DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-01-2022 08:30
SXEU31 DWAV 150800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 15.01.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW a

Am Sonntag und Montag windiger, im Nordosten, an den Küsten und im Bergland
teilweise stürmisch. Durch örtlich gefrierenden Nieselregen markante Glätte am
Sonntag und in der Nacht zum Montag wahrscheinlich.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Samstag... liegen wir unter einem Höhenrücken, der ausgehend von dem Höhenhoch
über Italien über Mitteleuropa nach Norden reicht und langsam ostwärts schwenkt.
Er verliert etwas an Substanz und zieht sich nach Süden zurück. Vorderseitig
eines zu den Britischen Inseln schwenkenden Kurzwellentroges sorgt
Warmluftadvektion für leichten Luftdruckfall über West- und Mitteleuropa, sodass
sich die Hochdruckzone im Bodendruckfeld mit ihrem Schwerpunt ins
südöstliche Mitteleuropa zurückzieht.
Die nur schwache bodennahe Strömung dreht dadurch nach Ost bis Süd, wobei
Absinken und der fehlende Nachschub feuchter Luft ein zögerliches Auflockern der
dichten Stratusbewölkung begünstigen. Bei dieser handelt es teilweise um die
Reste der gestern nach Deutschland eingedrungenen Kaltfront, die sich unter dem
Hochdruckgebiet aber weitgehend aufgelöst hat.
Ob die Auflockerungen soweit gehen, wie es die deutsche Modellkette sieht, ist
fraglich. Gut möglich, dass über größeren Bereichen der norddeutschen Tiefebene
bis in den Südosten neblig-trübes Wetter bis in die Abendstunden überwiegt.
Dabei kann örtlich auch geringfügiger Niederschlag fallen, ob dabei im Bergland
und nach Südosten hin Glätte auftraten kann, muss in situ beurteilt werden.
Gelbe Warnungen sollten aber reichen. Auch die Sichten in den Nebelfeldern
bessern sich heute tagsüber wohl teilweise nur zögernd, sodass auch hier
eventuell in die Verlängerung gegangen werden muss.

Im Süden und Südwesten bleibt es beim Nebeneinander von zähem Nebel in einigen
Flussniederungen und Sonnenschein im Bergland aber auch abseits davon, weil die
Absinkinversion fast am Erdboden aufliegt. Bedingt durch die WLA kommen im
Tagesverlauf im Westen und Norden einige Cirren auf.

Nachlassende Durchmischung und die Neuauflage der Grundschicht führt vor allem
im Osten und Osten zu etwas niedrigeren Temperaturen als an den Vortagen. Sonst
ändert sich wenig am Temperaturniveau von +2 bis +8°C, im Dauernebel nur um 0°C.
Die höheren Werte sind dem Nordwesten vorbehalten.

In der Nacht zum Sonntag zieht der Rücken ostwärts ab, womit Deutschland auf die
Vorderseite eines zur Nordsee schwenkenden Kurzwellentroges kommt. Da die
trogvorderseitige Vorticityadvektion aber von Kaltluftadvektion überlagert wird,
kommt nicht allzuviel Hebung zustande. Dennoch kann sich die Bewölkung im
Nordwesten und Norden verdichten. Abgesehen von ein paar Tropfen Regen, fällt
aber nicht viel.

Die Strömung dreht auf Südwest und nimmt an der Nordsee soweit Fahrt auf, dass
einzelne steife Böen möglich werden. Ansonsten ziehen hohe und mittelhohe
Wolkenfelder durch, unter denen sich in den Niederungen erneut Nebel und
Hochnebel
ausbreiten. Außer im Nordwesten und Norden muss mit leichtem, im Süden
stellenweise mit mäßigem Frost und örtlicher Glätte gerechnet werden.


Sonntag... macht der Trog bis in den Osten und Süden Deutschlands Boden gut.
Dahinter und vor dem nächsten Rücken über dem Nordatlantik dreht die
Höhenströmung kurzzeitig weiter nach Nord. Der Trog wird weiter von KLA
begleitet, was dennoch etwas Spielraum für leichte Hebung lässt und von Nordwest
bis in die Landesmitte für leichte Niederschläge sorgt, die aber auch
akkumuliert über den Tag gering bleiben. Zum Abend können diese auch den Süden
erfassen.

Weniger durch etwaige einfließende kältere Luft, als durch ein Anheben der
kälteren Grundschicht geht die Temperatur in 850 hPa auf -2 bis -6°C zurück. Die
Schneephase wird dabei in den meisten Modellen überrepräsentiert, weil es sich
bei der Bewölkung eher um den angehobenen Hochnebel handelt, in dem die
Temperatur meist über -10°C bleibt und deshalb die flüssige Phase überwiegt.
Somit muss auch tagsüber zumindest lokal im Bergland gefrierender Sprühregen
einkalkuliert werden, der aber mit markanten Warnungen abgehandelt werden kann,
vielleicht reicht wegen der marginalen Mengen auch gelb.
Die Hochdruckzone zieht sich nach Süden und Westen zurück und macht Platz für
eine westliche Strömung, in der wieder etwas Gradient aufkommt. Entsprechend
lebt der Wind auf und erreicht an den Küsten und im Bergland in Böen Stärke 7
bis 8, exponiert auf dem Brocken und Fichtelberg sind Sturmböen oder schwere
Sturmböen, Bft 9 bis 10, möglich.

Wobei im Süden die Hochdruckzone noch am ehesten wirksam bleibt und im äußersten
Süden bei meist schwachem Wind bis zum Abend die Sonne scheint, während
ansonsten ein eher grauer Tag ansteht.

In der (vor allem im Norden) besser durchmischten Luftmasse steigen die
Temperaturen gebietsweise etwas an, im Bergland und regional im Süden wird aber
es aber auch kälter, als zuvor. Die Spanne reicht von +1°C örtlich im Süden und
bis +8°C im Nordwesten.

In der Nacht zum Montag greift eine erste schwache Kaltfront, wahrscheinlich
schon Sonntagabend, auf den Norden
über, gefolgt von einer zweiten ausgangs der Nacht. Dabei verschärft sich der
Gradient über dem Nordosten durch die Entwicklung eines Randtiefs, das über die
Ostsee zum Finnischen Meerbusen zieht. Im Norden und Nordosten sind steife bis
stürmische Böen aus West bis Nordwest auf der Karte, an der Ostsee Sturmböen bis
exponiert schwere Sturmböen und auf einigen Berggipfeln schwere Sturmböen bis
orkanartige Böen.
Es treten weitere leichte Niederschläge auf, die sich zunächst in die Mitte und
dem Süden zurückziehen, bevor mit der nächsten Kaltfront zum Morgen im Norden
wieder Regenfälle ankommen. In tiefen Lagen über der Mitte regnet es meist, im
Bergland und im Südosten ist zumindest teilweise die feste Phase in Aussicht.
Dabei ist regional aber weiter auch gefrierender Regen möglich, da die
Wolkentemperatur die -10°C wenigstens teilweise weiterhin nicht unterschreitet
und die Nachttemperaturen im Süden um den Gefrierpunkt liegen.

Die Temperatur geht im Norden auf 5 bis 1°C zurück, über der Mitte und dem Süden
liegen die Minima zwischen +1 und -2°C.


Montag... regeneriert sich das Hochdruckgebiet über Westeuropa, da sich der
Höhenrücken dort auch wieder kräftigt und etwas nach Osten schwenkt. An dessen
Nordostflanke liegt der Norden und Osten des Landes unter einer lebhaften
nordwestlichen Strömung. Sie resultiert aus dem enormen Gradienten zwischen dem
Hoch (1035 bis 1040 hPa im Zentrum) und einem Doppeltief über Nordwestrussland
(unter 980 hPa).

Entsprechend wird es in der Nordosthälfte sehr windig, teils stürmisch mit Böen
7-8 Bft, exponiert und an der Ostsee 9 Bft, in den bekannten Hochlagen bis zu 11
Bft aus West bis Nordwest. In der einfließenden, sehr gut durchmischten
erwärmten Meeresluft polaren Ursprungs (T850 -2 bis -5°C) fällt zeitweise etwas
Regen, oberhalb rund 600 m Schnee (12h-Summen unter 5 l/m²). Im Tagesverlauf
lockern die Wolken östlich der Elbe wieder auf.

Nach Westen und Südwesten zu bleibt es unter Hochdruckeinfluss nicht nur
weitgehend trocken, es geht auch deutlich weniger windig zu. Von einigen
Auflockerungen im äußersten Westen und Südwesten abgesehen hält sich aber auch
hier starke Bewölkung. Die Temperatur steigt auf 3 bis 9°C mit den höchsten
Werten im Nordwesten.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Höhenrücken von Westen zu uns und das
Bodenhoch breitet sich über Deutschland wieder nach Osten aus. Damit fächert der
Gradient auch im Osten wieder auf, vor allem im Bergland gibt es noch steife bis
stürmische exponiert Sturmböen, in tiefen Lagen und an den Küsten ist wohl schon
abends mit warnrelevanten Böen Schluss. Ebenso die Niederschläge befinden sich
auf dem absteigenden Ast. Sie ziehen sich in den Südosten zurück und lassen
nach, im höheren Bergland sind sie aber noch für geringen Neuschnee gut.

Vor allem im Südwesten und im Bergland gibt es leichten Frost und stellenweise
dichten Nebel und vereinzelt Glätte. Ansonsten bleibt es unter starker Bewölkung
meist frostfrei.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Modelle simulieren von den Basisfeldern her ähnlich, sodass der Ablauf in
groben Zügen unstrittig ist.

In den Wetterinterpretationen überwiegt ab Sonntag Schneefall, was aber, wie im
Text erläutert, angezweifelt werden darf. Hier ist ICON D2 besser aufgestellt,
das wenigstens teilweise den gefrierenden Sprühregen im Programm hat,
wahrscheinlich vom Anteil her aber immer noch zu wenig.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner