DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

17-12-2021 14:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 17.12.2021 um 10.30 UTC



Zunächst ruhiges und im Südwesten teils freundliches Wetter. Ab Donnerstag
unbeständig mit (gefrierenden) Regen und Schnee, Milderung aus Südwesten.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 24.12.2021


Wirft man zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am kommenden Montag einen
Blick auf die Wetterkarten, sticht einem sofort eine sehr meridional orientierte
Druck- bzw. Geopotentialverteilung ins Auge. Von Marokko über Frankreich und
Großbritannien bis nach Island erstreckt sich ein Rücken, dessen Bodenhoch sich
mit seinem Schwerpunkt im Verlauf des Tages von den Faröern zur westlichen
Nordsee verlagert. Dem gegenüber steht ein ausgeprägter Trog über Osteuropa,
dessen Achse sich von Westrussland bis nach Griechenland erstreckt. Das
steuernde Bodentief liegt mit seinem Zentrum über Westrussland. Deutschland
befindet sich somit in einer nördlichen Strömung, mit der deutlich kältere Luft
arktischen Ursprungs nach Deutschland geführt wird. Die Temperaturen in 850hPa
gehen im Osten auf etwa -8 Grad und im Südwesten auf -2 Grad zurück. Eine in die
Nordströmung eingebettete schwache Kaltfront bringt vor allem dem Süden noch
etwas Schnee oder Schneeregen, postfrontal lockert die Bewölkung gebietsweise
auf und man kann endlich mal wieder ein paar Sonnenstunden genießen. Im Osten
und an den Alpen sind noch ein paar Schneeschauer unterwegs, die im Nordstau des
Erzgebirges auch ein paar wenige Zentimeter Schnee bringen können. Mit
Höchstwerten zwischen 1 Grad in der Oberlausitz und 7 Grad am Rhein wird es
kühler als an den Vortagen. Die Nacht zum Dienstag verläuft teils klar, in der
Nordhälfte sowie in einigen Flusstälern bildet sich Nebel und es wird verbreitet
frostig.

Am Dienstag ändert sich an den großräumigen Strömungsmustern in der Höhe wenig.
Die Achse des Rückens erstreckt sich von Algerien über Frankreich bis nach
Island, wobei der Rücken im Norden etwas geschwächt wird. Schuld ist ein
Randtrog, der sich über dem Europäischen Nordmeer der Höhenströmung folgend
südwärts auf den Weg macht. Am Boden verlagert sich die Hochdruckzone nach
Mittel- und Südosteuropa. Der Gegenspieler, also der Trog über Osteuropa, kommt
etwas nach Osten voran. Auch unterstützt durch das Absinken im Hoch steigt die
Temperatur in 850hPa im Südwesten sogar wieder in den leichten Plusbereich an,
während sich im Osten Temperaturen um -6 Grad befinden. Von der Erwärmung kriegt
man allerdings wenig mit, da sich eine ausgeprägte Inversion ausbilden kann.
Zentral unter dem Hoch scheint v.a. im Süden und in der Mitte wieder für längere
Zeit die Sonne, im Norden dominieren die Wolken und an der Küste kann es etwas
regnen. Die Temperaturen gehen auf ein winterliches Niveau zurück. Bei 0 bis 4
Grad ist Schluss, die Nullgradgrenze liegt etwa bei 500 bis 600m.

In der Nacht zum Mittwoch und auch tagsüber schwächt sich der Rücken weiter ab
und seine Achse weist nun eine deutliche negative Neigung auf. Verursacht wird
dies durch den angesprochenen Randtrog, der im Laufe des Tages Dänemark erreicht
und auch ein Bodentief mit im Schlepptau hat. Nach einer teils sternenklaren und
recht frostigen Nacht (Tmin -1 bis -8°C) kommen im Norden bedingt durch das
erwähnte Tief Wolken und leichte Schnee- und Regenschauer auf, im Süden bleibt
es freundlich und die Temperaturen steigen auf 0 bis 4 Grad (Nullgradgrenze
wieder bei rund 500m).

Am Donnerstag schwenkt der Randtrog rasch über den Nordosten Deutschlands hinweg
und es wird zunehmend spannend. Der Rücken flacht nämlich weiter ab, verursacht
einerseits durch einen neuerlichen Randtrog westlich von Skandinavien und
andererseits durch ein Höhentief mit Zentrum südwestlich von Irland. Letzteres
ist auch im Bodenniveau gut zu finden, wobei in dieses nach Lesart von IFS noch
ein Randtief über Irland integriert ist. Diese Druckverteilung führt dazu, dass
die Südwesthälfte Deutschlands in eine südwestliche Strömung gelangt. Im
Tagesverlauf greift auch die dazugehörige Warmfront mit Niederschlägen über. Da
mit der nordwestlichen Strömung im Nordosten noch der Zustrom polarer Luftmassen
anhält, formiert sich über Deutschland eine Luftmassengrenze. Während die
Temperatur in 850hPa über Rügen noch bei -8 Grad liegt, steigt die Temperatur im
Süden und Südwesten auf +4 Grad. Mit diesem Warmluftvorstoß aus Südwesten werden
nach dem 00UTC-Lauf von IFS im Südwesten die Hoffnung auf weiße Weihnachten
schon am Donnerstag begraben. Es regnet dort bei Temperaturen (deutlich) über 5
Grad. Auch im Nordosten kommt es durch den abziehenden Randtrog zu
Niederschlägen, wobei dort wohl die Schneephase überwiegen sollte. Ob es auch
kalt genug bleibt, dass sich eine dünne Schneedecke ausbildet, ist aber sehr
fraglich. Dazwischen, also an der Vorderseite der Warmfrontniederschläge bildet
sich wahrscheinlich ein Streifen mit gefrierendem Regen aus, wobei die Details
hier noch unklar sind.

Kommen wir nun zum Heiligabend (Freitag) und da spielt sich der heutige
00UTC-Lauf zum Spaßverderber auf. Denn der Warmluftvorstoß soll so massiv
ausfallen, dass die 0-Grad-Isotherme bis zum Abend zur Nord- und Ostsee
abgedrängt wird. Im Süden steigt die Temperatur in 850hPa auch mit leichter
Föhnunterstützung auf +7 Grad an. Auch wenn es am Vormittag im Nordosten noch
teils kräftig schneit, gehen die Niederschläge im Laufe des Nachmittags überall
in Regen über. Im Übergangsbereich kommt es zu gefrierendem Regen, sodass
"Driving home for Christmas" mancherorts durchaus zur Rutschpartie werden
könnte. Der Glatteis-Streifen verlagert sich nordostwärts. Sollte es so kommen,
wären weiße Weihnachten in tiefen und mittleren Höhenlagen ad acta gelegt und
man muss sich mit einem nassen und grünen Weihnachtsfest abfinden.

Noch ein paar Zeilen zur erweiterten Mittelfrist und den Aussichten zu den
Feiertagen. Von der meridionalen Höhenströmung zu Beginn der Mittelfrist ist
nichts mehr übrig. Vielmehr befindet sich Deutschland im Einflussbereich
atlantischer Tiefs, die unbeständiges Wetter und milde Temperaturen zur Folge
haben. Ob nachfolgend mit einer nordwestlichen Strömung wieder kältere
Luftmassen nach Deutschland gelangen, bleibt abzuwarten. Aber auch dieses
Szenario würde dem Tiefland wohl nur nasskaltes Wetter und allenfalls einen
Berglandwinter bringen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis Mittwoch sind die Simulationen des heutigen 00UTC-Laufs weitgehend im
Einklang mit den Vorläufen. Nachfolgend gehen die Modellergebnisse zunehmend
auseinander. Der Warmluftvorstoß wird im aktuellen sowie im gestrigen 12UTC-Lauf
deutlich progressiver als gestern simuliert. Im aktuellen Lauf greift die
Warmfront auf die gesamte Südwesthälfte über und bis Donnerstagabend steigen in
850hPa im Süden die Temperaturen auf +4 Grad und liegen im äußersten Nordosten
bei -8 Grad. Im gestrigen 00UTC-Lauf war im Osten mit -12 Grad noch eine richtig
winterliche Luftmasse anzutreffen und die 0-Grad-Isotherme erreichte geradeso
den Hochrhein. Bei dieser Variante würden auch die Warmfrontniederschläge erst
die Südwesthälfte Frankreichs erreichen. Der gestrige 12UTC-Lauf stützt
allerdings die Ergebnisse des heutigen 00UTC-Laufs. Auch an Heiligabend konnte
sich im gestrigen 00UTC-Lauf die Warmluft in Deutschland nicht durchsetzen
(wobei mit kaum vorhandenen Niederschlägen auch meist grüne Weihnachten erwartet
wurden). Im heutigen Lauf ist der Warmluftvorstoß am massivsten, während man
nach dem gestrigen 12UTC-Lauf zumindest im Norden noch auf Nassschnee oder
Toastbrotflocken zur Bescherung hoffen konnte.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch ICON und GFS simulieren die ersten Tage der Mittelfrist noch recht ähnlich.
Ab Donnerstag nehmen die Unterschiede zwar etwas zu, allerdings machen alle
Modelle wenig Hoffnung auf weiße Weihnachten. Den Warmluftvorstoß aus Südwesten
haben heute alle Modelle im Angebot. GFS und IFS ähneln sich am Donnerstag
weiterhin stark, bei ICON führt ein Tief nordwestlich von Schottland dazu, dass
die Warmfront stärker meridional verläuft, sodass im gesamten Westen die +4 Grad
in 850hPa ankommt. Somit ist es als recht wahrscheinlich anzusehen, dass wir es
am Donnerstag und an Heiligabend in Deutschland mit Regen im (Süd)westen, Schnee
im Nord(osten) und gefrierendem Regen dazwischen zu tun haben. Die Details, also
wann und wo genau die Glatteissituation am gefährlichen wird und wie schnell der
Warmluftvorstoß nach Norden und Nordosten vorankommt, ist aus heutiger Sicht
noch unklar.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen stützen die beschrieben synoptischen Basisfelder und die
Unsicherheiten. Am Beispiel von Stuttgart erkennt man deutlich die ansteigenden
Temperaturen in 850hPa von etwa -5 Grad am Montag auf über 0 Grad ab
Mittwoch/Donnerstag. Allerdings nimmt ab Mittwoch der Spread erheblich zu, am
Donnerstag liegt T850hPa bei den Ensembles zwischen -9 und +8 Grad! Einige
Member simulieren also selbst im Südwesten noch den Verbleib der Kaltluft, wobei
die überwiegende Anzahl der Member auf mild (über 0 Grad) schwenken. Der
Warmluftvorstoß ist auch gut anhand der Niederschlagssignale ab Donnerstag
erkennbar.
Im Nordosten (am Beispiel von Rostock) erkennt man klar, dass sich dort die
Kaltluft länger halten kann, bis Donnerstag im Mittel unter -5 Grad, wobei auch
hier ab Mittwoch der Spread deutlich zunimmt. Den massiven Warmluftvorstoß im
Haupt- und Kontrolllauf bis in den Norden Deutschlands an Heiligabend gehen bei
Weitem nicht alle Ensemblemitglieder mit. Bei einem Großteil der Member kann
sich die Kaltluft noch etwas länger halten (wobei der Spread immens ist). Im
Nordosten bestehen also durchaus noch Chancen auf ein weißes Weihnachtsfest.

Bei den Clusteranalysen (t_120h-168h) werden drei Cluster angeboten, wobei alle
von der Einordnung "Atlantic Ridge" oder "Blocking" auf eine negative NAO
übergehen. Die Lage des Höhentiefs über dem Atlantik, das für den
Warmluftvorstoß verantwortlich ist, wird in den einzelnen Clustern noch etwas
unterschiedlich simuliert, ist aber in allen enthalten.

Auch in der erweiterten Mittelfrist (T-192h-240h) werden nur drei Cluster
angeboten, wobei allen gemein ist, dass die Tiefs zunächst auf einer recht
südlichen Bahn verlaufen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Bis Mittwoch meist ruhiges Wetter, nur im Stau von Erzgebirge und an den Alpen
nennenswerte Schneeschauer, aber nicht im markanten Bereich.
Am Donnerstag von Südwest nach Nordost vorankommender gefrierender Regen mit der
Gefahr von Glatteis, eventuell sogar unwetterartig. Im Nordosten kommt es
hingegen zuvor zu Schneefällen, voraussichtlich aber nicht mit markanten
Neuschneemengen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dr. rer. nat. Markus Übel