DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-11-2021 09:01
SXEU31 DWAV 170800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 17.11.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wa/NWa (West/Nordwest antizyklonal)

Heute von Nordwesten Durchgang einer schwachen Kaltfront, die sich im Süden
auflöst. Am Donnerstag und Freitag im Norden und Osten Hochrandlage mit flottem
Wind aus westlichen Richtungen, an der See mitunter stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich Deutschland inmitten einer zonalen Hochdruckbrücke,
die das Hoch VALENTINA über dem nahen Atlantik mit dem Hoch UTA über der Ukraine
verbindet. Brückenartig ist auch die Potenzialverteilung, die die beiden
Höhenrücken über den Hochdruckgebieten miteinander verknüpft. Typisch für eine
solche Konstellation im Herbst befindet sich im unteren Teil der Troposphäre
eine feuchte und nur bedingt ausgekühlte Grenzschicht (es fehlt an klaren
Nächten, um die Luftmasse stärker abzukühlen, weswegen auch die Tagesgänge der
Temperatur z.T. extrem dünn ausfallen), die in 900 bis 850 hPa durch eine
Absinkinversion gedeckelt ist. Klingt alles nach klassisch novembriger
Langeweile und das ist es im Grunde auch, wenn, ja, wenn nicht heute eine kleine
zyklonale Attacke im Anmarsch wäre, die das Ganze zumindest regional etwas
aufmischt.

Bereits heute früh fällt der Luftdruck im Norden, wenn auch nur leicht, was als
Zeichen für eine Umstellung gedeutet werden kann. Wobei Umstellung schon zu viel
gesagt ist, denn die Ausgangswetterlage wird sich - wenn auch etwas modifiziert
- schon in den nächsten Tagen wieder regenerieren. Wie auch immer, von der
Nordsee greift heute ein nicht überaus stark amplifizierter Höhentrog auf
Norddeutschland über, dem eine Kaltfront respektive Okklusion mit
Kaltluftcharakter vorgeschaltet ist (heute früh konnte noch ein schmaler
Warmsektor detektiert werden, der aber zusehends getilgt wird). Die Front gehört
zu einem Mordssturmtief, das weit im Norden über der Grönlandsee liegt, von wo
aus es langsam südwärts zieht. Ein Kerndruck von rund 970 hPa ist eine
ordentliche Ansage, allerdings ist das Tief zu weit weg, um uns ernsthaft etwas
von seinem Sturmfeld zukommen zu lassen, weshalb wir uns mit den "Brosamen"
begnügen müssen. Konkret, der südwestliche, postfrontal auf West bis Nordwest
drehende Wind frischt zunächst an der Nord-, später bedingt auch an der Ostsee
(in MV weitgehend küstenparallel und somit noch abgeschwächt) soweit auf, dass
er in Böen Stärke 7 Bft erreicht. Für stürmische Böen 8 Bft dürfte es nur
exponiert in seltenen Fällen reichen (stattdessen legt der Wind an der Nordsee
nach Frontpassage sogar eine kurze Kunstpause ein, bevor er am Nachmittag wieder
anzieht). Im Binnenland tut sich windmäßig erstmal zu wenig, als dass
irgendwelche Warnungen nötig wären. Lediglich auf dem Brocken, quasi dem
Klassiker schlechthin, frischt der Wind auf mit Böen 7-8 Bft.

Und was geht wettermäßig? - Nun, mit Annäherung der Front respektive des Troges
wird etwas Hebung generiert, die die hochnebelartige Bewölkung über dem größten
Teil Deutschlands etwas anhebt. Bereits jetzt fällt vielerorts meist leichter
Nieselregen, was sich zunächst auch nicht wesentlich ändern wird. Dazu sind die
Sichtweiten in den Hochlagen der Mittelgebirge durch aufliegende Wolken z.T.
miserabel. Mit Übergreifen der Front kommt im Norden und Westen auch etwas
großtropfigerer Regen an, von einem definierten Regengebiet kann aber ebenso
wenig gesprochen werden wie von nennenswerten Mengen. Wolkenauflockerungen sind
im präfrontalen Bereich nicht ausgeschlossen, aber eher selten. Besser sieht es
diesbezüglich im Nordwesten in der postfrontal einfließenden Meereskaltluft
subpolaren Ursprungs aus (Rückgang T850 von +1°C auf rund -1°C), wo sich
besonders am Nachmittag hin und wieder die Sonne zeigt. In Seenähe sind aber
noch einzelne Schauer drin. Die Temperatur erreicht Höchstwerte zwischen 4 und
9°C, zwischen Rheinland und Nordsee um 10°C.

In der Nacht zum Donnerstag ziehen Höhentrog und Front (zumindest in ihrem
Nordteil) nach Osten ab, so dass Druck und Potenzial wieder steigen. Auf den
Wetterkarten macht sich das durch einen von Westen vorstoßenden Höhenkeil sowie
eine bis nach Süddeutschland gerichteten Bodenkeil bemerkbar. Der Druckanstieg
ist es schlussendlich auch, der der Okklusion in der Mitte und im Süden das
Leben immer schwerer macht, bis sie am Ende aufgibt und von der Wetterkarte
verschwindet. Da der Luftdruck im Süden stärker steigt als im Norden (wo ja das
o.e. Tief etwas näher kommt), nimmt der Gradient im Norden allmählich zu. Für
das Binnenland hat das strömungstechnisch noch keine substanziellen Auswirkungen
(Windauffrischung ja, aber unterhalb der Warnschwellen). An der Küste dagegen
weht der Wind aus westlichen Richtungen frisch mit steifen, exponiert auch
stürmischen Böen 7-8 Bft.

Ansonsten lässt sich konstatieren, dass es im Bereich der Front (bzw. der Reste,
die von ihr noch übrig sind) noch etwas regnet oder nieselt. Außerdem treten an
der Küste ein paar vereinzelte Schauer auf. Die postfrontalen Lücken werden
häufig wieder geschlossen, sei es durch Nebel (vor allem in der Mitte, wo der
Wind zu schwach ist) oder durch tiefe Bewölkung, die unterhalb der auf 800 bis
750 hPa angehobenen Inversion ausreichend vorhanden sein dürfte. Nebel, Wolken
und Wind verhindern weitestgehend einen Rückgang der Temperatur in den
Frostbereich, lediglich im Bergland sind lokal mal -0 oder -1°C drin. Die
Glättegefahr durch gefrierende Nässe dürfte aber gering bleiben.

Donnerstag... weiten sich Höhen- und Bodenkeil unter Intensivierung nach Osten
aus. Damit nimmt der antizyklonale Einfluss vor allem in der Südhälfte zu.
Absinken drückt die Inversion wieder nach unten auf 800 bis 900 hPa und die
Chancen für Auflockerungen, teils sogar sonnige Abschnitte nimmt zu. Allerdings
muss durch weit nach Süden ausgreifende mitteltroposphärische WLA mit hohen,
teils sogar mittelhohen Wolkenfeldern gerechnet werden. Je nach Sonnenangebot
erreicht die Temperatur Höchstwerte von 4 bis 11°C.

In der Nordhälfte stell sich morgen klassisches Hochrandlagenwetter ein.
Nördlich der Divergenzachse des zonal ausgerichteten Hoch(keils) baut sich ein
leidlicher Gradient auf, der einen mäßigen bis frischen Südwestwind generiert.
Damit wird in Verbindung mit einer Warmfront (sie ist Bestandteil einer
Warmfrontwelle, die über die nördliche Nordsee ostwärts zieht) milde und
wolkenreiche Meeresluft herangespült, in der T850 bis Tagesende auf 4 bis 7°C
ansteigt. Ein Teil dieses Anstiegs wird aufgrund guter Durchmischung bis nach
unten durchgereicht, trotz fehlender Einstrahlung geht´s hoch auf 8 bis 12°C.
Mit der Warmfront breitet sich leichter, mitunter auch mal mäßiger Regen von der
Nordsee her via SH/HH und MV bis ins nördliche BB aus, innert 12 h werden etwa 2
bis 8 l/m², im Norden SHs lokal um 10 l/m² anvisiert. Begleitet wird das Ganze
wie geschrieben von einem recht flotten Südwestwind, der an der See in Böen
Stärke 8 Bft und im Binnenland (vor allem SH, das nördliche NDS und MV) Stärke 7
Bft bringt. Der Fichtelberg im Erzgebirge wartet mit stürmischen Böen 8 Bft, der
Brocken gar mit (schweren) Sturmböen 9-10 Bft auf.

In der Nacht zum Freitag verbleiben der Süden und Südwesten im gradientschwachen
Bereich des Bodenhochs, was gleich mal wieder die Grenzschichtproblematik auf
den Plan ruft. Im Klartext, Nebel und Hochnebel werden zunehmend ein Thema, z.T.
bleibt es aber auch aufgelockert. Dort, wo das der Fall ist, geht die Temperatur
in den leichten Frostbereich zurück. In den übrigen Landesteilen steht Frost
außer Frage, weil Wolken und Wind eine ausreichende Abkühlung verhindern. Die
Warmfront zieht samt Regen gen Polen ab, die nachfolgende schleifende Kaltfront
touchiert lediglich die Ostseeküste. Auflockerungen sind am ehesten an der
Nordsee zu erwarten. Auf alle Fälle bleibt es windig (Südwest bis West), was an
der See weiterhin Böen bis 8 Bft und im nordostdeutschen Binnenland bis 7 Bft
zur Folge hat. Auf den altbekannten Mittelgebirgshöhen wie dem Brocken und dem
Fichtelberg, aber auch auf dem Arber im Bayerischen Wald bleibt es stürmisch.


Freitag... verbleibt Deutschland unter dem sehr breit aufgespannten Höhenrücken,
der im Norden von der über das südliche Nordmeer und Skandinavien verlaufenden,
stark antizyklonal gekrümmten Frontalzone begrenzt wird. Das Zentrum des
hochreichenden und elliptisch konfigurierten Hochs befindet sich über
Westeuropa, von wo aus ein Keil via Süddeutschland bis zum Balkan gerichtet ist.
Der Norden und Osten des Landes müssen sich weiterhin mit der Hochrandlage
begnügen, bei der ein mäßiger bis frischer westlicher Wind sehr milde und
wolkenreiche Meeresluft heranpustet (T850 stolze 6 bis 9°C => Höchstwerte satte
11 bis 14°C). Regnen oder nieseln tut es zwar kaum, das große Aufbrechen der
Wolkendecke ist trotzdem nicht zu erwarten. Einige Auflockerungen dürfte es am
ehesten im Nordseeumfeld sowie leebedingt am Ost-Nordostrand der Mittelgebirge
(z.B. hinter dem Harz oder den Thüringer Wald) geben. An der Küste sowie in
Teilen des nord- und ostdeutschen Binnenlands weht weiterhin ein zügiger
westlicher Wind mit Böen 7 Bft, nordfriesische Küste und gesamte Ostseeküste 8
Bft, Rügen bis 9 Bft. Stürmisch bleibt es auch auf den o.e. "Pappenheimern".

Im Süden und Südwesten geht der Wetterlage entsprechend ruhiger zu. Bei
schwachem Wind hält sich in der feuchten Grundschicht vielerorts Hochnebel,
teils auch Nebel. Allerdings deuten eigentlich alle Modelle, deren
Grenzschichtphysik etwas taugt, eine Abtrocknung von den Alpen und dem höheren
Alpenvorland sowie zum Teil auch aus der Schweiz heraus an. Wie weit sich diese
Abtrocknung respektive die damit verbundene Neel- und Hochnebelauflösung nach
Norden über die Donau hinweg durchsetzt, ist noch nicht sicher. Je nach
Sonnenangebot und Höhenlage (oben in der Inversion wärmer als unten) steigt die
Temperatur auf 5 bis 11°C.

In der Nacht zum Samstag ändert sich kaum etwas an der Großwetterlage. Der Wind
allerdings nimmt vor allem im Binnenland sowie später auch an der Nordsee ab,
während an der Ostsee weiterhin Böen 7-8 Bft aus West auf der Karte stehen. Im
Süden und Südwesten bildet sich gebietsweise Nebel, leichter Frost tritt am
ehesten an den Alpen auf.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die geschilderte Entwicklung sehr ähnlich.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann