DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-09-2016 21:00
SXEU31 DWAV 131800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 13.09.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst nur sehr geringe Gewittergefahr. Ab Donnerstagnachmittag von Südwesten
zunehmende Gewitterneigung, dabei markante Entwicklungen möglich, Unwetter
(Starkregen) nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland nach wie vor an der Südwestflanke eines
umfangreichen blockierenden Höhenhochs mit Schwerpunkt über der südlichen
Ostsee. Flankiert wird das Hoch einerseits von einem Höhentrog über dem nahen
Ostatlantik, der über der Biskaya austropft. Das daraus resultierende Höhentief
befindet sich mit seinem Drehzentrum Mittwochfrüh vor der kantabrischen Küste,
während das nördliche Trogresiduum zum nördlichen Nordmeer zieht.
An der Ostflanke des Hochs befindet sich andererseits ein umfangreicher
Höhentrog über Nordosteuropa, wobei sich ein kurzwelliger Randtrog über dem
Westen Russlands nach Süden, zur Ostukraine, verlagert.
Das mit der Höhenantizyklonale korrespondierende Bodenhoch über dem Bottnischen
Meerbusen zeigt nur wenig Verlagerungstendenz Richtung Finnland. Das
Tiefdruckgebiet über der Biskaya verstärkt sich im Zuge des Abtropfprozesses
noch etwas und kommt ein wenig nach Süden voran.
Somit steht einer ruhigen Nacht im Vorhersagegebiet nichts im Wege. Eventuelle
Reste abendlicher Konvektion über dem Bergland löst sich rasch auf, dann bleibt
es gering bewölkt oder klar, hier und da kann sich Nebel bilden. MOS simuliert
immerhin vor allem entlang und südlich der Donau Wahrscheinlichkeiten bis über
40 %, in Ostvorpommern bis an die 20 %.

Mittwoch ... zieht das Höhentief langsam Richtung Pyrenäen. Das Höhenhoch bleibt
nahezu quasistationär, ebenso wie der Höhentrog über Nordosteuropa.
Das Bodentief über der südlichen Biskaya kann sich noch ein wenig vertiefen.
Dabei weitet sich eine flache Tiefdruckrinne allmählich von Frankreich her nach
Südwestdeutschland aus. Mit der dadurch mehr auf Ost bis Südost drehenden und
sich etwas verstärkenden Bodenströmung gelangt etwas trockenere Festlandsluft in
das Vorhersagegebiet, wodurch die Konvektion noch mehr gehemmt wird als am
Vortag. Insgesamt simulieren die Modelle durchwegs weniger ML-Cape und einen
stärkeren Deckel (CIN). Die Gewitterwahrscheinlichkeit geht gegenüber dem
heutigen Dienstag noch weiter zurück, wenngleich ein vereinzeltes Gewitter - am
ehesten noch im Schwarzwald - nicht komplett ausgeschlossen werden kann.
Die Temperaturen in 850 hPa gehen ebenfalls ein wenig zurück und liegen zwischen
12 Grad im Nordosten und 16 Grad im Süden, womit dann auch vor allem nach Osten
zu geringfügig niedrigere Höchstwerte zwischen 26 und 33 Grad zu erwarten sind,
die höchsten Werte im Westen. Vor allem an der Ostsee bleibt es bei auflandigem
Wind etwas kühler.
Der Ost- bis Südostwind legt im Tagesverlauf etwas zu. In den kamm- und
Gipfellagen einiger Mittelgebirge kann es starke, auf exponierten Gipfeln
vereinzelt auch stürmische Böen (Bft. 7 bis 8) geben.

In der Nacht zum Donnerstag schwächt sich das Höhenhoch ein wenig ab, das
Höhentief über den Pyrenäen kann seinen Einflussbereich etwas nach Nordosten
ausweiten, so dass das Höhenfeld über Südwestdeutschland allmählich eine etwas
zyklonalere Kontur annimmt.
Im Bodenfeld kann sich die Tiefdruckrinne über Südwestdeutschland ein klein
wenig nach Nordosten ausweiten, schwächt sich aber tagesgangbedingt etwas ab.
Der relativ scharfe Druckgradient fächert kaum auf, da sich gleichzeitig das
Bodenhoch etwas verstärkt. Somit kann es auf exponierten Mittelgebirgsgipfeln
weiterhin einzelne starke Böen aus Ost bis Südost geben. Ansonsten dürfte die
Nacht aber ruhig und weitgehend - bis auf vereinzelte Nebelfelder - warnfrei
verlaufen.

Donnerstag ... schwächt sich das Höhenhoch ab und ist zum Tagesende nur noch als
Rücken erkennbar, der sich vom Balkan bis nach Südskandinavien erstreckt. Das
Höhentief kommt über Südfrankreich nur geringfügig nach Norden voran, weitet
seinen Einfluss aber auch auf Südwestdeutschland aus, wobei dort auch etwas
Hebung simuliert wird, die wohl hauptsächlich aus PVA resultiert.
Die Tiefdruckrinne im Bodenfeld vertieft sich nur geringfügig und kommt etwas
nach Nordosten voran, sie verläuft zum 18 UTC-Termin in etwa vom Niederrhein bis
nach Niederbayern. Zwar befinden sich innerhalb der Rinne die labilsten
Luftmasse, allerdings werden unter Einbeziehung trockener Festlandsluft von
Osten her nur recht geringe ML-Cape- Werte bis etwa 500 J/kg (punktuell auch
darüber) simuliert, zudem ist die Luftmasse noch ziemlich gedeckelt. Somit
dürfte es dort nur vereinzelt für konvektive Umlagerungen reichen, am ehesten
noch orographisch getriggert, also im (westlichen) Bergland. Da von einer
langsamen Zuggeschwindigkeit eventueller Gewitter auszugehen ist, sollten diese
dann auch von Starkregen begleitet werden, selbst unwetterartige Mengen sind
aufgrund der niedrigen Warnschwellen nicht ganz ausgeschlossen. Auch
kleinkörniger Hagel ist möglich. Modellseitig werden aktuell aber kaum bis keine
Signale für Gewitter innerhalb der Tiefdruckrinne gegeben, am ehesten noch vom
GFS im Bereich von Eifel und Hunsrück.
Anders verhält es sich südwestlich davon. Die Kaltfront des Bodentiefs erreicht
gegen Abend den äußersten Südwesten des Landes. Im Vorfeld, also unmittelbar
südwestlich der Rinne, sorgt die frontale Hebung wohl etwas verbreiteter für
Auslöse. Allerdings fallen die Niederschlagssignale in den verschiedenen
Modellsimulationen weiterhin sehr spärlich aus, stärkere konvektive
Entwicklungen sind auch dort nicht zu erwarten. Die simulierten Mengen betragen
meist weniger als 5 mm, lediglich im Bodenseeraum und Richtung Schwarzwald hat
das ein oder andere Modell geringfügig höhere Mengen auf der Karte.
Im Großteil des Landes dominiert aber weiterhin der Einfluss des sich
mittlerweile mit seinem Schwerpunkt nach Nordskandinavien verlagerten
Bodenhochs. Dabei erstreckt sich ein Keil über Skandinavien und die südliche
Ostsee bis nach Polen bzw. die Ukraine, an dessen Südwestflanke von Osten her
trockene Festlandsluft vor allem in den Norden und Osten Deutschlands gelangt,
so dass sich dort wettertechnisch kaum etwas ändert. Der Wind weht weiterhin in
Böen mäßig aus Ost bis Südost, vor allem im Bergland kann es in exponierten
Lagen auch starke Windböen geben.
Insgesamt geht die Temperatur noch etwas zurück, im Südwesten werden unter den
zunehmend dichteren Wolken Höchstwerte zwischen 20 und 25 Grad erreicht,
ansonsten 25 bis 30 Grad, wobei es vor allem an der Ostseeküste bei auflandigem
Wind nicht ganz so warm wird.

In der Nacht zum Freitag verlagert das Höhentief sein Drehzentrum nach
Zentralfrankreich, so dass das Geopotenzialfeld über weite Teile des
Vorhersagegebietes - abgesehen vom Nordosten - eine zyklonale Kontur annimmt.
Vor allem über dem Südwesten, im weiteren Verlauf auch über den mittleren
Landesteilen wird aufgrund zunehmender PVA verstärkt Hebung simuliert. Der
vorgelagerte Höhenrücken wird ein wenig abgebaut und kommt etwas nach Osten
voran.
Die Tiefdruckrinne im Bodenfeld verläuft Freitagfrüh von der Deutschen Bucht bis
zum Erzgebirge, an deren Südwestflanke befindet sich die Kaltfront des
inzwischen zur südwestlichen Nordsee gezogenen und sich abschwächenden
Bodentiefs. Schauerartige Niederschläge sind weiterhin hauptsächlich im
Frontbereich, also rückseitig der Rinne, zu erwarten. Mit der sich verstärkenden
Hebung nimmt auch die Intensität der sich allmählich auch auf den Westen und die
Mitte ausweitenden und teils konvektiv durchsetzten Regenfällen etwas zu.
ICON-EU simuliert recht flächendeckend 1 bis 7 mm mit "konvektiven Spitzen" bis
über 10 mm in 12 Stunden und lässt die Niederschläge - ähnlich wie GFS von 12
UTC und ECMWF von 00 UTC - recht weit nach Nordosten, in etwa bis zu einer Linie
Emsland - Hofer Land - ausweiten. COSMO_EU hat dagegen nur in Teilen
Baden-Württembergs und Bayerns sowie im Taunus Niederschlag auf der Karte. Lokal
eng begrenzte Starkregenereignisse sind aufgrund der hohen PPW-Werte (über 30
mm) und der voraussichtlich geringen Zuggeschwindigkeit nicht ausgeschlossen.
Im Norden und Osten bleibt es dagegen wettertechnisch ruhig, wobei die Wolken
auch dort allmählich etwas dichter werden. Nebel ist somit kaum zu erwarten.

Freitag ... kommt das Höhentief aufgrund der Blockadewirkung des sich nach wie
vor vom Balkan über Polen bis nach Nordschweden erstreckenden Höhenrückens nur
zögernd nach Osten voran und erreicht gegen Abend mit seinem Drehzentrum in etwa
die Zentralschweiz. Hebung wird in erster Linie an dessen Nord- und Ostflanke
über der Mitte und dem Südosten Deutschlands simuliert, wobei sich die
Hebungsvorgänge über dem Südosten Bayerns am Nachmittag und Abend deutlich
verstärken, da das Höhenfeld eine zunehmend diffluente Kontur aufweist.
Im Bodenfeld kommt die Tiefdruckrinne ebenfalls kaum nach Norden voran und
schwächt sich auch etwas ab, Lage und Intensität des Hochdruckgebietes über
Skandinavien ändern sich kaum. Die Luftmasse im Bereich der Rinne ist nach wie
vor nicht allzu labil geschichtet, meist werden kaum mehr als 500 J/kg ML-Cape
simuliert. Niederschläge werden weiterhin hauptsächlich am Südwestrand der
Rinne, im Bereich der (okkludierten) Kaltfront simuliert. Diese sind konvektiv
durchsetzt, wobei bei PPW-Werten über 30 mm lokal eng begrenzt Starkregen
auftreten kann, ganz vereinzelt eventuell auch bis in den Unwetterbereich. Auch
kleiner Hagel ist möglich.
Im Südwesten lassen die Schauer und Gewitter dagegen nach, wohingegen sie sich
an den Alpen am Nachmittag und Abend aufgrund der oben beschriebenen
Hebungsprozesse verstärken.
Die Modelle simulieren in einem breiten Streifen vom Nordwesten über die
"nördliche Mitte" des Landes bis zum Erzgebirge meist Mengen zwischen 1 und 10
mm, punktuell auch bis über 15 mm in 12 Stunden, GFS in Ostfriesland und im
südlichen Sachsen-Anhalt/Nordwestsachsen bis 20 mm, teilweise in 6 Stunden.
COSMO_EU zeigt dagegen in diesen Regionen deutlich geringere Mengen.
An den Alpen setzen am Nachmittag dann verstärkt Niederschläge ein, wobei
ähnliche Mengen in sechs Stunden simuliert werden. COSMO_EU hat dort sogar
Mengen bis über 40 mm in sechs Stunden (Unwetter) auf der Karte, was wohl mit
einer etwas stärker simulierten Tiefdruckentwicklung über Tschechien
zusammenhängt. Insgesamt stellt das Modell aber aktuell eine Außenseiterlösung
dar.
Außen vor von dieser Entwicklung verbleibt noch der Nordosten des Landes, in
etwa die Regionen nordöstlich der Elbe. Dorthin gelangt am Rande des
Skandinavienhochs weiterhin von Osten her trockene Festlandsluft, wobei häufig
die Sonne scheint. Vor allem an der Ostsee frischt der Ostwind böig auf, starke
Windböen sind dabei nicht ausgeschlossen.
Die Temperaturen steigen in der rückseitig der Rinne einströmenden erwärmten
Meeresluft auf immer noch für die Jahreszeit etwas zu warme Höchstwerte zwischen
18 und 24 Grad, während im Nordosten nochmals Werte um oder knapp über 25 Grad
erreicht werden können.



Modellvergleich und -einschätzung
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GFS und ECMWF simulieren im Kurzfristbereich eine ähnliche Wetterentwicklung wie
COSMO-EU und ICON. Unterschiede ergeben sich naturgemäß, was die Verteilung und
Intensität der simulierten, meist konvektiv durchsetzten Niederschläge angeht,
sind aber zunächst nicht prognose- oder warnrelevant.
Erst am Freitag hat das COSMO_EU eine etwas stärkere Bodentiefentwicklung auf
der Vorderseite des Höhentiefs über Tschechien auf der Karte als die anderen
Modelle, was auch größere Auswirkungen auf die Niederschlagsprognosen vor allem
im Süden Bayerns hat. Ein ähnliches Szenario simulierte auch der 06 UTC- Lauf
des GFS mit sechsstündigen RR-Mengen am Freitagnachmittag, die durchaus auch die
Unwetterwarnschwellen überschreiten. Momentan stellen diese Lösungen aber noch
Außenseiter- bzw. Einzelfälle dar.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff