DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-12-2021 08:30
SXEU31 DWAV 210800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 21.12.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HM, Übergang zu SWa
Zunächst ruhiges und recht kaltes Hochdruckwetter mit der üblichen
Grenzschichtproblematik. Ab Donnerstag unbeständiger, auf den Bergen zunehmend
Sturmböen. Von Westen Niederschläge, nach Nordosten und Osten zu teils Schnee,
stellenweise auch Glatteisregen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... steht noch einmal ruhiges Hochdruckwetter ins Haus. Verantwortlich
dafür ist ein blockierender Höhenrücken über Westeuropa, der über die Britischen
Inseln hinweg nordwärts bis nach Island reicht. Mit einem, von der Labradorsee
zum mittleren Nordatlantik gerichteten Trogvorstoß wird dieser aber allmählich
abgebaut. Flankiert wird der Rücken von einem umfangreichen Langwellentrog über
dem Nordosten und Osten Europas. Daraus resultiert über dem Vorhersagegebiet
eine sich im Tagesverlauf etwas abschwächende nordwestliche Höhenströmung, wobei
insgesamt, trotz beginnender WLA über Norddeutschland vorderseitig eines flachen
Höhenkeils, der über die Nordsee bis nach Südnorwegen reicht und von Norden mit
Annäherung eines zur Norwegischen See gerichteten Randtroges allmählich abgebaut
wird, noch leichtes Absinken dominiert.
Höhenrücken und -keil stützen somit nach wie vor eine umfangreiche Hochdruckzone
im Bodenfeld, die sich von Skandinavien bis nach Mittel- bzw. Westeuropa
erstreckt und von dort aus auch bis weit nach Südosteuropa reicht. Im
Vorhersagegebiet bleiben die Luftdruckgegensätze aus diesem Grunde weiterhin
gering.
Damit rückt die Grenzschichtproblematik in den Fokus der Prognosetätigkeit. In
die Osthälfte sind von Polen her aufgrund der Nähe zum Trog über Osteuropa
dichte, teils mehrschichtige Wolkenfelder vorgedrungen, aus denen es
gebietsweise auch etwas schneit. Mit Abzug des Troges lockern die Wolken dort im
Tagesverlauf allmählich auf, so wirklich durchsetzen wird sich die Sonne aber
wohl nur selten, vor allem in der Lausitz bleibt es wohl ganztägig bedeckt.
Ansonsten hat sich relativ trockene und kalte Festlandsluft breitgemacht, die
nach Nordosten zu höher reicht als im Südwesten (T850 hPa zwischen -10 Grad an
Oder und Neiße und nahe 0 Grad im Breisgau). Vor allem in der "nördlichen Mitte"
(Münsterland, südliches Niedersachsen, nördliches Sachsen-Anhalt), aber auch
ganz im Süden hat sich gebietsweise dichter Nebel gebildet, der sich auch
tagsüber stellenweise hält, ganz im Norden macht sich im späteren Tagesverlauf
die WLA in Form dichterer Wolkenfelder bemerkbar.
Im Rest des Landes steht aber meist ein sonniger Tag ins Haus. Im
Einflussbereich der Festlandsluft bleibt es aber auch trotz Sonnenscheins recht
frisch, mehr als 0 bis 3 Grad, auf den Nordseeinseln vielleicht 5 Grad stehen
auch dann nicht auf der Agenda. In den Nebelgebieten gibt es vielerorts leichten
Dauerfrost.

In der Nacht zum Mittwoch stößt der Trog über dem mittleren Nordatlantik weiter
nach Südosten vor, wodurch der Rücken über Westeuropa weiter abgebaut wird und
etwas nach Osten vorankommt. Morgens reicht eine Rückenachse über den Ärmelkanal
und die Nordsee nordwärts, eine weitere über die Irische See nordwestwärts bis
ins Seegebiet nördlich von Irland. Vor allem über dem Norden des
Vorhersagegebietes kann sich die WLA vorderseitig eines Randtroges über der
Norwegischen See, der aber kaum mehr weiter nach Süden vorankommt, noch etwas
verstärken. Die nur schwach ausgeprägte (und wahrscheinlich kaum zu
analysierende) Warmfront des korrespondierenden, nahezu achsensenkrecht
unterhalb des Höhentiefs positionierten und sich entsprechend allmählich
auffüllenden Bodentiefs verlagert sich über die Nordsee allmählich südostwärts,
im Vorfeld erfassen leichte Niederschläge im Laufe der Nacht vielleicht noch
Teile von Schleswig-Holstein. Die Mengen sind nicht weiter nennenswert,
allerdings bestehen noch Unsicherheiten bzgl. der Phase. Nach Südosten zu ist es
meist leichter Schneefall (aber wohl weniger als 1 cm Neuschnee), in
Nordfriesland dürfte die flüssige Phase dominieren, dazwischen kann aber
eventuell auch etwas gefrierender Regen bzw. Nieselregen auftreten, der dann
eine markante Glatteiswarnung erforderlich machen würde.
Die dichtere WLA-Bewölkung kann noch etwas weiter in die Norddeutsche Tiefebene
vordringen, ansonsten ändert sich aber kaum etwas. Eventuelle Nebelfelder
breiten sich innerhalb der alternden Festlandsluft wieder aus oder bilden sich
neu, vor allem im Westen und Süden bleibt es aber auch wieder gebietsweise
gering bewölkt bzw. wolkenlos. Außer im Nordseeumfeld sowie in Teilen
Nordfrieslands gibt es erneut fast überall leichten, in der Mitte und im Süden
vielfach auch mäßigen Frost, in den Tälern der süddeutschen Mittelgebirge sowie
in den Alpentälern kann es über Schnee auch strengen Frost geben. Gebietsweise
tritt Glätte durch Reif, in Nebelgebieten auch durch gefrierendes Nebelnässen
auf.

Mittwoch... kommt der Höhentrog inklusive eines zentralsteuernden Sturmtiefs im
Bodenfeld über dem mittleren Nordatlantik nur noch wenig nach Osten voran,
weitet sich aber weiter nach Süden aus. Der vorgelagerte Höhenrücken über
Westeuropa zeigt ebenfalls kaum mehr Verlagerungstendenz und flacht weiter auf,
wobei sich die WLA an dessen Ostflanke innerhalb der nordwestlichen
Höhenströmung weiter verstärkt und zunehmend auch über der Mitte Deutschlands
wirksam werden kann.
Der zur Norwegischen See gerichtete Randtrog wird ebenfalls weiter abgebaut, das
korrespondierende flache Bodentief füllt sich vollends auf. Vor allem im Norden
und Osten Schleswig-Holsteins, vielleicht auch noch entlang der vorpommerschen
Ostseeküste kann es anfangs aber noch leichte Niederschläge geben, meist in Form
von Schnee, eventuell aber auch als Regen, vor allem vormittags besteht dabei
noch Glätte- bzw. Glatteisgefahr. Im weiteren Tagesverlauf sollte Glätte aber
keine Rolle mehr spielen.
Im Rest des Landes dominiert dagegen noch der Einfluss des sich nach
Südosteuropa zurückziehenden Bodenhochs. Niedertroposphärisch dreht die Strömung
allmählich auf Südwest, womit deutlich mildere Luftmassen advehiert werden (T850
hPa um 18 UTC zwischen +4 Grad im Südwesten und -7 Grad an Oder und Neiße), die
sich innerhalb der Grundschicht mangels Gradient natürlich nicht durchsetzen
kann. Dabei lösen sich die Nebelfelder gebietsweise nur zögernd oder gar nicht
auf. Während es im Norden und Nordosten stark bewölkt bis bedeckt bleibt,
scheint ansonsten außerhalb der Nebelfelder wieder vielerorts die Sonne, wobei
sich allerdings zunehmend die WLA auch in der Mitte und nach Südosten zu in Form
hoher und mittelhoher Wolkenfelder bemerkbar macht. An den Höchstwerten ändert
sich gegenüber dem Vortag nur wenig: Bei beständigem Nebel gibt es leichten
Dauerfrost, sonst werden 0 bis 3 Grad, im Nordseeumfeld bis zu 5 Grad erreicht.

In der Nacht zum Donnerstag nähern sich Höhentrog und Zentraltief über dem
mittleren Nordatlantik weiterhin nur langsam Westeuropa an. Der nur noch flache
Höhenrücken über Westeuropa schwenkt allmählich nach Mitteleuropa, wird aber
über den Britischen Inseln noch einmal durch kräftige WLA regeneriert. Dabei
dominiert zunehmend über dem gesamten Vorhersagegebiet WLA.
Im Bodenfeld zieht sich das Hoch endgültig nach Südosteuropa zurück und der
Druckfall über Deutschland setzt sich weiter fort. Die niedertroposphärisch
südsüdwestliche Strömung kann sich noch ein wenig verstärken, in einigen
Höhenlagen sowie im Lee der westlichen Mittelgebirge frischt der Wind aus
südlichen Richtungen auf, ist aber wohl noch nicht warnrelevant.
Entlang des okkludierten Frontensystems des Zentraltiefs weit westlich der
Britischen Inseln entwickelt sich nordwestlich von Irland ein Teiltief, dessen
Warmfront greift morgens bereits auf die Nordsee über. Dabei werden die
Wolkenfelder vor allem im Westen und Norden etwas dichter und kompakter, es
bleibt aber wohl noch trocken. Aber auch sonst ziehen vermehrt hohe und
mittelhohe Wolkenfelder durch. Geringe Bewölkung hält sich am ehesten nochmals
in der Südhälfte, wo es erneut vielerorts mäßigen, in einigen Tälern auch
strengen Frost gibt. Dort breiten sich auch erneut Nebel- und Hochnebelfelder
aus. Auch sonst muss erneut mit Frost gerechnet werden, frostfrei bleibt es wohl
lediglich im Nordseeumfeld sowie eventuell bereits stellenweise am Niederrhein
bzw. im Emsland. Glätte tritt nur stellenweise durch Reif bzw. gefrierendes
Nebelnässen auf.

Donnerstag... greift der Höhenrücken bei weiterem Amplitudenverlust auf die
Nordsee und Kontinentaleuropa über, abends erstreckt er sich mit seiner Achse
über Ostfrankreich und Benelux nordwärts bis zur nordwestlichen Nordsee. Der
Langwellentrog sowie das korrespondierende Zentraltief bleiben dagegen über dem
mittleren Nordatlantik fast quasistationär. Auch das Teiltief nördlich von
Irland kommt kaum weiter nach Osten voran. Die Warmfront des Tiefs überquert
allerdings die Nordsee bzw. Benelux und greift nachmittags bzw. abends auf den
Südwesten und Westen Deutschlands über. Dabei kann sich die WLA
mitteltroposphärisch über dem Vorhersagegebiet noch etwas verstärken, wodurch
die Warmfront an Wetterwirksamkeit gewinnt und vor allem im Vorfeld im
Tagesverlauf in einem breiten Streifen vom Nordwesten über die Mitte bis in den
Südosten Deutschlands stellenweise leichte Niederschläge, meist in Form von
Regen oder Nieselregen, nach Nordosten zu aber auch als Schnee auftreten können.
Die Mengen bleiben zwar überwiegend gering (außer im Nordwesten, wo die Phase
bei Plustemperaturen allerdings unkritisch ist, im Nordseeumfeld werden bis zum
Abend wenige mm simuliert), dennoch kann vor allem in den Regionen, wo sich
trotz zunehmenden Gradienten die mildere Luftmasse nicht bodennah durchsetzt,
gefrierender Regen auftreten. Vor allem ICON-EU hat zum Abend hin nach Osten und
Südosten zu in einigen Regionen Glatteis auf der Agenda, während sich nach
Lesart des GFS und vor allem des IFS niedertroposphärisch nach Osten zu die
mildere Luftmasse nicht ganz so rasch durchsetzen kann (850 hPa-Temperatur um 18
UTC nach ICON-EU zwischen 4 Grad im Südwesten und -1 Grad im Nordosten, nach GFS
dagegen noch -5 Grad im Nordosten) und noch die feste Phase dominiert
(allerdings werden kaum mehr als 1 cm Neuschnee simuliert).
Mit Annäherung der Warmfront verschärft sich dazu noch der Gradient. Der Wind
frischt aus Süd bis Südost auf und dreht mit Warmfrontpassage auf Südwest. In
den Kamm- und Gipfellagen einiger Mittelgebirge und auf den Alpengipfeln gibt es
zunehmend stürmische Böen, exponiert Sturmböen (Bft 8 bis 9). In einigen
Le-Lagen kann es steife Böen (Bft 7) geben.
Vor allem im Südosten kann sich gebietsweise wieder ganztägig Nebel bzw.
Hochnebel halten, dort sowie im äußersten Osten gibt es dann auch leichten
Dauerfrost. Auch sonst kann sich die mildere Luftmasse vielerorts nur zögerlich
durchsetzen und die Temperaturen erreichen Höchstwerte zwischen 0 und 5 Grad, im
Westen und Südwesten stellenweise bereits bis zu 8 Grad, vor allem in einigen
Lee-Lagen.

In der Nacht zum Freitag nehmen Höhentrog und Zentraltief westlich der
Britischen Inseln etwas an Fahrt auf, während sich über Skandinavien ein
weiterer markanter Höhentrog nach Süden ausweitet. Der Höhenrücken flacht über
dem Vorhersagegebiet weiter ab, ebenso kommt die WLA allmählich zum Erliegen,
morgens erreicht die Achse des nordeuropäischen Höhentroges Südskandinavien, so
dass die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet etwas auf West bis Nordwest
zurückdreht und sich verschärft.
Im Bodenfeld entwickelt sich entlang der langgezogenen Warmfront über der
mittleren Nordsee eine Welle, die Freitagfrüh das dänisch-deutsche Grenzgebiet
erreicht. Dadurch verstärken sich auch die Hebungsprozesse im Vorfeld der über
das Vorhersagegebiet rasch ostwärts schwenkenden Warmfront, während sich die
Kaltfront der Welle morgens in etwa über der mittleren Nordsee befindet.
Vor allem im Osten und Nordosten des Landes intensivieren sich im Laufe der
Nacht die Niederschläge, die ganz im Nordosten nach Lesart einiger Modelle, in
erster Linie des GFS, noch längere Zeit als Schnee (inklusive einiger Zentimeter
Neuschnee, nach GFS sogar über 5 cm, nach ICON-EU aber eher nichts), sonst aber
als Regen fallen. Nach Südwesten zu fällt die Niederschlagstätigkeit deutlich
weniger intensiv aus, im Westen und Süden bleibt es gebietsweise auch komplett
trocken. In den Regionen dazwischen kann vor allem nach Osten/Südosten zu, wo
sich nach wie vor bodennah stellenweise die Kaltluft wacker hält, auch
gefrierender Regen auftreten, zumindest im markanten Warnbereich, Unwetter aber
nicht ausgeschlossen.
Von Warnrelevanz ist auch der Wind. An der Südflanke der Welle verschärft sich
der Gradient vor allem im Nordwesten und in der Mitte Deutschlands weiter, so
dass es im Nordseeumfeld für steife bis stürmische Böen aus West bis Südwest
reicht und auch im Binnenland Nord- und Westdeutschlands sowie in den mittleren
Landesteilen bis nach Sachsen vor allem im Laufe der zweiten Nachthälfte in
freien Lagen steife Böen geben kann. In den Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge gibt es Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen.
Mit der besseren Durchmischung im Warmsektor bleibt es vor allem im Westen und
Nordwesten überwiegend frostfrei, während nach Osten zu noch vielerorts leichter
Frost auftreten kann.


Modellvergleich und -einschätzung
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Heute und am morgigen Mittwoch lassen sich noch keine warn- und
prognoserelevanten Modellunterschiede ausmachen, mal abgesehen, was die
räumliche Verteilung der beständigen Nebel- und Hochnebelfelder angeht.
Am Donnerstag bzw. in der Nacht zum Freitag lässt ICON-EU die mildere Luft nach
wie vor etwas rascher nach Osten vorankommen als GFS und IFS, was Auswirkungen
auf die Phase der Niederschläge vor allem im Osten und Nordosten des Landes hat.
Nach Lesart des GFS und vor allem IFS dominiert noch längere Zeit die feste
Phase, nach ICON-EU besteht dagegen ein erhöhtes Risiko für gefrierenden Regen
in den Regionen, wo die bodennahe Kaltluft nicht ausgeräumt werden kann.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff