DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-11-2021 18:01
SXEU31 DWAV 281800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 28.11.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst Berglandwinter. Dienstag/Mittwoch Sturm, Regen und Tauwetter.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir im Zustrom kalter Meeresluft im Bereich eines
Langwellentroges, dessen Achse langsam über Mitteleuropa nach Osten schwenkt.
Dabei zieht ein Tief vom nördlichen Balkan Richtung Ukraine. Das kleine Tief im
Küstenbereich geht derweil über in einen Bodentrog, der mit der bei uns
aufkommenden schwachen nordwestlichen Strömung etwas nach Süden vorankommt. Hier
sind etwas kräftigere schauerartige Niederschläge möglich, die teils als Schnee
oder Graupel fallen und vereinzelt von kurzen Gewittern (-6°C in 850 hPa; -35°C
in 500 hPa) begleitet sein können.

Bei der gradientschwachen Lage, sowohl am Boden, als auch in der Höhe, bleiben
die Hebungsantriebe gering. Entsprechend fallen aus der nur örtlich und
wahrscheinlich auch nur kurz auflockernden Bewölkung auch nur stellenweise
leichte Schneeregen-, Graupel- und Schneeschauer, oberhalb von 200 bis 300 m
schwache Schneeschauer. Da die Temperaturen auch in tiefen Lagen bei Werten um
oder etwas 0°C liegen, kann es auch dort glatt werden.

Etwas mehr Niederschlag wird im Südwesten simuliert, da dort in der Peripherie
des Troges etwas Dynamik zu finden ist, so dass im Schwarzwald, auf der Alb und
an den Alpen mit Hilfe leichten Staus durchaus 2 bis 5 cm, stellenweise (Allgäu
und Schwarzwald) bis an die 10 cm Schnee fallen können.

Die Tiefsttemperatur liegt meist zwischen 0 und -4 Grad, in einigen tiefen Lagen
bei durchweg starker Bewölkung aber auch knapp über dem Gefrierpunkt. Im
Bergland kühlt es örtlich unter -5 Grad ab.

An und über der Nordsee sind einige 7er Böen aus nördlicher Richtung möglich. In
den Alpen beschränken sich kräftigere Böen auf die Gipfel, Warnungen sind
hierfür aber nicht nötig.

Montag ... schwenkt der Höhentrog langsam ostwärts und seine Achse liegt abends
über dem Nordosten Polens. Das Bodentief erreicht im Tagesverlauf Weißrussland
und auf seiner Rückseite schiebt sich ein Hochkeil über Frankreich Richtung
Süddeutschland. Die Bodenströmung kommt nach wie vor aus Nordwest, lebt im
Tagesverlauf aber etwas auf.

Die Zufuhr der polaren Meeresluft setzt sich fort und auch die Schichtung bleibt
bei 850 hPa Werten um -6°C und 500 hPa Temperaturen um -35°C zunächst instabil.
Allerdings führt Warmluftadvektion vor einem in die Nordsee ziehenden Tief im
Tagesverlauf von Nordwesten her zu einer Stabilisierung.

Bei starker Bewölkung gibt es vor allem über der Mitte, nach Osten hin und im
Süden leichte schauerartige Niederschläge, in tiefen Lagen tagsüber Regen, sonst
Schneeregen oder Schnee. Nur in einigen Staulagen nach Osten und Süden hin sind
die Schneefälle etwas kräftiger und bringen stellenweise um 5, an den Alpen
örtlich 10 cm Neuschnee. Im Nordwesten sind später durch einen flachen
Höhenrücken größere Auflockerungen zu erwarten.

Der Nordwestwind lebt im Tagesverlauf etwas auf, ohne warnrelevant zu werden.
Die Böen auf den Alpengipfeln im Mos sind wahrscheinlich zu hoch. In der freien
Atmosphäre sind es dort 25 bis knapp 30 Kt, da springen selbst bei Um- oder
Überströmen der Berge keine Sturmböen raus, schon gar keine Schweren.
Die Höchsttemperatur liegt bei 0 bis 6°C, oberhalb von 600 m ist Dauerfrost zu
erwarten und auch tagsüber Glätte.

In der Nacht zum Dienstag zieht der Höhentrog ab und wir gelangen in eine leicht
antizyklonal konturierte nordwestliche Strömung. Die Luftdruckgegensätze
beginnen sich dabei über Deutschland zu verschärfen. Der Hochkeil über dem Süden
kräftigt sich auf über 1020 hPa, während das Tief von der Nordsee nach Jütland
zieht und sich, da überlagert von starker Warmluftadvektion, ebenfalls
verstärkt. Der Kerndruck liegt am Morgen bei etwas unter 990 hPa.

Der Südwest- bis Westwind legt im Verlauf der Nacht also ordentlich zu, mit
ersten steifen Böen exponiert im Westen, Südwesten und Süden, an der Nordsee mit
teils stürmischen Böen, über der offenen See auch Sturmböen und in den
westlichen und zentralen Mittelgebirgen sowie in den Alpen sind Sturmböen,
exponiert schwere Sturmböen und auf dem Brocken teils orkanartige Böen zu
erwarten.

Die mit dem Trog verbundenen, teils durch Stau verstärkten Niederschläge lassen
nach und ziehen sich zurück. In einigen Staulagen kann es aber bis zum Morgen
weiter schneien. Die Mengen sind meist gering, vor allem im Schwarzwald und an
den Alpen können aber nochmal 5 und 10, in exponierten Staulagen über 15 cm
Neuschnee zusammenkommen.

Im Laufe der Nacht beginnt es im Nordwesten im Vorfeld der Warmfront des Tiefs
zu regnen, was dort angesichts positiver Temperaturen unkritisch ist im Hinblick
auf mögliche Glätte. Die Niederschläge erreichen Dienstag früh aber auch den
Süden und Osten und dort sowie im Bergland oberhalb von 200 bis 400 kann es
schneien, zum Teil auch kräftiger, mit 2 bis 5 in einigen Staulagen eventuell
auch an die 10 cm Neuschnee.

Die Temperatur liegen ganz im Nordwesten und Westen in den tiefen Lagen bei +1
oder +2 Grad, sonst aber meist bei 0 bis -4 Grad, im Alpenraum auch im mäßigen
Frostbereich. Vor allem im Nordwesten wird mildere Luft advehiert, sodass dort
die Temperatur im Laufe der Nacht beginnt zu steigen.

Dienstag ... liegen wir unter einer flotten, leicht antizyklonalen
nordwestlichen Höhenströmung. Die anhaltende kräftige Warmluftadvektion sorgt
über ganz Deutschland für Hebung. Das kleine Tief zieht in die mittlere Ostsee,
dessen Ausläufer kommen über Deutschland ins Schleifen, vor dem nächsten, rasch
über die Nordsee folgenden Tief.

Die Folge sind starke Bewölkung und teils länger andauernde Niederschläge, die
sich zunächst rasch auf das ganze Land ausbreiten. In der Mitte und im Osten
fällt anfangs bis in tiefe Lagen Schnee, bevor die Schneefallgrenze mit Zufuhr
milder Atlantikluft (T850 im Westen bis +2°C) deutlich steigt. In den westlichen
und in den zentralen Mittelgebirgen geht der Schnee bis ganz oben in Regen über,
während im Südosten die Schneefallgrenze langsamer steigt. Die Mittelgebirge im
Süden und Osten bekommen z.T. eine ordentliche Portion Neuschnee ab, wobei
örtlich 10 bis 15 cm, vereinzelt über 20 cm Neuschnee möglich sind (vor allem in
einem Streifen vom Thüringer Wald bis zum Bayerischen Wald). Dazu kommen in den
höchsten Lagen Verwehungen.

Rückseitig der Okklusion des ersten kleinen Tiefs lockert im Norden die
Wolkendecke im Tagesverlauf etwas auf, mit nur noch einzelnen Schauern, ehe von
Westen neue Aufgleitwolken auftauchen.

Der Gradient zieht an der Südflanke des Tiefs noch einmal stark an, was uns
verbreitet mäßigen bis frischen, in Böen starken bis stürmischen Südwest- bis
Westwind bringt. Im Süden sind mit Hilfe des Leitplankeneffekts Sturmböen
möglich; ICON und Mos sehen auch schwere Sturmböen. Die Ensembles haben dafür
nur geringe Wahrscheinlichkeiten übrig. Auf den Bergen sind schwere Sturmböen
bis Orkanböen zu erwarten und auch an der Küste sind Sturmböen, exponiert
schwere Sturmböen möglich.

Im Westen und Nordwesten steigt die Temperatur auf 7 bis 9°C, sonst stehen 1 bis
6°C, im höheren Bergland um 0°C auf der Karte.

In der Nacht zum Mittwoch kommt die anfangs im Nordwesten und über der Mitte
schleifende Warmfront des nächsten, vom Seegebiet bei Schottland zur dänischen
Küste ziehenden Sturmtiefs bis in den Nordosten Deutschlands voran.
Deutschland kommt damit in den breiten Warmsektor des Tiefs mit weiteren (teils
im Norden und in Staulagen) kräftigen Regenfällen, im südöstlichen
Mittelgebirgsraum und ganz im Nordosten wegen der starken Hebung auch zu
Schneefällen. Im Laufe der Nacht lassen die Niederschläge von Südwesten her
etwas nach.
Damit kommt das Thema Dauerregen in einigen Staulagen der Mittelgebirge auf,
anfangs in Kombination mit Tauwetter. Es läuft nach derzeitigem Stand auf
Warnungen hinaus, die bis in den Mittwoch hinein andauern können und von denen
am ehesten Schwarzwald und das Allgäu betroffen sind mit Niederschlagsmengen
bzw. Dargebot von 40 bis 60 mm in 24 Stunden, wobei der neue ICON Lauf zugelegt
hat und auch unwetterartige Mengen ins Spiel bringt.
Nach vorübergehender Windabnahme frischt der Südwestwind wieder stark auf mit
einzelnen Sturmböen im Nordwesten. An der See und auf den Bergen sind schwere
Sturmböen nicht ausgeschlossen, exponierte Gipfel sehen weiter Orkanböen.

Mittwoch ... zieht das Tief, wie schon das Vorherige, Richtung polnische
Ostseeküste, wobei dessen Kaltfront im Tagesverlauf große Teile Deutschlands
überquert und auf der Rückseite die Zufuhr von erwärmter Meereskaltluft
einsetzt.
Die schauerartigen Regenfälle verstärken sich mit Passage der Kaltfront
vorübergehend noch einmal, die Schneefallgrenze sinkt aber im Tagesverlauf vor
allem in den westlichen und zentralen Mittelgebirgen wieder ins obere Bergland
ab. Im Südwesten wird auch ein leichtes Schleifen der Kaltfront angedeutet. In
einigen Staulagen sind 12-stündig wieder 10 bis 20 mm Regen möglich, wobei deren
Positionierung zunehmend schwerer wird, da die Modelle deutlicher divergieren.
Auch der Wind bzw. Sturm bleibt ein großes Thema, sind doch an der Kaltfront
weitere zumindest stürmische Böen, teilweise auch Sturmböen zu erwarten und
exponiert sind auch in tiefen Lagen schwere Sturmböen nicht ganz ausgeschlossen.
Im höheren Bergland bleibt es bei schweren Sturm- bis Orkanböen.
Erst im Tagesverlauf lässt der Wind postfrontal merklich nach.

Möglichweise wird rückseitig des Tief skandinavische Kaltluft angezapft, die
hinter einer weiteren Kaltfront im äußersten Norden abends für ein paar
Schneeflocken sorgen könnte. Zuvor wird es in weiten Landesteilen aber ein sehr
milder Tag mit Temperaturen von 7 bis 11°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Basisfelder ähnlich, erst am Mittwoch liegt die
Zugbahn des Sturmtiefs im neuen ICON Lauf südlicher als bei den anderen Modellen
und es ist flotter unterwegs. Die Wind- und Niederschlagsprognosen laufen
deutlicher auseinander, letztlich bleibt diesbezüglich aber auch noch Zeit für
eine Annäherung. Die Sturmlage zur Wochenmitte scheint aber zu kommen, ebenso
wie die kräftigen Regenfälle und Tauwetter. Von welchem Level, Zeitrahmen wir
dann aber im Detail reden, ist noch offen und wurde im Text aber auch schon
angerissen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner