DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-12-2021 08:30
SXEU31 DWAV 170800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 17.12.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: NWa zu Na

Unter Hochdruckeinfluss Fortdauer der Grenzschichtproblematik. Im Süden nachts
Frost, Hochschwarzwald stürmischer Ostwind. Ab der Nacht zum Sonntag im
Nordosten zunehmender Nordwestwind, Küsten stürmisch und Brocken/Fichtelberg
teils schwere Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... dominiert eine ausgeprägte positive Geopotenzialanomalie über
Nordwesteuropa das europäische Wettergeschehen und prägt somit auch weiterhin
das Wetter in Deutschland. Im Bodendruckfeld ist eine 1042 hPa Antizyklone über
England präsent, wobei ein nach Deutschland gerichteter Keil maßgeblich das
Wetter beeinflusst. Somit dominiert in der Höhe eine schwache, nach Osten zu
mäßige nördliche Höhenströmung, während niedertroposphärisch eine nördliche bis
nordwestliche Anströmung vorherrscht.

Allerdings bewegt sich etwas im Einheitsgrau der letzten Tage, denn regional
konnte die trockene Luft im Bereich der Absinkinversion bis zum Boden
durchmischt werden (teils im Lee, teils advektiv, postfrontal der gestern über
den Nordosten geführten Kaltfront), sodass die graue Decke teils größere Lücken
bekam. Aktuell ist das entlang des Oberrheins sowie vom südlichen Hessen bis ins
nördliche Bayern der Fall. Allerdings startet dort der Tag nicht selten mit
dichten Bodennebelfeldern.

Im weiteren Tagesverlauf divergiert die Numerik deutlich bezüglich der
Verteilung der Hochnebeldecke. Während z.B. ICON-D2 sowie GFS recht optimistisch
die Hochnebeldecke besonders in Süddeutschland anknabbern, deuten Euro4, IFS und
ICON eher trübe Nachmittagsstunden an, wenngleich sich regional auch bei diesen
Modellen wenigstens zeitweise die Sonne durchsetzen kann. Was auf jeden Fall
übereinstimmend gezeigt wird ist eine erneute Feuchtezunahme von Norden im Zuge
einer Warmfrontpassage über Skandinavien. Daher sollte es insgesamt zum
Nachmittag/Abend von Norden her wieder verbreitet eintrüben.

Besonders entlang der nördlichen Staulagen der zentralen Mittelgebirge wird es
regional dank aufliegender Wolken ganztags neblig-trüb bleiben und zeitweise
fällt Sprühregen.

Die Höchstwerte liegen im Nordwesten dank des Zustroms feuchter Nordseeluft und
dichter Bewölkung bei homogen verteilten 9 oder 10 Grad und schwanken sonst je
nach Bewölkungsverteilung, Nebelauflösung bzw. der Abkühlungsrate aus der
vorherigen Nacht zwischen 2 und 8 Grad.

Der Wind weht schwach bis mäßig aus Nordwest, im Westen und Süden schwach aus
Nord. Auf dem Erzgebirgskamm frischt der Nordwestwind zeitweise stark böig auf
(Bft 7, vereinzelt Bft 8). Die Sturmböen Bft 9 aus östlicher Richtung im
Hochschwarzwald dauern ganztägig an, wobei die Lage der Inversion entscheidet,
wie kräftig die Böen letztendlich ausfallen. Insgesamt scheint eine leichte
Abschwächung in den Bft 8 bis 9 Bereich im Tagesverlauf nicht unwahrscheinlich.


In der Nacht zum Samstag bleibt es entweder durch Hochnebel bedeckt, oder dieser
verdichtet sich rasch von Norden. Besonders im Nordosten ziehen auch ausgedehnte
hohe Wolkenfelder durch im Zuge einer MV und Brandenburg tangierenden
Warmfrontpassage.
Besonders im Süden wird es aber auch Regionen geben, wo die Nacht überwiegend
klar verläuft - besonders im Lee der Mittelgebirgslagen. Abgesehen davon ändert
sich wenig und das bei Tiefstwerten von 9 bis 7 Grad im Nordwesten, 5 bis 2 Grad
über der Mitte und im Osten sowie +2 bis -4 Grad im Süden. Über Schnee im
Bergland tritt teils auch mäßiger Frost bis -7 Grad auf.

In vielen Regionen im Süden und Westen bildet sich teils dichter Bodennebel und
auch im Nordosten können sich regional teils dichte Nebelfelder bilden.

Die Sturmböen im Hochschwarzwald aus östlicher Richtung dauern weiter an.



Samstag... verschiebt sich der Schwerpunkt der blockierenden Antizyklone in
Richtung Island. Bezüglich der Geometrie der Geopotenzialanomalie ändert sich
nicht viel, sodass in Deutschland noch einmal ein ruhiger Wettertag zu erwarten
ist. Nördlich der zentralen Mittelgebirge bleibt es meist trüb durch dichten
Hochnebel oder sich nur langsam auflösende Bodennebelfelder, was nicht nur der
feuchten Luftmasse, sondern auch beständigem Absinken rückseitig einer nach
Süddeutschland ablaufenden schwachen Kurzwelle geschuldet ist. Hier und da fällt
etwas Sprühregen aus dem Hochnebel dank einer teils bis 800 hPa gesättigten
niedertroposphärischen Luftmasse.

Im Gegensatz dazu könnte etwas mehr Hebung im Süden zusammen mit einer recht
dünnen feuchten Inversionsgrenze bei rund 950 hPa für teils größere
Auflockerungen gut sein. Allerdings müssen sich dort die Bodennebelfelder aus
der Nacht noch auflösen, was regional gut und gerne bis weit in den Vormittag
dauern kann.

Die Höchstwerte verbleiben im wolkengeschützten Norden bei milden bis sehr
milden 7 bis 10 Grad. Im Süden scheint der Preis für etwas Sonne der zu sein,
dass die Höchstwerte dank effektiver Auskühlung in der vorherigen Nacht nur auf
Werte von 0 bis 4 Grad steigen.

Der Wind kommt im Südwesten und Süden schwach aus Nordost und sonst schwach bis
mäßig aus West bis Nordwest. Zum Abend können im Umfeld der Kieler Bucht erste
Böen Bft 7 aus Nordwest auftreten. Die Sturmböen im Hochschwarzwald schwächen
sich bis zum Abend immer weiter ab.


In der Nacht zum Sonntag dauert die sukzessive retrograde Verlagerung der
Antizyklone weiter an und auch im Bodendruckfeld sinkt der Luftdruck von
Nordosten kontinuierlich. Der Grund für den Druckfall ist über dem
fennoskandinavischen Bereich bzw. Nordwestrussland zu finden, denn dort weitet
eine umfangreiche Zyklone ihren Einfluss westwärts aus. Neben dem Druckfall
bildet sich zudem vom südlichen Nordmeer ausgehend bis nach Dänemark eine immer
stärker ausgeprägte Frontalzone aus, wobei leebedingt über Dänemark die 850 hPa
Temperaturwerte um 10 Grad verweilen, während sich über Südschweden zunehmend
die 0 bis -4 Grad Isothermen nach Süden ausbreiten. Im Zuge dessen nimmt auch
der Wind in allen Höhenlagen deutlich zu und ausgangs der Nacht könnte bereits
eine Kaltfront an die dänisch-deutsche Grenze klopfen. Dahingehend ergeben sich
jedoch noch geringfügige Modelldiskrepanzen (von wenigen Stunden).

Bis zum Eintreffen der Kaltfront ändert sich aber deutschlandweit noch wenig am
allseits bekannten Grau. Entweder es gibt dichten Hochnebel, oder/und teils
ausgedehnte Bodennebelfelder, wobei sich letztere eher im Südwesten ausbilden
sollten. Inwieweit die aufkommende Dynamik im Nordosten Lücken in die
Wolkendecke reißen kann bleibt abzuwarten, da präfrontal ja synoptisch-skaliges
Aufsteigen entgegenwirken sollte. Aus dem Hochnebel fällt zeitweise Sprühregen.

Die Tiefstwerte weisen erneut einen ausgeprägten Nord-Südgradienten auf mit +8
Grad im Norden und -8 Grad am Alpenrand.

Der Nordwestwind frischt im Verlauf der Nacht im gesamten Nordosten immer weiter
auf. In 950 hPa deuten GFS und IFS teils Spitzen von 50-60 kn an, jedoch eng an
eine massive Inversion gekoppelt mit nahezu 10 Kelvin Temperaturanstieg
innerhalb von rund 50 hPa vertikaler Distanz. Daher verwundert es nicht, dass
der Wind auf dem Brocken und Fichtelberg volle Sturmstärke erreicht (Bft 9) und
besonders auf dem Brocken sind auch schwere Sturmböen, vielleicht auch mal eine
orkanartige Bö (Bft 10-11) nicht ausgeschlossen. Abgesehen davon zeigen die
Ensembles bis zum Ausgang der Nacht eine Zunahme für Windböen Bft 7 über
Schleswig-Holstein und MV sowie stürmische Böen im Küstenumfeld (Ostsee und
besonders die Nordfriesen) an.



Sonntag... verändert die blockierende Antizyklone über Nordwesteuropa ihre
Position nur geringfügig, allerdings wird ihre Geometrie besonders entlang der
Ostflanke deutlich modifiziert. Im Zuge der sich über Skandinavien und
Nordosteuropa ausweitenden Zyklone etabliert sich über Deutschland eine lebhafte
nördliche Strömung, wobei das Wort "lebhaft" besonders auf den Osten zutrifft.
Im Westen ist von dieser Umstellung nur wenig zu spüren, genießt man doch dort
noch den direkten Einfluss der Antizyklone.

In diese Strömung eingebettet erfolgt tagsüber eine wetterinaktive
Kaltfrontpassage von Nord nach Süd, denn die zunehmend strömungsparallel
liegende Front wird zudem auch noch von kräftigem Absinken im Lee des
Skandinavischen Gebirges beeinflusst.

Was bringt nun diese Dynamik für Veränderungen mit sich? Im Nordosten sickert
allmählich trockene Luft ein, sodass dort tagsüber vielerorts die Sonne von
einem wolkenfreien Himmel scheint. Doch bereits in Richtung
Niedersachsen/Harz/Sachsen dauert die graue Hochnebelsuppe weiter an. Besonders
in Sachsen wirkt sich die passierende Front inklusive orografischer Hebung sogar
niederschlagsfördernd aus, sodass hier zeitweise Regen fällt, vom südlichen
Brandenburg bis in den Erzgebirgsstau auch gut und gerne mal mit 1 bis 5
l/m²/12h. Bei auf -2 bis -4 Grad zurückgehenden Temperaturwerten im 850 hPa
Niveau sinkt die Schneefallgrenze zum Abend auf rund 800 m (Bayerwald) bis 500 m
(Erzgebirge) ab, sodass in diesen Regionen 1 oder 2 cm Schnee fallen können.

Im Südwesten und Süden dominiert noch entweder Grau durch Hochnebel oder
Bodennebel, oder es zeigt sich zeitweise die Sonne - besonders südlich der
Donau. Hier bleibt es trocken.

Die Höchstwerte pendeln unverändert zwischen 2 und 6 Grad im Süden sowie 5 bis 9
Grad im Norden.

Der Nordwestwind weht im Norden frisch, zeitweise auch böig und besonders in
Richtung Schleswig-Holstein und MV wiederholt mit Böen der Stärke Bft 7. Entlang
der Küsten treten stürmische Böen Bft 8 auf, was auch für die Kammlagen der
östlichen Mittelgebirge gilt, während auf dem Brocken und dem Fichtelberg teils
schwere Sturmböen Bft 10 zu erwarten sind.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung innerhalb der Numerik wird sehr einheitlich gezeigt, sodass an
der in Richtung Sonntag zunehmenden Dynamik im Nordosten nicht mehr zu rütteln
ist.
Intern gibt es jedoch bei den Modellen noch gewisse Diskrepanzen von Lauf zu
Lauf, wobei der zyklonale Einfluss sukzessive an Einfluss einbüßt (GFS), oder an
Einfluss gewinnt (IFS). Die Auswirkungen für Deutschland halten sich jedoch in
Grenzen, denn bei beiden Modellen überwiegt der antizyklonal geprägte Einfluss
mit einer durchschwenkenden, inaktiven Kaltfrontpassage.
Die Fronten (teils Deutschland nur tangierend) weisen noch geringe Unschärfen
auf (siehe IFS-ENS), da jedoch wetterinaktiv ist auch diese Unschärfe nur von
geringer Bedeutung.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy