DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

29-12-2021 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 29.12.2021 um 10.30 UTC



Das neue Jahr startet windig bis stürmisch und nass. Dabei ist es anfangs sehr
mild und erst zum Ende der Mittelfrist winterlich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 05.01.2022


Die Mittelfrist startet mit einem umfangreichen Hochdruckgebiet, das sich vom
Mittelmeer bis nach Nordskandinavien erstreckt. Gestützt wird es von einem
Höhenkeil, der sich im Laufe des Samstags über Deutschland ausdehnt. Flankiert
wird das Hoch von einem Tiefdruckgebiet über dem Nordatlantik, knapp südlich von
Island, und einer Tiefdruckzone über Osteuropa, mit einer Ausdehnung von der
Barentssee bis in die Ukraine. Bei +2 bis +8 Grad in 850 hPa ist von Winter
keine Spur.

Am Sonntag nimmt das Tief über dem Nordatlantik Verbindung zur Tiefdruckzone
über dem Nordmeer auf. Bis zum Montag bildet sich ein umfangreicher
Tiefdruckkomplex, der von Nordskandinavien bis zu den Britischen Inseln reicht.
Erste Ausläufer in Form von Warm- und Kaltfront erreichen Deutschland im Laufe
des Sonntags. Der Keil baut sich ab und von Norden her strömt kühlere Luft ins
Land. Allerdings fällt die Temperatur in 850 hPa nicht unter 0 Grad. Im Süden
können sich bis zum Montagmorgen gar +4 Grad halten. Schnee ist also kein Thema
und auch Frost tritt allenfalls in den Alpentälern auf. Mit Annäherung eines der
Tiefzentren nimmt allerdings der Druckgradient zu und der Wind frischt auf.
Dabei sind vor allem im Bergland Sturmböen möglich.

Am Montag erstreckt sich die Tiefdruckzone von Nordskandinavien bis zu den
Britischen Inseln und weitet ihren Einfluss auf das deutsche Wetter aus. So
fließt aus Norden etwas kühlere Luft ein. Wie weit diese nach Süden ausgreift,
hängt stark vom Modell ab. ICON und GFS lassen die 0 Grad in 850 hPa bis an die
Alpen vorankommen, bei IFS bleibt die Linie an den Mittelgebirgen hängen. Mit
dem anhaltend starken Druckgradienten ist der westliche Wind in ganz Deutschland
spürbar. An den Küsten und im Bergland gibt es Sturmböen, in den höheren
Berglagen schwere Sturmböen. Dazu fällt Regen, teils schauerartig verstärkt.
Schnee ist allenfalls in den Lagen oberhalb von 1500 m ein Thema.

Der Dienstag stellt im aktuellen IFS-Lauf eine Sonderlösung dar: Von Süden baut
sich ein neuer Keil auf, der die kühlere Luft wieder nach Norden abdrängt. Das
wird von ICON und GFS nicht gestützt und auch die Vorläufe des IFS hatten diese
Lösung nicht parat. Für die weitere Prognose weichen wir also vom aktuellen Lauf
des EZMW ab und gehen davon aus, dass ein weiteres Tiefzentrum oder Randtrog des
oben beschriebenen Tiefdruckkomplexes die Region mit feuchten Luftmassen
erfasst. Vor allem in den Norden und Westen Deutschlands sollte dann deutlich
kältere Luft fließen (-4 Grad in 850 hPa). Die Schneefallgrenze wird tagsüber
auf 600 m und in der Nacht zum Mittwoch teils bis 300 m sinken. Nach Süden und
Osten hin liegt sie etwas höher. Bei weiter starkem Druckgradienten ist es
windig bis stürmisch, auf den Bergen und an den Küsten mit Sturmböen, in den
Gipfellagen mit schweren Sturmböen oder gar orkanartigem Wind.

Am Mittwoch zieht der Trog ostwärts ab und von Westen nähert sich hoher
Luftdruck. Mit nordwestlicher Strömung fließt weiter kalte Luft ins Land (-2 bis
-8 Grad in 850 hPa), in den mittleren und höheren Lagen ist es winterlich, mit
etwas Schnee oder Schneeregen, in den tiefen Lagen fällt weitgehend Regen.
Insgesamt lassen die Niederschläge im Tagesverlauf nach. Der Druckgradient
fächert nur langsam auf und so ist es einen weiteren Tag windig bis stürmisch.
Die kalte Luft sorgt in der Nacht zum Donnerstag wieder häufiger für Frost.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der Hochdruckstart in die Mittelfrist ist auch im heutigen Lauf des EZMW
konsistent. Allerdings ergeben sich bereits ab Sonntag (Tag 2 der Mittelfrist)
Unterschiede im Auf- und Durchzug einer Kaltfront. Diese wird im heutigen Lauf
schneller, aber weniger intensiv/amplifiziert berechnet. Das flachere
Reinschwenken hat Auswirkungen auf den Niederschlag und die Temperatur. Ebenso
macht es die flache Welle einfacher für einen neuen Keil am Dienstag. Gestern
wurde da noch ein kräftiger Trog mit Randtief und kalter Luft prognostiziert.
Zum Ende der Mittelfrist findet der aktuelle Lauf wieder zu den Vorläufen: Am
Mittwoch schwenkt ein Trog durch, anschließend baut sich von Westen wieder ein
Keil auf. Wie weit der nordwärts ausgreift, ist noch unsicher.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


In den ersten Tagen der Mittelfrist sind sich die Modelle weitgehend einig. Hier
und da gibt es kleinere Unsicherheiten beim Timing der Fronten, aber die
synoptische Lage ist ähnlich. Der Dienstag (Tag 4 der Mittelfrist) stellt im
aktuellen IFS-Lauf eine Sonderlösung dar, die auch in den Vorläufen nicht zu
finden ist (siehe oben). IFS prognostiziert nicht den Durchgang eines weiteren
Troges, sondern das Aufwölben eines Keils. Damit würde mildere Luft aus Süden
nach Deutschland fließen und die Abkühlung von Norden her ausgebremst. Ab
Mittwoch herrscht bei den Modellen wieder traute Einigkeit: Aus Norden fließt
kalte Luft nach Deutschland und der Winter hält zumindest in den mittleren und
hohen Lagen vorübergehend Einzug. Insofern ist die Sonderlösung des IFS am
Dienstag als Ausreißer zu betrachten.

Das gestern vom ICON berechnete Sturmtief für Dienstag/Mittwoch ist heute aus
dem Modell verschwunden.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse bietet wenige Überraschungen. In Schritt eins der Mittelfrist
(t+72-96h) liefern drei Cluster überwiegend (8:1) NAO-positiv. Sowohl Haupt-,
als auch Kontrolllauf befinden sich in Cluster 1.
Der zweite Zeitschritt (t+120-186 h) liefert ebenfalls nur 3 Cluster. Tag 1 ist
noch klar NAO-positiv. Für den Dienstag (Tag 2) bieten Cluster eins und zwei
NAO-negativ, Cluster drei hingegen einen atlantischen Rücken. Für den Mittwoch
liefern alle drei Cluster den atlantischen Rücken als Lösung. Haupt- und
Kontrolllauf liegen in Cluster 2, dieser bietet - auch nicht überraschend - für
Dienstag die geringste Abkühlung in Mitteleuropa.

Der Cluster der erweiterten Mittelfrist (t+196-240h) liefert nur noch 2 Cluster,
wobei an Tag 1 der atlantische Rücken, an Tag 2 und 3 NAO-positiv angeboten
werden. Das Wetter bleibt also nicht beständig.

Die Rauchfahnen bilden das ab, was wir bereits mehrfach gesehen haben: große
Einigkeit bis Montag, am Dienstag ein etwas größerer Spread bei der Temperatur
und dem Niederschlag über der Mitte und dem Süden Deutschlands. Wobei
festzuhalten ist, dass sich Haupt- und Kontrolllauf am oberen Ende der Ensembles
befinden. Der Median hat eine etwas kühlere Temperatur und weniger Niederschlag,
was die These der Sonderlösung des aktuellen Laufes unterstützt. Der Mittwoch
bildet den "Tiefpunkt" der Temperatur der nächsten Woche, in der erweiterten
Mittelfrist deutet wieder alles auf eine Milderung mit leicht positiver
Temperatur in 850 hPa hin. Die vorübergehend winterliche Erscheinung zur
Wochenmitte scheint nicht von Dauer zu sein.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Zu Beginn der Mittelfrist sind deutliche Signale für überdurchschnittlich hohe
Temperaturen in Deutschland zu erkennen.

Zudem lassen sich im EFI schwache Signale für markanten Regen am
Dienstag/Mittwoch über der Mitte und dem Südwesten Deutschlands finden.

Der westliche Wind weht auch im Mittelfristzeitraum stark bis stürmisch. Dabei
treten im Bergland teils schwere Sturmböen, vereinzelt auch orkanartige Böen
auf.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, für Dienstag (04.01.2022): ICON, GFS, da IFS mit Ausreißer
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jacqueline Kernn