DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

29-11-2021 20:01
SXEU31 DWAV 291800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 29.11.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht an der See stürmisch, auf den Bergen teils schwere Sturmböen, am
Dienstag exponiert orkanartige Böen. Morgen im Süden und in den Mittelgebirgen
Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen.
Am Dienstag im Mittelgebirgsraum teils markante Neuschneemengen, in Hochlagen
und im Alpenvorland Schneeverwehungen.
Ab morgen in den westlichen Mittelgebirgen, später vom Schwarzwald bis zum
Bayerischen Wald Dauerregen (teilweise in Verbindung mit Tauwetter). Dabei lokal
Abflussmengen bis 50mm in 24 Stunden möglich.
Am Mittwoch erneut stürmische Böen im Westen und Norden sowie im Bergland, an
der Nordsee Sturmböen, teils auch schwere Sturmböen. Exponierte Berggipfel mit
orkanartigen Böen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir auf der Rückseite eines langwelligen Troges, der sich von
Skandinavien bis in den Mittelmeerraum erstreckt. Dessen Hauptachse liegt
allerdings schon östlich von uns und kann auf eine Linie von einem kleinen
Höhentief über Nordostpolen bis in die Adria positioniert werden. Dahinter
kommen wir von Westen her ein den Einflussbereich Rückens der sich vom mittleren
Atlantik bis in das Nordmeer erstreckt. Dadurch ist die Nord- bis
Nordwestströmung leicht antizyklonal konturiert. Das verstärkt einen zu den
Alpen gerichteten Hochkeil. Gleichzeitig verlagert sich ein Sturmtief von
Schottland zum Skagerrak und sich dabei noch vertieft und dadurch zur
Gradientverschärfung führt. Mit der zum Sturmtief gehörenden Frontensystem wird
massiv Warmluft zu uns advehiert. Die Temperatur in 850 hPa steigt dadurch im
Warmsektor von -5 auf +2 Grad.

Mit Annäherung der Front kommt es zum Wolkenaufzug und in der zweiten
Nachthälfte fällt Niederschlag. Im Nordwesten regnet es aber ab den
Mittelgebirgen ab 400 m gehen die Niederschläge in Schnee über. Zumeist sind es
nur leichte Schneefälle, in Staulagen kann es aber auch kräftiger schneien. Für
den Schwarzwald gibt es bis morgen früh Signale für über 10 cm /12h in
Staulagen.

Auch der Südwest- bis Westwind nimmt in der Nacht zu. Schon in der ersten
Nachthälfte gibt es an der Nordseeküste die ersten steifen bis stürmischen Böen.
In der zweiten Nachthälfte gibt es in Gipfellagen der Mittelgebirge und an der
westlichen Ostsee stürmische Böen oder Sturmböen, auf dem Brocken auch darüber.

Die Tiefsttemperaturen liegen im Nordwesten und Westen in tiefen Lagen bei 1 bis
2 Grad. Sonst werden 0 bis -4 Grad erwartet. Vor allem im Nordwesten wird das
Temperaturminimum schon am Abend erreicht, danach steigt durch die hinzugeführte
mildere Meeresluft die Temperatur schon wieder an.

Dienstag ... zieht der Trog weiter nach Osten ab und dahinter erreicht ein
Rücken bis zum Abend die Britischen Inseln. Das Tief über dem Skagerrak
verlagert sich im Tagesverlauf nach Nordwestpolen. Das damit zusammenhängende
Frontensystem überquert den Norden, wird aber dann durch ein weiteres Sturmtief
über den Britischen Inseln rückläufig. Immerhin kann kurzfristig KLA im Norden
für etwas Wolkenauflockerung sorgen. Um den Keil herum wird weiterhin massive
WLA geführt, der für Hebungsantrieb sorgt. In der Folge verlagert sich das
Niederschlagsgebiet mit länger andauernden Niederschlägen, im Süden als Schnee,
im Westen als Regen in Richtung Südosten. Dabei bekommen die Mittelgebirge im
Süden und im Osten teilweise mehr als 10 cm Neuschnee in 12 h Stunden ab. Für
den Alpenrand und den Bayerischen Wald gibt es hohe Wahrscheinlichkeiten für
über 15 cm/12h. Signifikant es dabei ein Streifen vom Thüringer Wald bis zum
Bayerischen Wald sowie vom Odenwald ins östlichen Württemberg. Weiterhin kann es
in höheren Lagen und im Alpenvorland Verwehungen geben.
Im Norden schwenkt nach Passage des Tiefs die Front rasch durch und die
Wolkendecke kann lokal etwas auflockern. Allerdings ist dann auch mit einzelnen
Regenschauern zu rechnen.
Gegen Abend verdichtet sich von Westen her die Wolken erneut. Das hängt mit der
WLA auf der Vorderseite der Warmfront von dem nachfolgenden Tief "Daniel"
zusammen.

Neben dem Schnee sind muss in den westlichen Mittelgebirgen die Regenmengen
beachtet werden. Dort gehen die Temperaturen rasch wieder in den positiven
Bereich zurück und der Schnee dadurch in Regen über. Dabei gibt es vor allem im
Schwarzwald und gebietsweise auch in den Staulagen der westlichen Mittelgebirge
Regionen, in denen 24 stündige Regenmengen von über 30 l/qm simuliert werden.
Die Schneeschmelze kommt noch dazu!

Als letztes Warnelement darf der Wind nicht vergessen werden. Mit Annäherung und
Passage des Tiefs "Christian" nimmt der Gradient zu und es kommt an den Küsten
zu stürmischen Böen oder Sturmböen aus Nordwest. Auch im Mittelgebirgsraum und
vor allem in Süddeutschland gibt es bis ins Flachland stürmische Böen, im
Alpenvorland auch Sturmböen. Auf den Alpengipfeln, dem Feldberg im Schwarzwald
sowie auf dem Brocken sind auch orkanartige Böen zu erwarten. Nach Durchzug des
Tiefs schwächt sich der Wind gegen Abend ab.

In der Nacht schwenkt die Achse des Rückens nach Osten und die Achse überquert
den Deutschland bis zum Morgen. Das Tief "Christian" befindet sich schon über
Belarus, aber von Westen her nähert sich das neue Tief "Daniel" und erreicht am
Morgen die Deutsche Bucht. Seine Warmfront überquert weite Teile des Nordens
ostwärts und die Schneefallgrenzen steigen rasch auf über 1000 m an. Daher
beschränken sich die Schneefälle nur noch auf die höchsten Lagen, sonst gibt es
Regen. Dabei gibt es von den Modellen im Norden Signale für 10 bis 15 mm/12h.
Betrachtet man den 24-stündigen Zeitraum ist in manchen Regionen, z.B.
Schwarzwald, Allgäu, Bayerischer Wald, aber auch im Bergischen Land und im
Odenwald eine markante Dauerregenwarnung fällig. Nimmt man die abschmelzende
Schneedecke mit hinzu liegen wir über den Warnschwellen für Tauwetter, für
exponierte Regionen sogar über der Unwetterschwelle.

Der Wind flaut vorübergehend etwa ab, ehe sich in der zweiten Nachthälfte die
Gradientverschärfung im Warmsektor bemerkbar macht. Dann gibt es bis ins
norddeutsche Flachland stürmische Böen, in den Gipfellagen der Berge Sturmböen
oder sogar schwere Sturmböen aus Südwest. Auf dem Brocken und dem Feldberg sind
auch Orkanböen drin.

Die Tiefsttemperaturen liegen zwischen 0 Grad im Südosten und 8 Grad am
Niederrhein.


Mittwoch ... zieht das Tief "Daniel" zur mittleren Ostsee, wobei dessen
Kaltfront im Tagesverlauf große Teile Deutschlands überquert und auf der
Rückseite die Zufuhr von erwärmter Meereskaltluft einsetzt (bis zum Abend
lediglich Rückgang der Temperatur auf 0 bis -4 Grad in Nordwestdeutschland).

Die schauerartigen Regenfälle verstärken sich mit Passage der Kaltfront
vorübergehend noch einmal, die Schneefallgrenze sinkt allerdings erst in den
Abendstunden auf 700 bis 600 m in den westlichen und zentralen Mittelgebirgen.
Im Südwesten wird auch ein leichtes Schleifen der Kaltfront angedeutet. In
einigen Staulagen sind 12-stündig wieder 10 bis 20 mm, exponiert auch über 25 mm
Regen möglich (vor allem Schwarzwald / Allgäu / Bayerischer Wald). Akkumuliert
auf 24 oder 36 Stunden kommen wir in den angesprochenen Gebieten sogar weiterhin
auf Dauerregenmengen zwischen 30 und 50 mm, exponiert sogar auf mehr als 50 mm
(Nordschwarzwald). Mit der abschmelzenden Schneedecke überschreiten wir auf
jeden Fall die Warnschwellen, exponiert sogar die Unwetter-Schwelle.

Auch der Wind bzw. Sturm bleibt ein großes Thema, sind doch an der Kaltfront
weitere zumindest steife Windböen zu erwarten. Stürmische Böen müssen im Westen
und Nordwesten sowie in Lagen oberhalb von 400 bis 600 m einkalkuliert werden.
Sturmböen sind an der See möglich und schwere Sturmböen, orkanartige Böen sowie
Orkanböen sind den Bergen vorbehalten. Erst ab dem Spätnachmittag wird der Wind
postfrontal merklich schwächer.

Möglichweise wird rückseitig des Tiefs im Laufe des Abends skandinavische
Kaltluft angezapft, die hinter der ´herumgeholten´ Okklusion einströmt. Dann
kann es in Vorpommern zu Schneefall und stürmischen Böen kommen. Zuvor wird es
in weiten Landesteilen aber ein sehr milder Tag mit Temperaturen von 7 bis 11°C.


In der Nacht zum Donnerstag gelangt die Kaltluft zu den Alpen, wodurch die
Schneefallgrenze auf etwa 500 bis 600 m sinkt. In der Nordhälfte geht die
Temperatur in 850 hPa auf -5 bis -9 Grad zurück, so dass es im äußersten Norden
etwas Schnee geben kann mit der entsprechender Schnee- und Eisglätte. In der
Mitte und im Westen schneit es teils nur bis 400 oder 300 m. Die Mengen sind
jedoch nicht nennenswert. Es kühlt auf Werte zwischen 3 Grad an der Nordsee und
-2 Grad im nördlichen Schleswig-Holstein ab.


Donnerstag ... hat sich über Westeuropa ein weiterer Trog gebildet, der im
Tagesverlauf über Deutschland hinwegschwenkt. Die Temperatur der dadurch
zugeführten Höhenkaltluft liegt meist deutlich unter -35 Grad in T500. Am Boden
wird auf der Rückseite des abgezogenen Tiefs "Daniel" mit einer nordwestlichen
Strömung maritime Polarluft zu uns geführt (T850 -5 bis -8 Grad). Durch die
dadurch entstehende Labilisierung kommt es zu Schauern, die zumindest in den
Bergen als Schnee fallen. Unter Umständen kann es an der Küste auch mal ein
kurzes Gewitter geben.
An den Alpen kommt es zu Anstau und es kann auch mal länger andauernd schneien.
Mengen über 10 cm /12h sind aber eher die Ausnahme. Ansonsten sind die
Schneemengen nur bescheiden.

Der Wind ist lediglich in der ersten Tageshälfte im Osten, hinter dem
abziehenden Tief, ein Thema. Vor allem im Küstenbereich der Ostsee sowie im
Bereich der Oder gibt es noch steife Windböen. Allerdings gehen die Modelle
hierbei noch auseinander. Nach dem 00UTC Lauf vom IFS sind im gesamten Osten
teilweise auch stürmische Böen möglich. Auf den Berggipfeln gibt es stürmische
Böen oder Sturmböen aus Nordwest.

Die Höchsttemperaturen liegen bei 4 Grad im Osten und 8 Grad im Nordwesten.




Modellvergleich und -einschätzung
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Auch wenn es am Donnerstag beim Wind noch Unschärfen gibt, stimmen die Modelle
bei ihren Basisfeldern recht gut überein.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Rolf Ullrich