DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

04-12-2021 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 04.12.2021 um 10.30 UTC



Wechselhaft, gebietsweise windig und durch Schnee und nächtlichen Frost teils
winterlich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 11.12.2021


Zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraum, also am Dienstag, liegt
Deutschland unterhalb eines Langwellentroges in 500 hPa, der sich vom Nordmeer
über Skandinavien bis ins östliche Mittelmeer erstreckt. Er präsentiert sich mit
Temperaturen von etwa -30°C nicht außergewöhnlich kalt, im Zusammenspiel mit den
850er Temperaturen, die in einer Spanne von etwa 4°C bis 8°C liegen, ist die
Schichtung relativ stabil. Mit dem Langwellentrog korrespondiert einerseits ein
markanter Bodentrog, und in diesem wiederum liegt eine sich abschwächende
Okklusion. Die gesamte geschilderte Konfiguration bewegt sich im Tagesverlauf
von der Westhälfte zögerlich ostwärts, was somit auch für die an die Okklusion
gekoppelten schwachen und sich weiter abschwächenden Niederschläge gilt. Diese
fallen in mittleren und höheren Lagen (Schneefallgrenze grob zwischen 200 m und
400 m) meist als Schnee, in den tiefen Lagen ist es wohl überwiegen die flüssige
Phase, ohne das Schneeflocken dort ausgeschlossen werden können - und in den
Hochlagen des Südens muss mit steifen bis stürmischen Böen gerechnet werden. In
der Nacht zum Mittwoch fällt an der Okklusion kaum noch Niederschlag, allerdings
greift von Westen schon das Regenband eines Orkantiefs bei Irland auf die
Westhälfte über, wobei die Niederschläge bis zum Morgen bis in die Mitte
ausgreifen. Das Regenband steht in Verbindung mit einem rasch okkludierenden
Frontensystem. Dieses bringt im Südwesten in 850 hPa einen Schub wärmerer Luft
mit, so dass dort die entsprechenden Werte auch in den leicht positiven Bereich
steigen können, während sie ansonsten weiter frostig bleiben (im Nordosten am
Morgen immer noch um -6°C). Der geschilderte, schnell ablaufende
Okklusionsprozess sorgt für ein zügiges Anheben der Warmluft im Warmsektor, so
dass ausgangs der Nacht die 850er Temperaturen schon wieder unter 0°C
angesiedelt sein sollen. Trotzdem: Die Schneefallgrenze klettert auf etwa 600 m
bis 800 m und somit ist Schnee oder Schneeregen nur noch in den Gipfellagen der
Mittelgebirge ein Thema. Mit der Front frischt auch der Wind auf. In den
Hochlagen der Mittelgebirge und an der Ostsee sollten dann Böen Bft 7, an der
Nordseeküste Bft 7 bis 8 zu erwarten sein.

Am Mittwoch wandert das Orkantief von Irland zur Keltischen See, in der Nacht
zum Donnerstag dann bis zum westlichen Ärmelkanal und der Normandie. Mit diesem
korrespondiert in der Höhe ein markanter Langwellentrog, dessen Kern am
Mittwochmorgen über dem Norden Irlands zu finden sein soll, der 24 Stunden
später dann aber ebenfalls schon den Ärmelkanal erreicht, wobei sich ein
weiterer Kern ausbildet, der in Richtung Seealpen zieht. Da der Trog uns
insgesamt deutlich näherkommt, wird der kurzwellige Höhenrücken in 500 hPa, der
sich durch WLA vorderseitig des Langwellentroges gebildet hat, abgebaut und nach
Osten abgedrängt. Da Höhen- und Bodentief weitestgehend bewegungs- und
ortsgleich sind, ist eine weitere Vertiefung des Bodenkerns nicht zu erwarten,
Vielmehr füllt sich das Tief im Tagesverlauf auf. Liegt sein Kerndruck am Morgen
noch bei etwa 964 hPa, so sollen es nach dem deterministischen Lauf von EZMW am
Donnerstagmorgen schon 988 hPa sein. Dadurch weicht auch der Druckgradient auf,
so dass der am Tage in den Hochlagen und an den Küsten noch stark böige Wind in
der Nacht, zumindest was Warnungen angeht, wohl kein Thema mehr ist. Bleibt das
Thema Niederschlag. Während das Okklusionsband im Tagesverlauf über dem Norden
unter rascher Abschwächung nach Osten zieht, kommt von Südwesten her neuer
Niederschlagsnachschub nach Norden gezogen, der wohl dem Wellen der über dem
Süden Deutschlands schleifenden Frontalzone geschuldet ist, die dann mit einer
südlichen Strömung nach Norden geführt wird. Letztendlich kann an dieser Welle
bis in die Nacht zum Donnerstag auch etwas mehr Niederschlag fallen, wobei die
Schneefallgrenze wieder etwas absinkt. Letztere pendelt sich im Westen bei etwa
bei 600 m, in der Mitte dagegen bei 200 m bis 400 m ein, so dass in einem
Streifen von der Schweiz bis nach Schleswig-Holstein und zur Nordsee um 2 cm,
lokal aber auch bis zu 5 cm Neuschnee denkbar sind. Nach Osten zu ist es
weitgehend trocken, im Westen sollte Schnee nur in höheren Lagen fallen.

Am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag bleibt Deutschland durchweg im
Einflussbereich des Langwellentroges in 500 hPa, dessen "Kerntemperatur" sich
mit etwa -30°C etwa auf dem Niveau der Vortage bewegt. Das Bodentief wandert am
Tage vom westlichen Ärmelkanal/Normandie nach Zentralfrankreich, wobei es sich
weiter auffüllt und am Abend kaum noch als eigenständiges Tief erkennbar ist.
Tief und Trog sorgen aber weiter für viele Wolken und Niederschläge. Da die
850er Temperatur wieder etwas absinkt und sich zum Freitagmorgen in einer Spanne
von -3°C (Südwesten) und -7°C (Nordosten) bewegt, sinkt auch die
Schneefallgrenze wieder etwas ab. So ist in mittleren und höheren Lagen erneut
durchweg mit Schnee zu rechnen, in tieferen Lagen ist beides denkbar. Die genaue
Verteilung der Niederschläge ist noch nicht ausgemacht, die Intensitäten sollten
sich aber eher im schwachen Bereich bewegen. Eine gewisse Gefahr für kräftigere
Niederschläge besteht nach jetziger Sicht allenfalls im äußersten Osten, der im
Bereich eines vom Mittelmeer über Ungarn und die Slowakei nach Polen ziehenden
Tiefs liegt. Der aufgeweichte Gradient lässt weiterhin keine nennenswerten
Windböen erwarten.

Am Freitag bleibt uns das lustlose, winterlich geprägte Tiefdruckwetter
unterhalb des Langwellentroges erhalten. Lokal ist etwas Niederschlag möglich,
bei T850 um -5°C sollte dieser nur in tieferen Lagen als Regen fallen. Am
Samstag wird der Trog nach Osten abgedrängt. Es folgt ein sehr schwacher Rücken,
der sogleich vom nächsten Trog abgelöst wird. Unterhalb des Rückens greift eine
Warmfront mit neuen Niederschlägen und milderer Luft auf uns über.

In der erweiterten Mittelfrist verbleiben wir am Sonntag und Montag in einer
lebhaften, insgesamt westlichen Strömung, wobei sich in 500 hPa ein flacher
Rücken aufwölbt, der zumindest dort für eine Gewisse Stabilisierung sorgt.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis zum Mittwoch zeigt der aktuelle Lauf des EZMW eine gute Übereinstimmung mit
den Vorläufen, ab Donnerstag werden die Modellunterschiede größer, was sowohl
für die bodennahe Druckverteilung als auch für die Höhenkonfiguration gilt. So
verlagert sich das in Abschwächung befindliche Orkantief am Donnerstag nach dem
aktuellen und dem gestrigen 12-UTC-Lauf schneller nach Süden, als dies in den
länger zurückliegenden Läufen avisiert war. Dazu zeigen die jüngeren Läufe im
erweiterten Nordseeumfeld die Bildung von Randtiefs, die z.B. der gestrige
00-UTC-Lauf noch nicht gesehen hat. Dieser prognostizierte für Donnerstag auch
den 500-hPa-Trog weiter westlich als dies nach aktuellem EZMW-Stand zu erwarten
ist.

Am Freitag sind sich die letzten EZMW-Läufe bezüglich des Geopotentialfeldes
dahingehend sicher, dass wir unter Trogeinfluss liegen. Die Form und Intensität
des Troges variieren dabei aber deutlich. Auf dem nahen Ostatlantik dagegen
zeigen sich sowohl Lösungen die einen Rücken favorisieren, als auch solche, die
einem Trog den Vorzug geben. Im Bodendruckfeld nehmen die Unterschiede weiter
zu. Der gestrige 00-UTC-Lauf berechnete für Freitag um 12 UTC noch ein
großräumiges Tief über Deutschland, laut dem aktuellem sowie dem Vorlauf soll
dieses jedoch über der Ostsee zu finden sein. Und den scharfen Bodentrog über
Westeuropa, den der gestrige 12-UTC-Lauf herausarbeitete, haben weder der
jüngste Lauf noch der gestrige 00-UTC-Lauf auch nur in ähnlicher Form zu bieten.


Im weiteren Verlauf bis zum Sonntag ist keine Angleichung der Modellläufe
erkennbar.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Im internationalen Vergleich zeigen sich schon am Dienstag (z.B. 12 UTC),
insbesondere in der Lage des Orkantiefs (sowohl des Boden- als auch des
Höhenkerns), die ersten deutlichen Unterschiede, während das Bodendruckfeld zu
diesem Zeitpunkt über Mittel- und Osteuropa noch recht ähnlich vorhergesagt
wird.

Am Mittwoch verabschiedet sich ICON sehr deutlich von der Mehrheitsmeinung, denn
während bei diesem Modell das Tief nördlich von Schottland zu finden sein soll,
sagen EZMW und UKMO dieses über Irland, GFS sogar an der Südküste Irlands
vorher. Auch bei den zugehörigen Höhentiefs zeigen sich Positionsunterschiede,
die aber nicht so gravierend sind wie die der Bodentiefs.

Donnerstag um 12 UTC bleibt das ICON-Tief fast ortsfest, während die EZMW- und
GFS-Tiefs nach Frankreich spazieren. Langwellentröge in 500 hPa haben alle
Modelle im Programm, derjenige von ICON liegt aber weiter östlich als die von
GFS oder EZMW. Und während ICON in 500 hPa einen flachen Keil vorhersagt, dessen
Achse von der Biskaya nach Benelux weist, haben auch GFS und EZMW Keilstrukturen
auf dem Schirm, die allerdings in Richtung Großbritannien und Irland weisen.

Im weiteren Verlauf driften auch GFS und EZMW auseinander, Modellähnlichkeiten
sind dann nur noch schwer auszumachen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusterberechnungen des EZMW ermitteln im Zeitfenster +72 bis +96 h 4
Cluster, im mit 20 Membern größten liegen auch der Haupt- und Kontrolllauf. Alle
Cluster wechseln von der Kategorie "Positive NAO" zur Kategorie "Negative NAO",
wobei allgemein festzustellen ist, das für Mitteleuropa Trogeinfluss
vorherrschend ist.

Im Zeitfenster +120 bis +168 h werden 2 Cluster berechnet, die beide von der
Kategorie "Negative NAO" wieder in die Kategorie "Positive NAO"
(zurück-)wechseln. Beide Cluster sind mit 27 respektive 24 Membern ähnlich groß,
und während der Kontrolllauf sich in Cluster 1 tummelt, findet der Hauptlauf
sein Zuhause in Cluster 2. Unabhängig von diesen technischen Schilderungen sind
in beiden Clustern durchweg sowohl tiefer Luftdruck als auch niedriges
Geopotential dominierend, die Schärfe des Langwellentroges in 500 hPa nimmt aber
allgemein etwas ab.

Die Rauchfahnen für Offenbach zeigen am Dienstag mit der hereinschwenkenden
Okklusion einen moderaten Anstieg der 850-hPa-Temperaturen, bevor letztere in
der zweiten Wochenhälfte allmählich wieder zurückgehen. In diesem Zeitfenster
nimmt allerding auch die Streuung der Member des Ensembles zu, ohne dass es
dabei echt Ausreißer geben würde. Am kommenden Wochenende wird dann, mit einer
erneuten Zunahme der Streuung, ein kräftiger Anstieg der 850-hPa-Temperaturen
borhergesagt. Bei alldem bewegen sich der Haupt- und der Kontrolllauf meist in
der Mitte des Ensembles. Die Kurven des Geopotentials zeigen in vielerlei
Hinsicht ein ähnliches Verhalten wie die der 850-hPa-Temperatur, wie z.B. einen
markanten Anstieg zum Ende des und im erweiterten Mittelfristzeitraum oder eine
recht zentrale Position von Haupt- und Kontrolllauf in der Ensembleverteilung.

Die Ensembles von GFS zeigen einen ähnlichen Verlauf wie diejenigen des EZMW.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND:
Am Dienstag und Mittwoch teils böiger Wind. Die Wahrscheinlichkeiten für
Sturmböen am der Nordsee liegen am Dienstag bei bis zu 30% (Nordfriesland). Am
Mittwoch steigen sie auf bis zu 50% an der Ostsee und bis zu 70% am der Nordsee,
wobei dort weiterhin Nordfriesland im Fokus steht. In den Hoch- und Gipfellagen
einiger Mittelgebirge steigt die Wahrscheinlichkeit für Sturmböen am Mittwoch
auf bis zu 50% an.

Die Wahrscheinlichkeiten für Windböen liegen am Mittwoch an der Nordsee bei bis
zu 100%, an der Ostsee und in den Hochlagen der Mittelgebirge bei bis zu 70%,
exponiert auch noch etwas darüber. Für den Dienstag präsentieren sich die
entsprechenden Wahrscheinlichkeiten erwartungsgemäß defensiver (Nordsee bis 60%,
Ostsee sowie Hoch- und Gipfellagen bis 50%). Auffällig: Im Alpenvorland werden
recht hohe Wahrscheinlichkeiten bis 50% für Böen Bft 7 simuliert.

SCHNEE:
Im Zeitfenster Montagnachmittag bis Dienstagmorgen zeigen z.B. der
COSMO-LEPS-Median als auch der ECMWS-EPS-Median in den westlichen und
südwestlichen Mittelgebirgen, im Laufe des Mittwochs dann auch im Allgäu,
geringe Signale für mehr als 10 cm Neuschnee in 12 bis 18 Stunden.

Die Wahrscheinlichkeiten für mehr als 10 mm Schnee in 6 Stunden liegen laut
COSMO-Leps aber nur bei etwa 10%, die für mehr als 5 cm Neuschnee in 6 Stunden
immerhin bei bis zu 50% (Sauer- und Siegerland). Betrachtet man für mehr als 10
cm Neuschnee das 12-Stunden-Intervall, so steigen die Wahrscheinlichkeiten auf
immerhin etwa 30% im Schwarzwald. Diese Wahrscheinlichkeit wird auch für das
Allgäu im Laufe des Mittwochs avisiert. Ansonsten ist nur mit insgesamt geringen
Neuschneemengen zu rechnen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas