DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-01-2022 08:01
SXEU31 DWAV 080800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 08.01.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Ww, Übergang zu B M

SCHNEEFALL:
Zunächst über der Mitte und dem Süden gebietsweise kräftiger Schneefall,
ostwärts ziehend. Im Bergland 5 bis 10 cm, in Staulagen örtlich um 15 cm
Neuschnee in 6 bis 12 Stunden. Tagsüber im östlichen Bergland örtlich 10 cm
Neuschnee. Im Tagesverlauf nachlassend. In der Nacht zum Sonntag im Bergland
teils 5 bis 10, in Staulagen (zentrale und östliche Mittelgebirge,
Hochschwarzwald und Allgäu) um 15 cm Neuschnee in 6 bis 12 Stunden, bis
Sonntagmittag andauernd.

FROST/GLÄTTE:
In der Nacht zum Dienstag bei Aufklaren im Nordosten sowie im Bergland teils
strenger Frost unter -10 Grad.

WIND:
Zunächst im Südwesten lebhafter, von Südwest auf West bis Nordwest drehender
Wind. In Kamm- und Gipfellagen des Schwarzwaldes Sturmböen. Nach vorübergehender
Windabnahme im Westen erneut auffrischender, auf Süd drehender Wind.
In der Nacht zum Sonntag im Westen und Südwesten in freien Lagen einzelne
stürmische Böen aus West. Im Bergland allgemein stürmische Böen oder Sturmböen,
in Kamm- und Gipfellagen schwere Sturmböen bis Bft 10, (exponiert, z.B.
Hochschwarzwal) darüber. An der See Wind- und teilweise stürmische Böen aus
Südost. Am Sonntag allenfalls bis gegen Mittag auf exponierten Berggipfeln noch
Sturmböen Bft 8/9.


Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Samstag... liegt der Osten Deutschlands unter einem ostwärts abziehenden Trog.
Dieser hatte die Bildung eines flachen Wellentiefs induziert, das mit
Schneefällen aktuell noch den östlichen Mittelgebirgsraum beeinflusst, aber sich
unter Abschwächung weiter ostwärts verlagert. Dabei kommen nur noch wenige, am
Alpenrand, im Westerzgebirge und im Bayerischen Wald bis 10 cm innerhalb von 12
Stunden zusammen.
Dem Trog folgt ein schwacher Keil, der von Warmluftadvektion überlaufen wird und
somit bei Verkürzung der Wellenlänge abflacht. Ein weiterer Trog erreicht
bereits die Britischen Inseln. Mit dem nachrückenden Keil wird die labil
geschichtete Luft nach Osten abgedrängt.
Ansonsten macht sich schwacher Zwischenhocheinfluss bemerkbar, wenn hiervon
aufgrund der nur leichten antizyklonalen Krümmung der Isobaren die Rede sein
kann. Sturmböen sollten, abgesehen von exponierten Gipfellagen Südwest- und
Süddeutschlands, kaum noch auftreten. Allerdings muss im Südwesten und Süden bis
in tiefere Lagen bis weit in den Tag hinein noch mit Windböen gerechnet werden.
Im Norden und Osten, aber auch im Alpenvorland sind dank einer leichten
Durchmischung am ehesten Auflockerungen vorstellbar.
Bereits im Tagesverlauf verstärkt sich von Westen her die Warmluftadvektion, was
Druckfall aufkommen lässt. Hierdurch zieht im Westen der Gradient wieder an, so
dass ab dem späten Nachmittag in Gipfellagen der westlichen und nördlichen
Mittelgebirge sowie über der offenen Nordsee Wind- und stürmische Böen
(exponiert bis Bft 9) aufkommen. Auch in einigen Leelagen sind Windböen Bft 7
vorstellbar. Zudem zieht mehrschichtige Bewölkung auf, im Westen setzen dann
erneut Niederschläge ein, die anfangs oberhalb etwa 400 m als Schnee und sonst
als Regen fallen, aber in den Hochlagen der westlichen Mittelgebirge alsbald in
Regen übergehen. Dabei sind Temperaturmaxima zwischen 0 und 5 Grad zu erwarten.
In den zentralen und östlichen Mittelgebirgen herrscht noch oberhalb etwa 600 m
leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Sonntag wird der Keil unter weiterer Verkürzung der Wellenlänge
nach Osten abgedrängt. Der nachfolgende Trog greift auf den Westen Deutschlands
über. Das mit diesem Trog korrespondierende Randtief gelangt in die Nordsee.
Dessen okkludierendes Frontensystem erfasst in der zweiten Nachthälfte das
Vorhersagegebiet. Die Niederschläge weiten sich über die Mitte hinweg ostwärts
aus, wahrscheinlich bleibt hiervon nur der Nordosten verschont. Durch den
Okklusionsprozess sinkt nach Osten hin die Schneefallgrenze ab, am östlichen
Rand des Niederschlagsgebietes fällt wahrscheinlich bis in tiefe Lagen Schnee.
Rückseitig erfolgt nach einem vorübergehenden Anstieg bereits im westlichen
Bergland ein Absinken der Schneefallgrenze wieder auf Lagen um 600 m. Im
Hochsauerland, in den Staulagen der zentralen, fränkischen und nördlichen
Mittelgebirge sowie im Schwarzwald können durchaus mehr als 10 cm Schnee
innerhalb von 6 bis 12 Stunden zusammenkommen, was ggf. erneut eine markante
Warnung erforderlich machen würde. Zudem besteht vor allem im Schwarzwald in
Lagen oberhalb 1000 m eine geringe Gefahr für Verwehungen. Abgesehen vom
Nordwesten, dem Westen und tieferen Lagen Südwestdeutschlands, wo sich bereits
mildere Luft durchsetzt, ist bei Tiefsttemperaturen zwischen 0 und -4 Grad
verbreitet mit Glätte durch Neuschnee, Schneematsch oder überfrorene Nässe zu
rechnen.
Mit Annäherung und dem Übergreifen des Frontensystems frischt der Wind auf. In
Kamm- und Gipfellagen setzen Sturmböen Bft 8/9, ein, auf Schwarzwaldgipfeln und
dem Brocken sind schwere Sturmböen vorstellbar. Im Südwesten sind bis in tiefere
Lagen und ansonsten in einigen Leegebieten der Mittelgebirge Windböen, an der
Küste Wind- (Ostsee) und teils auch stürmische Böen (Nordsee) und an der
Nordfriesischen Küste Sturmböen bis Bft 9 zu erwarten.

Sonntag... weitet sich der über dem Westen Deutschlands liegende Trog eher nach
Süden aus als dass er nach Osten vorankommt. Der über dem Mittelmeerraum
liegende, bisher "unscheinbare" Trog wird hierdurch regeneriert. In der unteren
Troposphäre zeichnet sich sogar ein Austropfprozess ab, was über Südeuropa eine
Zyklogenese zur Folge hat. Im Bereich des Troges setzt sich labil geschichtete
Kaltluft über dem Westen und Südwesten durch. Da aber dieser Trog zusehends
"auseinandergezogen" wird, spielt die Dynamik nicht mit, so dass es zwar für
schwache Schneeschauer, nicht aber für kurze Gewitter reichen dürfte.
Die Niederschläge, die nach einem vorübergehenden Anstieg der Schneefallgrenze
(bedingt durch das okkludierte Frontensystem) bis in Lagen zwischen 400 und 600
m wieder in Schnee übergehen, können sich nur zögernd weiter nach Nordosten
ausweiten. In den Staulagen der nördlichen, zentralen und süddeutschen
Mittelgebirge wie auch am Alpenrand und später (mit geringerer
Wahrscheinlichkeit) auch im Westerzgebirge kommen weitere 10 bi 15 cm Neuschnee
hinzu, ansonsten reicht es nur für wenige Zentimeter. Im Nordwesten, Westen
(unterhalb etwa 600 m) und in tieferen Lagen Südwestdeutschlands fällt durchweg
Regen. In diesen Gebieten werden bis 7 Grad erreicht, wogegen sonst 1 bis 5 Grad
zu erwarten sind. Oberhalb 600 bis 800 m herrscht meist leichter Dauerfrost.
Mit Passage des Frontensystems, das am Vormittag bereits den Nordosten
Deutschlands erreicht und bis zum Abend auch die Oder überquert hat, zieht zwar
der Gradient noch einmal etwas an. Bis in den Vormittag hinein sind im Südwesten
bis in tiefe Lagen sowie in den Leegebieten der Mittelgebirge Windböen Bft 7, im
Bergland Sturmböen Bft 8/9 (Schwarzwald- und Alpengipfel teils schwere Sturmböen
bis Bft 10) zu erwarten. Auch an der Küste treten noch Windböen (Ostsee) und
stürmische Böen (Nordseeküste) auf. Bis Mittag beginnt der Wind rasch
abzuflauen. In der zweiten Tageshälfte reicht es anfangs für warnrelevante Böen
nur noch an einigen Küstenabschnitten (Bft 7) und in exponierten Kamm- und
Gipfellagen (Sturmböen Bft 8/9).

In der Nacht zum Montag tropft der Trog vollends nach Südeuropa aus, was
wahrscheinlich in mehreren Phasen vor sich geht. (Schwache) Kaltluftadvektion
und der hieraus resultierende Druckanstieg lässt eine Hochbrücke entstehen, die
die Verbindung zwischen einem blockierenden Hoch über Fennoskandien (daher
anfangs eine Winkel-Westlage) und einem Hoch westlich der Iberischen Halbinsel
darstellt. Die Niederschläge (nur noch unterhalb etwa 400 m als Regen, sonst als
Schnee) konzentrieren sich dann auf den Nordosten, den östlichen
Mittelgebirgsraum und den Alpenrand sowie das südwestdeutsche Bergland, wo noch
einmal einige, in Staulagen auch mehr als 5 cm Neuschnee hinzukommen können.
Tendenziell werden aber die Niederschläge schwächer und die Luftmasse kommt zur
Ruhe. Warnrelevante Böen treten dann nicht mehr auf. Während es unter stärkerer
Bewölkung noch weitgehend frostfrei bleibt, sind ansonsten Tiefstwerte zwischen
0 und -4 Grad (und somit auch Glätte durch Neuschnee, Schneematsch oder
überfrorene Nässe) zu erwarten.

Montag... hält sich, bedingt durch einen verzögert in das südeuropäische Tief
hereinlaufenden Randtrog, mitteltroposphärisch noch zyklonaler Einfluss. Von der
Biskaya her weitet sich jedoch ein Keil in Richtung Fennoskandien aus, wodurch
das dort liegende Bodenhoch gestützt wird und sich weiter kräftigt. Hiervon
profitiert auch die über Mitteleuropa hinweg südwestwärts bis in das Seegebiet
westlich der Iberischen Halbinsel reichende Hochbrücke. In deren Bereich stellt
sich eine gradientschwache Lage ein. Geringe Niederschläge, die aus schwachen
Hebungsprozessen an der Nordflanke des südeuropäischen Höhentiefkomplexes
resultieren, erfassen allenfalls das südwestdeutsche Bergland, den Alpenrand und
die östlichen Mittelgebirge, aber selbst dort kommen nur noch wenige Zentimeter
Neuschnee hinzu. Die Schneefallgrenze liegt bei etwa 400 m. Vor allem im Westen
und in Alpennähe, aber auch vermehrt im Nordosten stellen sich Auflockerungen
ein. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 0 bis 4, am Niederrhein bis 6 Grad.
Oberhalb 600 m herrscht meist leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Dienstag greift in der relativ weit nördlich ansetzenden, zonal
ausgerichteten Frontalzone erneut ein Trog auf Schottland über. Der
wetterbestimmende Keil wird ein wenig nach Osten gedrückt, stützt aber weiterhin
die von dem Hoch über Nordosteuropa nach Südwesten gerichtete Hochbrücke, die
sich, bedingt durch schwache Kaltluftadvektion, eher noch etwas kräftigt. Das
o.g. Bodenhoch verlagert sich von Fennoskandien zu den baltischen Staaten und
behält somit seinen Einfluss auf unser Wettergeschehen. Damit bleiben die
geringen Luftdruckgegensätze bestehen, nennenswerter Niederschlag fällt nicht
mehr. Gebietsweise kann sich Nebel bilden. Im Nordosten und Osten, d.h. mehr zum
Schwerpunkt des Bodenhochs hin, sorgt Absinken für Aufklaren. In diesen Gebieten
ist mäßiger, im Bergland und über Schnee strenger Frost zu erwarten. Aber auch
sonst stellt sich nahezu flächendeckend leichter und im höheren Bergland mäßiger
Frost ein. Insgesamt ist die Glättegefahr geringer als in den Nächten zuvor.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Auch hinsichtlich der aktuell und in der kommenden Nacht
zu erwartenden Schneefälle ergibt sich ein weitgehend ähnliches Bild.
Bemerkenswert ist, dass EURO4 bis in den Sonntagvormittag hinein noch Signale
für kräftige Schneefälle (durchaus bis über 10 cm innerhalb von 12 Stunden)
zeigt, was aus einem im 850 hPa-Niveau etwas tieferen Temperaturniveau
resultiert. Die deutsche Modellkette prognostiziert in diesem Gebiet nur noch
geringe Schneefälle.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann