DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

11-12-2021 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 11.12.2021 um 10.30 UTC



Dröges Hochdruckwetter mit leicht ansteigender Spannungskurve zur
Vorweihnachtswoche.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 18.12.2021


In der Mittelfrist nimmt ein äußerst ereignisarmer, man ist fast geneigt, zu
sagen, "dröger" Witterungsabschnitt seinen Lauf. Signifikante Warnereignisse
bleiben aus - wenn man so will, eine verdiente Verschnaufpause für unsere
Warnmeteorologen.

Der mittelfristige Zeitraum startet am Dienstag noch mit einer einigermaßen
zonalisierten Zirkulation. Die Frontalzone verläuft zunächst wenig mäandrierend
von Kanada über den Nordatlantik bis nach Nordeuropa - und damit verhältnismäßig
weit nach Norden verschoben. Die Großwetterlagenklasse "Wa" (West antizyklonal)
dürfte die Situation am besten beschreiben. So ganz ungestört ist das Wetter in
Deutschland aber nicht. Ein zunehmend an Kontur verlierender Kurzwellentrog
schwenkt im Tagesverlauf über das Land südostwärts hinweg. Er korrespondiert mit
einer schwachen, wenig wetterwirksamen Kaltfront, die dem Norden und der Mitte
etwas Regen bringt. Im Süden läuft sie in eine schier unendlich lange, von den
Azoren über Süddeutschland bis nach Osteuropa reichenden, zonalen
Hochdruckbrücke hinein und löst sich auf. Dort bleibt es folglich trocken,
allerdings oft trüb. Lediglich in Hochlagen der Mittelgebirge oberhalb der
Inversion scheint durchweg die Sonne. Hinter dem abziehenden Trog kann sich -
ausgehend von einem Höhenhoch mit Schwerpunkt über der Biskaya - ein Rücken
rasch von West- nach Mitteleuropa ausweiten, sodass sich die Hochdruckzone
kräftig und sich eine eigenständige Hochzelle knapp des Alpenbogens ausbilden
kann. Die hinter der Kaltfront einfließende erwärmte maritime Polarluft (T850 +3
bis -3 Grad) ist in der Nordhälfte einigermaßen gut durchmischt, sodass
stellenweise zweistellige Höchstwerte möglich sind. Im windschwachen Süden
werden in den Niederungen dagegen teils kaum 5 Grad erreicht und nachts ist
verbreitet mit Frost zu rechnen.

Am Mittwoch und Donnerstag stößt massiv Kaltluft von Kanada und der Labradorsee
Richtung Süden auf den Nordwestatlantik vor, sodass es dort stark austrogt. Im
Sinne des "Downdstreamdevelopments" beginnt die Frontalzone auch stromab immer
stärker zu mäandrieren. Ausgehend von dem sich kräftigenden Höhenhoch über
Westeuropa weitet sich ein Rücken zum Nordmeer aus, wodurch ein Trog unter
rascher Vergrößerung seiner Wellenlänge über Skandinavien zum Baltikum schwenken
kann. Dieser streift lediglich den Norden und Osten Deutschlands. Eine damit in
Verbindung stehende Kaltfront erweist sich daher - wie schon ihre Vorgängerin -
als wenig wetteraktiv und sorgt am Donnerstag vom Norden bis zur Mitte nur
stellenweise für etwas Regen oder Sprühregen. Im Vorfeld frischt der Westwind an
der Küste etwas auf, stürmische Böen sind aber unwahrscheinlich. Ansonsten
überwiegt der Einfluss des sich kräftigenden Hochdruckgebietes, das weite Teile
West- und Mitteleuropas überdeckt. Das bedeutet weiterhin viel Nebel und
Hochnebel, Auflockerungen gibt es am ehesten postfrontal im Norden und Osten
sowie in höheren Lagen im Süden und Südwesten. Durch das Absinken erwärmt sich
die Luft niedertroposphärisch zwar, kann sich aber insbesondere in der Südhälfte
kaum bis in die Niederungen durchsetzen.

Am Freitag und Samstag ist die Umstellung der Großwetterlage zu einer
Blockadelage der Marke "Omega" abgeschlossen. Das blockierende Höhenhoch kräftig
sich weiter und verlagert seinen Schwerpunkt langsam von den Britischen Inseln
Richtung Mitteleuropa. Flankiert wird das Blockadehoch von den sich jeweils
abschnürenden Trögen über dem östlichen Mittelmeerraum und dem Nordatlantik
westlich der Azoren. Die von dem Höhenhoch erzeugte Geopotenzialanomalie
erreicht beachtliche Werte von vorübergehend über 45 gpdam! Auch das Pendant im
Bodenniveau mit Divergenzachse über Süd- und Westdeutschland kann sich mit einer
1040-hPa-Kernisobare sehen lassen - es handelt sich wohlgemerkt um ein dynamisch
erzeugtes "warmes" Hoch und kein Reduktionshoch! Während in den Norden und Osten
mit nordwestlicher Strömung feuchte, wolkenreiche Nordseeluft einfließt, könnten
durch das allmähliche Absinken der Inversion im Süden und Westen durch die Berge
größere Lücken in die Wolkendecke gerissen werden. Auf der sicheren Seite im
Hinblick auf Sonne und teils ungewöhnliche Milde (T850 zwischen 5 und 10 Grad!)
ist man weiterhin in den Hochlagen.

In der erweiterten Mittelfrist ändert sich zunächst wenig. Erst in der
Vorweihnachtswoche deutete sich jüngst immer wieder eine retrograde Verschiebung
der Blockadelage an, sodass der Weg frei werden würde für den Vorstoß
skandinavischer Tröge und Kaltluft. Das wäre ein Timing! Ho! Ho! Ho!
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die jüngsten drei IFS-Modellläufe sind über weite Strecken der Mittelfrist sehr
konsistent. Eine kleine Änderung ergab sich allerdings für den Donnerstag. Der
gestrige IFS-00Z-Lauf simulierte noch einen recht kräftigen Trogvorstoß
inklusive wetteraktiver Kaltfrontpassage und Vorstoß maritimer Polarluft. Dieser
Trog wird nun schwächer und nördlicher bzw. östlicher berechnet, sodass
allenfalls der Norden und Osten vorübergehend beeinflusst werden könnten.
Stattdessen überwiegt - wie generell in der Mittelfrist bis kommenden Samstag -
niederschlagsarmes, ruhiges Hochdruckwetter.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Wenig überraschend rechnen alle deterministischen Globalmodelle den Übergang von
einer antizyklonal dominierten, nördlichen Westlage zu einer Blockadelage über
West- und Mitteleuropa. GFS und IFS positionieren die Höhenantizyklone und das
Hoch sehr ähnlich. Bei ICON wird das Höhenhoch etwas früher Richtung
Mitteleuropa gedrückt. Entsprechend verlagert sich das Bodenhoch ins östliche
Mitteleuropa, sodass sich über Deutschland eine südliche Strömung einstellt.
Demnach wären eher die Nordränder der Mittelgebirge im Hinblick auf sonnige
Momente bevorzugt.
In der erweiterten Mittelfrist geschieht die retrograde Verschiebung der
Blockadelage bei den Amerikanern schon früher. Bereits am Sonntag stößt ein Trog
von Skandinavien bis Mitteleuropa vor. Am Rande eines Sturmtiefs über Osteuropa
gelangt mit kräftiger nördlicher Strömung kalte Polarluft nach Deutschland.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das IFS-EPS bestätigt das oben beschriebene Szenario des det. IFS-Laufes. So
laufen die Rauchfahnen von 850-hPa-Temperatur und 500-hPa-Geopotenzial relativ
eng gebündelt. Ein paar Member rechnen den "zyklonalen Knick" im Geopotenzial am
Donnerstag vor allem im Nordosten noch etwas stärker. Ein stärkerer Trogeinfluss
- wie es der gestrige IFS-Lauf berechnet hatte - ist also noch nicht ganz vom
Tisch, aber deutlich unwahrscheinlicher geworden.
Am Freitag und Samstag "sacken" erste Member sowohl bei Temperatur als auch bei
Geopotenzial bereits deutlich ab. Am Sonntag (vierter Advent) und am Montag
folgen dann noch mehr Ensemblemitglieder, sodass der deterministische Lauf
nunmehr eher am oberen Rand der Ensembleschar läuft. Das unterstreicht die
Möglichkeit des etwas zügigeren Vorstoßes skandinavischer Kaltluft. Was
allerdings auffällt, ist, dass kaum Member nennenswerte Niederschlagssignale in
Petto haben. Der antizyklonale Einfluss wird also weiterhin deutlich betont.

Für den Zeitraum +120-168 h (Donnerstag bis Samstag) werden 2 Cluster gebildet.
Haupt- und Kontrolllauf befinden sich in Cluster 2 (23/51 Member), der sich mit
Fokus auf Mitteleuropa aber kaum von Cluster 1 unterscheidet (28/51). Beide
gehören - aufgrund der massiven positiven Geopotenzialanomalie über weiten
Teilen des europäischen Kontinents wenig überraschend - der Blocking-Klasse an.
In der erweiterten Mittelfrist (+192-240 h, Sonntag bis Dienstag) erhöht sich
die Anzahl der Cluster auf 4. Alle werden weiterhin dem Blocking-Regime
zugeordnet. Sie unterscheiden sich im Hinblick auf die Position der positiven
Geopotenzialanomalie, also dem blockierenden Rücken bzw. Hoch. Cluster 1 (17/51,
inkl. HL und CL) verschiebt das Hoch zu den Britischen Inseln (Nordströmung über
Deutschland), Cluster 2 (16/51) sogar bis zum nahem Nordostatlantik mit Keil in
Richtung Süddeutschland (Nordwestströmung). In Cluster 3 (13/51) bleibt die
Blockierung fast ortsfest, in Cluster 4 (5/51) zieht sich sie sich nach
Nordeuropa zurück (Ostströmung über Deutschland).
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND:
Am Mittwoch gibt es eine geringe Wahrscheinlichkeit für einzelne stürmische Böen
(Bft 8) an exponierten Küstenabschnitten.

Darüber hinaus bietet die Mittelfrist keine signifikanten Wettererscheinungen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS det., MOS_MIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser