DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-12-2021 16:01
SXEU31 DWAV 121800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 12.12.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Heute Nacht Warmfrontpassage mit erhöhter Glättegefahr im Bayerischen Wald.
Nachfolgend überwiegend Hochdruckeinfluss mit der üblichen
Grenzschichtproblematik. Milder.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... überquert Deutschland eine Warmfront von West nach Ost mit viel
Gewölk und etwas Niederschlag im Gepäck. Postfrontal drückt eine milde
subtropische Luftmasse nach Deutschland, wobei letzte Radiosondenaufstiege im
Westen eine markante niedertroposphärische Erwärmung zeigen (850 hPa
Temperaturwerte um +6 Grad, was im Einklang mit der Numerik steht). Die
kräftigste Erwärmung erfasst zum Abend dann auch den äußersten Osten (im
Erzgebirge und Bayerischen Wald verzögert erst im Verlauf der Nacht bzw. in den
Frühstunden des Dienstags.)

Folglich erwartet uns deutschlandweit zum Abend ein bedeckter Himmel und
abgesehen vom äußersten Süden regnet es zeitweise mit unergiebigen Mengen. In
den Kammlagen des Thüringer Waldes, Erzgebirges sowie vom Vogtland bis zum
Oberpfälzer Wald kann es regional auch noch für gefrierenden Niederschlag
reichen, wobei jedoch die Straßenbelagstemperaturwerte am Nachmittag meist im
leichten Plusbereich liegen, sodass eher exponierte Gegenstände und nicht die
Straßen direkt betroffen sind. Oberhalb von 700 -800 m ist es jedoch im
Erzgebirge recht wahrscheinlich, dass man ab dem späten Nachmittag mit Einsetzen
des kräftigsten Niederschlags vorübergehend bis in die erste Nachthälfte eine
markante Glättewarnung ausgeben muss, da dort die Straßenbelagstemperatur noch
um oder etwas unter 0 Grad verharrt.

Die abendlichen Werte liegen im Nordwesten zwischen 5 und 9 Grad und sonst
zwischen 1 und 4 Grad. Einzig im Bergland (östliche zentrale Mittelgebirge sowie
in Süddeutschland) verharren die Werte noch um den Gefrierpunkt.

Der Süd- bis Südwestwind weht meist schwach bis mäßig mit einzelnen stürmischen
Böen auf dem Brocken, die sich jedoch im Abendverlauf unter die markante
Warnschwelle abschwächen dürften.


In der Nacht zum Montag erfasst die Warmfront auch den äußersten Südosten und
somit auch den Bayerischen Wald und den Alpenrand. Besonders von der Oberpfalz
bis nach Niederbayern (im Umfeld des Bayerischen Waldes) könnten die
Temperaturwerte die gesamte Nacht hindurch um den Gefrierpunkt verharren. Mit
Passage des sich rasch abschwächenden Okklusionspunktes über Tschechien nach
Österreich wird die niedertroposphärische Hebung (plus der orografischen
Komponente) die Nacht über verstärkt, wobei die meisten Modelle in diesem
Bereich 12-std. Mengen von 2-5 l/m² andeuten.

Es stellt sich hier sicherlich die Frage, ob die Unwetterschwelle bzgl.
Glatteisregen erreicht wird oder nicht. Insgesamt sieht es eher grenzwertig aus,
zumal einige Modelle wie z.B. das ICON D2 zunächst die feste Phase andeuten und
erst nach Mitternacht zunehmend auf die flüssige Phase umschwenken. ICON D2
zeigt dabei 6-std. bis 2 UTC Wahrscheinlichkeiten von über 60% für mehr als 0.1
l/m² Schnee - im Median des Ensembles zwischen 0.5 und 1 cm Neuschnee. Auch gibt
es keine richtigen Anzeichen für eine synoptisch forcierte östliche bodennahe
Strömung, wenngleich ein Ausfließen der Kaltluft vom Bayerischen Wald in der
Numerik wenigstens mit schwacher Ost- bis Nordostkomponente des Windes gewürdigt
wird. Es steckt auch kein richtiger Frost in den Böden, und zudem sorgt die
zunächst überwiegend nördliche Anströmungskomponente für etwas Absinken in den
genannten Regionen.
Während die deutsche Modellkette etwas zurückgerudert ist, hebt IFS die Region
weiterhin mit mehr als 80% Wahrscheinlichkeiten für gefrierenden Niederschlag
hervor und die von IFS angetriebenen feinmaschigeren Modelle bringen regional 2
bis 3 mm gefrorenen Niederschlag.

Daher sollte zunächst sicherlich eine markante Warnung ausreichen, die bereits
am Nachmittag ausgegeben wurde. Wenn im Nowcast absehbar ist, dass aus dem
zerfledderten Niederschlagsgebiet der Warmfront genau in der Region beim
Übergreifen der warmen Nase etwas kräftigerer Niederschlag fällt (Frontpassage)
und das alles bei Straßenbelägen von etwas unter 0 Grad, dann kann nicht
ausgeschlossen werden, dass besonders in der Region zwischen Cham und Passau
eine kurze Unwetterwarnung vor Glatteisregen ausgegeben werden muss.

Im restlichen Deutschland verläuft die Nacht bedeckt mit von Westen
nachlassenden Niederschlägen. In der feuchten Luftmasse kann sich dann jedoch
besonders im Bergland Nebel durch aufliegende Bewölkung ausbilden. Die Numerik
deutet auch im Norden geringe Wahrscheinlichkeiten an, allerdings ist diese
Option stark von Auflockerungen abhängig, die jedoch nur vereinzelt auftreten
sollten. Zudem dürfte sich zwischen Eifel und Pfalz recht häufig dichter und
wohl auch warnwürdiger Nebel ausbilden.

Die Tiefstwerte liegen im Nordwesten zwischen 9 und 6 Grad und sonst zwischen 4
und 1 Grad. Einzig im Bergland der östlichen zentralen Mittelgebirge, entlang
des Bayerischen Waldes, im Alpenvorland sowie südlich der Alb muss noch
gebietsweise mit leichtem Frost gerechnet werden.


Montag ... baut sich ein Rücken über Deutschland auf und bringt ruhiges Wetter.
Allerdings dauert es bis zum Nachmittag, bis sich die Keilachse so richtig in
den Westen/Südwesten hereingearbeitet hat. Bis dahin überwiegt noch schwache
positive Schichtdickenadvektion, sodass besonders im Norden, Osten und Südosten
ein trüber Tag mit viel Hochnebel bevorsteht. Vorhersagesoundings zeigen eine
mehr oder weniger durchgängige Sättigung bis 750 hPa, sodass auch zeitweise
etwas Sprühregen fallen kann.

In Richtung Südwesten und Westen greift jedoch im Nachmittagsverlauf
synoptisch-skaliges Absinken im Zuge der Keilachsenannäherung in das
Wettergeschehen ein, sodass sich die Abtrocknung weiter in die untere
Troposphäre voran arbeiten kann. GFS ist momentan sehr optimistisch mit den
Auflockerungen. Ich setze momentan eher auf das ICON und IFS, das eher
leebedingt bzw. vom Hochschwarzwald bis zum Allgäu die Wolkendecke regional
etwas auflockern lässt und gehe einher mit den MOSMIX-Abschätzungen.

Die Höchstwerte ziehen überall deutlich an und liegen abgesehen vom Südosten
zwischen 6 und 10 Grad, mit den höchsten Werten zwischen Niederrhein und
Niedersachsen. In Richtung Alb und Bayerischer Wald verharren die Maxima eher um
+4 oder +5 Grad.

Der Wind weht im Norden meist schwach bis mäßig aus Südwest mit einzelnen Böen
über der Deutschen Bucht und kommt im Süden eher schwach aus teils östlicher
(Baden-Württemberg) bis westlicher Richtung (Bayern).


In der Nacht zum Dienstag schwächt sich der Keil wieder ab, sodass von
Nordwesten eine wetterinaktive Kaltfront (gekoppelt an eine Kurzwellenpassage)
auf den Nordwesten übergreifen kann. Dies geht zwischen Eifel und Ostsee mit
etwas Niederschlag einher, nach Süden zu bleibt es trocken und teils
neblig-trüb. Allerdings sollte man den Nebel etwas hervorheben, denn dank der
abgesunkenen Inversion scheint die Ausbildung von dichtem Nebel entlang und
südlich der zentralen Mittelgebirge vielerorts wahrscheinlich. Im Alpenvorland
lockert die dichte Bewölkung wenigstens zeitweise kurz auf, bevor auch dann
Bodennebelbildung einsetzt.

Die Tiefstwerte gehen von Nord nach Süd auf +8 bis +1 Grad zurück und fallen
südlich der Alb und im Alpenvorland erneut in den leichten Frostbereich (0 bis
-4 Grad). Hier tritt bei dichtem Nebel lokal Glätte durch gefrierende Nebelnässe
auf.


Dienstag ... passiert die Kurzwelle Deutschland in Richtung Polen und
postfrontal baut sich eine umfangreiche Keilachse über der Biskaya auf, wobei
ein Ast in Richtung Benelux/Deutsche Bucht gerichtet ist.

Da die Kaltfront mehr oder weniger in den Keil läuft verwundert es nicht, dass
die eh schon wetterinaktive Front immer mehr an Einfluss verliert und nur noch
langsam über die Mitte und den Osten Deutschlands zieht. Somit wird von der
Mitte bis in den Osten erneut ein trüber und wolkenverhangener Tag erwartet. Es
regnet zeitwiese leicht oder es tritt Sprühregen auf und die Sonne zeigt sich
nicht (MOSMIX mit deutlichen Worten bzgl. der relativen Sonnenscheindauer und
Werten von unter 10%).

Postfrontal im Norden (Richtung Nord- und Ostsee) lockert die Wolkendecke
zeitweise auf und die Sonne kann sich hin und wieder zwischen ausgedehnten hohen
Wolkenfeldern zeigen.
Im Südwesten wären zwar grundsätzlich auch einzelne Wolkenlücken denkbar, doch
hier muss erstmal die neblig-trübe oder diesige Grenzschicht soweit abtrocknen,
dass man von einer richtigen Nebelauflösung sprechen kann. Sicherlich ergattert
der Hochschwarzwald die eine oder andere Sonnenstunde, sonst sehen die Optionen
im Tiefland zwischen Alb und Allgäu ebenfalls eher mau aus.

Die Höchstwerte liegen meist zwischen 5 und 9 Grad, örtlich bei 10 Grad und
verharren nur südlich der Alb sowie im Umfeld der Donau und des Bayerischen
Waldes bei kälteren 4 oder 5 Grad (dank kalter Nacht und nebligen
Verhältnissen).

Der Südwestwind frischt im Küstenumfeld etwas stärker auf, verbleibt jedoch
unterhalb der Warnschwellen. Im Binnenland kommt er meist nur schwach bis mäßig
aus Südwest.


In der Nacht zum Mittwoch zieht die Kaltfront unter Auflösung nach
Süddeutschland, sodass nur noch hier und da über der Mitte und im Süden letzte
Tropfen fallen sollten. Ansonsten verläuft die Nacht unter Hochdruckeinfluss in
allen Höhen ruhig. Allerdings dominiert die Grenzschichtproblematik weiterhin
das Warngeschehen, denn entlang und südlich der zentralen Mittelgebirge steht
erneut eine nebelträchtige Nacht bevor.

Die Tiefstwerte liegen im Norden zwischen 8 und 5 Grad und sonst zwischen 4 und
1 Grad. Im Bergland sowie zwischen Alb und Alpen ist erneut mit leichtem
Luftfrost zwischen 0 und -4 Grad zu rechnen. Inwieweit auch über der Mitte und
im Osten lokal Luftfrost droht, hängt von dem Grad der Wolkenauflockerung ab und
wird im Ensembleverfahren bisher nur mit sehr verschwommenen und regional
begrenzten Werten von unter 10% angedeutet.

Dort, wo sich Frost und dichter Nebel überlappen muss regional mit Straßenglätte
gerechnet werden.


Mittwoch ... verläuft unter Hochdruckeinfluss sehr ruhig. Die große Frage wird
sein, wo sich wann die Hochnebel- oder Bodennebelfelder aus der Nacht heraus
auflösen können - wenn sie es überhaupt schaffen. Hier streut die Numerik jedoch
noch zu sehr. Zumeist überwiegt jedoch die dichte Bewölkung, die besonders in
Leelagen und im Süden zeitweise auflockern kann. Es bleibt trocken.

Die Höchstwerte liegen unverändert zwischen 5 und 10 Grad, im Süden regional
etwas darunter.

Der Südwestwind frischt im Küstenumfeld böig auf, exponiert mit der einen oder
anderen stürmischen Böen. Im Binnenland weht er meist nur schwach bis mäßig aus
Südwest, im Süden schwach aus Ost bis Nordost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle haben die Kurzfrist inklusive der Kurzwellenpassage sehr gut im
Griff.

Schaut man sich die modellinterne Stabilität an, so fällt auf, dass z.B. GFS
innerhalb der letzten 3 Modellläufe den Keil über Nordwesteuropa Stück für Stück
nach Westen bringt. Innerhalb der Kurzfrist hat das jedoch kaum Auswirkungen -
allenfalls kann die Kurzwelle bzw. die daran gekoppelte Kaltfront etwas besser
nach Deutschland vorankommen. Ähnlich sieht das Szenario bei IFS aus.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy