DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-01-2022 08:01
SXEU31 DWAV 100800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 10.01.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: BM
An den Alpen anfangs noch leichter Schneefall, sonst überwiegend Hochdruckwetter
mit Grenzschichtproblematik. In der Nacht zum Mittwoch im Norden örtlich
Glatteis nicht ausgeschlossen.


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Montag... stellt sich pünktlich zu Beginn der neuen Woche die Wetterlage um hin
zu einer überwiegend ruhigen Hochdruckrandlage, wobei Grenzschichtprozesse mehr
und mehr in den Fokus der prognose- und Warntätigkeit rücken.
Anfangs ist das Geopotenzialfeld über dem Vorhersagegebiet aber noch im Bereich
einer von einem allmählich vom Tyrrhenischen zum Ionischen Meer ziehenden
Höhentief über den Alpenraum bis nach Mitteleuropa reichenden Potenzialrinne
leicht zyklonal konturiert. Mit einem von den Britischen Inseln über die Nordsee
Richtung Süd- und Mittelskandinavien vorstoßenden Höhenrücken, der aber
gleichzeitig aufgrund des Vordringens der Frontalzone vom mittleren Nordatlantik
zum Nordmeer nach Süden abgedrängt wird, wird die Rinne aber von Norden her mehr
und mehr zugeschüttet, wobei mitteltroposphärisch über dem Vorhersagegebiet
zunehmend dynamisches Absinken die Überhand gewinnt.
Auch im Bodenfeld geht dieser Prozess mit deutlichem Druckanstieg einher.
Aktuell erstreckt sich - ausgehend von einem flachen, sich aber rasch
auffüllenden Tief knapp nördlich der Deutschen Bucht - eine ebenso flache
Tiefdruckrinne in etwa die Elbe entlang bis nach Ostsachsen. Dabei lässt sich
noch ein konvergentes Windfeld ausmachen und entsprechend wurde eine Okklusion
analysiert, die sich im Tagesverlauf allerdings mehr und mehr auflöst. Im
Bereich dieser Okklusion bzw. auf deren Rückseite fällt aktuell noch
gebietsweise leichter Niederschlag, nach Norden zu (dort ist die Temperatur in
850 hPa inzwischen auf über -5 Grad gestiegen) bei überwiegend positiven
Temperaturen in der Grundschicht meist als Regen oder Nieselregen, etwa ab dem
Erzgebirge und Thüringer Wald aber als Schneegriesel, Schnee, anfangs
stellenweise aber auch noch als gefrierender Nieselregen. Die Mengen bleiben
allgemein gering, für nennenswerte Neuschneemengen reicht es ab heute Mittag
wohl auch am Erzgebirge nicht mehr. Eine Ausnahme bilden die Alpen: Wie so
häufig, wenn die Niederschläge quasi überall nachlassen, kommt dort der Stau
erst so richtig in Gang. Ganz so gestaltet sich die aktuelle Situation
allerdings nicht, eine klassische Staulage hat sich ja nicht eingestellt.
Dennoch dreht die Strömung mit Abzug des Höhentiefs und Vordringen des Rückens
mittel- und niedertroposphärisch im Tagesverlauf mehr von Ost auf Nordost,
wodurch sich vor allem nach Osten zu (Chiemgau, Berchtesgadener Land) zum
Nachmittag/Abend hin die Staukomponente verstärkt. Dazu befindet sich die
Absinkinversion am Abend an den Alpen immer noch bei etwa 600 hPa. Entsprechend
werden dort vor allem im Zeitraum von heute, 12 UTC bis zum Dienstag, 00 UTC
noch recht verbreitet 1 bis über 5 l/qm simuliert (lediglich im Allgäu weniger),
I-D2 und auch andere hochauflösenden Modelle haben in den Staulagen des
Chiemgaus und Berchtesgadener Landes sogar Mengen über 10 l/qm auf der Agenda.
Bis Dienstagfrüh können dort entsprechend über 10 cm Neuschnee fallen, ansonsten
betragen die Neuschneehöhen aber meist 1 bis 5 cm und nur stellenweise mehr.
Mit dem recht massiven Druckanstieg wird die Tiefdruckrinne bereits am Vormittag
zugeschüttet und die Okklusion löst sich auf. Bis zum Abend steigt der Druck um
über 10 hPa an und die Rinne weicht einer Hochdruckbrücke, die von einem Hoch
knapp westlich der Iberischen Halbinsel über Frankreich und Mitteleuropa bis zu
einem sich ebenfalls verstärkenden Hoch über der Ostsee und Finnland reicht.
Während - wie bereits erwähnt - die Absinkinversion im äußersten Süden grade so
die 600 hPa erreicht, befindet sie sich in der Mitte und im Norden am Abend
bereits bei etwa 800 hPa bzw. knapp darunter. Vor allem im Bereich der
ehemaligen Rinne bzw. der Okklusion sowie in einem breiten Streifen südwestlich
und nordöstlich davon bleibt es aufgrund der feuchten Grundschicht tagsüber
weitgehend bedeckt, im Bergland neblig trüb. Auflockerungen gibt es hingegen
ganz im Nordosten, wo von Osten her etwas trockenere Festlandsluft gesickert
ist, vor allem aber auch im Westen, wo sich der Hochdruckeinfluss stärker
bemerkbar macht. Die Temperaturen erreichen im Bereich der allmählich alternden
maritimen Polarluft Höchstwerte zwischen 1 und 6 Grad, mit den höchsten Werten
mit etwas Sonne am Niederrhein. Oberhalb von etwa 500 bis 800 m gibt es leichten
Dauerfrost.

In der Nacht zum Dienstag stößt die Frontalzone allmählich Richtung Norwegische
See vor. Das Frontensystem eines zum Nordmeer ziehenden Bodentiefs greift bei
fortschreitendem Okklusionsprozess auf die Nordsee über.
Der Höhenrücken wird dabei unter Wellenlängenverlust vor allem mit seinem
Westteil weiter nach Süden abgedrängt. Dienstagfrüh reicht dessen Achse über den
Ärmelkanal und die südliche Nordsee bis zur südlichen Ostsee und von dort aus
nordnordostwärts bis nach Lappland bzw. zur Kola-Halbinsel.
Er stützt nach wie vor die Hochdruckbrücke über Mitteleuropa, die sich über dem
Vorhersagegebiet sogar noch ein wenig verstärken kann. Dabei trocknet die
mittlere und auch niedere Troposphäre von Nordwesten her zunehmend ab, teilweise
bis auf unter 850 hPa. Etwas höher reicht die feuchte Grundschicht allerdings
vor allem an den Alpen, wo es Richtung Osten bis in die zweite Nachthälfte
hinein noch leicht schneit und erst danach der Schneefall nicht mehr nennenswert
ist. Auch am Erzgebirge fallen in Staulagen noch 1 bis 2 l/qm Niederschlag, dort
ist aufgrund der niedrigen Absinkinversion und der deutlich milderen Luftmasse
darüber gebietsweise auch gefrierender (Niesel)regen nicht ausgeschlossen.
Im Rest des Landes verläuft die Nacht wettertechnisch ruhig. Vor allem im Westen
gibt es größere Auflockerungen, auch im Südwesten lockern die Wolken auf,
allerdings bildet sich innerhalb der feuchten Grundschicht vielerorts Nebel.
Ganz im Osten, etwa von Ostvorpommern bis nach Ostsachsen, ist es im
Einflussbereich der trockeneren Festlandsluft ebenfalls aufgelockert bis gering
bewölkt. Ansonsten bleibt es aber überwiegend stark bewölkt bis bedeckt. Vor
allem bei aufgelockerter Bewölkung gibt es verbreitet leichten, Richtung Oder
und Neiße sowie in einigen Mittelgebirgstälern über Schnee auch mäßigen Frost.
Bei bedecktem Himmel bleibt es vor allem in der Mitte und im Norden in den
Niederungen teilweise auch frostfrei. Hier und da tritt Glätte durch Überfrieren
von Nässe, vereinzelt auch durch Reif auf.

Dienstag... weitet sich die Frontalzone nach Skandinavien aus und drängt auch
dort den Rücken nach Osten ab. Dessen Divergenzachse greift im Tagesverlauf
allmählich auf Norddeutschland über und nördlich davon kommt die Okklusion im
Bodenfeld bis zum Abend etwa zur Deutschen Bucht voran. Die ihn begleitende
flache Tiefdruckrinne füllt sich mit Annäherung an die Hochdruckbrücke aber mehr
und mehr auf, so dass er deutlich an Wetteraktivität einbüßt. Somit werden die
Wolken im Norden und Nordwesten (oberhalb des teils beständigen Hochnebels) zwar
im Tagesverlauf dichter, bis zum Abend bleibt es aber noch weitestgehend
trocken.
Ansonsten kann sich die Hochdruckbrücke sogar noch etwas verstärken (auf etwa
1035 hPa), wobei deren Divergenzachse in etwa über die Mitte Deutschlands hinweg
ostnordostwärts reicht. Durch das Absinken wird die feuchte Grundschicht immer
mehr zusammengestaucht, was die Chancen auf Auflockerungen in einigen Regionen
deutlich erhöht, zumal in die Osthälfte nach wie vor zusätzlich noch etwas
trockenere Festlandsluft sickert. Vor allem dort, mit etwas auflebendem
Südsüdostwind aber auch im Westen sowie in höheren Lagen Südwest- und
Süddeutschlands setzt sich somit vielerorts die Sonne durch. Andernorts kann
sich dagegen längere Zeit die tiefe Grenzschichtbewölkung bzw. Nebel und
Hochnebel halten, teilweise auch ganztägig. Die Temperaturen erreichen meist
Höchstwerte zwischen 0 und 5 Grad, an Oder und Neiße sowie in Regionen mit
Nachtfrost und beständigem Nebel tagsüber reicht es für leichten Dauerfrost.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt die Achse des Höhenrückens bzw. -keils über
das Vorhersagegebiet allmählich südwärts, aufgrund beständiger WLA an der
Südflanke der Frontalzone weitet sich aber ein neuer Keil vom Höhenhoch westlich
der Britischen Inseln bis zur Nordsee und nach Dänemark aus. Somit bleibt die
schwache nördliche bis nordöstliche Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet
antizyklonal konturiert.
Der Okklusion des Nordmeertiefs ist somit nach wie vor kein nennenswertes
Entwicklungspotenzial beschert. Immerhin schafft sie es trotz der sich noch
verstärkenden und mit ihrer Achse etwas nach Süden abgedrängten Hochdruckbrücke
bis nach Norddeutschland vorzudringen. Etwa vom Emsland/Niederrhein bis nach
Vorpommern fällt dabei gebietsweise etwas Regen oder Nieselregen, nach Osten zu
auch etwas Schnee. Die Mengen bleiben zwar nach Lesart aller vorliegenden
Modelle gering bis nicht nennenswert (lediglich im nordwestlichen Niedersachsen
und in Schleswig-Holstein fallen gebietsweise mehr als 1 l/qm in 12 Stunden),
dennoch fällt der Niederschlag nach Süden zu gebietsweise in eine frostige
Grundschicht, so dass dann im Falle der flüssigen Phase gefrierender Regen bzw.
Nieselregen nicht ausgeschlossen ist. Eine großräumigere Glatteislage bzw. gar
Unwetter dürfte aber nach Lesart der aktuellen Modellläufe nicht auf der Agenda
stehen.
Im Rest des Landes ändert sich aber nicht viel am ruhigen Hochdruckwetter. Die
Nebel- und Hochnebelfelder weiten sich aus bzw. bilden sich neu, die
Absinkinversion befindet sich aber so weit unten, dass es in höheren Lagen sowie
an den Alpen und im ostbayerischen Mittelgebirgsraum wolkenlos bleibt. Auch in
der Lausitz bildet sich im Einflussbereich der trockeneren Festlandsluft kaum
Nebel. Während es im Nordwesten unter den dichten Wolken frostfrei bleibt, gibt
es sonst verbreitet leichten, bei klarem Himmel auch mäßigen Frost, in den
Alpentälern und in den Tälern der süddeutschen und östlichen Mittelgebirge kann
es über Schnee auch strengen Frost geben. Stellenweise tritt Glätte durch
überfrorene Nässe, gefrierendes Nebelnässen oder Reif auf.

Mittwoch... erreicht das Höhenhoch über Westeuropa mit seinem Schwerpunkt bis
zum Abend Irland. Der zur Nordsee bzw. nach Mitteleuropa gerichtete Höhenkeil
kommt etwas nach Süden voran und verstärkt sich noch. Er stützt nach wie vor ein
inzwischen vom Süden der Britischen Inseln bis nach Mittel- bzw. Süddeutschland
reichendes Hochdruckgebiet, das sich seinerseits ebenfalls verstärkt und im
Tagesverlauf eine großräumige 1040 hPa-Kernisobare aufweist. Insgesamt kommt
dessen Divergenzachse nur noch wenig nach Süden voran und knapp nördlich davon
erreicht die sich auflösende Okklusion noch die mittleren Landesteile. Dabei
kann es noch gebietsweise etwas nieseln, vor allem vormittags besteht dann am
ehesten wohl in den Mittelgebirgen örtlich Glatteisgefahr.
Derweil kommt - eingebettet in die inzwischen kräftig ausgeprägte, vom mittleren
Nordatlantik bis nach Nord- und Mittelskandinavien reichende Frontalzone - das
Frontensystem eines weiteren Nordmeertiefs über Westeuropa rasch nach Ostsüdost
voran. Die Warmfront greift im Tagesverlauf von Schottland her auf die Nordsee
über, im Vorfeld erreichen vor allem nach Lesart des ICON-EU dichtere
Wolkenfelder bereits den äußersten Norden Deutschlands, bis auf gebietsweise
leichten Nieselregen bleibt es aber trocken. Der Gradient an der Nordflanke des
sich verstärkenden Hochs verschärft sich mit Frontannäherung, entsprechend
frischt der Wind vor allem an den Küsten ein wenig aus West auf, ist aber nicht
weiter warnrelevant.
Im Bereich der sich auflösenden Okklusion halten sich vor allem über den
mittleren Landesteilen dichte Wolkenfelder, weiter südlich bleibt es in den
Niederungen ebenfalls häufig trüb durch Nebel oder Hochnebel. Nur gebietsweise,
verbreitet hingegen in höheren Lagen, so ab etwa 700 bis 1000 m, scheint die
Sonne. Postfrontal bleibt es ebenfalls gebietsweise stark bewölkt, am ehesten
lockern die Wolken mit etwas auffrischendem Wind noch im Westen auf, während sie
im Norden - wie bereits erwähnt - wieder dichter werden.
In 850 hPa steigt die Temperatur von Nordwesten her allmählich an - bis zum
Abend auf Werte zwischen +3 Grad über der Nordsee und -4 Grad im Südosten. Mit
dem auffrischenden Wind kann sich diese Luftmasse vor allem im Westen und
Nordwesten auch bodennah durchsetzen, so dass es dort mit 4 bis 7 Grad etwas
milder als an den Vortagen wird. Ansonsten liegen die Höchstwerte zwischen -2
und +4 Grad, leichten Dauerfrost gibt es vor allem im Südosten und Süden bei
beständigem Nebel bzw. Hochnebel.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert das Höhenhoch seinen Schwerpunkt
allmählich zur Irischen See, der nach Mitteleuropa gerichtete Höhenkeil wird an
der Südflanke der sich über dem Nordmeer und Skandinavien verstärkenden
Frontalzone etwas nach Süden abgedrängt. Er stützt nach wie vor das kräftige
Bodenhoch, an dessen Ausrichtung sich nur wenig ändert und das nach wie vor eine
großräumige 1040 hPa-Kernisobare aufweist, die vom Süden der Britischen Inseln
über weite Teile des Vorhersagegebietes bis zum nördlichen Balkan reicht. An
deren Nordostflanke kommt die Warmfront über der Nordsee rasch ostsüdostwärts
voran und streift dabei auch den Norden und Nordosten Deutschlands.
Niederschläge sind kaum zu erwarten, stellenweise kann es aus den dichten Wolken
geringfügig nieseln. Vor allem im Nordosten frischt der Wind noch etwas auf,
entlang der vorpommerschen Küste reicht es eventuell für steife Böen (Bft 7) aus
West.
Die dichteren, kompakten Wolkenfelder der Warmfront dringen noch in etwa bis in
die mittleren Landesteile vor, weiter südlich ändert sich nur wenig. Die Nebel-
und Hochnebelfelder verdichten sich wieder etwas bzw. bilden sich neu, in
einigen Regionen, vor allem in höheren Lagen, bleibt es aber gering bewölkt.
Unter den dichten Wolken bleibt es in der Nordhälfte überwiegend frostfrei.
Sonst gibt es erneut leichten, im Süden gebietsweise mäßigen, in einigen
Mittelgebirgs- und Alpentälern auch strengen Frost.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Alle Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum ein ähnliches Szenario, prognose-
und warnrelevante Unterschiede lassen sich kaum ausmachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff