DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-12-2021 08:01
SXEU31 DWAV 300800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 30.12.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W a - ungewöhnlich mild.

WIND:
In Hochlagen Böen 8 Bft, exponiert 9 Bft aus Südwest. Teils auch schwere
Sturmböen Bft 10 (z.B. Feldberg und Brocken). Am Freitag zudem an der Nordsee in
der Nacht zum Samstag zusätzlich in exponierten Lagen an der Ostsee einzelne
stürmische Böen Bft 8. Ab Samstagmittag durchweg Windabschwächung. Erst in der
Nacht zum Sonntag auf exponierten Gipfeln wieder Sturmböen Bft 8/9.

TAUWETTER/DAUERREGEN:
Bis heute Mittag vor allem an und in den Alpen zeitweise Regen. Schneefallgrenze
oberhalb 2000 md, entsprechend vor allem im Alpenraum andauerndes starkes
Tauwetter, inneralpin Unwetter.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... gelangt Deutschland in den Genuss eines Höhenrückens. Dessen
breite Hauptachse verbleibt aber noch über Westeuropa und erstreckt sich vom
westlichen Mittelmeer nach Norden, d.h. es ergibt sich eine nordwestliche
Strömung. Dies lässt die Niederschläge an den Alpen vorerst noch andauern,
wenngleich diese hauptsächlich aus Stau und kaum noch aus Warmluftadvektion
resultieren. Als Folge sollten sich diese Niederschläge, die bei einer Lage der
Nullgradgrenze oberhalb 2000 m durchweg als Regen fallen, im Tagesverlauf
abschwächen. Die Tauwetterwarnung braucht somit ab Mittag nicht mehr verlängert
zu werden.
An der Nordflanke des Rückens erfolgt zunächst im Nordwesten und im Tagesverlauf
dann auch über dem Nordosten Deutschlands eine Gradientstraffung. Hierdurch
kommen im nordwestlichen Binnenland und im Westen, in freien Lagen auch in den
mittleren Gebieten, Windböen Bft 7 zustande. Ansonsten sind derartige Böen auf
höhere Berglagen beschränkt, wo Sturmböen Bft 8/9, auf exponierten Gipfeln (vor
allem Brocken, Fichtelberg, Feldberg/Schw.) schwere Sturmböen auftreten können.
Mit dem zunehmenden Gradienten steigt auch im Nordosten die Temperatur auf 8 bis
11 Grad, wogegen sonst 11 bis 15, in Rheinnähe bis 17 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Freitag greift der Rücken mit seiner Achse auf Deutschland
über, wobei sich über dem nahen Ostatlantik erneut eine leichte Aufwölbung des
Geopotentials abzeichnet, so dass dieser Rücken weiterhin auf einer breiten
Basis steht.
Leichte Warmluftadvektion, die in Verbindung mit der schleifend nach Nordosten
vorankommenden Warmfront eines Tiefs bei Island steht, sorgt im Norden und
Nordosten für zeitweise Regen, wobei kaum noch mehr als 10 mm innerhalb 12
Stunden zusammenkommen. Dort wird der Gradient nur wenig schwächer, so dass nach
wie vor in höheren Berglagen Sturmböen Bft 8/9 und an der See sowie im
küstennahen Binnenland zeitweise Windböen Bft 7 auftreten können. An der Nordsee
frischt bis Freitagfrüh der Wind noch etwas auf und erreicht in Böen Bft 8.
Im Westen und Süden sind dagegen kaum noch Niederschläge zu erwarten. Dort
fächert der Gradient auf, südlich der Mittelgebirge kann sich Nebel bilden. Es
bleibt durchweg frostfrei.

Freitag... wird der Höhenrücken durch einen schwachen, aber relativ breiten Trog
überlaufen, der sich auch im Bodendruckfeld abzeichnet. Das diesem Trog
vorgelagerte flache Randtief überquert als offene Welle Südskandinavien und
liegt nicht unbedingt entwicklungsgünstig, so dass sich zwar an dessen Südflanke
eine weitere leichte Gradientzunahme, aber keine Sturmlage abzeichnet. Im Norden
und in der Mitte und dort vor allem in den Leegebieten der Mittelgebirge reicht
es dennoch für Windböen Bft 7. An der Nordseeküste sind vermehrt, an der Ostsee
vereinzelt stürmische Böen, im höheren Bergland Sturmböen Bft 8/9 (exponiert -
Brocken, Fichtelberg schwere Sturmböen Bft 10+) zu erwarten. Das Maximum der
Windentwicklung dürfte dann in der zweiten Tageshälfte auftreten.
Auch im Südwesten und im Süden erfolgt eine leichte Gradientzunahme, wenn auch
nicht in dem Maße wie im Norden und in der Mitte. Nebel und Hochnebel sollten
sich weitgehend auflösen, so dass dann (nach längerer Zeit) größere
Auflockerungen, in Richtung Alpen auch längere sonnige Abschnitte, vorstellbar
sind. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen deutschlandweit 11 bis 16,
unmittelbar an der See und im höheren Bergland Werte um 8 Grad.

In der Nacht zum Samstag greift auf die Nordsee ein kräftiger Höhenteil über,
der sich, gestützt durch bis nach Island ausgreifende kräftige
Warmluftadvektion, noch nach Norden ausweitet. Dies begünstigt die Bildung eines
Bodenhochkeils, der vom westlichen Mittelmeer über Südwestdeutschland nach
Norwegen reicht. In der resultierenden nordwestlichen Strömung erfasst die
schwache Kaltfront des von Südskandinavien nach Weißrussland abziehenden
Randtiefs den Norden und Osten Deutschlands. Nach Westen hin gelangt diese Front
unter antizyklonalen Einfluss, so dass kaum frontale Niederschläge auftreten.
Aber auch im Nordosten reicht es nur für wenige Millimeter Niederschlag.
Mit Frontpassage treten im Norden, Nordosten und in Teilen Der Mitte Windböen,
an der Ostsee einzelne stürmische Böen und in höheren Berglagen Sturmböen Bft
8/9 (exponiert Bft 10+) auf. In der zweiten Nachthälfte flaut auch dort der Wind
wie bereits in den anderen Gebieten zuvor ab, so dass dann Sturmböen Bft 8/9 auf
exponierte Gipfellagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge beschränkt
sind.
Im Südwesten und im Süden wird der Gradient alsbald wieder auseinandergezogen,
so dass sich dort erneut Nebel bilden kann. Wie bereits in der Nacht zuvor
bleibt es erneut überall frostfrei.

Samstag... Neujahr ... setzt sich von der Nordsee her der Höhenkeil vollends über
Deutschland durch. Der korrespondierende Bodenkeil überquert mit seiner Achse
das Vorhersagegebiet. Bis in den Vormittag hinein sind in den Hochlagen der
östlichen Mittelgebirge noch Sturmböen Bft 8/9 möglich, bevor auch dort der Wind
abflaut. Zuvor sind in der aufsteilenden nordwestlichen Strömung im Nordosten
noch geringe Niederschläge möglich, wobei allenfalls in den Staulagen der
östlichen Mittelgebirge ein paar Millimeter zusammenkommen können. Ansonsten
bleibt es weitgehend niederschlagsfrei.
Absinken im Bereich des Keils lässt im Südwesten und ganz im Süden die Wolken
auflockern. Im Schwarzwald, in Oberschwaben und in Alpennähe stellen sich
längere sonnige Abschnitte ein. Mit der Verlagerung der Keilachse nach Osten und
dem damit im Westen etwas zunehmenden Gradienten, der etwas Durchmischung mit
sich bringt, werden auch in den westlichen Landesteilen Auflockerungen
wahrscheinlicher als an den Tagen zuvor. Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 8
und 14 Grad bleibt es sehr mild.

In der Nacht zum Sonntag verabschiedet sich der Keil nach Osten, worauf sich an
der Vorderseite eines auf die Biskaya übergreifenden schwachen Troges eine
südwestliche und allmählich zunehmende Strömung einstellt. Daher kommen an der
See (vor allem Nordsee, mit geringerer Wahrscheinlichkeit Ostseeküste) Windböen
auf. In höheren Berglagen muss bis Sonntagfrüh dann wieder mit Sturmböen Bft 8/9
gerechnet werden. Zudem nähert sich eine über der Nordsee schleifende Kaltfront,
deren Niederschläge Schleswig-Holstein und den Nordseeküstenbereich erfassen.
Allerdings sind kaum mehr als 5 mm Niederschlag zu erwarten.
Südlich der Mittelgebirge sind die Luftdruckgegensätze noch gering, so dass sich
dort wieder verbreitet Nebel bilden kann. Abgesehen vom Alpenrand dürfte es
ansonsten noch überall frostfrei bleiben.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder sind keine prognoserelevanten Unterschiede
zu finden.
Erst am Ende des Vorhersagezeitraumes, d.h. in der Nacht zum Sonntag, lassen mit
Annäherung eines Troges über der Biskaya die externen Modelle die Strömung
weniger ausgeprägt aufsteilen als ICON. Demzufolge könnten dann Niederschläge,
die in Verbindung mit einer schwachen schleifenden Kaltfront stehen, bereits
weiter landeinwärts vordringen und den Westen, Teile der Mitte und den Nordosten
Deutschlands erfassen. Dies zeichnet sich vor allen anhand der EZMW-Prognosen
ab.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann