DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

26-12-2021 14:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 26.12.2021 um 10.30 UTC



Von Südwesten deutliche Milderung. Zu Beginn der Mittelfrist gebietsweise
regnerisch und windig.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 02.01.2022


Zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraums am kommenden Mittwoch liegt
Deutschland vorderseitig eines breiten Höhenrückens, der sich vom Südwesten
Europas bis zu den Britischen Inseln aufwölbt und der ein Hoch mit Schwerpunkt
über der Iberischen Halbinsel stützt. Daran angrenzend reicht ein umfangreicher
Tiefkomplex vom nahen Nordostatlantik über Nordeuropa bis in das östliche
Mitteleuropa. Darin eingebettet sind mehrere Tiefzentren. Für uns interessant
ist dabei ein Teiltief, das sich Mittwochmittag vor der Westküste Schottlands
befindet und von dort Richtung nördliche Nordsee zieht. Dessen Warmfront greift
im Tagesverlauf von Westen auf Deutschland über, womit eine deutliche Milderung
eingeleitet wird. Bis zum Abend verläuft die 0 Grad Isotherme in 850 hPa von
Schleswig-Holstein bis nach Südostbayern, im Südwesten werden bereits bis zu +8
Grad in 850 hPa erreicht. Die nachfolgende Kaltfront greift nur wenig später auf
uns über, wird aber rasch über dem Nordwesten rückläufig und geht in die
Warmfront eines Wellentiefs über dem nahen Ostatlantik über. Dadurch spannt sich
ein weit angelegter Warmsektor über dem Südwesten und Westen Europas auf. Mit
Übergreifen der Frontensysteme kommen vor allem im Süden und in der Mitte
Niederschläge auf. Dabei kann es in Staulagen der Mittelgebirge und der Alpen
länger regnen. In Verbindung mit Tauwetter sind auch unwetterartige
Abflussmengen nicht ausgeschlossen.

Am Donnerstag setzt sich die Milderung weiter fort. Auch die zweite Warmfront
des mittlerweile Richtung Hebriden ziehenden Wellentiefs überquert uns
allmählich von Südwest nach Nordost mit weiteren Niederschlägen. Die Temperatur
in 850 hPa steigt auf +3 Grad im Nordosten und sehr milde 7 Grad im Westen und
Südwesten.

Zwischen dem Hoch über Südwesteuropa und der Tiefdruckzone, genauer gesagt dem
ehemaligen Teiltief über Südskandinavien nimmt der Druckgradient zu, sodass am
Mittwoch beginnend bis in den Freitag hinein zeit- und gebietsweise starker bis
stürmischer Wind weht. Auf den Bergen gibt es Sturmböen, in exponierten Lagen
auch Orkanböen.

Am Freitag (Silvester) kommt der Höhenrücken etwas ostwärts voran. Dabei kann er
sich noch etwas weiter Richtung Norden Aufwölben. Die Warmfront des sich nun
über dem Nordmeer befindlichen Tiefs hat uns ostwärts überquert. Mit der
südwestlichen Strömung steigt die Temperatur nieder- und mitteltroposphärisch
weiter an und erreicht im äußersten Südwesten bis zu 12 Grad. Somit endet das
Jahr im Südwesten ungewöhnlich mild bei Höchstwerten von lokal bis zu 17 Grad.
Im Nordosten werden zwar keine frühlingshaften Temperaturen erreicht, aber auch
dort ist es bei Höchstwerten zwischen 7 und 11 Grad vergleichsweise mild. Von
Süden steigt der Luftdruck an, wobei sich über dem Alpenraum ein Hochschwerpunkt
ausbildet. Somit lässt die Niederschlagstätigkeit nach. Im Norden bleibt es am
Rande der Tiefdruckzone windig.

Am Samstag (Neujahr) kann sich der Höhenrücken zunächst noch weiter kräftigen
und bis nach Skandinavien aufwölben. Dabei verläuft die Achse des Rückens zum
Mittagstermin etwa über Deutschland hinweg. Auch im Bodenruckfeld kann sich der
Hochdruckeinfluss noch etwas weiter nach Norden ausweiten. Die Zufuhr der milden
Luftmasse hält weiter an. Erst am Sonntag, wenn uns von Nordwesten ein
neuerliches Frontensystem überquert, sickert wieder kältere Luft zu uns ein,
sodass die Temperatur in 850 hPa wieder auf Werte knapp unter 0 Grad absinkt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die großräumige Wetterlage mit dem umfangreichen Tiefkomplex, der vom nahen
Nordostatlantik bis nach Norduropa reicht, wird vom EZMW-Modell konsistent
vorhergesagt. Die Lage der darin eingelagerten Tiefdruckzentren wird hingegen
noch unterschiedlich prognostiziert. Fest steht aber, dass sich ab Mitte der
Woche von Südwesten die deutlich mildere Luft bei uns durchsetzt, die allmählich
auch bis in den Nordosten Deutschlands vorankommt. Dabei fällt diese Milderung
auch nachhaltiger (mindestens bis einschließlich Samstag) und kräftiger aus, als
im gestrigen 00 UTC Lauf noch gezeigt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die deutliche Milderung in der zweiten Wochenhälfte wird von den betrachteten
Globalmodellen ICON, IFS und GFS ähnlich prognostiziert. Nachfolgend ergeben
sich allerdings teils deutliche Unterschiede. Während wir nach ICON und IFS im
Zustrom der milden Luft verbleiben - wobei die Milderung bei IFS am kräftigsten
ausfällt - soll nach GFS am Samstag ein Tief von Südskandinavien Richtung
Westrussland ziehen. In der Folge würde an dessen Westflanke mit einer
nördlichen Strömung kältere Luft polaren Ursprungs vor allem in den Norden und
Osten geführt, sodass sich eine ähnliche Konstellation wie aktuell einstellen
könnte, wenngleich die Abkühlung eher trocken vonstattengeht. Eine ähnliche
Lösung zeigte auch gestern noch der 00 UTC Lauf des IFS. Bereits der 12 UTC Lauf
wich aber von diesem Szenario deutlich ab. Sowohl bei ICON als auch bei IFS
erfolgt die erneute Zufuhr kälterer Luft wie oben beschrieben erst im Laufe des
Sonntags.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles für ausgewählte Städte in Deutschland zeigen
über nahezu den gesamten Vorhersagezeitraum einen relativ geringen Spread. Somit
kann sowohl die deutliche Milderung ab der zweiten Wochenhälfte als auch der
erneute Temperaturrückgang am kommenden Sonntag als recht sichere Entwicklung
angesehen werden. In der erweiterten Mittelfrist nimmt der Spread deutlich zu.
Somit ist noch unklar, wie lange bzw. wie intensiv die Abkühlung ausfällt.

Die Clusterung des EZMW zeigt für den Zeitraum von +72 bis 96 Stunden fünf
Cluster, für den Zeitraum von Freitag bis Sonntag gibt es drei Cluster.
Allerdings ergeben sich für Mitteleuropa keine signifikanten Unterschiede.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Mittwoch und in der Nacht zum Donnerstag ist in den Staulagen des südlichen
Berglandes markanter Dauerregen bzw. in Verbindung mit Schneeschmelze markantes
Tauwetter mit Mengen zwischen 30 und 50 l/qm in 24 Stunden wahrscheinlich. Auch
unwetterartige Abflussmengen über 50 l/qm sind im Schwarzwald und an den Alpen
nicht ausgeschlossen.
Am Donnerstag verlagert sich der Niederschlagsschwerpunkt in die Mitte des
Landes. Dabei ist in den Nordweststaulagen der zentralen Mittelgebirge markanter
Dauerregen/markantes Tauwetter gering wahrscheinlich.

Am Mittwoch frischt der Wind weiter auf. Im höheren Bergland sind stürmische
Böen Bft 8, exponiert schwere Sturmböen Bft 10 aus Südwest bis West
wahrscheinlich. Im Hochschwarzwald und auf einigen Alpengipfeln auch orkanartige
Böen (Bft 11).
Am Donnerstag sind an exponierten Küstenabschnitten sowie im höheren Bergland
stürmische Böen Bft 8 weiter wahrscheinlich. In exponierten Höhenlagen gibt es
Sturmböen Bft 9 oder schwere Sturmböen Bft 10. Auf dem Brocken und einigen
Alpengipfeln orkanartige Böen (Bft 11) aus Südwest bis West.

Am Freitag und Samstag treten an exponierten Küstenabschnitten noch stürmische
Böen Bft 8, in exponierten Höhenlagen Sturmböen oder schwere Sturmböen (Bft 9
bis 10) aus Südwest auf. Sonst sind keine signifikanten Wettererscheinungen mehr
zu erwarten.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix, EZMW-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Johanna Anger