DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

05-12-2021 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 05.12.2021 um 10.30 UTC



Nasskalt mit Schneefällen im Bergland. Nächstes Wochenende Milderung mit Regen
und etwas mehr Wind wahrscheinlich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 12.12.2021


Heute früh wurde der Autor dieses Textes vom in den verdienten Feierabend
gehenden Nachtdienstkollegen schon mit der Prognose des Weihnachtswetters
beauftragt, auch der Spätdienst-Supervisor ließ heute schon vor Dienstantritt
seine Neugier diesbezüglich durchblicken. Die treuen Lesenden dieser Übersicht
wissen natürlich, dass das weit außerhalb des Zeitraums unserer Prognosen liegt,
selbst der dritte Advent steht schon auf wackligen Beinen, wie heute auch im
Thema des Tages zu lesen ist. Aber fangen wir von vorn an:

Am Mittwoch, zum Beginn des Mittelfristzeitraumes, weitet sich nach IFS ein
Langwellentrog von den Britischen Inseln ausgehend rasch nach Südosten aus und
gewinnt damit Einfluss auf Deutschland. Ein weiterer Trog liegt über dem
Südosten Europas, so dass die Frontalzone in unserem Raum recht weit südlich im
Bereich des südlichen Mittelmeerraumes und über dem Norden Afrikas verläuft. Im
Bodendruckfeld zieht ein Sturmtief vom Norden Irlands nach Nordengland, zeigt
aber deutliche Abschwächungstendenzen. Dieses ist rinnenartig mit tiefem
Luftdruck im Bereich des Schwarzen Meeres verbunden, während hoher Druck im
Bereich der Azoren und von dort ausgehend bis nach Nordafrika zu finden ist.
Relativ hoher Druck ist auch über Skandinavien und dem Baltikum vorhanden. Die
okkludierte Front des Sturmtiefs greift bereits ab der Nacht zum Mittwoch auf
Deutschland über, zeigt aber Auflösungstendenzen. Schnee fällt bei -2°C in 850
hPa nur in Hochlagen und auch gefrierender Regen sollte am Mittwochmorgen
aufgrund gut durchmischter Vorgeschichte und etwas Wind keine große Rolle
spielen. Im Tagesverlauf bildet sich südlich der Alpen ein Teiltief, das
kräftigere Niederschläge von Baden-Württemberg her nordwärts und ostwärts
ausgreifen lässt, so dass dort auch die Schneefallgrenze auf 500 m gedrückt
werden kann.

Am Donnerstag weitet sich der Trog weiter südostwärts aus, so dass wir in dessen
zentralen Bereich gelangen. Das ehemalige Sturmtief zieht unter weiterer
Abschwächung in den Bereich der südwestlichen Nordsee. Somit liegen wir am
Donnerstag im Bereich des tiefen Drucks zwischen letztgenanntem Tief und dem
südlich der Alpen entstandenen und zum Balkan weitergezogenen Tief. Da das
nördliche Tief dominiert, weht der Wind in der eingeflossenen Meeresluft polaren
Ursprungs um Südwest. Stellenweise schauert es noch, im höheren Bergland in der
Schneephase, große Niederschlagssummen stehen aber nicht ins Haus.

Am Freitag schwenkt an der Westflanke des Langwellentroges ein kurzwelliger
Anteil über Frankreich südwärts und initiiert neue Zyklogenese im westlichen
Mittelmeer. Da hat aber auf unser Wetter kaum Einfluss. Wir verbleiben im
Trogbereich zwischen den Bodentiefs, wo es nasskühl mit einzelnen Schauern ist.

Am Samstag ändert sich die Lage dann doch allmählich. Ein sehr starkes Tief
(unter 940 hPa) nähert sich Island und imposante Warmluftadvektion westlich
unseres Landes schiebt den Trog allmählich nach Osten und schüttet ihn auch
langsam zu. Bodennah schiebt sich dabei ein Hochkeil von Westen nach
Süddeutschland und trennt die Tiefs. Das Residuum des ehemaligen Sturmtiefs
zieht ins Baltikum und es verbleibt eine Rinne tiefen Drucks nördlich unseres
Landes, die uns von dem Hoch über Nordskandinavien und Nordrussland trennt. Das
Wetter ändert sich zunächst kaum, in der Nacht zum Sonntag greift aber sowohl
der stärkere Gradient des Tiefs bei Island auf den Nordwesten Deutschlands über
(und lässt dort den Südwestwind kräftig auffrischen), als auch die okkludierte
Front des Tiefs erreicht unser Land rasch mit Regenfällen. Anfangs mag auch noch
Schnee dabei sein, auch gefrierender Regen könnte eine Rolle spielen.

Am Sonntag setzt sich dann bei uns eine westliche Höhen- und Bodenströmung
durch, mit der eine mildere atlantische Luftmasse Einfluss gewinnt. Die Reste
der Okklusion schleifen regnend in Süddeutschland. Der Wind ist im Norden des
Landes durchaus frisch.

In den Folgetagen gerät die Höhenströmung wieder stärker ins Mäandrieren, wobei
sich zum Dienstag über Westeuropa ein Trog einfinden soll, so dass wir erst mal
auf die Vorderseite in den Bereich des Zustroms sehr milder Luft gelangen. An
den Alpen deutet sich eine Föhnlage an.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen IFS-Laufs mit den Vorgängerläufen ist nicht sehr
gut. Die Entwicklung des sich abschwächenden Sturmtiefs ab Mittwoch wird
vollkommen unterschiedlich simuliert. So findet sich dieses Tief
Donnerstagmittag nach dem gestrigen 00-UTC-Lauf über Westfrankreich, nach dem
gestrigen 12-UTC-Lauf über Nordengland und nach dem heutigen Lauf im Bereich der
südwestlichen Nordsee und Südengland. Nach allen Modellen bleibt aber bei uns
die Meereskaltluft wetterbestimmend und die skandinavische Kaltluft bleibt uns
fern. Die am Samstag übergreifende Front wird von allen Modellen gezeigt, ist
aber im jüngsten Lauf etwas langsamer. Zudem zeigten die Vorgängerläufe in der
Folge eine sehr stramme Westströmung über Deutschland, was mit dem heutigen Lauf
deutlich entschärft wurde.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die vorliegenden Globalmodelle zeigen recht unterschiedliche Entwicklungen des
sich abschwächenden Sturmtiefs. Wenn wir wieder auf Donnerstagmittag gehen,
sehen wir das Tief bei ICON über Deutschland, bei GFS über Südfrankreich und bei
den Kanadiern wie bei IFS über der südwestlichen Nordsee. Im weiteren Verlauf
laufen die Szenarien weiter auseinander: Was bei IFS oben als über Frankreich
südwärts schwenkender Kurzwellentrog beschrieben wurde, resultiert bei ICON in
einer Okklusion, die auf den Westen Deutschlands übergreifen soll. GSF zeigt
dagegen eine kräftige Tiefentwicklung über Frankreich. GEM ist dagegen ähnlich
wie IFS. Blicken wir noch auf den Sonntag: Während sich bei ICON, IFS und GEM
die Westströmung durchsetzt, kommt diese bei GFS nicht in unsere Nähe.
Stattdessen weitet sich das Skandinavienhoch weit südwestwärts aus und eine
östliche Strömung setzt sich bis in den Westen Deutschlands durch.

Während die unterschiedlichen Entwicklungen bis Freitag gar keine so großen
Auswirkungen auf unser Wetter haben, ist die GFS-Variante ab Samstag und zum
Sonntag tatsächlich ein vollkommen anderes Szenario mit deutlich weniger
Niederschlag mit kälterer (wenngleich zunächst nicht wirklich kalter) Luft und
deutlich weniger Niederschlag. Allerdings offenbart der Blick in den weiteren
Verlauf, dass auch bei GFS das Skandinavienhoch später weichen muss.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die drei Cluster, auf die sich das IFS-EPS im Zeitraum von Freitag, 00 UTC bis
Sonntag, 00 UTC verteilt, sehen sehr ähnlich aus. Lediglich zum Schluss zeigen
sie ein unterschiedlich schnelles Ersetzen des Troges durch eine Westlage, wobei
der Hauptlauf dem Cluster (C3, 10 Mitglieder) mit der langsamsten Entwicklung
zugeordnet ist.

Im weiteren Verlauf zeigt keines der vier Cluster ein Blocking im Bereich
Skandinaviens, das für einen winterlichen Witterungsabschnitt spräche. Alle
Cluster zeigen westliche Lagen mit durchziehenden Trögen und Rücken, wobei
zumindest manche Entwicklungen zu verstärktem Hochdruckeinfluss und ruhigerem
Wetter im Süden tendieren.

Die Rauchfahnen zeigen in der Mitte Deutschlands die nasskalte Witterung mit
hoher Sicherheit bei 850-hPa-Temperaturen, die um -5°C schwanken und niedrigem
Geopotential. Zum Sonntag hin nimmt die Unsicherheit zu, wobei die Tendenz bei
Potential und Temperatur ganz klar nach oben geht. Wiederholt werden
Niederschläge simuliert.

Sehr ähnlich sehen die Ensembles des GFS aus. Dort zeigt sich, dass der
Hauptlauf am nächsten Wochenende deutlich langsamer beim Anstieg von Temperatur
und Potential ist als der Schwerpunkt der Ensembles. Das unterstreicht, dass die
IFS-Entwicklung deutlich wahrscheinlicher zu sehen ist.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Die vorliegenden Ensembles zeigen deutliche Signale auf signifikante
Neuschneehöhen am Mittwoch und in der Nacht zum Donnerstag. So erscheinen
innerhalb von 12 bis 24 Stunden im Schwarzwald und südlichen Alpenvorland 10 bis
20 cm Neuschnee realistisch, im Alpengebiet selbst auch deutlich über 20 cm.

Von Dienstag bis Donnerstag zeigt Cosmo-LEPS Signale für stürmische Böen an den
Küsten. In der Nacht zum Mittwoch gibt es auch im westlichen Bergland stärkere
Signale.

Die zunehmend windige Witterung ab Sonntag spiegelt sich auch den IFS-Ensembles
wider, aber nur schwach. Die Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen sind im
Binnenland nur gering, selbst an den Küsten nicht überbordend hoch. Allerdings
hat das EPS-Maximum durchaus eine Sturmlage im Angebot.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Peter Hartmann