DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-09-2016 21:00
SXEU31 DWAV 141800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 14.09.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Allmähliche Beendigung der Hitzewelle. Ab Donnerstag von Südwesten her
unbeständiger, dabei markante Gewitter möglich. Ab Freitagabend im Süden
voraussichtlich Dauerregen (eventuell Unwetter).

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... befindet sich Deutschland weiterhin an der Südwestflanke einer
umfangreichen Höhenantizyklone mit Schwerpunkt über dem nördlichen und östlichen
Mitteleuropa, die sich allerdings allmählich abschwächt.
Flankiert wird diese von einem Höhentief mit Drehzentrum über der südlichen
Biskaya, an dessen Südostflanke ein Randtrog nordwärts, Richtung Südfrankreich,
schwenkt, so dass bis Donnerstagfrüh das Geopotenzialfeld über
Südwestdeutschland allmählich eine leichte zyklonale Kontur annimmt, wobei noch
keine nennenswerten Hebungsprozesse simuliert werden.
Im Bodenfeld sind zwei Hochdruckgebiete über Nordeuropa auszumachen; eines
verlagert sich von der südlichen Norwegischen See allmählich zu den Lofoten, ein
weiteres dagegen von der mittleren Ostsee nach Lettland bzw. Nordostpolen. Von
Frankreich her nähert sich indes eine flache Tiefdruckrinne und erreicht in der
Früh den äußersten Südwesten Deutschlands.
Somit steht noch einmal eine ruhige und weitgehend warnfreie Nacht ins Haus. Der
Druckgradient bleibt mäßig scharf ausgeprägt, vor allem in exponierten Kamm- und
Gipfellagen der Mittelgebirge weht lebhafter östlicher Wind, wobei die
Warnschwellen wohl aber kaum überschritten werden dürften. Im Südwesten ziehen
ab den Frühstunden lockere Wolkenfelder auf, ansonsten bleibt es oft wolkenlos,
flache Nebelfelder sind dabei nicht ausgeschlossen.

Donnerstag ... schwächt sich das Höhenhoch weiter ab und wandelt sich in einen
Rücken um, der sich am Abend vom Balkan über Polen bis nach Südskandinavien
erstreckt. Das Höhentief über der südlichen Biskaya weitet sich mit Hilfe des
nach Zentralfrankreich schwenkenden Randtroges an seiner Ostflanke weiter
nordostwärts aus, wobei trogvorderseitige, PVA- induzierte Hebungsprozesse bis
zum Abend auch auf den Südwesten Deutschlands übergreifen können.
Im Bodenfeld schwächt sich das Hoch über dem östlichen Mitteleuropa ab, das
Nordmeer-/Lofotenhoch kommt noch etwas nach Norden voran. Die Tiefdruckrinne
über Südwestdeutschland verlagert sich allmählich nordostwärts und verläuft
Donnerstagabend in etwa vom Niederrhein bis nach Niederbayern. Der von ihr
allein gelieferte Hebungsantrieb dürfte nicht zur Auslöse hochreichender
Konvektion ausreichen, da die von Osten her advehierte Festlandsluft nach wie
vor recht trocken ist und zudem noch eine gewisse Deckelung vorhanden ist (CIN:
-30 bis -80 J/kg). Die simulierte ML-Cape beträgt meist weniger als 500 J/kg.
Einen zusätzlichen Hebungsantrieb liefert allerdings der oben beschriebene
kurzwellige Randtrog, der am Abend den Südwesten des Landes erreicht. Er
korrespondiert am Boden mit einem teilokkludierten Frontensystem (Okklusion mit
Kaltfrontcharakter), auf dessen Vorderseite die Schauer- und Gewittertätigkeit
im Laufe des Nachmittags und Abends zunächst wohl im südwestdeutschen
Mittelgebirgsraum (Schwarzwald, Alb), später dann auch vor allem in den Regionen
westlich des Rheins und eventuell auch an den Alpen auflebt. Bei PPW-Werten um
oder knapp über 30 mm sind - nicht zuletzt auch aufgrund der langsamen
Zuggeschwindigkeit der Gewitterzellen - trotz der niedrigen Cape durchaus
Entwicklungen bis in den markanten Warnbereich (vor allem bzgl. Starkregens)
möglich, selbst unwetterartige Entwicklungen können nicht ausgeschlossen werden,
erscheinen aus aktueller Modellsicht aber eher unwahrscheinlich.
Die höchsten RR-Mengen werden meist im Bereich des Südschwarzwaldes simuliert
(meist 1 bis 8 mm, punktuell bei einigen Modellen auch mehr).
Im Großteil des Landes dominiert aber nochmals überwiegend sonniges und
störungsfreies Wetter. Nach wie vor kann es in einigen exponierten Kamm- und
Gipfellagen starke Windböen aus Ost bis Südost geben, auch an der Nordseeküste
sind einzelne Böen Bft. 6 bis 7 nicht ausgeschlossen.
Die Tempersturen steigen auf nochmals spätsommerliche Höchstwerte zwischen 26
und 31 Grad, im äußersten Südwesten bleibt es unter den schon dichteren Wolken
etwas kühler. Dasselbe gilt für die Küstenabschnitte mit auflandigem Wind,
insbesondere entlang der Ostseeküste.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich das Höhentief über Zentralfrankreich mit
seinem Drehzentrum noch etwas nach Norden. An seiner Ostflanke kommt der
Kurzwellentrog über Südwestdeutschland allmählich nordwärts bis in etwa zum
Mittelgebirgsnordrand voran.
Auch im Bodenfeld gewinnt die Tiefdruckrinne etwas nach Nordosten an Raum und
verläuft Freitagfrüh in etwa von der Deutschen Bucht bis zum Erzgebirge.
Rückseitig greift die Kaltfront des zur südwestlichen Nordsee ziehenden
Bodentiefs auf den Südwesten und äußersten Westen des Landes über. Nach wie vor
liefert diese den Haupthebungsantrieb, so dass die höchsten Regenmengen zwischen
Rinne und Kaltfront bzw. nach Süden zu entlang der Kaltfront selbst simuliert
werden. Sie sind nach wie vor konvektiv durchsetzt, wobei weiterhin lokal eng
begrenzt Starkregen möglich ist. Allzu üppig fallen die Mengen im Flächenmittel
aber nicht aus, meist werden im Westen und Südwesten sowie teilweise auch in den
mittleren Landesteilen 1 bis 5 mm in 12 Stunden simuliert, im äußersten Westen
bis etwa 10 mm. Unklar ist auch noch, wie weit die Schauer nach Norden
vorankommen. So lässt es der GFS-Lauf von 06 UTC noch im gesamten Nordwesten
(Emsland, Ostfriesland) bis Freitagfrüh noch trocken, COSMO-EU simuliert sogar
nur im Schwarzwald nennenswerte Niederschläge und hat ansonsten lediglich im
westlichen Bergland noch schwache konvektive Signale in petto.
Nach aktueller Modelllage recht sicher trocken bleibt es aber noch in etwa
östlich von Weser und Werra. Dort steht noch einmal eine ruhige Nacht ins Haus,
wenngleich auch dort die Wolken bereits etwas dichter werden.

Freitag ... kommt das Höhentief über Frankreich aufgrund der Blockadewirkung des
vorgelagerten Höhenrückens, dessen Achse am Abend vom Baltikum über Polen bis
nach Nordnorwegen verläuft, kaum nach Osten voran und wird in einen, sich von
Island Richtung Britische Inseln ausweitenden Höhentrog inkludiert. Flache
kurzwellige Randtröge, die an dessen Ostflanke nordwärts laufen, sorgen immer
wieder für allerdings nicht sonderlich markante Hebungsprozesse über dem
Vorhersagegebiet, wobei sich die Hebungsschwerpunkte mehr und mehr nach Norden
und Osten verlagern. Gegen Abend setzt dann mit Annäherung der Trogspitze und
einer beginnenden Zyklogenese an deren unmittelbarer Vorderseite über
Norditalien verstärkt Hebung über dem Alpenraum ein, die auch auf den
bayerischen Alpenrand übergreift.
Die Bodentiefdruckrinne kommt noch etwas weiter nach Nordosten voran, bis in die
Regionen nördlich und östlich der Elbe bzw. bis nach Ostbayern, verliert aber
mehr und mehr an Kontur. In ihr befindet sich nach wie vor die potenziell
instabilste Luftmasse, allerdings beträgt die simulierte ML-Cape meist weniger
als 500 J/kg (lediglich WRF 4 km von 03 UTC hat in Ostbayern höhere Werte bis
800 J/kg auf der Karte). Bei PPW-Werten über 30 mm kann es erneut lokal eng
begrenzt Starkregen und kleinkörnigen Hagel geben. Die meisten (konvektiven)
Niederschläge werden von den meisten Modellen weiterhin zwischen Rinne und
Kaltfront simuliert, die der Rinne von Südwesten her unmittelbar folgt, nämlich
in einem Streifen von der Deutschen Bucht und Schleswig-Holstein südostwärts bis
zum Erzgebirge mit Mengen zwischen 1 und 5 mm, punktuell auch darüber (ECMWF von
00 UTC bis 15 mm im Vogtland). COSMO_EU hat allerdings nach wie vor so gut wie
keine Niederschläge in diesen Regionen auf der Karte.
Postfrontal, im Einflussbereich der erwärmten Meeresluftmasse, entwickeln sich
mangels Labilität höchstens noch vereinzelte Schauer, eventuell auch ein kurzes
Gewitter. Im Laufe des späten Nachmittags und Abends setzen dann auch an den
Alpen verstärkt Regenfälle ein, die mit der Zyklogenese über Norditalien in
Zusammenhang stehen.
Vor allem im Nordosten scheint noch einmal für längere Zeit die Sonne, auch im
Westen zeigt sie sich im Tagesverlauf wieder häufiger. Die Höchstwerte gehen
gegenüber dem Vortag weiter zurück und bewegen sich meist zwischen 18 und 24
Grad, im Nordosten und Osten können nochmals bis zu 28 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Samstag tropft der Höhentrog über Oberitalien aus, bis
Samstagfrüh erreicht das daraus resultierende Höhentief den zentralen Alpenraum.
Auf dessen Vorderseite kommt es zu starkem Aufgleiten, noch verstärkt werden
diese Prozesse durch kräftige PVA.
Im Bodenfeld führen diese Prozesse zu einer kräftigen VB-Tief Entwicklung über
dem äußersten Südosten Bayerns bzw. Südwesttschechien (Böhmerwald). ICON-Nest
simuliert zum 06 UTC-Termin am Samstag einen Kerndruck von 1007 hPa, ähnlich wie
ECMWF von 00 UTC. Dabei setzen von den Alpen her ergiebige und teils konvektiv
durchsetzte Niederschläge ein, die sich im Laufe der Nacht nach ICON-EU über den
Süden und Osten Bayerns ausweiten und nach ECMWF von 00 UTC auch noch das
Vogtland und Westsachsen erfassen. COSMO_EU simuliert den Schwerpunkt der
Niederschläge weiter westlich, über dem Osten Baden-Württembergs und dem Westen
Bayerns.
Allen Modellen gemein sind allerdings simulierte Regenmengen, die die
Unwetterwarnschwellen für Stark- bzw. Dauerregen (also sechs- oder zwölfstündig)
locker überschreiten. ICON-EU hat punktuell sogar mehr als 70 mm in sechs bzw.
über 100 m in 12 Stunden auf der Karte (Oberpfälzer Wald). COSMO_EU simuliert im
Osten Baden-Württembergs recht verbreitet mehr als 70 mm in 12 Stunden. ECMWF
von 00 UTC hat in Ostbayern und im Allgäu 50 bis 80 mm auf der Karte. GFS sieht
die Sache nur wenig "entspannter" und simuliert die höchsten Mengen mit 30 bis
70 mm an den Alpen bzw. im Alpenvorland.
Anzusprechen bleibt ansonsten noch der westeuropäische Höhentrog, der auf die
Nordsee übergreift, so dass es vorderseitig in der zweiten Nachthälfte auch im
Nordwesten etwas verstärkt zu Hebung kommt, was ein Aufleben der
Schauertätigkeit dort zur Folge hat, kurze Gewitter nicht ausgeschlossen. Die
Tiefdruckrinne wird über der Nordosthälfte quasistationär, wobei ICON- EU, GFS
und ECMWF (von 00 UTC) dort auch noch Niederschläge simulieren (GFS gar bis über
10 mm in 6 Stunden), COSMO_EU dagegen nach wie vor keine.
Mit der Zyklogenese frischt der Wind vor allem in der Südhälfte deutlich aus
Nordwest bis Nord auf, COSMO_EU simuliert dort auf den Bergen und in freien
Lagen Böen Bft. 7, auf exponierten Gipfeln, vor allem der Alpen, auch mehr.

Samstag ... zieht das Höhentief nur zögernd weiter nordostwärts und befindet
sich abends mit seinem Drehzentrum in etwa über Nordostösterreich. Der Höhentrog
über der Nordsee tropft erneut aus, das daraus resultierende Höhentief verlagert
sich bis zum Abend nach Niedersachsen. Somit ergibt sich eine
Dipol-Höhentiefstruktur.
Das VB-Tief kann sich nach ICON-EU noch ein wenig vertiefen und zieht bis zum
Abend nach Nordpolen, während COSMO_EU es eher nach Osten verlagern lässt und
GFS zu den Westkarpaten. Die Hebungsprozesse an dessen Ostflanke lassen nur
langsam nach, so dass die (zumindest nach COSMO_EU und ICON-EU)
Dauerregen-Unwetterlage noch den ganzen Samstag über anhalten kann. Auch
COSMO_EU verlagert den Schwerpunkt der Niederschläge jetzt nach Südostbayern und
hat verbreitet Mengen über 70 mm in 12 Stunden in petto. Nach ICON-EU lässt die
Intensität der Niederschläge am Nachmittag etwas nach, dennoch werden im
östlichen Oberbayern, in Niederbayern und in der Oberpfalz nochmals
zwölfstündige Mengen zwischen 30 und knapp 70 mm simuliert. GFS verlagert den
Schwerpunkt der Niederschläge nach Tschechien, ECMWF von 00 UTC hatte maximal
markante Mengen auf der Karte.
Im übrigen Land verläuft die Wetterentwicklung deutlich ruhiger. Im Bereich des
auf den Westen und Norden übergreifenden Höhentiefs können sich bei leicht
labiler Schichtung im Tagesverlauf Schauer und kurze Gewitter entwickeln, wobei
dann maximal markante Entwicklungen (stürmische Böen, kleiner Hagel) zu erwarten
sind.
Der Wind frischt allgemein auf, nicht zuletzt auch unterstützt durch den
Tagesgang in labiler Schichtung. Dabei kann es vor allem in Schauernähe auch in
den Niederungen starke, vereinzelt stürmische Böen (Bft. 7 bis 8) geben, auf den
Berggipfeln sind auch Sturmböen möglich.
Insgesamt gelangt von Nordwesten her erwärmte Meeresluft polaren Ursprungs ins
Vorhersagegebiet. Die Temperatur in 850 hPa geht auf Werte zwischen 5 Grad im
Westen und 9 Grad im äußersten Osten zurück. Im Dauerregen im Südosten dürften
somit 15 Grad kaum überschritten werden, ansonsten bewegen sich die Höchstwerte
zwischen 16 und 22 Grad, Richtung Ostvorpommern vielleicht auch knapp darüber.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die Modelle zeigen im Kurzfristbereich eine recht einheitliche
Wetterentwicklung. Bis Freitag sind kaum prognoserelevante Unterschiede
auszumachen und wenn, dann am ehesten noch die räumliche Verteilung und
Intensität der simulierten Niederschläge betreffend.
Zu größeren Modelldifferenzen kommt es dann ab der Nacht zum Samstag im Zuge der
allerdings von allen Modellen simulierten Vb-Tief- Entwicklung. Signale für
Unwetter-Dauerregen geben dabei auch die probabilistischen Verfahren COSMO-LEPS,
ECMWF-EPS), am ehesten noch am Alpenrand bzw. in Südostbayern (bis über 20 % für
mehr als 50 mm in 24 Stunden im Zeitraum Freitag, 18 bis Samstag, 18 UTC).
Allerdings beziehen sich diese Wahrscheinlichkeitsaussagen noch auf die 00
UTC-Läufe.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff