DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-11-2021 08:01
SXEU31 DWAV 020800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 02.11.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TrW, bis Donnerstag Übergang zu TrM
Unbeständig und allmählich kühler; heute auf einigen Schwarzwald- kommende Nacht
auf Alpengipfeln Sturmböen nicht ausgeschlossen. Am Donnerstag in der Mitte und
im Osten geringes Potenzial für Dauerregen, sonst keine markanten
Wettergefahren.


Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... befindet sich Deutschland am Rande eines umfangreichen
Langwellentrogkomplexes, der von der Grönlandsee über das Nordmeer und die
Britischen Inseln bzw. die Nordsee südwärts bis zur Biskaya bzw. nach Frankreich
reicht. Nach wie vor wird dieser blockiert durch einen umfangreichen Höhenrücken
über Osteuropa, was dessen Vorankommen nach Osten deutlich erschwert. Dabei
erstrecken sich Randtröge sowohl nach Südwesten, zum nahen Ostatlantik, als auch
nach Südosten, Richtung Alpenraum und Mitteleuropa. In letzteren sind im Groben
zwei kurzwellige Anteile auszumachen: Der östlichere reicht aktuell über die
Mitte Deutschlands bis in den Ostalpenraum, kommt rasch nach Nordosten voran und
hat bis zum Nachmittag das gesamte Vorhersagegebiet überquert. Diesem ist das
langgestreckte, meridional orientierte Frontensystem eines Tiefs über der
nördlichen Nordsee vorgeschaltet, das über dem östlichen Mitteleuropa nach
Passage eines Wellentiefs, das sich über das westliche Polen nach Norden
verlagert und abends in Südschweden aufschlägt, etwas Fahrt nach Osten aufnimmt.
Damit klingen die Regenfälle im Südosten Bayerns, später auch von der Lausitz
bis nach Ostvorpommern allmählich ab, vor allem dort bleibt es aber bis zum
Abend meist trüb.
Ein weiterer kurzwelliger Troganteil befindet sich aktuell über dem Osten
Frankreichs und Belgiens und überquert bis zum Abend weite Teile West- und
Süddeutschlands. Diesem sind schauerartige Regenfälle vorgelagert (aufgrund
PVA-induzierter dynamischer Hebung), die in den kommenden Stunden auf den
Südwesten des Landes übergreifen und bis zum Abend in die mittleren Landesteile
vorankommen. Nicht nur aufgrund des Tagesganges, sondern vor allem mit der
Advektion höhenkalter Luftmassen (-28 Grad in 500 hPa bei 0 Grad in 850 hPa)
labilisiert die Luftmasse vor allem im Laufe des Mittags und Nachmittags, so
dass, nachdem der erste Schwung an Regen durch ist und die Wolken auch mal etwas
auflockern, auch kurze Gewitter nicht ausgeschlossen sind. Mangels Höhenwind und
bei nur geringen Spread in der Grundschicht werden diese aber wohl von kaum mehr
als steifen Böen (Bft 7) und vielleicht noch etwas Graupel begleitet, sofern sie
überhaupt auftreten. Die Konvektion erlaubenden Modelle sind diesbezüglich
nämlich sehr defensiv aufgestellt.
Warnrelevant könnte allerdings der Wind werden. Der Kurzwellentrog wird von
einem Bodentrog begleitet, an dessen Südflanke sich der Gradient über dem
Südwesten und Süden des Landes etwas verschärft. Im Hochschwarzwald reicht das
am Nachmittag eventuell für stürmische Böen (Bft 8; Feldberg: Sturmböen Bft 9)
aus Südwest, auf exponierten Alpengipfeln am Abend und in der kommenden Nacht
ebenfalls.
Zwischen den soeben beschriebenen kurzwelligen Troganteilen ist ein weiterer
auszumachen, der sich mit einzelnen unergiebigen Schauern von den mittleren
Landeszeilen allmählich nordostwärts verlagert, ansonsten aber kaum ins Gewicht
fällt.
Somit kann sich lediglich im Nordwesten und Norden - dort bleibt es überwiegend
trocken - und vor allem um die Mittagszeit bzw. am frühen Nachmittag (ehe die
Schauer von angesprochenen Trog eintreffen) auch mal südlich der Donau die Sonne
durchsetzen. Über der offenen Nordsee ist aktuell noch eine Konvergenz
auszumachen, die sich grob über den Ärmelkanal bis zum Seegebiet Fischer
erstreckt. Diese kommt zwar kaum nach Südosten voran, kann am Nachmittag/Abend
aber eventuell noch Helgoland und Nordfriesland mit einzelnen Schauern oder
einem kurzen Gewitter streifen.
In noch halbwegs gut durchmischter Luftmasse und mit etwas Sonnenschein werden
Höchstwerte zwischen 10 und 13 Grad erreicht, bei stark bewölktem bis bedecktem
Himmel dagegen lediglich 8 bis 11 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der Kurzwellentrog über die Mitte
Deutschlands hinweg rasch nach Nordosten, während der zum nahen Ostatlantik hin
gerichtete Randtrog sich formiert und auf Frankreich bzw. die Iberische
Halbinsel übergreift und schließlich auch die Hauptachse des Langwellentroges
markiert. Zwischen beiden Trögen wölbt sich ein flacher Höhenrücken über
Deutschland auf. Die Schauer ziehen somit rasch nach Nordosten ab und lösen sich
mehr oder weniger auf. Vor allem in der Nordhälfte bis in die mittleren
Landesteile, aber auch im Südosten ist es dann teilweise nur gering bewölkt, so
dass sich bei schwachen Luftdruckgegensätzen gebietsweise dichter Nebel bilden
kann. Lediglich im Nordseeumfeld ist die Luftmasse in der Peripherie eines
kleinen Höhen- und auch Bodentiefs nahe der Deutschen Bucht hinreichend labil
geschichtet, dass es für einzelne Schauer, über der offenen See eventuell auch
für ein kurzes Gewitter reicht.
Im Südwesten macht sich dagegen vorderseitig des auf Frankreich übergreifenden
Troges zunehmend WLA bemerkbar und im Bodenfeld verlagert sich ein kleinräumiges
Tiefdruckgebiet bis Mittwochfrüh nach Ostfrankreich. Auf dessen Vorderseite
setzt etwa nach Mitternacht vom Saarland bis zum Schwarzwald Regen ein und kommt
bis nach Nordbaden, zur Mosel und nach Südhessen voran. GFS lässt das Tief bis
Mittwoch, 06 UTC sogar schon nach Luxemburg ziehen, simuliert auch etwas
markantere Hebungsprozesse an dessen Nordostflanke und hat entsprechend in
Teilen von Rheinland-Pfalz mehr als 10 l/qm in sechs Stunden auf der Agenda. IFS
(von gestern, 12 UTC) und ICON-EU dagegen lediglich um 5 l/qm.
Der Wind dürfte warntechnisch kaum mehr eine Rolle spielen, lediglich auf
exponierten Alpengipfeln reicht der Gradient für einzelne stürmische Böen,
vielleicht auch Sturmböen aus Südwest. Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 6
und 1 Grad, an den Küsten bleibt es teilweise etwas milder. In einigen
Alpentälern, eventuell auch in ungünstigen Lagen der Norddeutschen Tiefebene ist
bei längerem Aufklaren leichter Frost bzw. Bodenfrost möglich.

Mittwoch... weitet sich der Höhentrog über Südwesteuropa aufgrund der
Blockadewirkung durch den nach wie vor umfangreichen und markanten
osteuropäischen Höhenrücken weiter nach Süden aus und kommt nur wenig nach Osten
voran. Immerhin kommt dessen Achse bis zum Abend etwa nach Zentralfrankreich und
über die Pyrenäen nach Katalonien voran, wodurch vorderseitig der scharf
konturierten Trogspitze aufgrund markanter, PVA-induzierter Hebung über dem Golf
von Genua eine Zyklogenese induziert wird.
Aufgrund der nun aufsteilenden Höhenströmung wird auch das Bodentief über
Ostfrankreich etwas eingebremst und kommt nur noch etwa bis nach
Südwestdeutschland voran, allerdings setzt mit der südlichen Überströmung der
Alpen dort Föhn ein, wodurch eine Lee-Zyklogenese über dem bayerischen
Alpenvorland in Gang kommt. Bis zum Abend zieht dieses Leetief ins östliche
Oberbayern bzw. ins österreichische Innviertel. Auf den Alpengipfeln frischt
somit vorübergehend der Wind deutlich aus Süd auf und es kann Sturmböen geben,
ob des kurzzeitig mal für einen Föhndurchbruch bis in einzelne Täler reicht, ist
fraglich, am ehesten vielleicht noch östlich des Inns. Auch im ostbayerischen
und im östlichen Mittelgebirgsraum verschärft sich der Gradient, ob es für
stürmische Böen aus Südost in den Gipfellagen bzw. für steife Böen in einigen
anfälligen Tälern reicht, ist aber fraglich.
Die Regenfälle an der Nordflanke des Tiefs verlagern sich mehr und mehr an die
Nord- bzw. Westflanke des neuen Lee-Tiefs und kommen somit nur zögernd nach
Osten bzw. Nordosten voran. Bis zum Abend weiten sie sich noch lediglich auf die
"westliche Mitte" aus; sie reichen nach Lesart des GFS sogar bis ins mittlere
Niedersachsen, nach ICON-EU dagegen lediglich bis nach Süd-NRW, Hessen und ins
Weserbergland. Die Mengen spielen warntechnisch keine Rolle, meist werden 1 bis
5 l/qm in 12 Stunden simuliert, im Westen gebietsweise auch um 10 l/qm. Weiter
nördlich und östlich, aber auch in weiten Teilen Bayerns bleibt es noch
überwiegend trocken, mit Ausnahme der Nordseeküste, wo es im Einflussbereich des
quasistationären kleinräumigen, aber hochreichenden Tiefs über der Deutschen
Bucht bei nach wie vor recht hochreichend labiler Schichtung (-29 Grad in 500
hPa, 0 Grad in 850 hPa) einzelne Schauer, eventuell auch kurze Gewitter geben
kann.
Vor allem in Südost- bzw. Ostbayern, aber auch in der Lausitz sowie im Norden
zeigt sich immer mal wieder die Sonne, während es im Südwesten und in der Mitte
stark bewölkt bis bedeckt bleibt. Mit etwas Sonne gibt es knapp zweistellige
Werte; sollte der Föhn an den Alpen noch eine Chance bekommen, bis in die Täler
durchzubrechen (ICON-EU simuliert in Südostbayern sogar über 10 Grad in 850
hPa), sind dort auch Werte über 15 Grad möglich. Sonst liegen die Maxima aber
meist nur zwischen 6 und 10 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag schwenkt an der Ostflanke des in der Früh mit seiner
Achse über Ostfrankreich bis zu den Balearen reichenden Haupttroges ein
kurzwelliger Troganteil über die Alpen hinweg nach Süddeutschland. Dadurch
beginnt sich das Genuatief allmählich wieder etwas aufzufüllen und das Lee-Tief
im östlichen Alpenvorland kommt auf Vb-Zugbahn nach Norden, bis etwa zum
Riesengebirge, voran. An dessen Nord- und Westflanke stellt sich eine
Gegenstromlage ein (schwache Nordost bis Nordwestwinde am Boden, stürmische
Südwinde in der Höhe) ein und die Regenfälle können sich noch etwas
intensivieren. Sie kommen nun noch ein wenig nach Norden, vor allem aber nach
Osten voran und erfassen weite Teile Bayerns, des zentralen Mittelgebirgsraums
und später auch Sachsen, Thüringen bzw. das südliche Sachsen-Anhalt und
Brandenburg. Dabei gehen die Modellsimulationen im Detail noch etwas
auseinander, der aktuelle GFS-Lauf lässt es z.B. in Sachsen und Brandenburg noch
weitgehend trocken, lässt die Niederschläge dagegen weiter nach Norden
ausgreifen.
Die Mengen sind nicht warnrelevant, lediglich ganz im Süden, vom Bodensee bis in
den Bayerischen Alpenraum, werden 10 bis 15 l/qm in 12 Stunden simuliert, sonst
meist nur 5 bis 10 l/qm oder weniger. Allerdings dringt rückseitig des Tiefs die
maritime Polarluft wieder bis zu den Alpen vor (knapp unter 0 Grad in 850 hPa)
und auch durch die Niederschlagsabkühlung wird die Schneefallgrenze weit nach
unten gedrückt. In den Frühstunden kann es bis auf nahe 1000 m herab schneien,
in windschwachen Tälern je nach Intensität vielleicht sogar noch darunter,
oberhalb von 1500 m fallen gebietsweise mehr als 10 cm.
Im Norden und Nordwesten kommt von den Niederschlägen dagegen kaum mehr was an
und mit Abzug bzw. Auffüllen des Tiefs über der Deutschen Bucht klingen dort
auch die Schauer ab. Allerdings bleibt es auch dort meist bewölkt, so dass sich
die Nebelneigung in Grenzen hält und auch Frost bzw. Bodenfrost wohl keine Rolle
spielen.


Donnerstag... zieht das Vb-Tief bis zum Abend ohne große Intensitätsänderung
nach Nordpolen bzw. zur südlichen Ostsee und arbeitet sich zunehmend bis in die
mittlere bzw. höhere Troposphäre vor, wodurch sich auch der Langwellentrog nach
Mitteleuropa ausweitet. Abends reicht dessen Hauptachse über den Norden und
Westen Deutschlands bzw. Ostfrankreich bis zum Osten der Iberischen Halbinsel,
wo er durch einen von Nordwesten vorstoßenden Randtrog regeneriert wurde. Somit
stellen sich über dem Vorhersagegebiet schwache Geopotenzialgegensätze ein.
An der Westflanke des Tiefs regnet es weiterhin teilweise länger anhaltend,
wobei sich die Regenfälle über die osthälfte und die Mitte nach Norden
ausbreiten und im Süden im Tagesverlauf bereits wieder nachlassen. Im Detail
gibt es noch Unterschiede, die räumliche Verteilung der Niederschläge
betreffend, im Nordwesten kommt aber wohl kaum mehr etwas an und auch im Westen,
Südwesten sowie im Süden fallen die Mengen nur gering aus. Die höchsten Mengen
werden vom ICON-EU in einem Streifen von Thüringen über das südliche
Sachsen-Anhalt bis nach Brandenburg simuliert mit Mengen zwischen 10 und 25 l/qm
in 12 Stunden. IFS hat die Hauptniederschläge etwas nach Norden versetzt auf der
Agenda, GFS dagegen von Nordostbayern über Sachsen und Brandenburg bis nach
Ostvorpommern, allesamt mit ähnlichen Mengen. Somit schrammen wir wohl an einer
markanten Dauerregenwarnung knapp vorbei, auch, wenn man die Nacht zum Freitag
noch mit einbezieht. Die Probabilisitik ist ebenfalls mit nur äußerst geringen
Wahrscheinlichkeiten entsprechend defensiv aufgestellt. Dennoch sollte die
genaue Entwicklung noch im Auge gehalten werden.
An der Südwestflanke des abziehenden Tiefs verschärft sich der Gradient vor
allem im Süden und Osten des Landes vorübergehend und der Wind frischt aus
Nordwest bis West auf. Auf den Alpengipfeln sowie den Kamm- und Gipfellagen der
östlichen und ostbayerischen Mittelgebirge sind stürmische Böen bzw. Sturmböen,
im Alpen- und Erzgebirgsvorland vorübergehend steife Windböen nicht
ausgeschlossen.
Die Sonne zeigt sich höchstens im Nordwesten sporadisch, später vielleicht auch
im Süden. Bei Temperaturen um oder etwas unter 0 Grad in 850 hPa bleibt es somit
mit Höchstwerten zwischen 4 und 9 Grad, im Nordwesten bis 11 Grad recht frisch,
in den Kammlagen des Erzgebirges kann es je nach Intensität vorübergehend auch
schneien, vor allem nach Lesart des GFS.

In der Nacht zum Freitag dringt ein breit angelegter Höhenrücken von den
Britischen Inseln zur Nordsee vor, wodurch die Achse des Langwellentroges etwas
nach Osten vorankommt und morgens über den Osten, die Mitte und den Südwesten
Deutschlands bis ins westliche Mittelmeer reicht.
Das Vb-Tief zieht rasch weiter ins Baltikum, so dass die Regenfälle von
Südwesten her allmählich nachlassen. Vor allem entlang der Trogachse werden aber
auch im Nachgang noch einzelne Schauer simuliert, ebenso im Nordseeumfeld, wo
der Wind auf Nordwest dreht und mit Vordringen eines Bodenhochkeils nach
Südwest- bzw. Süddeutschland sowie der damit einhergehenden Gradientverschärfung
auffrischt. Dabei kann es dort auch steife Böen geben.
Am ehesten in der Norddeutschen Tiefebene sowie im Süden lockern die Wolken auf.
Während im Norden lebhafter Wind Nebel und einen deutlichen Temperaturrückgang
verhindern, schläft der Wind im Süden dagegen ein, so dass es dort in
ungünstigen Lagen stellenweise Frost geben kann und sich örtlich auch dichter
Nebel bildet.



Modellvergleich und -einschätzung
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Bzgl. der eventuellen Dauerregenlage am Donnerstag sind die Modelle mit den
aktuellen Läufen eher etwas zurückgerudert, wobei es nach wie vor noch geringe
Differenzen, die genaue Zugbahn des Tiefs und somit auch die räumliche
Verteilung der Niederschläge betreffend, gibt. Insgesamt deuten die Modelle aber
allesamt an, dass die Gegenstromlage mit dem Übergreifen des Troges und der
damit einhergehenden deutlichen Abschwächung des Höhenwindes nicht lang genug
anhält, um trotz günstiger Zugbahn des Vb-Tiefs warnrelevante Mengen zu
erzeugen.
Ebenso drängen sich heute bzw. kommende Nacht Wind- bzw. Sturmwarnungen für die
Hochlagen des Schwarzwaldes bzw. für die Alpengipfel nicht unbedingt auf.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff