DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-09-2016 09:00
SXEU31 DWAV 150800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 15.09.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
S a, Übergang zu HNF z
Heute im Südwesten und Süden einzelne Gewitter, lokal mit Starkregen. In der
Nacht auf die Mitte und den Alpenrand übergreifend, am Freitag dann im Osten
Gewitter mit Starkregen möglich.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... liegt Deutschland am Rande eines blockierenden Bodenhochs mit
Schwerpunkt über den Baltischen Staaten. Dieser verschwindet im Laufe des Tages,
wogegen sich das Hoch über der Norwegischen See regeneriert und dort einen neuen
Schwerpunkt ausbildet. Dieser wird von dem bis in die Ostgrönlandsee reichenden
Keil gestützt. Mit der scheinbaren Verlagerung des Bodenhochs nach Norden wird
der Weg frei für eine flache Tiefdruckrinne, die auf den Westen und Süden
Deutschlands übergreift. Mehrschichtige Bewölkung kann dann bis in die mittleren
Regionen Deutschlands vordringen.
Diese Tiefdruckrinne liefert die entsprechende Hebung, wobei ein Kurzwellentrog,
der ein über der Biskaya liegendes Höhentief umläuft, einen zusätzlichen
Hebungsantrieb liefert. So wäre, eine entsprechende Einstrahlung vorausgesetzt,
die Auslösung hoch reichender Konvektion eher vorstellbar als an den Tagen
zuvor. CAPE erreicht zwar mehr als 1000 J/kg, ist aber noch gedeckelt, aber der
Gehalt an niederschlagbarem Wasser steigt in Teilen West- und
Südwestdeutschlands auf deutlich mehr als 30 bis etwa 40 mm. Eine
Auslösetemperatur, die in diesen Gebieten zwischen 22 und 28 Grad liegt, sollte
auch erreichbar sein. Dennoch zeigen die Modelle nur sehr sparsam
Niederschlagssignale, was sicherlich auf die zuvor erfolgte Austrocknung der
Luftmasse zurückzuführen ist. Bemerkenswert sind hier die Unterschiede zum ICON,
das im Westen und Südwesten verbreitet teils gewittrige Niederschläge aufkommen
lässt. Am wahrscheinlichsten wären demnach Gewitter im südwestdeutschen Bergland
und in den Mittelgebirgen westlich des Rheins. Nördlich der Mittelgebirge und im
gesamten Osten hält sich noch Hochdruckeinfluss, so dass dort eine weiterhin
nahezu ungehinderte Einstrahlung zu erwarten ist.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 24 bis 29, in tieferen Lagen
Westdeutschlands noch einmal Werte um 30 Grad. An den Küsten und im höheren
Bergland sind Maxima um 21 Grad zu erwarten.
In der Nacht zum Freitag greift die o.g. flache Tiefdruckrinne auch auf den
Norden und Osten Deutschlands über. Niederschläge, die anfangs konvektiv bis hin
zu Gewittern durchsetzt sein können, erfassen dann auch Teile der Mitte. Nur im
äußersten Nordosten bleibt dann noch die östliche bodennahe Windkomponente
bestehen, aber östlich der Weser und ganz im Süden sollte es dabei im
wesentlichen noch trocken bleiben.

Freitag... gelangt Deutschland zusehends in den Bereich des auf Ostfrankreich
übergreifenden Troges. Dieser tropft in Richtung Westalpen aus. Im
Bodendruckfeld ergibt sich eine flache Druckverteilung; allenfalls zur Ostsee
hin sowie ganz im Nordosten lassen sich noch Reste eines antizyklonalen
Einflusses ausmachen. Da Deutschland noch an der Vorderseite des Resttroges
verbleibt, dringt feuchtlabile Luft auch in die nordöstlichen Teile Deutschlands
vor. Allerdings ist die dynamische Unterstützung durch diesen Trog nur wenig nur
wenig gegeben. In den Westen und Südwesten gelangt dann wieder trockenere und
stabilere Luft, so dass dort Schauer oder Gewitter weniger wahrscheinlich sind
als im Nordosten und ganz im Osten.
Die Niederschläge konzentrieren sich daher in einem breiten Bereich, der etwa
von der Deutschen Bucht bis in den östlichen Mittelgebirgsraum hinein reicht,
ohne jedoch Signale zu liefern, die auf markante Niederschlagsereignisse
hinweisen. Dennoch sind Starkniederschläge aufgrund des Charakters der Luftmasse
vor allem über dem östlichen Mittelgebirgsraum nicht auszuschließen. Aber auch
im Westen und Südwesten sind, bedingt durch die Nähe des Troges, wenn auch in
geringeren Mengen, schauerartige Niederschläge zu erwarten.
Längere sonnige Abschnitte sind allenfalls noch ganz im Nordosten möglich. Daher
steigt dort die Temperatur noch einmal auf 23 bis 27 Grad, wogegen es in den
anderen Gebieten mit 17 bis 23 Grad spürbar kühler wird als bisher.
In der Nacht zum Samstag tropft dann auch der Resttrog über Frankreich aus und
bildet mit dem aus dem vorherigen Austropfprozess hervorgegangenen Höhentief
einen Dipol. Hebungsprozesse, die durch kräftige Warmluftadvektion an der
Nordflanke dieses Dipols noch verstärkt werden, lassen im gesamten Alpenraum
Starkniederschläge bis in den Unwetterbereich hinein aufkommen, die dann auch
auf die südöstlichen Teile Deutschlands übergreifen können. Diese können mit
eingelagerten Gewittern einhergehen.
Ansonsten zeichnet sich eine Wetterberuhigung ab; allenfalls im
Nordseeküstenbereich kann es noch Schauer oder kurze Gewitter geben.

Samstag... beginnt der Dipol eine Rotation, wobei der Drehpunkt etwa über den
Zentralalpen liegt. Mit der Verlagerung des östlichen Kens nach Norden wird eine
Zyklogenese ausgelöst, wodurch sich ein Bodentief mit Zentrum über dem
Dreiländereck Tschechien - Österreich - Niederbayern bildet. Dieses Tief soll
sich sogar derartig intensivieren, so dass an dessen Südflanke bis in tiefere
Lagen (vielleicht noch etwas durch den Leitplankeneffekt unterstützt) stürmische
Böen auftreten können. Kräftige Hebung, die durch positive Vorticityadvektion in
Verbindung mit herumgeholter Warmluft zustande kommt, sorgt in Teilen Südost-
und Süddeutschlands für weitere Niederschläge, die unwetterrelevante
Warnschwellen erreichen können. Dabei ist noch unsicher, wie weit diese
Niederschläge im Süden weiter westwärts übergreifen, wieviel Niederschlag
zusammenkommt, wo die Maxima auftreten und ob sich überhaupt ein derartiges
Bodentief bildet.
Relativ sicher ist nur, dass es im Norden weitgehend niederschlagsfrei bleibt
und auch längere sonnige Abschnitte möglich sind. In diesen Gebieten steigt die
Temperatur auf 19 bis 24 Grad, während ansonsten unter meist dichter Bewölkung
nicht mehr als 14 bis 19, in Rheinnähe vielleicht um 20 Grad zu erwarten sind.
In der Nacht zum Sonntag verbleibt der nördliche Kern des dipolartigen
Höhentiefs über den Zentralalpen, wogegen der südlichere Kern sich in den Golf
von Genua verlagert. Das Bodentief verlagert sich mit seinem Zentrum kaum,
beginnt sich aber aufzufüllen. Die kräftigste Hebung verschiebt sich demnach in
den Südwesten Deutschlands und an den Alpenrand, wo länger andauernde und
vielleicht auch unwetterartige Niederschläge am wahrscheinlichsten sind.
Derweil kräftigt sich das Hoch über Skandinavien. Der von diesem Hoch in die
Nordsee reichende Keil sorgt über dem Westen und Norden Deutschlands für
Absinken und somit für Aufklaren; nennenswerte Niederschläge sind dort nicht zu
erwarten.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen bis einschließlich Freitagabend eine weitgehend
ähnliche und auch konsistente Entwicklung. Anhand der synoptischen Basisfelder
lassen sich keine prognoserelevanten Abweichungen finden.
Unterschiede ergeben sich jedoch hinsichtlich der Niederschlagsvorhersagen.
Heute lässt allein ICON Niederschläge relativ flächig auf den Südwesten und
Westen Deutschlands übergreifen. Andere Modelle liefern südlich der westlichen
Mittelgebirge nur Hinweise auf schwächere Niederschläge.
Danach ergibt sich mit dem oben beschriebenen Austropfprozess, den so die
Modelle mit ihren gestrigen Läufen noch nicht so im Portfolio hatten, eine
völlig neue Perspektive. Diese Entwicklung gibt dem nordeuropäischen Hoch eine
neue Chance. Zum anderen werden durch das dipolartige Höhentief
Starkniederschläge induziert, wobei unwetterartige Summen möglich sind. Am
wahrscheinlisten sind diese in einem Bereich von Oberfranken über den
Bayerischen Wald bis zu den Alpen. Eine Konsensschätzung bzgl. der
Niederschläge ist für den Samstag nicht mehr möglich. Nach EZMW sollen
Niederschläge mit Unwettercharakter bis in das Rhein-Main-Gebiet übergreifen,
nach COSMO-EU dürfte dies (mit extremen Summen) bis in die Bodenseeregion hinein
der Fall sein. GFS belässt derartige Niederschläge über dem Bayerischen Wald.
Bis Sonntagfrüh aufakkumuliert werden von den Modellen Niederschlagsmaxima
zwischen 120 mm (EZMW) und weit über 200 mm (COSMO-EU) gezeigt.
Von der Probabilistik werden derartige Summen ebenfalls gestützt, wobei
Niederschlagssummen von deutlich mehr als 100 mm innerhalb von 72 Stunden in
Alpennähe und dort vor allem im Allgäu sowie im Alpenvorland für am
wahrscheinlichsten gehalten werden.
Generell ist aber zu konstatieren, dass die gesamte Entwicklung noch unsicher
ist und von dem Vorhandensein bzw. der Lage des dipolartigen Höhentiefs abhängt.
Daher ist eine Regionalisierung bzgl. der zu erwartenden Niederschlagssummen
noch nicht möglich. Für die Ausgabe einer Unwettervorabinformation wäre es
hilfreich, noch die 12 UTC-Modellläufe abzuwarten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann