DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-01-2022 08:30
SXEU31 DWAV 070800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 07.01.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W z, mit Ansätzen zu Ww.

WIND:
Über der offenen Nordsee und an der nordfriesischen Küste bis gegen Mittag
Sturmböen Bft 8/9. In den Kamm- und Gipfellagen einiger Mittelgebirge stürmische
Böen Bft 8, auf dem Brocken vorübergehend schwere Sturm- oder orkanartige Böen
(Bft 10 bis 11) aus Südwest. In der Nacht zum Samstag nur auf dem Brocken
Sturmböen Bft 8/9, abnehmend. In der zweiten Nachthälfte in den Kamm- und
Gipfellagen des Schwarzwaldes Sturmböen Bft 8/9 möglich.

Am Samstag tagsüber kaum markante Böen. Ab dem Abend auf exponierten Gipfeln
sowie in einigen Leelagen der westlichen und nördlichen Mittelgebirge sowie des
Schwarzwaldes aufkommend Sturmböen Bft 8/9. In der zweiten Nachthälfte auch auf
die zentralen und östlichen Mittelgebirge übergreifend. Dann auf
Schwarzwaldgipfeln Gefahr schwerer Sturmböen. Am Sonntag anfangs auf exponierten
Gipfeln noch Sturmböen Bft 8/9, alsbald abflauend.

SCHNEE:
In der Nacht zum Samstag im Südwesten im Laufe der Nacht aufkommender
Schneefall, teils kräftig, auf die mittleren Landesteile, morgens auch
südostwärts, bis ins nördliche Alpenvorland bzw. ins ostbayerische Bergland
ausweitend. Im Bergland (am ehesten wohl im Schwarzwald und im Odenwald,
eventuell aber auch vom Pfälzer Wald ostwärt) gebietsweise 5 bis 10 cm, in
Staulagen örtlich auch mehr in 6 bis 12 Stunden.

GEWITTER:
Im Nordwesten und Westen am Nachmittag und Abend einzelne Gewitter mit Graupel
und stürmischen Böen nicht ausgeschlossen.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegt Der Osten Deutschlands anfangs unter einem schwachen Keil, der
von einem nachfolgenden Trog rasch nach Osten abgedrängt wird. Diesem Trog ist
ein mittlerweile okkludiertes Frontensystem vorgelagert, das von Nordwesten und
Westen her rasch ostwärts übergreift. Niederschläge fallen anfangs bis in tiefe
Lagen als Schnee, gehen aber bis in Lagen um 400 Meter alsbald in Regen über.
Bis dahin fallen nur wenige Zentimeter Schnee; lediglich in Staulagen (vor allem
der zentralen Mittelgebirge) sind bis 10 cm Schnee möglich. Bis zum Abend werden
auch die mittleren Landesteile von diesen Niederschlägen erfasst, wobei dort
durchweg Schnee fällt. Da aber das Frontensystem von Kaltluftadvektion
überlaufen wird, zeichnet sich eine Abschwächung der frontalen Niederschläge ab.
Zudem erfolgt mit Annäherung der Front eine Gradientzunahme. Für warnrelevante
Böen reicht es nur im Nordwesten und in einigen Leegebieten der Mittelgebirge
(Bft 7) sowie auf höheren Berggipfeln und der offenen Nordsee (Bft 8/9). Auf dem
Brocken sind vorübergehend schwere Sturm- oder orkanartige Böen vorstellbar,
bevor im Tagesverlauf der Wind generell wieder abflaut. Aber immerhin sollte
aufgrund der Durchmischung ein Temperaturanstieg auf 2 bis 6 Grad zustande
kommen. Oberhalb von etwa 600 m hält sich leichter Dauerfrost.
Mit Annäherung des nachfolgenden Troges wird im Nordwesten und ganz im Westen
die Schichtung labiler, so dass dort ab dem späten Nachmittag einzelne kurze
Gewitter mit stürmischen Böen nicht ganz auszuschließen sind.

In der Nacht zum Samstag greift der Trog vollends auf Deutschland über, so dass
sich überall labil geschichtete Höhenkaltluft (mit Temperaturen, die im Norden
im 500 hPa-Niveau bis auf -38 Grad zurückgehen) durchsetzt. Die "Südspitze" des
Troges, die ein wenig "zurückhängt", kann die Bildung einer flachen Welle
induzieren. Als Hebungsantrieb kommt neben positiver Vorticityadvektion auch
schwache Warmluftadvektion in Frage. Die Zugbahn dieser Welle dürfte von der
Südpfalz ostwärts gerichtet sein, wobei noch Unsicherheiten bestehen. Das
betrifft auch die Niederschläge an deren Nordflanke, die durchweg als Schnee
fallen. Ja nach Modell greifen diese in einem breiten Streifen, der irgendwo im
Bereich vom Saar-Bergland bis zum Nordschwarzwald nach Osten gerichtet ist. Da
im Bergland durchaus mehr als 10 cm Schnee innerhalb 6 bis 12 Stunden
zusammenkommen, wäre eine markante Warnung erforderlich. Ansonsten, d.h. in den
mittleren Landesteilen und im Osten, kommen nur wenige Zentimeter Schnee
zusammen. Bei Tiefsttemperaturen zwischen +2 und -4 Grad besteht verbreitet
Glättegefahr, teils durch Schnee oder Schneematsch, teils auch durch überfrorene
Nässe.

Samstag... folgt dem Trog ein schwacher Keil, der wie der vorherige Keil
ebenfalls von Warmluftadvektion überlaufen wird und somit bei Verkürzung der
Wellenlänge abflacht. Ein weiterer Trog erreicht bereits die Britischen Inseln.
Mit dem nachrückenden Keil wird die labil geschichtete Luft nach Osten
abgedrängt und die bisherigen Niederschläge, die durchweg als Schnee fallen,
werden unter Abschwächung nach Südosten abgedrängt. Dabei kommen nur noch
wenige, am Alpenrand und im Bayerischen Wald bis 10 cm innerhalb von 12 Stunden
zusammen.
Ansonsten macht sich schwacher Zwischenhocheinfluss bemerkbar, wenn hiervon
aufgrund der nur leichten antizyklonalen Krümmung der Isobaren die Rede sein
kann. Warnrelevante Böen sollten kaum auftreten. Im Norden und Osten, aber auch
im Alpenvorland sind am ehesten Auflockerungen vorstellbar.
Bereits im Tagesverlauf verstärkt sich von Westen her die Warmluftadvektion, was
Druckfall aufkommen lässt. Hierdurch zieht im Westen der Gradient wieder an, so
dass ab dem späten Nachmittag in Gipfellagen der westlichen und nördlichen
Mittelgebirge sowie über der offenen Nordsee Wind- und stürmische Böen
(exponiert bis Bft 9) aufkommen. Auch in einigen Leelagen sind Windböen Bft 7
vorstellbar. Zudem kommt mehrschichtige Bewölkung auf, im Westen setzen dann
erneut Niederschläge ein, die anfangs oberhalb etwa 400 m als Schnee und sonst
als Regen fallen, aber in den Hochlagen der westlichen Mittelgebirge alsbald in
Regen übergehen.
Da aufgrund des schwachen Zwischenhocheinflusses die Durchmischung nicht mehr so
gegeben ist, sind Temperaturmaxima zwischen 0 und 5 Grad zu erwarten. In den
zentralen und östlichen Mittelgebirgen herrscht noch oberhalb etwa 600 m
leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Sonntag wird der Keil nach Osten unter weiterer Verkürzung der
Wellenlänge nach Osten abgedrängt. Der nachfolgende Trog greift auf den Westen
Deutschlands über. Das mit diesem Trog korrespondierende Tief gelangt in die
Nordsee. Dessen ebenfalls bis dahin okkludierende Frontensystem erfasst in der
zweiten Nachthälfte das Vorhersagegebiet. Die Niederschläge weiten sich über die
Mitte hinweg ostwärts aus, wahrscheinlich bleibt hiervon nur der Nordosten
verschont- Durch den Okklusionsprozess sinkt nach Osten hin die Schneefallgrenze
ab, am östlichen Rand des Niederschlagsgebietes fällt wahrscheinlich bis in
tiefe Lagen Schnee. Rückseitig sinkt bereits im westlichen Bergland die
Schneefallgrenze wieder auf Lagen um 600 m. Im Hochsauerland, in den Staulagen
der zentralen und nördlichen Mittelgebirge sowie im Schwarzwald können durchaus
mehr als 10 cm Schnee innerhalb von 6 bis 12 Stunden zusammenkommen, was erneut
eine markante Warnung erforderlich machen würde. Abgesehen vom Nordwesten, dem
Westen und tieferen Lagen Südwestdeutschlands, wo sich bereits mildere Luft
durchsetzt, ist bei Tiefsttemperaturen zwischen 0 und -4 Grad verbreitet mit
Glätte durch Neuschnee, Schneematsch oder überfrorene Nässe zu rechnen.
Mit Annäherung und dem Übergreifen des Frontensystems frischt der Wind auf. In
Kamm- und Gipfellagen setzen Sturmböen Bft 8/9, ein, auf Schwarzwaldgipfeln und
dem Brocken sind schwere Sturmböen vorstellbar. Im Südwesten sind bis in tiefere
Lagen und ansonsten in einigen Leegebieten der Mittelgebirge Windböen, an der
Küste Wind- (Ostsee) und teils auch stürmische Böen (Nordsee) zu erwarten.

Sonntag... weitet sich der über dem Westen Deutschlands liegende Trog eher nach
Süden aus als dass er nach Osten vorankommt. Der über dem Mittelmeerraum
liegende, bisher "unscheinbare" Trog wird hierdurch regeneriert. In der unteren
Troposphäre zeichnet sich sogar ein Austropfprozess ab, was über Südeuropa eine
Zyklogenese zur Folge hat. Im Bereich des Troges setzt sich labil geschichtete
Kaltluft über dem Westen und Südwesten durch. Da aber dieser Trog zusehends
"auseinandergezogen" wird, spielt die Dynamik nicht mit, so dass es zwar für
schwache Schneeschauer, nicht aber für kurze Gewitter reichen dürfte.
Die Niederschläge, die nach einem vorübergehenden Anstieg der Schneefallgrenze
(bedingt durch das okkludierte Frontensystem) bis in Lagen zwischen 400 und 600
m wieder in Schnee übergehen, können sich ebenfalls nicht weiter nach Nordosten
ausweiten. In den Staulagen der nördlichen, zentralen und süddeutschen
Mittelgebirge wie auch am Alpenrand kommen weitere 10 bi 15 cm Neuschnee hinzu,
ansonsten reicht es nur für wenige Zentimeter. Im Nordwesten, Westen (unterhalb
etwa 600 m) und in tieferen Lagen Südwestdeutschlands fällt durchweg Regen. In
diesen Gebieten werden bis 7 Grad erreicht, wogegen sonst 1 bis 5 Grad zu
erwarten sind. Oberhalb 600 bis 800 m herrscht meist leichter Dauerfrost. Mit
Passage des Frontensystems zieht zwar der Gradient noch einmal etwas an, aber
für warnrelevante Böen reicht es dann nur an einigen Küstenabschnitten (Bft 7)
und in exponierten Kamm- und Gipfellagen (Sturmböen Bft 8/9).

In der Nacht zum Montag tropft der Trog vollends nach Südeuropa aus, was
wahrscheinlich in mehreren Phasen vor sich geht. (Schwache) Kaltluftadvektion
und der hieraus resultierende Druckanstieg lässt eine Hochbrücke entstehen, die
die Verbindung zwischen einem blockierenden Hoch über Fennoskandien (daher die
Winkel-Westlage) und einem Hoch westlich der Iberischen Halbinsel darstellt. Die
Niederschläge (nur noch unterhalb etwa 400 m als Regen, sonst als Schnee)
konzentrieren sich dann auf die mittleren Landesteile, den östlichen
Mittelgebirgsraum und den Alpenrand, wo noch einmal einige, in Staulagen auch
mehr als 5 cm Neuschnee hinzukommen können. Tendenziell werden aber die
Niederschläge schwächer und die Luftmasse kommt zur Ruhe. Warnrelevante Böen
treten dann nicht mehr auf. Während es unter stärkerer Bewölkung noch weitgehend
frostfrei bleibt, sind ansonsten Tiefstwerte zwischen 0 und -4 Grad (und somit
auch Glätte durch Neuschnee, Schneematsch oder überfrorene Nässe) zu erwarten.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Prognoserelevante Unterschiede lassen sich kaum ableiten bzw. liegen im Bereich
der Vorhersageunschärfe. Problematisch ist jedoch nach wie vor die Abschätzung
der Zugbahn der Welle (und damit auch die Lage des Bereichs der ostwärts
ausgreifenden Schneefälle) in der Nacht zum Samstag. Hier ergeben sich noch
Unterschiede von mindestens 50 km nach Norden oder Süden. Tendenziell haben sich
aber die Modelle doch auf eine etwas weiter südlich liegende
Verlagerungsrichtung geeinigt. Die kräftigsten Schneefälle greifen demnach von
der Saar über das Pfälzer Bergland und dem Odenwald ostwärts aus.
Auch wird diese Welle unterschiedlich ausgeprägt; ICON-D2 und GFS erwarten sogar
ein abgeschlossenes Tief.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann