DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-11-2021 09:01
SXEU31 DWAV 190800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 19.11.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Anfangs NWa (Nordwest antizyklonal), später Übergang zum BM (Brücke
Mitteleuropa)

Heute im Norden und Nordosten windig, im Süden Grenzschichtmeteorologie. Am
Sonntag von Norden her Kaltfrontpassage.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... wird die großräumige Potenzialverteilung von einem breiten
Höhenrücken dominiert, dessen Zentrum (teils über 580 gpdam) sich vom nahen
Atlantik über das westliche Mitteleuropa bis zum zentralen Mittelmeer erstreckt.
Die Frontalzone schlägt einen großen antizyklonalen Bogen um den Rücken vom
mittleren Nordatlantik kommend über Skandinavien, wo sie Richtung Süden bis zum
Balkan abknickt. Korrespondierend zum Rücken hat sich im Bodenniveau das
umfangreiche, länglich geformte Hoch VALENTINA etabliert, das mit etwas über
1030 hPa vom Ärmelkanal bis in den Alpenraum reicht. Damit befindet sich
Süddeutschland quasi im gradientschwachen Bereich der Divergenzachse, während im
großen Rest des Landes von einer Hochrandlage gesprochen werden kann. Dabei
nimmt der Gradient mit jedem Kilometer weiter nach Nordosten zu, was vornehmlich
an der Küste, vorübergehend aber auch in Teilen des nordostdeutschen Tieflands
einen frischen West- bis Südwestwind zur Folge hat. An der der Ostsee sowie an
der schleswig-holsteinischen Nordseeküste sind Böen 8 Bft (Ostsee vereinzelt 9
Bft), an der niedersächsischen Küste sowie vom Norden SHs bis hinüber nach
Vorpommern bzw. zur Uckermark Böen 7 Bft zu erwarten. Mit Durchgang eines
flachen Bodentroges sind in den Mittagsstunden auch etwas weiter südlich einige
steife Böen 7 Bft drin, insbesondere im Harz und Umgebung. Der Fichtelberg im
Erzgebirge wartet mit Böen 8 Bft (vereinzelte 9 Bft nicht ausgeschlossen), der
Brocken im Harz mit 9 bis 10 Bft, was aktuell aber leider nicht verifiziert
werden kann (Windgeber kaputt). Im Laufe des Nachmittags wird der Wind an der
Nordsee mit Druckanstieg von Süden her und damit auffächerndem Gradienten
allmählich schwächer.

Und sonst so? - Mit der recht flotten Südwest- bis Westströmung wird in die
Nordhälfte milde, aber eben auch feuchte Atlantikluft gepustet. Wenn man so
will, befindet sich die Nordhälfte in einem breiten, leicht antizyklonal
konturierten Warmsektor, in dem vielfach starke, mehrschichtige Bewölkung
dominiert. Allerdings lassen die jüngsten Satellitenbilder einige offene Fenster
erkennen, die so von der Numerik nicht vorgesehen waren. Abseits dieser Fenster
nieselt es gebietsweise, Tendenz im Tagesverlauf nachlassend. Auffallend ist die
Abnahme der 850-hPa-Temperaur von rund 7°C heute Vormittag auf z.T. rund 1°C
heute Abend, was einem leichten Anheben der Inversion geschuldet ist. Auf die
2m-Temperatur hat das keine Auswirkung, die erreicht trotz des Überangebots an
Wolken (einige Lücken am ehesten im Westen, an der Nordsee sowie im Lee der
Mittelgebirge, vornehmlich des Harzes) Spitzen zwischen 9 und 14°C, was in
dieser Jahreszeit unstrittig als mild bis sehr mild tituliert werden kann.

Weiter südlich liegt das Temperaturniveau mit 5 bis 10°C niedriger, obwohl
gebietsweise die Sonne scheint. Zum einen ist die Advektionsrate erheblich
geringer als im Norden respektive gar nicht vorhanden, zum anderen hat sich
vielerorts eine wenn auch nicht besonders mächtige kalte Grundschicht gebildet,
die ohne Wind bei dem jetzigen Sonnenstand nicht mehr so leicht zu tilgen ist.
Immerhin, insbesondere vom Schwarzwald bis hinüber in den Südosten Bayerns, wo
die Inversion weit unten liegt und die Grenzschicht entsprechend flach ist,
scheint heute vielfach die Sonne, wenn z.T. auch etwas getrübt durch einige
Cirren, die mit der nordwestlichen Höhenströmung durchziehen. Ansonsten
überwiegt hochnebelartige Bewölkung und auch einige dichte Nebelfelder haben es
nicht besonders eilig, von der Bildfläche zu verschwinden.

In der Nacht zum Samstag ändert sich wenig an der Großwetterlage. Druck- und
Potenzialmaximum verlagern sich mehr in Richtung Alpen, wobei eine kleine
Abschwächung erkennbar ist, die aber kaum Auswirkungen auf das Geschehen hat. Im
Klartext bedeutet das im Süden und Südwesten Hochnebel und vornehmlich in den
Flusstälern Nebel mit Sichtweiten teils unter 150 m. Es fällt auf, dass die
meisten Modelle die hochnebelartige Bewölkung von Norden her bis fast an die
Alpen vorankommen lassen. Der Grund könnte eine in den Prognosetemps erkennbare
Winddrehung in 950 bis 900 hPa auf Nordwest bis Nord sein. Wenn es so kommt,
dann wäre die Frostgefahr vermindert und würde sich weitgehend auf den
unmittelbaren Alpenrand konzentrieren, wo lokal auch Reifglätte nicht
auszuschließen ist.

Im großen Rest des Landes bleibt es bei Hochrandlage mit viel tiefer Bewölkung,
im Norden teils zweistelligen Nachttemperaturen und weiter nachlassendem Wind
mit letzten Böen 7 Bft am Morgen an der vorpommerschen Küste.

Samstag... kommt ein Höhentrog aus dem Seegebiet vor Grönland bis zur nördlichen
Nordsee bzw. Südskandinavien voran. Die vorgeschaltete Kaltfront, die zu einem
flachen Wellentief gehört (WOLFGANG, mittags zwischen Schottland und
Südnorwegen) bleibt zunächst aber noch außen vor, so dass der Vorhersageraum den
morgigen Samstag weiterhin im antizyklonalen Warmsektor verbringt. Der vom Trog
verursachte Druck- und Potenzialfall sorgt dabei für eine leichte Schwächung des
Rückens und des Bodenhochs, das sich mit etwas über 1025 hPa an den Nordrand der
Alpen verlagert. Im Norden schmiegt sich gleichzeitig die Frontalzone dichter an
die Küste heran, was dort sowie im nördlichen SH den Südwest- bis Westwind
wieder aufleben lässt mit Böen 7 Bft, exponiert 8 Bft (Brocken 9 Bft, auch wenn
der nicht an der Küste liegt).

Wettermäßig lässt sich konstatieren, dass im Norden und in der Mitte zunächst
wieder mit Nieselregen zu rechnen ist. Je länger der Tag dauert, desto näher
rücken die Bundesligaspiele, desto größer werden aber auch die Chancen, dass es
gebietsweise auch mal auflockert (Küste, Mitte, vor allem im Lee der
Mittelgebirge). Weiter im Süden dauert es, bis sich Nebel und Hochnebel
auflösen, und gebietsweise wird´s auch gar nicht klappen. Wer also auf "Nummer
Sicher" gehen möchte in puncto Sonnenschein, sollte sich in Richtung Alpen
orientieren oder die Höhenlagen der süddeutschen Mittelgebirge aufsuchen. In der
Nordhälfte stehen fast durchweg zweistellige Temperaturmaxima bis 14°C auf der
Karte, weiter südlich 5 bei 10°C, bei zähem Nebel lokal auch etwas darunter.

In der Nacht zum Sonntag kommt der stark positiv geneigte, also nach Südwesten
ausgerichtete Höhentrog unter Verkürzung seiner Wellenlänge weiter nach Süden
voran. Derweil zieht das o.e. Wellentief via Skagerrak und Südschweden zur
südöstlichen Ostsee. Die zugehörige Kaltfront greift mit seinem frontalen
Regenband von der Nordsee her auf das nord- und nordwestdeutsche Binnenland über
(12h-RR meist unter 5 l/m²). Aufgrund des sehr gut gescherten Umfelds ist bei
der Front von einer recht scharfen und gut organisierten Linie auszugehen, bei
der konvektive Einflüsse aufgrund der recht stabilen Schichtung aber sehr
limitiert sind. Markanter ist da schon die Winddrehung via West aus Nordwest
(Küste). Vorübergehend nimmt der Wind an der See von West nach Ost ab, bevor zum
Morgen hin über der Deutschen Bucht eine erneute Auffrischung auf der Karte
steht.

In der Mitte und im Süden fällt der Druck weiter, was ein Anheben der
Hochnebeldecke und gerade im Mittelgebirgsraum Nieselregen zur Folge hat. Dort,
wo es längere Zeit klar bleibt, bildet sich Nebel oder Reste vom Tage verdichten
sich wieder. Dort, wo weder Nebel noch Hochnebel zuschlagen, ist mit leichtem
Frost zu rechnen.

Sonntag... schwenkt der Trog von Nordwesten her langsam zu uns rein, wobei sich
die Wellenlänge weiter verkürzt und die Amplitude vergrößert. Klassischer Fall
von drohendem Cut-Off, der dann wahrscheinlich in der Nacht zum Montag über der
Biskaya auch kommt. Bis dahin macht aber erstmal die Kaltfront des via Belarus
nach Westrussland ziehenden Wellentiefs Boden nach Süden hin gut. Dabei
überquert sie mit dem zugehörigen, meist leichten Regen ganz gemütlich den
zentralen Mittelgebirgsraum und erreicht bis zum Abend den Norden Bayerns und
BWs. Weiter südlich bleibt es noch trocken und nach z.T. schleppender Auflösung
von Nebel und Hochnebel scheint sogar die Sonne.

Chancen auf sonnige Abschnitte hat auch der gesamte Nordwesten, von wo sich
postfrontal ein Schwall frischer maritimer Polarluft (T850 -1 bis -4°C)
südostwärts ausbreitet. Allerdings muss in Küstennähe auch mit einzelnen
Schauern gerechnet werden. Darüber hinaus dreht der Wind im äußersten Norden
weiter nach rechts auf Nord bis Nordost, weil sich über dem Ostatlantik ein
neues Monumentalhoch (WALPURGA) aufplustert. Auf der Ostabdachung des Hochs
schwenkt im Tagesverlauf ein Bodentrog von der Nordsee nach Süden, der über und
an der Deutschen Bucht den Wind vorübergehend noch mal auffrischen lassen
könnte. Der Konjunktiv deswegen, weil die Geometrie des Troges noch
unterschiedlich simuliert wird. Temperaturmäßig wird es vor allem im Norden
nicht mehr so mild wie an den Vortagen, im Gegenteil, es droht im Tagesverlauf
sogar eine Abkühlung.

In der Nacht zum Montag fällt im Süden an der gegen Druckanstieg kämpfenden
Front noch gebietsweise leichter Regen. Richtung Alpen/südliches Vorland ist es
teils klar mit leichtem Frost. Auch ganz im Norden sowie allgemein in höheren
Lagen sind leichte Minusgrade zu erwarten, wobei evtl. das Thema Glätte
zunehmendes Interesse erwecken könnte. Der Wind an der Küste, so er denn
überhaupt richtig aus dem Sattel geht, lässt definitiv wieder nach.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung als solche ist unstrittig, die Details noch nicht ganz (siehe
Text).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann