes. Unter dichter
Bewölkung bleibt es hingegen frostfrei. In Gebieten mit dichtem Nebel und Frost
kann daher örtliche Reifglätte oder auch Glätte durch gefrierendes Nebelnässen
nicht ausgeschlossen werden.

Mittwoch... zapft der zunächst über den Britischen Inseln liegende Trog
arktische Polarluft aus dem ostgrönländischen Raum an und weitet sich hierdurch
unter gleichzeitigem Übergreifen auf Skandinavien nach Süden aus. Weiter
westlich, d.h. über dem nahen Ostatlantik, bringt sich erneut ein blockierendes
Hoch in Position. Das einst wetterbestimmende Bodenhoch wird zur Balkanhalbinsel
und Großen Syrte abgedrängt. Trogvorderseitiger Druckfall an der Südflanke des
mit dem Trog korrespondierenden Tiefs (das sich nach Lappland verlagert) bewirkt
im Norden eine weitere Gradientzunahme, die dann auch die mittleren Teile
Deutschlands erfasst. An der Küste und zunehmend auch in höheren Berglagen der
nördlichen und östlichen Mittelgebirge kommen stürmische Böen Bft 8 auf,
exponiert sind einzelne Sturmböen Bft 9 nicht auszuschließen. Windböen Bft 7
setzen dann auch im küstennahen Binnenland ein. Die kräftigsten Böen kommen mit
dem Übergreifen der Kaltfront des nach Lappland ziehenden Bodentiefs zustande.
Vorderseitig gelangt in den Norden etwas labilere Luft. Einzelne kurze Gewitter
sind demnach nicht ganz auszuschließen, auch wenn die Wahrscheinlichkeit hierfür
nicht allzu hoch ist.
Im Tagesverlauf legt dann auch der Gradient südlich der Mittelgebirge zu, was
auf exponierten Gipfeln dort ebenfalls Sturmböen Bft 8/9 aufkommen lässt. Nebel
und Hochnebel sollten dann keine Chance mehr haben. Ein in unteren
Troposphärenschichten ablaufender Kurzwellentrog bringt einen Schwall
niedertroposphärisch kälterer Luft in den Südwesten und Süden, wodurch schwache
Schneeschauer zustande kommen können. Aufgrund der zuvor milden Witterung sollte
jedoch, abgesehen vielleicht von den Hochlagen der süddeutschen Mittelgebirge,
kein Schnee liegen bleiben und auch keine Glättegefahr bestehen.
Präfrontal können aufgrund der einsetzenden Durchmischung im Osten und Süden
durchaus größere Auflockerungen und unmittelbar an den Alpen auch längere
sonnige Abschnitte zustande kommen. Am Nachmittag bewegen sich die Temperaturen
zwischen 2 und 6 Grad. Im höheren Bergland stellt sich leichter Frost ein.

In der Nacht zum Donnerstag dringt die Kaltfront über die Mittelgebirge hinweg
südwärts vor. Dies lässt die Niederschläge oberhalb 800 bis 600 m in Schnee
übergehen. Die eigentliche Abkühlung erfolgt dann erst mit einem weiteren
Schwall von Polarluft, wodurch in der zweiten Nachthälfte die Temperaturen im
850 hPa-Niveau über dem Norden Deutschlands auf Werte um -10 Grad zurückgehen.
Mit dem Ergebnis, dass dort auch im Tiefland die Niederschläge in die feste
Phase übergehen und in den östlichen Mittelgebirgen die Schneefallgrenze auf
Lagen um 400 m absinkt. Da die Luft sehr trocken ist, reicht es nur für wenige
Zentimeter Schnee; selbst in Staulagen dürften kaum 10 cm Neuschnee innerhalb
von 12 Stunden zusammenkommen.
Zunehmende Böigkeit, die im Nordosten durch die leicht labile Schichtung bedingt
ist, lässt in der zweiten Nachthälfte auch im nordöstlichen Binnenland Windböen
Bft 7 aufkommen. An der Küste und in höheren Berglagen sind dann Sturmböen Bft
8/9 zu erwarten; exponiert können schwere Sturmböen Bft 10 nicht ausgeschlossen
werden.
Während es in tiefen Lagen, abgesehen vielleicht von Teilen Norddeutschlands,
noch weitgehend frostfrei bleibt, ist ansonsten, d.h. im Bergland oberhalb etwa
400 m, leichter Frost zu erwarten, so dass Glättegefahr durch überfrorene Nässe,
im Bergland auch durch geringen Neuschnee, besteht.

Donnerstag... stößt der o.g. Trog über Polen und den Karpatenraum hinweg nach
Süden vor und nimmt somit annähernd die Position des vorherigen Troges ein. Das
blockierende und sich kräftigende Hoch verbleibt über dem nahen Ostatlantik, so
dass sich eine steile nordwestliche und zyklonal gekrümmte Strömung ergibt. Da
sich gleichzeitig das mit dem Trog korrespondierende Bodentief nach Südfinnland
verlagert, kann im Norden, Osten und in Teilen der Mitte der Gradient
vorübergehend noch etwas zulegen, wodurch verbreitet Windböen Bft 7 zustande
kommen. Im nordöstlichen Binnenland bis hin zu den östlichen Mittelgebirgen,
aber bedingt durch den Leitplankeneffekt auch am östlichen Alpenrand, sind
stürmische Böen Bft 8 vorstellbar. Wie bereits in der Nacht zuvor erreicht der
Wind an der Küste und im nördlichen und östlichen Bergland in Böen Bft 8/9, in
exponierten Lagen sind schwere Sturmböen Bft 10 möglich. Erst ab dem Abend
beginnt der Wind abzuflauen.
Im Bergland sind weitere leichte und schauerartige Schneefälle zu erwarten, nach
wie vor ist die Wahrscheinlichkeit für mehr als 10 cm Neuschnee selbst in den
Staulagen des Erzgebirges gering. An den Alpen kommt verstärkt Stau zustande, so
dass dort in Staulagen teils deutlich über 10 cm Neuschnee innerhalb von 12
Stunden zusammenkommen können.
Bei rasch wechselnder Bewölkung (und etwas Skandinavien-Föhn im Norden)
erreichen die Tageshöchsttemperaturen 0 bis 4, in Rheinnähe 6 Grad. Oberhalb von
600 m herrscht leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Freitag gelangt das mit dem Trog korrespondierende Bodentief
unter beginnender Auffüllung zu den Baltischen Staaten. Der Gradient beginnt
daher nur allmählich aufzuweichen, vielmehr resultiert die Abnahme der Windböen
im nordöstlichen Binnenland aus einer einsetzenden Stabilisierung. An der Küste
(mehr Ostsee, weniger an der Nordsee) sowie in den Kamm- und Gipfellagen der
nördlichen und östlichen Mittelgebirge muss weiterhin mit Sturmböen Bft 8/9
gerechnet werden.
Einzelne Schneeschauer sind dann noch in Staulagen der nördlichen und östlichen
Mittelgebirge zu erwarten, ohne dass diese einen nennenswerten Neuschneezuwachs
ergeben. Am östlichen Alpenrand kann es vielleicht noch mal für 10 cm Neuschnee
innerhalb von 12 Stunden reichen. Abgesehen vielleicht vom Nordwesten und
tieferen Lagen Westdeutschlands stellt sich ansonsten überall leichter und im
Bergland mäßiger Frost ein.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann