DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-11-2021 08:30
SXEU31 DWAV 050800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 05.11.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NWa, Sonntag: NWz
Im Norden, am Sonntag auch in der Mitte unbeständig, im Süden teils neblig
trübes Hochdruckwetter. Ab Samstag an den Küsten und auf einigen Bergen
stürmische Böen bzw. Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... steht die Umstellung der Großwetterlage von Trog Mitteleuropa hin zu
einer zunächst recht weit nach Norden verschobenen, zum Sonntag hin aber auch im
Vorhersagegebiet zunehmend zyklonalen West- bis Nordwestlage ins Haus.
Aktuell reicht jedoch noch ein umfangreicher, in seiner Progression durch einen
Höhenrücken über Osteuropa blockierter Langwellentrog vom Nordmeer über
Skandinavien und Mitteleuropa bis in den westlichen Mittelmeerraum bzw. bis in
den Norden Algeriens und Marokkos. Mit einem erneuten Kaltluftvorstoß über dem
Nordmeer wird dieser in seinem Nordteil im Tagesverlauf regeneriert, während der
südliche Part des Troges über Katalonien abtropft. Dazwischen schiebt sich ein
kräftiger Höhenrücken von den Britischen Inseln und der Nordsee her allmählich
Richtung Mitteleuropa. Abends reicht dessen Achse über die Mitte Deutschlands
hinweg ostwärts bis nach Tschechien, weiter östlich noch immer flankiert vom
Trogresiduum, das sich dann über Polen und Tschechien hinweg südostwärts bis in
den Süden Bayerns und den Nordwesten Italiens erstreckt.
Im Bodenfeld verlagert sich das für die anhaltenden Regenfälle in der Osthälfte
verantwortliche kräftige Tiefdruckgebiet bis zum Abend von der südöstlichen
Ostsee nach Finnland, so dass die Niederschläge nachlassen. Bis zum Abend werden
lediglich im westlichen Sachsen noch mehr als 5 l/qm simuliert, ansonsten kommen
kaum mehr nennenswerte Mengen zusammen.
Gestützt durch den sich nähernden Höhenrücken kann sich ein nach Süddeutschland
gerichteter Bodenhochkeil verstärken und etwas nach Norden ausweiten. Somit
bleibt trotz Abzug des Tiefs im Norden und Nordosten ein recht veritabler
Gradient aufrecht und es weht spürbarer West- bis Nordwestwind, an exponierten
Abschnitten vor allem der vorpommerschen Küste sowie über der Deutschen Bucht
reicht es auch für einzelne steife Böen (Bft 7).
Im Tagesverlauf verlagert sich das Frontensystem eines Nordmeertiefs über die
Nordsee südostwärts, wird aber durch den sich verstärkenden Hochkeil blockiert,
so dass es die Warmfront grade so bis zur Deutschen Bucht schafft. Sie erweist
sich als wenig wetteraktiv, so dass es außer dichter Bewölkung nur für leichten
Regen oder Nieselregen vor allem am Nachmittag und Abend im Nordseeumfeld
reicht.
Ansonsten steht ein wettertechnisch ruhiger Tag ins Haus. Im Nordwesten und
Norden ist es aufgelockert bewölkt, vor allem vormittags kann sich dort auch mal
länger die Sonne zeigen, ehe die Wolken mit sich nähernder Warmfront dichter
werden. Ansonsten überwiegen die Wolken, oft ist es auch bedeckt und trüb, neben
der Osthälfte kann es auch entlang der allmählich südostwärts abziehenden
Trogachse vor allem vormittags und mittags noch etwas regnen oder einzelne
Schauer geben. Mit zunehmenden Hochdruckeinfluss setzt sich im Tagesverlauf aber
auch im Süden, vor allem Richtung Alpen, zunehmend die Sonne durch.
Im Einflussbereich der von Nordwesten her eingeströmten maritimen Polarluft
bewegen sich die Temperaturen in 850 hPa um den Gefrierpunkt, im Nordwesten auch
etwas darüber. Die Höchsttemperaturen erreichen bodennah entsprechend Werte
zwischen 7 Grad im Südosten und 12, vielleicht 13 Grad in Nordseenähe.

In der Nacht zum Samstag verliert der bisher blockierende Höhenrücken über
Osteuropa seine Blockadewirkung und der sich weiter regenerierende Höhentrog
nimmt über Skandinavien allmählich an Fahrt auf. Morgens befindet sich dessen
Achse in etwa über der Ostsee und reicht bis in den Nordosten Polens. Der über
die Mitte Deutschlands ostwärts reichende Höhenrücken bzw. -keil kommt kaum mehr
nach Süden voran und weitet sich stattdessen weiter nach Osten aus. An dessen
Nordflanke dreht die Höhenströmung über dem Norden und Osten Deutschlands etwas
zurück auf Nordwest bis West.
Im Bodenfeld kommt das Tief über dem Nordmeer noch ein wenig nach Osten voran
und erreicht Samstagfrüh in etwa die Lofoten. Es bildet schließlich einen Dipol
mit dem Tief über Finnland, das sich zur Barentssee verlagert. Dessen
Frontensystem reißt über Skandinavien ab, ist weiter südlich, über Südnorwegen
und der Nordsee aber noch auszumachen. Die Warmfront zieht im Laufe der Nacht
allmählich über Dänemark hinweg ostwärts, streift dabei Norddeutschland, während
die Kaltfront über der nördlichen Nordsee - zunehmend höhenströmungsparallel
positioniert - ins Schleifen gerät und in die Warmfront eines sich verstärkenden
Tiefs bei Island übergeht.
Somit bleibt es aufgrund der WLA über weiten Teilen Norddeutschlands stark
bewölkt bis bedeckt, Regen fällt aber nach wie vor kaum, am ehesten an den
Küsten. Weiter südlich ist es aufgelockert, im Süden teils gering bewölkt. Vor
allem dort bilden sich innerhalb der feuchten Grundschicht vielerorts
ausgedehnte Nebel- und Hochnebelfelder. In einigen Tälern der süddeutschen
Mittelgebirge und der Alpen sowie im Alpenvorland und in Senken- bzw.
Muldenlagen kann es leichten Frost, zumindest aber Bodenfrost geben.
Im Norden weht nach wie vor spürbarer, auf Südwest zurückdrehender Wind und
sorgt für eine verhältnismäßig milde Luft, an exponierten Küstenabschnitten gibt
es starke bis steife Böen, allerdings drängt sich nachts (noch) nicht eine
entsprechende Warnung auf.

Samstag... kommt der Höhentrog über Skandinavien bis zum Abend Richtung
Nordwestrussland voran, ein weiterer, progressiver und deutlich kurzwelligerer
Trog greift auf das Seegebiet zwischen Island und Schottland über.
Das korrespondierende Bodentief kann mit diesem interagieren, vertieft sich und
befindet sich abends nordwestlich der Färöer-Inseln. Die Warmfront des Tiefs
streift mit leichten Regenfällen, die sich nun auch etwas weiter nach Süden in
die Norddeutsche Tiefebene ausweiten können, erneut Norddeutschland
Der zonal orientierte Höhenkeil über Süddeutschland kommt weiterhin kaum nach
Süden voran. Er stützt nach wie vor die inzwischen vom Ostatlantik über
Frankreich und Süddeutschland bis zum Schwarzen Meer reichende Hochdruckzone,
die sich auch über dem Vorhersagegebiet kaum abschwächt. Mit Annäherung des
Tiefs verschärft sich somit der Gradient vor allem über Norddeutschland und der
Wind legt trotz stabiler Schichtung dort um einiges zu. Im Binnenland schlägt
sich das warntechnisch, außer in Küstennähe bzw. in Ostvorpommern, kaum nieder.
An den Küsten gibt es dagegen recht verbreitet steife, an exponierten und
auflandigen Abschnitten sowie auf den Nordseeinseln auch stürmische Böen aus
Südwest. Auf dem Brocken muss mit Sturmböen gerechnet werden.
Während sich in der gesamten Nordhälfte dichte Warmfrontbewölkung hält, kann
sich nach Süden zu außerhalb teils zäher Nebel- und Hochnebelfelder, die sich in
einigen Niederungen Süddeutschlands auch ganztägig halten, zumindest zeitweise
die Sonne durchsetzen, am häufigsten wohl oberhalb der meist in etwa 850 bis 900
hPa simulierten Absinkinversion sowie an den Alpen und im Alpenvorland.
Niedertroposphärisch kann sich die Milderung im Warmsektor nur allmählich
durchsetzen, die Temperatur in 850 hPa steigt auf etwa 2 Grad. Bodennah wirkt
sich das nicht wirklich aus, entsprechend liegen die Höchstwerte - ähnlich wie
am Vortag - im Norden meist zwischen 9 und 12 Grad, sonst zwischen 6 und 10
Grad, bei beständigem Nebel nach vorher kalter Nacht bleibt es in einigen
Niederungen Süddeutschlands gebietsweise auch noch kühler.

In der Nacht zum Sonntag stößt der Höhentrog über die Nordsee nach
Südskandinavien vor, morgens befindet sich dessen Drehzentrum in etwa vor der
Südwestküste Norwegens. Er überläuft das korrespondierende Bodentief, das somit
den Höhepunkt seiner Entwicklung überschritten hat und mit einem Kerndruck von
knapp unter 990 hPa morgens bereits knapp westlich des Höhentiefs über der
nördlichen Nordsee aufschlägt. Dabei bildet es einen Dipol mit einem weiteren,
sich etwas verstärkenden Tief, das vom Oslofjord allmählich ostwärts zieht.
Die Warmfront des Tiefs zieht ostwärts ab, die Kaltfront greift in der zweiten
Nachthälfte auf den Nordwesten Deutschlands über. Der der PVA geschuldete
dynamische Hebungsantrieb hält sich in Grenzen, somit fallen die frontalen
Niederschläge auch nicht allzu ergiebig aus. Überwiegend werden etwa von der
Mosel bis zum Oderbruch und weiter nördlich weniger als 5 l/qm in 12 Stunden
simuliert, in Lee-Lagen bleibt es gebietsweise auch trocken, lediglich im
Nordseeumfeld sind es gebietsweise etwas mehr.
Postfrontal gelangt morgens ein Schwall höhenkalter Luft nach Norddeutschland
(-25 bis -28 Grad in 500 hPa bei etwa 0 Grad oder knapp darunter in 850 hPa), so
dass die Wolken dort zwar auflockern, es aber noch einzelne Schauer gibt die am
ehesten im Nordseeumfeld und in Schleswig-Holstein auch von einem kurzen
Gewitter begleitet werden können.
Von Warnrelevanz - zunehmend auch im Binnenland - ist allerdings der Wind. Die
über Süddeutschland verlaufende Hochdruckzone wird zwar etwas nach Süden
abgedrängt, dennoch kann sich der Gradient vor allem mit Kaltfrontpassage weiter
verschärfen. Dann gibt es im Norden und Nordwesten verbreitet steife Böen. Aus
Südwest, später West. An den Küsten ist mit stürmischen Böen und Sturmböen, an
exponierten Küstenabschnitten vorübergehend auch mit schweren Sturmböen (Bft 10)
zu rechnen. In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge - außer der
süddeutschen - gibt es ebenfalls Sturmböen, auf dem Brocken schwere Sturmböen,
vorübergehend eventuell auch orkanartige Böen (Bft 11).
Im Süden bekommt man von dem zyklonalen Geschehen dagegen so gut wie gar nichts
mit. Dort können sich wieder teils ausgedehnte Nebel- und Hochnebelfelder
ausbreiten bzw. verdichten, an den Alpen und im Vorland sowie in vielen
Mittelgebirgstälern bleibt es teils auch aufgelockert bis gering bewölkt. Erneut
kann es leichten Frost geben, wobei MOSMIX aktuell etwas übertrieben erscheint
und vom Bayerwald bis zum Schwarzwald bzw. weiter südlich verbreitet Frost
zwischen 0 und -3 Grad simuliert. In der Nordhälfte und in der Mitte verläuft
die Nacht mit Minima zwischen 10 und 5 Grad dagegen relativ mild.

Sonntag... kommt der Höhentrog mit seinem Drehzentrum weiter zur mittleren
Ostsee voran und weitet sich nach Süden aus, dessen Achse greift - in mehrere
kurzwellige Anteile aufgesplittet - auf den Norden und die Mitte Deutschlands
über, wobei ein markanterer Kurzwellentrog abends den Nordwesten erfasst. Der
vorgelagerte Höhenkeil wird nun endgültig über die Alpen nach Süden abgedrängt
und schwächt sich ab.
Der Bodentief-Dipol kommt ebenfalls nach Osten voran, wobei der östlichere Dipol
bis zum Abend zur mittleren Ostsee zieht und sich nur allmählich auffüllt,
während sich der westliche als Bodentrog abends über der westlichen Ostsee
befindet. Die teilokkludierte Kaltfront kommt noch bis nach Süddeutschland
voran, läuft aber gegen die inzwischen über die Alpen ostwärts verlaufende
flache Hochdruckbrücke und verliert deutlich an Wetterwirksamkeit. Im Norden von
Bayern und Baden-Württemberg reicht es kaum mehr für nennenswerte Niederschläge
(maximal wenige l/qm), südlich der Donau, zumindest von Südbaden bis ins
südliche Alpenvorland, bleibt es sogar überwiegend trocken.
Postfrontal flutet die Höhenkaltluft mit -25 Grad und tiefer in 500 hPa
lediglich den Norden und Nordosten des Landes und kommt kaum mehr bis zur Mitte
voran. Dort gibt es noch einzelne Schauer, nach Norden zu vielleicht auch kurze
Gewitter nicht ausgeschlossen, wobei kaum ML-Cape simuliert wird. Mit Annäherung
eines weiteren kurzwelligen Troganteils greifen am Nachmittag/Abend auf das
Nordseeumfeld verstärkt schauerartige Regenfälle über, so dass dort dann
vielleicht die Gewitterwahrscheinlichkeit als etwas höher einzustufen ist.
Warnrelevant bleibt allerdings zunächst noch der Wind. An der Südwestflanke des
sich nur zögernd abschwächenden Tiefs bzw. Bodentroges bleibt im Norden und in
der Mitte Deutschlands ein recht scharfer Gradient aufrecht und es gibt bei
guter Durchmischung und zumindest niedertroposphärisch labiler Schichtung recht
verbreitet steife Böen aus West bis Südwest. An den Küsten, insbesondere der
Nordsee, gibt es stürmische Böen bzw. Sturmböen, an exponierten
Nordseeküstenabschnitten vor allem zum Abend hin - mit Annäherung des den oben
erwähnten markanten kurzwelligen Troganteiles begleitenden Bodentrog - eventuell
auch schwere Sturmböen. Auch in den Kamm- und Gipfellagen der nördlichen und
östlichen Mittelgebirge kann es weitere Sturmböen geben. Im Binnenland beginnt
sich der Wind gegen Abend aber allmählich abzuschwächen.
In der Südhälfte ist der Wind nach wie vor - außer vielleicht auf einigen
Mittelgebirgsgipfeln - nicht warnrelevant. Vor allem an den Alpen und im
südlichen Vorland kann sich erneut vielerorts die Sonne durchsetzen, ansonsten
bleibt es vielerorts bewölkt, in den mittleren Landesteilen oft auch bedeckt, in
einigen Niederungen Süddeutschlands neblig trüb. Der Kaltfront folgt ein Schwall
erwärmter maritimer Polarluft (knapp unter 0 Grad in 850 hPa), die in der
Nordhälfte gut durchmischt ist, so dass dort Höchstwerte zwischen 9 und 12 Grad
erreicht werden. Im Süden werden diese Werte wohl lediglich im Alpenvorland
gebietsweise erreicht, sonst liegen die Höchsttemperaturen dort meist unter 10
Grad, in Regionen mit beständigem Nebel teils auch um oder unter 5 Grad.

In der Nacht zum Montag zieht der Kurzwellentrog über Nord- und Ostdeutschland
hinweg südostwärts und kann sich noch etwas besser formieren. In 500 hPa sinken
die Temperaturen dabei mit Trogpassage auf -25 bis -28 Grad und es gibt im
Norden und in der Mitte recht verbreitet Schauer (an der Nordsee mit Mengen
zwischen 5 und 10 l/qm), wobei ein kurzes Gewitter nach wie vor nicht
ausgeschlossen ist, am ehesten in Küstennähe. Trogrückseitig klingen die Schauer
wieder ab.
Im Bereich des durchschwenkenden Bodentroges kann es nun auch im Binnenland
vorübergehend noch einmal steife Böen aus West bis Südwest, trogrückseitig aus
Nordwest geben, in den Kamm- und Gipfellagen der zentralen und östlichen
Mittelgebirge Sturmböen. An den Küsten gibt es zunächst noch stürmische Böen
bzw. Sturmböen, an exponierten Abschnitten der Nordseeküste anfangs auch schwere
Sturmböen, nach Trogpassage fächert der Gradient aber auf und der Wind nimmt
ausgangs der Nacht deutlich ab.
Die Kaltfront erreicht die Alpen, bleibt aber nach wie vor wenig wetterwirksam,
wobei sich die Niederschläge mit Übergreifen auf das Alpenvorland aufgrund
zunehmender Stauwirkung ein wenig intensivieren. Dort werden gebietsweise mehr
als 5 l/qm simuliert, im Stau des Westallgäus nach Lesart des aktuellen ICON-EU
sogar um die 10 l/qm. Erwähnenswert sind diese Niederschläge in erster Linie
deshalb, da die Schneefallgrenze mit der Advektion maritimer Polarluft (um -2
Grad in 850 hPa) je nach Intensität der Niederschläge auf 1300 bis 1000 m sinkt.

Aufgrund der Bewölkung und des Windes spielen Frost und Nebel wohl warntechnisch
keine Rolle mehr.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum ein ähnliches Szenario. Prognose-
und warnrelevante Differenzen sind kaum auszumachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff