DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

07-12-2021 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 07.12.2021 um 10.30 UTC



Anfangs noch Troglage, ab dem Wochenende allmählich antizyklonaler und auch
milder.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 14.12.2021


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Freitag liegt
Deutschland unter einem langgestreckten, negativ geneigten Höhentrog. Dieser
reicht von Grönland über Mitteleuropa hinweg bis zum zentralen Mittelmeerraum.
Korrespondierend dazu findet man auf den Wetterkarten eine nicht minder
langgestreckte, rinnenartige Tiefdruckzone, in die gleich mehrere Kerne
eingelagert sind. Eine dieses Drehzentren zieht im Tagesverlauf von Benelux her
in den Westen des Vorhersageraums. Dabei setzen in den westlichen und
südwestlichen Landesteilen mit auffrischendem westlichen Wind skalige und in
Teilen gar nicht mal so unergiebige Niederschläge ein, die sich über den
gesamten Süden und Teilen der Mitte ausbreiten. Bei 850-hPa-Temperaturen um -4°C
fällt oberhalb etwa 300 bis 400 m durchweg, darunter zumindest phasenweise
Schnee.

Zum Samstag hin überquert das Tief unter Abschwächung die Mitte ostwärts.
Rückseitig gelangt eine frische Portion Meereskaltluft in die Südhälfte (T850
sinkt noch etwas auf -5/-6°C), in der es zu schauerartigen Schneefällen, in
tiefsten Lagen Schneeregen oder Regen kommt. Richtung Norden hingegen sorgt
leichter Druckanstieg für weitgehend niederschlagsfreie, vielfach aber
wolkenreiche Verhältnisse.

Am Sonntag dann wird nicht nur die dritte Kerze angezündet, nein, von Westeuropa
bzw. dem nahen Atlantik her schiebt sich ein Höhenrücken bis zu uns vor, der
weiteren Druckanstieg induziert. Heraus kommt eine relativ schmale, diagonal von
Südwest nach Nordost exponierte Hochdruckzone, die vor allem dem Osten, der
Mitte und dem Südwesten einen weitgehend trockenen Tag bescheren. In Bayern gilt
es zunächst noch restliche Schneefälle vom Vortag (-nacht) zu verarbeiten, die
sich aber mehr und mehr an respektive in die Alpen zurückziehen.
Anfällig für zyklonale Störfeuer zeigen sich der Westen und Nordwesten, wo
kräftige WLA den Rücken überläuft. Außerdem greift die Warmfront eines
Doppeltiefs bei Island bzw. der Irminger See über. Sie bringt nicht nur
mehrschichtige Bewölkung und leichten Regen, sondern advehiert auch deutlich
mildere Meeresluft, in der T850 bis zum Abend auf bis zu +5°C steigt. Folglich
steigt auch die Schneefallgrenze deutlich an, nur anfangs fallen in den
westlichen Mittelgebirgen noch ein paar Flocken. Gefrierender Regen dürfte
aufgrund der günstigen Tageszeit kein großes Thema sein.

Zu Beginn der neuen Woche überquert die Warmfront den Vorhersageraum langsam
ostwärts. Dabei schwächt sie sich unter dem Höhenrücken immer weiter ab.
Außerdem wird sie von der inzwischen über Polen positionierten Hochdruckzone
geblockt. Möglich, dass es in der Nacht zum Montag in der Mitte und im Süden in
einigen Kältelöchern mal für gefrierenden Regen mit Glatteis reicht, eine
großräumige Glatteislage zeichnet sich aber nicht ab. Fakt ist, dass sich
tagsüber im Osten und Südosten noch Kaltluftreste halten, während sich die
Temperatur ganz im Westen punktuell der 10°C-Marke nähert. Ja gibt´s denn gar
keine Kaltfront? - Doch, auf fast jede Warmfront folgt auch eine Kaltfront,
allerdings trudelt diese - relativ unambitioniert und schwach ausgeprägt - erst
am Dienstag im Nordwesten ein. Gründe der Verzögerung sind ihre nahezu
höhenströmungsparallele Ausrichtung sowie eine als Bremsklotz agierende, von
Irland nordostwärts schwenkende Welle.

Im erweiterten Mittelfristzeitraum von Mittwoch bis Freitag deutet sich südlich
einer kräftigen Tiefdruckentwicklung im Raum Island (zeitweise soll der
Luftdruck bis nahe 950 hPa absacken) eine großräumige Zonalisierung an. Dabei
verläuft die Frontalzone relativ weit nördlich, was bei uns auf einen
Großwetterlagentypus "Wa" (West antizyklonal oder umgangssprachlich auch
nördliche Westlage) hindeutet.


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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des IFS (ECMF) kann maximal mit dem Attribut "mittelprächtig"
beschrieben werden. Zwar ist es nicht so, dass der heutige 00-UTC-Lauf ein
gänzlich anderes Kapitel zur bevorstehenden Großwetterlage aufschlägt. Trotzdem
offenbaren sich einige Unterschiede, die Anpassungen respektive Änderungen der
gestrigen Wettervorhersage erforderlich machen. Das geht schon am kommenden
Freitag los, wenn sich von Westen das kleine Teiltief nach Deutschland
reinmogelt. Es soll deutlich mehr Niederschlag bringen als nach gestriger
Lesart. Insbesondere in den westlichen Mittelgebirgen sowie im Schwarzwald
könnte es eine ordentliche Hucke Neuschnee geben. Am Wochenende soll dann das
gestern noch angekündigte Frontensystem verzögert und auch abgeschwächt
übergreifen, was weniger Niederschlag zur Folge hätte. Und last but not least
erfolgt die für nächste Woche apostrophierte Zonalisierung der Strömung (und die
damit einhergehende Milderung) ebenfalls verzögert.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Im Großen und Ganzen zeigen die üblichen Verdächtigen unter den Globalmodellen
sehr ähnliche Muster in den Basisfeldern. So wird zunächst noch unisono der o.e.
Höhentrog protegiert, bevor im Laufe des Wochenendes der von Westen
heranrückende Rücken in den Fokus gerät. Auch finden sich die im
Eingangsstatement erwähnten Fronten sowie das am Freitag von Westen auflaufende
kleine Tief weitgehend wieder. Dass sich dabei Differenzen in der genauen
räumlichen Positionierung sowie dem Timing zeigen, liegt in der Natur der Sache.
Von daher scheint der von IFS simulierte Generalkurs durchaus auf Gegenliebe zu
stoßen, was die Prognose belastbarer zu machen scheint als es die
Negativbewertung bei der Konsistenzbetrachtung vermuten lässt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte sprechen eine sehr
ähnliche Sprache. Demnach ist ab dem Wochenende trotz kontinuierlich zunehmender
Streuung ein klarer Aufwärtstrend beim Potenzial 500 hPa und bei der Temperatur
850 hPa erkennbar, bevor die Kurvenverläufe in der nächsten Woche in eine
Seitwärtsbewegung münden (was flache Schwingungen der Einzelläufe, die z.B. auf
Frontdurchgänge hinweisen, nicht ausschließt). Dass damit auch überall eine
deutliche Milderung der bodennahen Luftschichten verbunden ist, ist keinesfalls
gesichert. Zum einen bedeutet im Winter niedertroposphärische Erwärmung nicht
zwingend auch einen Temperaturanstieg im 2m-Niveau, vor allem in einem
antizyklonal geprägten Regime. Zum anderen sind trotz des klaren Trends auch ein
paar sagen wir halbwegs "kalte" Ensemblemitglieder unterwegs (T850 bei -5°C).

Von den Fahnen zu den Clustern, die für T+72...96h (Freitag/Samstag) zwei
Schubladen aufmachen, die sich in unserem Raum aber kaum unterschieden. Von
Sonntag bis Dienstag (T+120...168h) erhöht sich die Anzahl der Cluster auf vier,
die sich bei uns aber auch nicht sonderlich stark voneinander unterscheiden.
Allen gemein ist das Vorrücken des Höhenrückens von Westen her. Interessant
dabei aber die Tatsache, dass CL 1 und 2 (24 Fälle + HL/KL, 14) dem Klimaregime
"NAO positiv" mit deutlicher Zonalisierung über dem Atlantik zugordnet werden,
was auf eine weitere Milderung hindeutet. Die unterrepräsentierten CL 3 und 4
hingegen (9 und 4 Fälle) favorisieren das Regime "Blockierung", was mit
niedrigeren Temperaturen einhergehen würde. Zu guter Letzt noch die Tage von
Mittwoch bis Freitag (T+192...240h), für die drei Cluster angeboten werden. Jetzt
schlägt das Pendel ganz klar in Richtung "Blockierung" aus (CL 1 und 2 mit
insgesamt 45 Fällen + KL), während "NAO positiv" nur noch von 6 Mitgliedern + HL
repräsentiert wird.

FAZIT:
Die auf Basis von IFS beschriebene Entwicklung wird von den probabilistischen
Tools durchaus gestützt. Gleichwohl wirft der Verlauf in der kommenden Woche
insbesondere hinsichtlich der Temperatur noch interessante Fragen auf ("milder"
Atlantikdurchbruch vs. "kältere" Blockierung).
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


SCHNEE/GLÄTTE:
Gerade am Freitag ist die Wahrscheinlichkeit für Neuschneemengen über 10 cm
vornehmlich im Schwarzwald, bedingt aber auch in den westlichen Mittelgebirgen
erhöht. Am Samstag nimmt die Wahrscheinlichkeit ab, trotzdem sind im Stau der
Alpen und der südwestlichen Mittelgebirge lokal mehr als 10 cm Neuschnee nicht
ausgeschlossen.
In der Nacht zum Montag bzw. Montagfrüh besteht in der Mitte und im Süden
(lokal) eine leicht erhöhte Gefahr für gefrierenden Regen mit Glatteis.

STURM:
Kaum Signale, einzig am Freitag im Hochschwarzwald Böen 8-9 Bft nicht
ausgeschlossen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS und Modellmix.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann