DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-01-2022 09:01
SXEU31 DWAV 050800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 05.01.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W z

Heute an den Küsten, im Bergland und vor allem über Norddeutschland teils
stürmische Böen oder Sturmböen. Im Bergland Schneefälle, an den Alpen auch
kräftig.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... ist die sehr milde Phase zu Ende und von Nordwesten hat der Zustrom
deutlich kälterer Meeresluft polaren Ursprungs nach Deutschland hin eingesetzt.
In der insgesamt westlichen Strömung bleibt wechselhaft. Aktuell schickt sich
ein markanter Höhentrog, der von Skandinavien nach Frankreich reicht,
Mitteleuropa nach Osten hin zu überqueren. Dabei weitet er sich etwas nach Süden
aus und mit Ausnahme des äußersten Südens werden wir von hochreichend labil
geschichteter Höhenkaltluft geflutet, die in 500 hPa bis -35 Grad und in 850
hPa, bis -8 Grad aufweist.
Das Bodentief zieht derweil über Südschweden in die westliche Ostsee und
schwächt sich etwas ab. Der zugehörige Bodentrog greift mit konvergentem
Windfeld auf Norddeutschland über und löst dort Schneeregen-, Schnee- und
Graupelschauer, vereinzelt auch kurze Gewitter aus, die bis zum Abend auch das
nördliche Baden-Württemberg und Franken erreichen können.

Während es in den Niederungen höchstens in kräftigen Schauern für Glätte durch
Graupel- oder Schneematsch reicht, gibt es in den Mittelgebirgen oberhalb von
etwa 400 m ein paar Zentimeter Neuschnee.
Im Süden liegt aktuell noch die leicht wellende Kaltfront, die die Reste der
milden Luft von der frischen Kaltluft trennt. Hier fallen meist noch 2 bis 5, in
Staulagen an die 10 mm Niederschlag, wobei die Schneefallgrenze von aktuell nahe
1000m über dem Südosten bis zum Abend in tiefe Lagen sinkt.
Entsprechend kann es an den Alpen zunächst weiter schneien mit 5 bis 10 cm
Neuschnee (in exponierten Staulagen auch etwas mehr), ehe die Niederschläge dort
am Nachmittag rasch nachlassen.

Von Warnrelevanz ist vor allem der Wind. Im Süden und Südwesten zunächst am
Vormittag mit Durchzug der Kaltfront, wenn vor allem postfrontal einzelne steife
Böen zu erwarten sind. Dann flaut er dort rasch ab und erreicht nur auf
Berggipfeln noch markante Warnkriterien.
In der Mitte und im Norden gibt es am Bodentrog starke bis stürmische Böen, in
Schauern oder Gewittern Sturmböen Bft 9 Südwest bis West. Die höchsten
Wahrscheinlichkeiten für Bft 8 bis 9 gibt es bei 40-50 Knoten Oberwind in 925
hPa von NRW und Südniedersachsen in die östliche Mitte.
An den Küsten und auf den Berggipfeln reicht es häufiger für Sturmböen, auf
exponierten Gipfeln (Brocken, Fichtelberg) auch für schwere Sturmböen bzw.
orkanartige Böen. Rückseitig der Konvergenz dreht der Wind auf West bis Nordwest
und lässt vor allem im Binnenland zum Abend hin deutlich nach.

Vor allem in Schleswig-Holstein - dort macht sich der Skandinavienföhn bemerkbar
- aber auch im Südwesten sowie vom Main bis zum Alpenvorland lockern die Wolken
häufiger auf, sonst nur gelegentlich zwischen den Schauern. Mit Höchstwerten
zwischen 3 und 7 Grad bleibt es deutlich kühler als an den Vortagen, im höheren
Bergland werden kaum 0 Grad erreicht.

In der Nacht zum Donnerstag zieht der Höhentrog nur langsam ins östliche
Mitteleuropa ab, gefolgt von einem Höhenrücken, der sich über die Biskaya und
die Britischen Inseln bis ins Nordmeer erstreckt. Somit dreht die Höhenströmung
auf Nordwest und vor allem niedertroposphärisch verstärkt sich die Advektion der
maritimen Polarluft und die 850 hPa Temperatur geht im Nordosten bis nahe -10°C
zurück.
Das Bodentief füllt sich auf; der Bodentrog zieht ab und geht in den
Tiefdruckkomplex über Nordwestrussland auf. Der Gradient über dem
Vorhersagegebiet fächert somit weiter auf. Nur an der Nordsee, an der
Vorpommerschen Küste und in den östlichen Mittelgebirgen sowie teilweise auch im
Flachland über der östlichen Mitte gibt es noch einige Zeit steife, exponiert
stürmische Böen aus Nordwest. Gleichzeitig wird durch den Höhenrücken das
Bodenhoch über Frankreich gestützt und kann sich mit seinem Keil nach
Süddeutschland ausweiten.

Durch weitere kurzwellige Tröge kommt es noch zu schauerartigen Niederschlägen,
die sich auch in den Süden ausbreiten. Auch über Norddeutschland ist dies
zunächst der Fall, tagesgangbedingt und mit steigendem Geopotential klingen die
Niederschläge aber von Westen her langsam ab. Allerdings kann es vor allem in
Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg bis in tiefe Lagen etwas Schnee und
Graupel geben, die auch dort für Glätte sorgen. Oberhalb von 400 bis 600m fallen
noch einige Zentimeter Neuschnee, im Erzgebirgsstau sowie in den ostbayerischen
Mittelgebirgen auch um 5 cm.

Vor allem im Norden gibt es mit abflauenden Wind und stärker auflockernder
Bewölkung - außer an den Küsten - verbreitet Frost und Glätte durch Überfrieren
von Restnässe. In größeren Ballungszentren reicht es landesweit meist nicht für

Frost.


Donnerstag... zieht der Höhenrücken unter Abschwächung ostwärts und erreicht
abends den Westen Deutschlands, begleitet vom Aufbau eines Zwischenhochs über
Deutschland mit Schwerpunkt über dem Süden und dem Alpenraum. Damit setzt sich
vorübergehend leichtes Absinken durch, allerdings wird der Rücken
mitteltroposphärisch bereits von WLA überlaufen, die am Vormittag den
Nordwesten, am Nachmittag die komplette Nordhälfte Deutschlands erfasst.

Vom Erzgebirge bis zu den Alpen und im Schwarzwald gibt es anfangs leichte
Niederschläge, bis in die Niederungen meist als Schnee, die mit zunehmenden
Hochdruckeinfluss am Nachmittag abklingen. Selbst in Staulagen reicht es kaum
noch für
nennenswerten Neuschneezuwachs. Vielleicht sind an den Alpen am Vormittag
nochmal 1 bis 4 cm möglich.

Sonst scheint gebietsweise längere Zeit die Sonne, vor allem im Norden, wo in
der nordwestlichen Strömung teils noch der Skandinavienföhn wirkt. In unteren
Schichten dreht der Wind im Tagesverlauf zurück auf Südwest und im Nordwesten
ziehen mit zunehmender WLA allerdings bald wieder dichtere Wolken auf, eventuell
fällt im Nordseeumfeld und Richtung Eifel später etwas Regen bzw. Nieselregen.
Im Einflussbereich der eingeflossenen maritimen Polarluft bleibt es im Tiefland
nasskalt und die Höchstwerte liegen meist zwischen 1 und 6 Grad, im höheren
Bergland gibt es leichten Dauerfrost.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der Höhenrücken über das Vorhersagegebiet
ostwärts und wir gelangen zusehends wieder auf die Vorderseite eines vom
Ostatlantik auf die Britischen Inseln übergreifenden breiten Höhentroges. Das
korrespondierende Bodentief liegt knapp westlich von Island mit einem Kerndruck
von unter 960 hPa. Das Hoch wird abgedrängt und ein okkludiertes Frontensystem
greift mit kräftigem Druckfall auf den Westen Deutschlands über.
Im Vorfeld frischt der weiter auf Süd bis Südwest rückdrehende Wind im Westen
und Nordwesten des Landes auf. An der Nordsee und in den Hochlagen des Harzes
gibt es im Laufe der Nacht zunehmend Sturmböen, auf dem Bocken schwere
Sturmböen. Auch windanfällige Leelagen der westlichen Mittelgebirge können mit
Windböen Bft 7 anspringen.

Gleichzeitig kommen Niederschläge auf, die zum Morgen etwa eine Linie vom
Saarland bis SH erreichen. Ganz im Nordwesten starten sie als Schneeregen, sonst
kommt immer mehr Schnee dazu.
Es bleibt aber in tiefen Lagen, je nach vorangegangener Auskühlung, wohl eher
bei Schneematsch. In den westlichen Mittelgebirgen ab etwa 400 Meter kann aber
schon etwas Schnee fallen. Mehr als 1 bis 5 l/qm, bzw. cm Schnee im Bergland
sind aber nicht zu erwarten. Leichter Frost tritt wohl erst östlich von Hamburg,
Hannover und Köln auf, wobei es mit Bewölkungszunahme und Windauffrischung aus
Westen eher wieder milder wird.

Im Osten und Süden bleibt es gering bewölkt und vor allem in Gewässernähe kann
sich bei nur schwacher Luftbewegung Nebel bilden. Südlich der Donau ist dazu
mäßiger Frost, über Schnee an den Alpen teils strenger Frost möglich.


Freitag... kommt der Trog unter Verkürzung seiner Wellenlänge etwas verlangsamt
ostwärts voran und greift auf Benelux und Westdeutschland über. Wir verbleiben
somit insgesamt auf dessen Vorderseite, wobei erneut höhenkalte Luft den Westen
erfasst mit T500 um -34 Grad. Das vorgelagerte Frontensystem kommt ebenfalls
langsamer voran. Bis zum Abend erreicht es in etwa eine Linie Vorpommern,
Oberfranken, Bodensee. Südöstlich davon bleibt es weitgehend trocken und auch
teils länger freundlich mit Sonnenschein.

In der erwärmten Subpolarluft wird die Warmluftschliere der Okklusion zunehmend
getilgt, am Boden reicht es im Flachland vielerorts nur für Regen oder
Schneeregen - mehr geben die T850 um die -5 Grad bei recht guter Durchmischung
nicht her.
Oberhalb etwa 400 Meter fällt meist Schnee, der sich vor allem oberhalb 600 m
auf wenige Zentimeter akkumulieren kann. In den Kammalgen der westlichen und
südwestlichen Mittelgebirge kann man somit durchaus mal wieder von brauchbarem
Winterwetter sprechen. Dass dies angesichts Jahreszeit in der ersten Januarwoche
überhaupt Erwähnung findet, ist traurig genug.

Postfrontal gehen die Niederschläge in Schauer über, wobei westlich des Rheins,
entlang der Ems sowie in Nordseenähe vereinzelt auch ein kurzes Gewitter mit
Graupel möglich ist. Der Gradient geht postfrontal rasch in die Knie, so dass am
Nachmittag an der See nur noch wenige Böen Bft 7 auftreten. An den Höchstwerten
tut sich wenig.

In der Nacht zum Samstag löst sich die Okklusion auf ihrem Weg nach Osten
zunehmend auf, es verbleiben aber noch leichte Schneeregen- und Schneefälle über
dem Osten und Südosten, die langsam abklingen und rausziehen. Vor allem im
Bergland sind zuvor noch 1 bis 5 cm Neuschnee zu erwarten, in tiefen Lagen etwas
Schnee, Schneematsch und gefrierende Nässe. Dahinter folgt der Trog mit einem
Schwall höhenkalter Luft (T500 <-35°C) und zahlreichen Schneeregen-, Schnee- und
Graupelschauern und vereinzelt kurzen Gewittern. Ein Schwerpunkt der
Niederschläge zeichnet sich im Südwesten, vor der Trogspitze ab, wo im Bergland
5 bis 10 cm Neuschnee möglich sind, in tiefen Lagen kann es dort ebenfalls weiß
werden. Ansonsten reicht im Flachland meist eine Glättewarnung. Im Norden und
Westen liegen die Minima meist um den Gefrierpunkt, sonst gibt es häufig
leichten Frost.

In der bodennah auf westliche Richtungen drehenden Strömung lässt der
Druckgradient weiter nach und somit spiet der Wind keine große Rolle mehr. An
den Küsten und im Bergland sind noch steife Böen zu erwarten, in exponierten
Berglagen eventuell mehr.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren in den Basisfeldern ähnlich. Eventuell muss heute in
Sachen Wind nach Osten hin noch nachgelegt werden, mit markanten Warnungen. Dies
bleibt aber Nowcasting. Details der Niederschläge und Glätteentwicklung sind
heute und dann ab Freitag wieder unsicher. Präventiv sollte für die kommende
Nacht, da wo Frost gewarnt wird, auch die Glätte bewarnt werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner